Der Leiter des Stadtarchivs Weimar, Jens Riederer, ist der Verfasser des 4. Rätselteils \“Das redende Blatt\“ der Thüringischen Landeszeitung TLZ:
Am 10. August 1839 ging in der Großherzoglichen Landesdirektion, der obersten Polizeibehörde des Landes Sachsen-Weimar-Eisenach, der Brief eines Mannes ein, der sich um die Verfassung der Stadt Weimar zutiefst sorgte. Zwar bezeichnete er sich darin nach damaliger Gepflogenheit als \“der unterthänigste Bittsteller\“, doch sein Schreiben zeugte von großem Selbstbewusstsein wie auch intimer Kenntnis der weimarischen Kommunalverhältnisse. Die am 28. August 1838 von der Landesdirektion erlassene neue Stadtordnung für Weimar habe ihm Anlass gegeben, eine eigene Schrift über \“die Nachtheile dieser Lokal-Verordnung\“ einzureichen. Über folgende darin heraus gearbeitete Punkte wünsche er Nachverhandlungen mit einem Beauftragten der Behörde:
1. der Oberbürgermeister werde gar nicht mehr gewählt, sondern sei ein vom Landesherr bestellter Staatsbeamter; 2. die ausgedehnten Befugnisse des Oberbürgermeisters machten ihn faktisch zum verlängerten Arm der Landesdirektion;
3. der Stadt werden Aufgaben der Polizeiverwaltung aufgebürdet, die bisher von den großherzoglichen Justizämtern zu leisten waren;
4. überflüssige neue Verwaltungsstellen seien geschaffen worden;
5. das vorhandene Personal werde unnötig hoch bezahlt.
Der Streit um eine Reform der Stadtverfassung von Weimar schwelte schon seit Jahren. Erst 1810 hatte der Herzog Carl August seiner Residenzstadt ein neues Statut nach dem Vorbild der preußischen Städtereform gegeben. Die dabei gehegte Hoffnung, die Weimarer Bürger und ihr Stadtrat könnten mit diesem Instrument eine kommunale Selbstverwaltung gestalten, erfüllte sich nicht.
Das lag nicht nur an einer gewissen Gleichgültigkeit der meisten Bewohner gegenüber städtischen Belangen, sondern vor allem an der überaus strengen Aufsicht, die die Landesdirektion über die Stadtverwaltung führte. Bürgerliche Eigeninitiative und wirtschaftiches Engagement waren oft eher behindert als gefördert worden.
Bereits 1832 hatte unser Bittsteller, als er Stadtverordneter geworden war, bissig bemerkt: \“Unser Stadtrat ist eine Null, ohne Erlaubnis kann er nicht einmal die Ratsstube dielen lassen.\“ Umso größer war die Enttäuschung als die neue Stadtordnung von 1838 die in Aussicht gestellte Stärkung städtischer Autonomie erneut vermissen ließ. Wieder lag der Stadtrat am Gängelband landesherrlicher Oberaufsicht.
Der sich so hartnäckig für die Belange der Stadt ins Zeug legte, war gar kein gebürtiger Weimarer, sondern 1805 aus Mainz gekommen, wo er 1780 geboren worden war. Zuerst als Buchbinder im Bartuchschen Landes-Industrie-Comptoir angestellt, arbeitete er später lange Jahre als selbständiger Buchbindermeister in Weimar. 1836 und 1844 wählten ihn die Bürger zum Stadtältesten. 1840 auch in den Sachsen-Weimar-Eisenachischen Landtag.
Obgleich seine Vorschläge zur Verbesserung der Stadtordnung staatlicherseits abgeschmettert wurden, ließ er sich nicht entmutigen und erwarb sich bis zu seinem Tode im Jahr 1856 besondere Verdienste für die sozialen Einrichtungen der Stadt Weimar.
Die Frage dieses Rätselteils lautet: Wer war der Buchbindermeister, der sich so für Weimars Stadtverfassung einsetzte? Für das Lösungswort ist aus dem Familiennamen der erste Buchstabe zu notieren.
Das komplette Lösungswort ist bis zum 30.9.2004 an die TLZ-Kulturredaktion, Marienstraße 14, in 99423 Weimar zu senden.
Quelle: TLZ, 21.8.2004.