Bundesarchiv-Unterlagen helfen bei Forschungen über Hitlers Verwandtschaft

Im Dritten Reich durfte die Familie des „Führers“ offiziell nicht existieren. Nun wurde der Fall seiner Großcousine Aloisia V. bekannt, die 1940 in einer Gaskammer ermordet wurde. Sie ist um zwei Jahre jünger als er. Adolf Hitler wird im April 1889 geboren. Aloisia V., daheim „Louise“ gerufen, kommt im Juli 1891 zur Welt. Ihre beiden Familien sind einander verwandtschaftlich verbunden. Beide Familien entstammen der Waldviertler Bauernfamilie Schicklgruber: Hitlers Großmutter Maria Anna und Aloisias Urgroßmutter Josefa sind Schwestern. 1876 teilt Hitlers Vater, der bis zum 40. Lebensjahr als uneheliches Kind den Namen seiner Mutter getragen hat, seinen Verwandten mit, warum er ihnen nun als Vetter Hitler schreibe: „… habe den Namen meiner sel(igen) Mutter Schicklgruber mit dem Namen meines Vaters als meinem legitimen Familiennamen vertauscht“. Adolf Hitler wird später einem Jugendfreund anvertrauen, keine der Handlungen seines Vaters habe ihm so gefallen wie diese, der Name Schicklgruber sei doch „so derb“.

Jahrzehnte später sollten sich die Wege der beiden entfernten Verwandten Aloisia und Adolf auf gespenstische Weise noch einmal kreuzen: Am 6. Dezember 1940 stirbt Adolf Hitlers Großcousine in der Gaskammer der Vernichtungsanstalt in Hartheim, Oberösterreich.

Bekannt geworden ist diese Tatsache erst jetzt: Vor wenigen Tagen hat das Bundesarchiv Berlin Teile von Aloisias Krankengeschichte zugänglich gemacht. Aloisia V. wurde ermordet, weil sie an Schizophrenie litt, ihre Existenz im Nationalsozialismus als „unwertes Leben“ galt. Von ihrem Ende zeugt nur die Nummer 2155, die sie auf dem Transport nach Hartheim trug. Sie sollte nicht sehen, wohin sie gebracht wurde; die Scheiben der grauen Busse waren mit Farbe überstrichen, welche die verängstigten Patienten wegzukratzen suchten. Die organisierte Mordaktion an Geisteskranken wie Aloisia V. ist die einzige des NS-Regimes, für die Adolf Hitlers persönliche Unterschrift dokumentiert ist. Die Vergasung wurde als „Gnadentod“ verbrämt und lief unter der Tarnbezeichnung „T4“, der Adresse der Tötungsbehörde in der Berliner Tiergartenstraße. Ab Oktober 1939 wurden die Insassen aller Heil- und Pflegeanstalten systematisch erfasst. 1940 begannen die Hinrichtungen durch Kohlenmonoxyd in den Gaskammern: Probeläufe für den späteren Massenmord an den Juden.

Quelle: profil.at, 04/05 (Hitlers verlorene Familie – Teil 1 der profil-Serie \“Hitlers Verwandte\“)

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