Testamente als wirtschafts-, rechts- und sozialhistorische Quellen für den Umgang mit den \“letzten Dingen\“, so lautet das Thema der fünften interdisziplinären Tagung der Reihe "Sterben, Tod und Jenseitsglaube", die vom 18. bis 20. November 2005 im Kloster Irsee durchgeführt werden wird. Via H-Soz-u-Kult bitten die Veranstalter Dr. Markwart Herzog, Irsee, und Dr. Cecilie Hollberg, Magdeburg, um Beiträge (CFP-Deadline: 27.2.2005). Es werden Vorschläge für Beiträge gesucht, die als exemplarische Fallstudien angelegt sind. Abgeschlossene Untersuchungen können vorgestellt werden, vorzugsweise jedoch laufende und aktuelle Projekte.
Testamente verfügen über den materiellen Besitz der Erblasser. Hinterbliebene Angehörige und/oder begünstigte Institutionen werden mit Erbanteilen bedacht. In verhältnismäßig großem Umfang haben Erblasser vor allem in vorreformatorischer Zeit die vererbten Güter zur Sicherung ihres \“Seelenheils\“ im Sinne einer \“Jenseitsvorsorge\“ verwendet: Der Testierende setzt sich in seiner letztwilligen Verfügung mit dem auseinander, was man traditionell als das \“Jenseits\“ oder als die \“letzten Dinge\“ bezeichnet. Im Horizont dieser letzten Dinge – Himmel, Hölle, Fegefeuer, Tod – entscheidet sich nach vormoderner Auffassung die Frage nach dem \“Seelenheil\“ jedes Einzelnen. Nach wie vor sind Testamente nicht nur Dokumente für Rechts-, Wirtschafts- und Sozialbeziehungen, sondern immer zugleich auch ungemein aussagekräftige Quellen für den Umgang mit und die Bewertung von Sterben und Tod. Häufig regeln auch heute Testamente das Bestattungsritual, die Gestaltung der Grabstätten, gelegentlich auch die Formen der Totenmemoria. Veränderungen in der medizinischen Versorgung sind maßgeblich dafür verantwortlich, dass sich der Erblasser weniger um die letzten als um die \“vorletzten\“ Dinge sorgt. Testamente versuchen immer häufiger auch die über die Bedingungen des physischen Sterbens, über lebensverlängernde Maßnahmen und über den Körper des Erblassers im Hinblick auf die Möglichkeiten der Organspende zu verfügen.
Zum Themenkomplex \“Sterben, Tod und Jenseitsglaube\“ haben an der Schwabenakademie Irsee bisher vier Tagungen stattgefunden. Deren Ergebnisse sind in der Buchreihe "Irseer Dialoge: Kultur und Wissenschaft interdisziplinär" (Kohlhammer Verlag, Stuttgart) publiziert. Die Tagungsreihe möchte auf der kommenden Veranstaltung an bereits vorliegende Forschungsergebnisse und deren Diskussion anknüpfen und diese erweitern bzw. weiterführen. Thema ist die vielfältige Bedeutung von Testamenten als kulturgeschichtlichen Zeugnissen, und zwar speziell für die Einstellung zu Sterben, Tod und Jenseitsglauben und deren Wandel.
Der zeitliche und geographische Rahmen ist offen. Auch Beiträge aus dem außereuropäischen Kulturraum sind willkommen. Als Fragestellungen bzw. Themenschwerpunkte, die auch kombiniert werden können, sind von besonderem Interesse:
Leben & Sterben
- Umgang / Auseinandersetzung mit dem Ableben als Bestandteil des Lebens selbst
- Vorbereitung des Ablebens, Maßnahmen (was wollte man klären?)
- Anlaß für das Testament (Krankheit, Reise, Geburt, Epidemien)
Tod & Jenseits
- Hoffnungen auf das Jenseits und die Furcht davor
- Begriffe / Euphemismen im Angesicht des Todes
- Enttäuschung über das Diesseits (\“Abrechnung\“ mit bestimmten Personen, Dingen)
- Bedeutung und Gewichtung von Leib und Seele
- Präsenz des Todes und dessen Wirken bereits im Diesseits auf die Testatoren
Jenseitsvorsorge & Totengedächtnis
- Seelenheil (Gebete, Stiftungen, Pilgerfahrten etc. und deren Umfang)
- Ängste / Hoffnungen, die mit dem Tod verbunden sind
- Wünsche für Bestattung und Totenmemoria
Vorgesehen sind Vorträge von maximal 30 Minuten mit anschließender Diskussion von 15 Minuten. Bei Interesse an einem Beitrag wird um die Zusendung von Vorschlägen gebeten. Arbeitstitel und maximal einseitige Arbeitsskizze sind bis zum 27. Februar 2005 einzureichen bei der Schwabenakademie Irsee:
Kontakt:
Dr. Markwart Herzog
Schwabenakademie
Klosterring 4, 87660 Irsee
Tel: 08341/906 661
Fax: 08341/906 669
schwabenakademie@kloster-irsee.de
Quelle: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/termine/id=3239