3.Triennale der Photographie unter dem Motto \“Archiv der Gegenwart\“

Marilyn Monroe im aufgeplusterten weißen Kleid, Albert Einstein mit ausgestreckter Zunge, Jimi Hendrix in Woodstock: Noch haben wir sie, die original Negative unserer Foto-Ikonen – eingefroren bei 20 Grad minus, 70 Meter unter der Erde von Pennsylvania, wo sie Bill Gates in einem Bergwerk vor dem fortschreitenden Verfall bewahren will. Aber wie lange noch? Zu welchem Preis? Und was sind die Alternativen?

Zentrale Fragen der 3. "Triennale der Photographie", die sich vom 14. April an unter dem Motto "Archiv der Gegenwart" mit der Bewahrung von Bildern als Teil des universellen Gedächtnisses befasst. Am 29. April werden möglicherweise auch schon die ersten Antworten auf die Kernfragen zu hören sein. Dann spricht Ken Johnston, Chef-Archivar von Bill Gates und Hüter der legendären, 11 Millionen Bilder umfassenden Bettmann-Kollektion auf einem Symposium in den Deichtorhallen.

Museen, Kunstvereine, Galerien – insgesamt 75 Häuser in und um Hamburg beteiligen sich an dem Riesenfestival. Verständlich, dass einige Institutionen da nach halbwegs brauchbaren Bildern suchen, um auch noch auf den Triennale-Zug aufzuspringen. Schließlich wollen alle vom großen Werberummel profitieren – und das Motto ist ja auch dehnbar.

Die meisten großen Häuser jedoch bleiben eng am Thema und zeigen historische Meisterwerke des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. So startete im Januar bereits das zum Altonaer Museum gehörige Jenisch Haus die Schau "Das Land der Griechen mit der Seele suchen", eine exquisite Ausstellung aus den Anfängen europäischer Reisefotografie (bis 15.5.). Die Kunsthalle folgte mit "Begierde im Blick" (bis 29. 5.), einer spannenden Schau über die Fotografie des Surrealismus\‘, die neben Stars wie Dalí und Man Ray auch Entdeckungen parat hält, beispielsweise die wunderbaren Arbeiten der jüdischen Französin und Widerstandskämpferin Claude Cahun.

Das neue Haus der Photographie stellt den nur in Fachkreisen bekannten Ungarn Martin Munkàcsi der Öffentlichkeit vor, das Museum für Kunst und Gewerbe zeigt Robert Capas "Faces of History" (22.4.-31.7.) und die Griffelkunstvereinigung das Werk des Bildjournalisten Erich Salomon (1.5.-1.6.).

Gut möglich, dass diese Namen, die auf Auktionen längst hoch gehandelt werden, bald ähnlich geschätzt werden, wie Alte Meister oder die Klassiker der Moderne. Nach Ansicht von Triennale-Geschäftsführerin Henriette Väth-Hinz ist die Fotografie erst jetzt, durch die neuen Medien, zur Kunst geworden: "Bei der digitalen Fotografie gibt es keinen Vintage-Print mehr, aber gerade er zählt bei den Galerien." Einer der Gründe, warum sie glaubt, dass der Fotografie ein gewaltiger Boom bevorsteht. Der andere ist die zunehmende Gefahr der "schwarzen Löcher". "Heute schon kann man nicht mehr die Speichermedien der 80er und frühen 90er Jahre lesen. Wenn die Dateien nicht ständig umgespeichert werden, ist in absehbarer Zukunft alles verloren. Einfach, weil die Medien sich so rasend schnell weiterentwickeln."

Höchste Zeit also, zu diskutieren, was aus der Bilderflut für die Ewigkeit archiviert werden soll. Aber wer entscheidet letztlich? "Früher war das ganz einfach, da hat solche Entscheidungen der Monarch getroffen", sagt Väth-Hinz. Und heute? "Da trifft sie Bill Gates."

Quelle: Hamburger Morgenpost, 6.4.2005

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