Das Diözesanarchiv Berlin ist seit dem 11. Januar 2005 wieder für die interessierte Öffentlichkeit an einem neuen Standort in Berlin-Kreuzberg geöffnet. Wegen Umzugs und Inventur war das Archiv des katholischen Erzbistums Berlin im Sommer letzten Jahres vorübergehend geschlossen worden. Das bisherige Domizil in Berlin-Tempelhof mußte im Zuge der finanziellen Sanierung des Erzbistums aufgegeben werden. Nun hat das Diözesanarchiv Magazin- und Büroräume im Kirchlichen Archivzentrum Berlin, Bethaniendamm 29, 10997 Berlin-Kreuzberg, angemietet.
Kirchliches Archivzentrum Berlin
Der Archivzweckbau, den die Evangelische Kirche in Deutschland im Jahre 2000 errichten ließ, befindet sich in unmittelbarer Nähe zur St.-Thomas-Kirche. Das Archivzentrum beherbergt bereits drei kirchliche Einrichtungen:
- EZA = Evangelisches Zentralarchiv in Berlin,
- ELAB = Evangelisches Landeskirchliches Archiv Berlin-Brandenburg-Schlesische Oberlausitz und
- BMW = Archiv des Berliner Missionswerkes.
Fünf silberglänzende Giebel und eine lachsrote Klinkerfassade sind die Wahrzeichen des Gebäudes, das die Form eines Kubus hat. Auf sieben Ebenen befinden sich Magazin-, Büro- und Arbeitsräume. Im Erdgeschoß sind Pförtnerloge, Foyer, Garderobe und Aufenthaltsraum untergebracht. Der Lesesaal mit darüberliegender Galerie für Mikrofilmlesegeräte hat 30 Arbeitsplätze und befindet sich im obersten Geschoß. Zu erreichen ist es über einen behindertenfreundlichen Aufzug und zwei Treppenhäuser. Die fensterlosen Magazine sind klimatisiert und mit Rollregalen ausgestattet. Eine sachgerechte Lagerung der Archivalien, die ja auf Dauer aufzuheben sind, kann bei gleichbleibender Temperatur und Luftfeuchtigkeit gewährleistet werden.
Ökumenische Zusammenarbeit
Die archivfachliche Zusammenarbeit erstreckt sich von der Pforte bis zum Lesesaal und gilt nicht nur für die Betreuung der Benutzer, die Bereitstellung des Archivgutes oder die Bearbeitung von Reproduktionswünschen. Ablauforganisation, Benutzungs- und Gebührenordnungen wurden inzwischen aufeinander abgestimmt. Auch bei der Materialbeschaffung, insbesondere den Akzessionen und Abonnements der Dienstbibliotheken, oder bei der Netzwerkadministration sind Synergien möglich und erwünscht. Bei aller Wahrung des Eigenprofils der jeweiligen Archive wird sich die alltägliche Zusammenarbeit schrittweise auch noch auf weitere Arbeitsbereiche erstrecken und damit nicht zuletzt neue ökumenische Perspektiven eröffnen. Davon sind die beteiligten Archive und ihre Träger überzeugt. Sie halten die konfessionsübergreifende Kooperation im Kirchlichen Archivzentrum Berlin für ein Alternativmodell, das in der deutschen wie in der internationalen Archivlandschaft noch einzigartig dasteht.
Aufgaben des Diözesanarchivs
Das Diözesanarchiv sichert und erschließt das archivwürdige Schrift- und Dokumentationsgut des Erzbistums Berlin. Es dient damit als Gedächtnis der Verwaltung und Tresor der Kirchengeschichte. Zum Kulturerbe der Kirche gehört aber auch nichtamtliches Schriftgut, sofern es für die historische Forschung oder die Geschichte des Erzbistums von Bedeutung ist. Das können Nachlässe von Priestern, Ordensleuten oder Laien ebenso sein wie Registraturen kirchlicher Einrichtungen, Gruppen oder Vereine.
Das Diözesanarchiv möchte nunmehr auch im ökumenischen Verbund seiner Aufgabe als Wissensspeicher gerecht werden und damit einen Beitrag leisten zur „Antwort der Kirche auf das öffentliche Interesse an der geschichtlichen Wahrheit“ (J. Höffner). „Non abbiamo paura della pubblicità dei documenti“, hatte Papst Leo XIII., der das Vatikanische Archiv der allgemeinen Forschung zugänglich gemacht hatte, 1884 aus voller Überzeugung dem deutschen Geschichtszirkel Roms zugerufen. „Wir haben keine Angst vor der Öffentlichkeit der Dokumente“. Das gilt auch heute.
Geschichte des Diözesanarchivs
Nach der Zäsur von Reformation und Säkularisation wurde erst im 18. Jahrhundert katholische Seelsorge in der preußisch-brandenburgischen Zentrallandschaft wiederzugelassen. Nur allmählich entwickelte sich ein Diasporakatholizismus, der nach dem endgültigen Fortfall des streng gehandhabten landesherrlichen Summepiskopates schließlich im Gefolge der Ost-West-Migration ein bemerkenswertes Wachstum erfuhr. Diese Aufwärtsentwicklung des Berliner Katholizismus in der Zeit vor und nach dem Ersten Weltkrieg führte 1930 zur Gründung eines eigenen Bistums (seit 1994 Erzbistum). Das neue Bistum umfaßte die preußische Provinz Brandenburg ohne die Archipresbyterate Neuzelle, Cottbus und Schwiebus sowie die Provinz Pommern ohne die Kreise Lauenburg und Bütow, die Stadt Tempelburg und die ehemalige Starostei Draheim.
In der Nacht vom 23. zum 24. November 1943 wurde das Gebäude des Bischöflichen Ordinariats Berlin in der Behrenstraße 66 durch Kriegseinwirkung zerstört, Archiv und Registratur verbrannten vollständig. Damit war die zentrale archivische Überlieferung des Bistums Berlin und seiner Vorgängerinstitution – der Fürstbischöflichen Delegatur für Brandenburg und Pommern (1821-1929) – vernichtet. Nur die Akten des Hilfswerks beim Bischöflichen Ordinariat für die verfolgten katholischen „Nichtarier“ haben den Krieg weitgehend unbeschadet überstanden und befinden sich heute im Diözesanarchiv, dessen Neuaufbau durch die allgemeinen Rahmenbedingungen erheblich erschwert wurde. Die Spaltung Berlins bedrohte die Einheit des Bistums und führte zu einer Aufgliederung der Verwaltung in zwei Ordinariate (1961–1990) mit je einem Generalvikar und auch je einem Archiv: Nach vierjähriger Vorbereitung wurde 1970 das Archiv des Bistums Berlin (West) in der Theologisch-Pädagogischen Akademie eingerichtet und 1973 in das Ordinariatshauptgebäude St.-Otto-Haus verlegt. 1985 wurde erstmals ein hauptamtlicher Archivar angestellt. 1987 fand das Diözesanarchiv eine neue Bleibe im ehemaligen Franziskanerkloster in Berlin-Tempelhof. In Ost-Berlin wurde 1980 im Bernhard-Lichtenberg-Haus das Bistumsarchiv errichtet. Beide Archive konnten 1995 in erweiterten Räumlichkeiten in Berlin-Tempelhof zusammengeführt werden. Seit November 2004 befindet sich das Diözesanarchiv im Kirchlichen Archivzentrum Berlin und wird jetzt wiedereröffnet.
Bestände des Diözesanarchivs
Abteilung I
Bischöfliches Ordinariat Berlin 1945–1961
Bischöfliches Ordinariat Berlin (West) 1961–1990
u.a. Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin 1938–1945 (Bestand DAB I/1).
Abteilung Ia
Bischöfliches Ordinariat Berlin (Ost) 1961–1990
Abteilung II
(Erz-)Bischöfliches Ordinariat 1990 ff.
Abteilung III
Seelsorgsbezirke und Seelsorgestellen
Die Kirchenbücher werden dezentral in den Seelsorgestellen des Erzbistums geführt und verwahrt. Die während des Zweiten Weltkrieges teilweise ausgelagerten Kirchenbücher der östlich der Oder liegenden Pfarreien, die bis 1972 kanonisch zur Berliner Diözese gehörten, befinden sich als Mikrofilme im Bischöflichen Zentralarchiv (St.-Petersweg 11-13, 93047 Regensburg), das auf Wunsch gebührenpflichtige Auskunft erteilt. Als Ersatz-Kirchenbuchamt für die Heimatvertriebenen ist das Katholische Kirchenbuchamt (Kaiser-Friedrich-Straße 9, 53113 Bonn) tätig. Auskunft über den Verbleib der katholischen Militärkirchenbücher gibt das Archiv des Katholischen Militärbischofs (Am Weidendamm 2, 10117 Berlin).
Abteilung IV
Kirchliche Institutionen und Organisationen
u.a. Donnerstags-Gesellschaft von 1860. Katholischer Verein zur Pflege der Geselligkeit (IV/1); 78. Deutscher Katholikentag Berlin 1958. Lokalkomitee (IV/5); Bischöfliches Vorseminar/Sprachenkurs Schöneiche (IV/11).
Abteilung V
Nachlässe und kleine Erwerbungen
u.a. WALTER ADOLPH (1902–1975) (als Depositum in der Forschungsstelle der Kommission für Zeitgeschichte, Adenauerallee 19, 53113 Bonn); Dr. JOHANNES ALLENDORFF (1894–1978) (V/3); ALFRED KARDINAL BENGSCH (1921–1979) (V/5); Dr. GOTTFRIED BRUNNER (1875–1962) (V/97); JULIUS KARDINAL DÖPFNER (1913–1976) (V/7); AUGUST FROEHLICH (1891–1942) (V/8); MARIA GROTE (1899–1967) (V/127), MARTIN HÖLLEN (* 1952) (V/158), KONRAD KARDINAL GRAF VON PREYSING (1870–1950) (V/16); Dr. KARL-HEINRICH SCHÄFER (1871–1945) (V/30); Dr. ALFONS MARIA WACHSMANN (1896–1944) (V/86); Bischof WILHELM WESKAMM (1891–1956) (V/24).
Abteilung VI
Dokumentation zur Geschichte und Vorgeschichte der Erzdiözese Berlin
u.a. Personen (VI/1); Institutionen und Organisationen (VI/2); Orte (VI/3); Ergänzungsdokumentation Bischöfliches Ordinariat Berlin 1929–1945 (VI/20).
Abteilung VII
Sonstiges Dokumentationsgut
u.a. Päpste im 20. Jahrhundert (VII/1).
Abteilung VIII
Archivische Sammlungen und Selekte
Urkunden (VIII/1); Gedenk- und Totenzettel (VIII/9); Plakate (VIII/12).
Abteilung IX
Bildarchiv
Ca. 40 000 Photoabzüge.
Abteilung X
Dienstbibliothek
(Präsenzbibliothek: keine Ausleihe!)
ca. 25 000 Bände.
Benutzung des Diözesanarchivs
Benutzungszeiten im Lesesaal des Kirchlichen Archivzentrums Berlin,
Bethaniendamm 29, 10997 Berlin-Kreuzberg:
nach Voranmeldung dienstags von 9 bis 15 Uhr und donnerstags von 10 bis 16 Uhr.
Telefon: +49 030 225045–80; Telefax: +49 030 225045–83.
Kontakt:
Archivleiter Dr. Gotthard Klein
Diözesanarchiv Berlin
Bethaniendamm 29
10997 Berlin
Tel.: + 49 030 225045–80, Fax: + 49 030 225045–83