Ein gerahmtes Porträt von Hitler über’m Schreibtisch in einer Amtsstube im Peiner Rathaus, US-Panzer auf dem Marktplatz, GIs, die dort deutsche Waffen kontrollieren: Sensationelle Fotos und Dokumente, nie zuvor gesehen, bilden jetzt den Rahmen für die Ausstellung "60 Jahre Kriegsende", die am Sonntag im Peiner Kreismuseum um 11.30 Uhr eröffnet wird.
Man spürt den April 1945, man geht zurück in jene furchtbare Zeit. Man erlebt die Niederlage hautnah, kann das Geschehen nachträglich erfassen: Einiges davon ist zwar bekannt, aber nie wurden die Ereignisse vor exakt 60 Jahren so konkret beschrieben, wie es Karl-Heinz Heineke aus Hämelerwald, Oberstleutnant der Panzertruppe, tat: Bilder, flankiert von Beschreibungen und Erläuterungen, sind auf Kartons gezogen, geben detaillierten Aufschluss über jene schicksalhaften Tage, werfen Schlaglichter auf das Geschehen.
So auf die Truppenbewegung der 5. US-Panzerdivision auf die Fuhsestadt zu, an der sie eigentlich vorbei marschieren sollte, die Hintergründe für den geänderten Befehl: Sie werden transparent auf Karten und Stellungsmarkierungen. Der Einmarsch der Amerikaner am 9. April 1945 in Peine – dem Vergessen entrissen. Als Angehöriger des Heeresamtes II in Köln und Koordinator der internationalen Zusammenarbeit des Heeres mit den US Army Battle Laboratories hatte Heineke Zugang zu dem im Archiv in Maryland gelagerten Material.
Und man braucht Stunden, um es zu sichten, lohnenswert genug, dem Museum mehr als einen Besuch abzustatten, zumal es durch das Peiner Stadtarchiv ergänzt wird. Dessen Leiter Michael Utecht ist begeistert, geht von Bild zu Bild, gerät ins Schwärmen über die unbekannte Dokumentation jenes Tages: "Einfach phänomenal." Relikte der Zeit sind auch – nun vergilbt – die letzten Ausgabe der Zeitungen jenes Tages.
Fotos vom Hof Hansen in Rosenthal belegen den Beginn des kurzen Prozesses der Übergabe der Stadt, andere die offizielle durch Bürgermeister Dr. Wiard Bronleewe – und die Zeit, die eine Uhr an der Wand für immer und ewig still stehen lässt: 9.53. Ein weiteres zeigt einen ausgebrannten Panzer, der noch bis 1948 das Dorfbild Wipshausens prägte.
Berichte von Augenzeugen hat Heineke angefügt, die im Gasthof zur Linde mit überlebenden Amerikanern gesprochen hatten: Sie waren in ihrem Jagdpanther über Alvesse abgeschossen worden. Da ist die erschütternde Tagebuchaufzeichnung eines damals 15-Jährigen, seine Angst vor den Panzern, die von Hämelerwald durch Dollbergen über Edemissen nach Peine rollten, das Erlebnis mit dem ersten Kaugummi.
Einzigartig und ebenfalls nie gesehen, die Peiner waren ja nicht eingeladen, wie ein russischer General ausgezeichnet wird und samt seiner Delegation der großen Siegesparade beiwohnt mit Salut aus 18 Panzerhaubitzen auf dem Schützenplatz – Peiner Freischießen einmal anders.
Bis einschließlich Sonntag, 1. Mai, ist die Ausstellung zu sehen.
Quelle: Iris N.Masson, newsclick.de, 7.4.2005