War es eine Verwechslung oder handelte es sich um das Bombardement von Gelegenheitszielen? Die Geschichtsforscher streiten nach wie vor darüber, warum beispielsweise Arnheim und Enschede im Februar 1944 von den Alliierten ausgewählt wurden. Arnheim, so heißt es, soll mit Goch verwechselt worden sein, Enschede mit Münster. Wie auch immer – das Leid, das damit über die Bevölkerung hereinbrach, war unermesslich. Bilder aus dem zerstörten Nimwegen, am 22. Februar 1944 im Bombenhagel versunken, vermitteln dies ebenso wie zahlreiche Fotos aus Wesel, Emmerich, Rees und vielen anderen Städten beiderseits der Grenze. Zu sehen sind sie ab Sonntag in der Ausstellung "Bomben auf unser Haus – Arnheim, Nimwegen und der Niederrhein" im Preußen-Museum.
Die Schau ist Teil des groß angelegten Projektes "60 Jahre Freiheit" der Euregio Rhein-Waal. Organisiert wird es vom Nationaal Bevrijdingsmuseum Groesbeek in den Niederlanden, Partner sind unter anderen das Kreis- und Stadtarchiv Wesel. Das Besondere der Rückschau: Die Menschen stehen im Blickpunkt. Museumsdirektor Dr. Veit Veltzke sieht in der Ausstellung auch ein Mittel, die deutsch-niederländische Verständigung voranzubringen. Dass das Interesse rund um den Zweiten Weltkrieg auch in den Niederlanden groß ist, zeigt beispielsweise das enorme Einspielergebnis des deutschen Kinofilms "Der Untergang". Auch das Leid der deutschen Bevölkerung werde in Holland wahrgenommen, so Veltzke.
Es ist eine der letzten Möglichkeiten, mit Zeitzeugen ins Gespräch zu kommen, erinnert der wissenschaftliche Mitarbeiter Thomas Ohl. Deshalb geht es in einem Teil des Projektes um die Befragung der Menschen, die die Angriffe damals miterlebt haben, in einem anderen um die Erhaltung des Erbes. Überbleibsel aus dem Zweiten Weltkrieg werden registriert, dokumentiert und präsentiert. Darüber hinaus wird es einen Reiseführer mit dem Titel "Monumente der Freiheit" geben, der Denkmäler, Friedhöfe, Museen, Archive und anderes mehr zum Thema enthalten soll. Und unter dem Motto "Zukunft der Vergangenheit" ist vorgesehen, mit Schülern zusammenzuarbeiten.
Bei einem Rundgang durch die zweisprachig konzipierte Ausstellung, die auf zwei Ebenen zu sehen ist, kann der Weg der tödlichen Bomben genau verfolgt werden. Erstaunlich, dass nicht nur größere Städte wie Wesel und Kleve Ziele waren, sondern auch Uedem und Kalkar, die am 21. und 25. Februar getroffen wurden. Besonders makaber: In Wesel wurden nach dem verheerenden Angriff am 16. Februar weitere Angriffe zu Filmzwecken geflogen, wie Thomas Ohl weiß.
Über 600 Zivilisten kamen in der heutigen Kreisstadt ums Leben, die Überlebenden hatten keine Bleibe mehr. Der letzte Angriff am 23. März traf erneut das Zentrum, aber auch den Bereich rund um den Hafen. Einen Tag später war die Stadt bereits in britischer Hand. Wohnten vor dem Krieg 24 600 Menschen in Wesel, waren es am 10. Mai 1945 nur noch 2000, provisorisch untergebracht in Kellern und Notbehausungen.
Ausstellung "Bomben auf unser Haus" im Preußen-Museum; Eröffnung: Sonntag, 13. Februar, 11.30 Uhr; bis 8. Mai, dienstags, mittwochs, donnerstags sowie samstags und sonntags 11 bis 17 Uhr; www.preußenmuseum.de
Quelle: Petra Herzog, NRZ online, 9.2.2005