Nachlässe in Archiven (Tagungsbericht)

Zum bereits 5. Mal lud die Archivberatungsstelle Thüringen zur traditionellen Frühjahrsweiterbildung in das Hotel Hainstein nach Eisenach ein. Wie in jedem Jahr stellte die Themenauswahl die größte Herausforderung dar, denn es galt eine Auswahl zu treffen, die spartenübergreifend Interesse weckt und dem Fortbildungsbedarf gerecht wird. Gerade in Zeiten wenig erfreulicher staatlicher und kommunaler Kassenlagen und anhaltendem Personalabbau muss der Qualitätssicherung stärker Rechnung getragen werden. Die Vermittlung und Vertiefung von Fachwissen in Aus- und Fortbildung ist eine feste Größe, die an Bedeutung immer mehr zunimmt. Ziel dieser Veranstaltung war es daher, zu effizienter Aufgabenerfüllung durch die möglichst umfassende Beleuchtung eines speziellen fachlichen Gegenstandes, dessen eingehender Diskussion und dem Vorstellen von verschiedenen Lösungsansätzen beizutragen.

In diesem Jahr stand die Beschäftigung mit Nachlässen im Vordergrund und über 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus Thüringer staatlichen, kommunalen, kirchlichen und Wirtschaftsarchiven sowie aus Archiven und Dokumentationsstellen wissenschaftlicher Einrichtungen waren der Einladung gefolgt. Begrüßt werden konnten darüber hinaus auch Fachkolleginnen und Fachkollegen aus Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt.

Üblicherweise ist ein Archiv zuständig für die amtliche Überlieferung seines Archivträgers. Mit der Übernahme des archivwürdigen Schriftgutes aus den Registraturen, der Erschließung und Zugänglichmachung für die interessierte Öffentlichkeit haben Archivmitarbeiter in aller Regel genug zu tun. Warum sich also auch noch mit privatem Schriftgut belasten, warum Nachlässe sammeln? Lücken in der Aktenüberlieferung einer Kommune, wissenschaftlichen Einrichtung oder auch bei Land und Bund bzw. deren einseitig amtliche Sicht und trockene Aussagekraft machen es notwendig, auch die nicht amtliche Überlieferungen ins Auge zu fassen, um das Handeln von Einzelpersonen und Gruppierungen in der Gesellschaft dokumentieren zu können.

Der Einführungsvortrag von Bettina Fischer riss einige theoretische Aspekte zu den verschiedenen Nachlasstypen, ihren Inhalten und zu ihrer Erwerbung, Bewertung und Bearbeitung an. Nachlässe bedeutender Persönlichkeiten wurden als wesentliche Primärquellen für die historische, insbesondere die zeitgeschichtliche Forschung darstellt und Auswertungsmöglichkeiten skizziert.

Die Sektionen des ersten Veranstaltungstages beschäftigten sich mit Nachlässen von Schriftstellern, Wissenschaftlern und Musikern. Die Geschichte des ältesten deutschen Literaturarchivs, des Goethe- und Schiller-Archivs Weimar, sein mittlerweile auf über 100 Nachlässe angewachsener Bestand sowie die aktuellen Fragen der Einigung des Freistaates Thüringen mit dem Herzoghaus Sachsen-Weimar und Eisenach über den Verbleib wichtiger Kunstwerke des klassischen Weltkulturerbes in Weimar wurden von Dr. Jochen Golz, Direktor der Einrichtung, vorgestellt. Dabei wurde ein erster Diskussionspunkt herausgearbeitet, der sich durch das gesamte Programm ziehen sollte – die Konkurrenz von Bibliotheken, Museen aber auch der Archive untereinander hinsichtlich der Erwerbung von Nachlässen. Prof. Gerhard Schmid gab nachfolgend Hinweise zur Bestandserschließung im Literaturarchiv anhand der Arbeitsgrundsätze des Goethe- und Schiller-Archivs und in einem weiteren Vortrag stellten Dr. Manfred Koltes und Uta Griesbach die eigens für die Anforderungen dieses Hauses entwickelte Erschließungssoftware und die Digitalisierung von Nachlass-Materialien vor.

Gelehrten-Nachlässe im Archiv zur Geschichte der Max-Planck-Gesellschaft Berlin und ihre Bedeutung für die Forschung mit ihren für Archivare oft schwierigen Inhalten brachte Dr. Marion Kazemi – anhand mitgebrachter Beispiele wie der Wiederentdeckung der Mendelschen Vererbungsgesetze durch die Genetiker Erich von Tschermak-Seysenegg, Carl Correns und Hugo de Vries sowie die Entdeckung der Kernspaltung durch die Chemiker Otto Hahn und Fritz Straßmann anschaulich unterlegt – zu Gehör. Über Musiker-Nachlässe und Adjuvanten-Archive im Thüringischen Landesmusikarchiv der Hochschule für Musik in Weimar sprach Dr. Irina Lucke-Kaminiarz. Beide Vorträge verdeutlichten, dass die Erschließung und Auswertung solch schwieriger Nachlass-Inhalte mit archivarischen Kenntnissen allein nicht zu realisieren ist, sondern den kenntnisreichen Fachmann oder die Fachfrau benötigt, zum ersteren die Biologin, zum zweiten die Musikwissenschaftlerin. Gleichwohl wurden mit der Sicherung und Zugänglichmachung der Nachlässe für die Wissenschafts- bzw. Musikgeschichte wahre Schätze ans Licht gebracht.

Über das Projekt Zentrale Datenbank Nachlässe berichtete Dr. Irene Streul vom Bundesarchiv Koblenz. Bereits 1992 war mit der Neubearbeitung der von Wolfgang Mommsen erstellten Publikation „Die Nachlässe in den deutschen Archiven“ begonnen worden, die sich heute auf der Homepage des Bundesarchivs als Datenbank mit Nachlässen von über 21.600 Personen mit rund 24.000 Beständen und Teilbeständen darstellt. Diese Angaben werden fortlaufend ergänzt und aktualisiert. Dr. Streul informierte über die lange Vorgeschichte des Projektes, über die Datenerfassung und die Verfahrensweise beim Aufbau der Datenbank sowie über die Perspektiven zur künftigen Pflege. Sie nutzte die Gelegenheit, allen Thüringer Kolleginnen und Kollegen für die Zuarbeiten zu danken und freute sich, die bisher nur fernmündlich bzw. schriftlich bestehenden Kontakte durch persönliches Kennenlernen vertiefen zu können.

Prof. Dr. Volker Wahl vom Thüringischen Hauptstaatsarchiv Weimar beschloss den ersten Veranstaltungstag mit einer essayistischen Darstellung der verwickelten Besitzverhältnisse und Vermarktungsansprüche im Fall des Nachlasses des Schriftstellers Carl May.

Am zweiten Tag wurde die Bedeutung von Nachlässen für die zeitgeschichtliche Forschung thematisiert. In den einzelnen Sektionen wurde der Blick für die in Archiven außerhalb der Thüringer Landesgrenze gemachten Erfahrungen und Lösungsansätze geschärft. Dr. Jürgen Wetzel vom Landesarchiv Berlin sprach über die Erwerbungsbemühungen von Überlieferungen der Landes- und Kommunalpolitiker in seinem Haus und verdeutlichte insbesondere durch die in einem Nachlass enthaltene Inhalts- und Medienvielfalt das Besondere des Quellenmaterials. Die persönlichen Bekanntschaften, ideologische Einflüsse und politische Positionen lassen sich vor allem anhand überlieferter Briefe und Tagebücher nachvollziehen und stellen sich häufig detaillierter dar als in der Überlieferung der Geschäftstätigkeit, wenn überhaupt vorhanden. Und hier wurde der zweite Diskussionskomplex herausgestellt – Nachlassschriftgut als wichtige Quelle zur Kompensation von Überlieferungslieferungslücken von Verwaltungen, Gremien, Parteien etc. Hervorgehoben wurde das große Maß an Sensibilität bei den Erwerbungsbemühungen mit den Erben. Ein Vorteil sei das Herantreten an den potentiellen Nachlasser und das Treffen entsprechender Vereinbarungen noch zu dessen Lebzeiten.

Sensibilität ist auch ein wesentliches Kriterium archivarischer Übernahme-Bemühungen, wenn es um die Überlieferung von gesellschaftlich bedeutenden Persönlichkeiten aus dem Gefüge der politischen und wirtschaftlichen Leitung und Lenkung in der DDR geht. Dies wird umso komplizierter, je kleiner der Agitationsrahmen der in Frage kommenden Personen ist, wie die Vorträge von Dr. Norbert Moczarski aus dem Thüringischen Staatsarchiv Meiningen und Andrea Walther vom Stadtarchiv Suhl verdeutlichten. Sie referierten über das südthüringer Modell der Erfassung von Persönlichkeiten und die Versuche, deren Überlieferung zukünftig archivisch zu sichern. Die dabei gemachten Erfahrungen reichten von Freude über das bekundete Interesse – vor allem bei Denjenigen, die privat sicherten, was der Vernichtung innerhalb der Verwaltungen zum Opfer gefallen wäre und wo das archivarische Interesse auf fruchtbaren Boden fiel – bis hin zu rüder Ablehnung aufgrund der seit der politischen Wende 1989/90 gemachten Erfahrungen, die besonders bei ehemals führenden SED- und Wirtschaftsfunktionären als Negativerlebnisse empfunden wurden und den Sinn des eigenen Lebenswerkes in Frage stellten.

Dieser Problematik widmete sich ebenfalls Grit Ulrich in ihrem Beitrag über die Nachlass-Bestände der Stiftung der Parteien und Massenorganisationen der DDR im Bundesarchiv (SAPMO) in Berlin. Ob man sich auf lokal eng bemessenem Raum bewegt oder die Vertreter auf höchster Ebene im Blick hat – in Zeiten politischer Umbrüche und im Erleben der zeitgeschichtlichen Bewertung danach sind ehemalige Funktionäre und Politiker bzw. deren Angehörige häufig wenig begeistert von der Vorstellung, ihr Mitwirken der Nachwelt dokumentiert zu wissen. Die Stiftung besitzt derzeit 434 Nachlässe, wobei der größte Teil aus dem Zentralen Parteiarchiv der SED sowie dem Zentralarchiv des FDGB stammen, deren Schriftgut über Einbringungsverträge in das Stiftungsvermögen Eingang fand. Für jeden einzelnen persönlichen Bestand wurden in den vergangenen Jahren neue Hinterlegungs- oder Schenkungsverträge abgeschlossen. Vereinzelt gab es Rückforderungen seitens der Depositare. Derzeit bemühen sich die Mitarbeiter insbesondere um Nachlass-Materialien der in den 70er und 80er Jahren aktiven Politiker, die bisher noch wenig belegt sind. Hinsichtlich der Erwerbungsbemühungen steht die Stiftung auch – wie bereits von einigen Vorrednern angemerkt – vor dem Problem der Konkurrenz insbesondere der Stiftungen der anderen Parteien wie Konrad-Adenauer-Stiftung Sankt Augustin oder der Friedrich-Naumann-Stiftung Gummersbach. Einen Werbe-Effekt erhofft man sich von der Veröffentlichung der Findmittel der bisher erschlossenen Bestände im Internet.

Der Sicherung der Unterlagen der DDR-Opposition hat sich die Robert-Havemann-Gesellschaft Berlin verschrieben, die unter ihrem Dach drei Archive vereint. Diese Materialien – regimekritische Texte und Selbstzeugnisse von Protest und widerständigem Handeln der gerade überwundenen Diktatur – stellen eine korrigierende Gegenüberlieferung zu den behördlichen Akten von Staat und Partei dar und sind bedeutend für eine kritische Sicht auf die Geschichte der DDR. Wichtigster Gründungsbestand ist der Nachlass Robert Havemann. Mit der Archiv- und Bildungsarbeit beteiligt sich die Einrichtung am Prozess der Aufarbeitung und am geschichtspolitischen Diskurs in dem Bemühen, Verharmlosungen des SED-Regimes entgegenzuwirken. Werner Theuer berichtete vom Erwerb der Unterlagen, ihrer archivischen Erschließung, vom Anlegen von Ergänzungsdokumentationen, den Möglichkeiten ihrer Auswertung und der Öffentlichkeitsarbeit in Form von eigenen Publikationen, Ausstellungen und der Zusammenarbeit mit dem Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin. Auch in Thüringen besteht ein solches Spezialarchiv – das Thüringer Archiv für Zeitgeschichte e. V. in Jena.

Brigitte Streich vom Stadtarchiv Wiesbaden machte die Nachlasserwerbung ihres Hauses unter dem Aspekt der Notwendigkeit der Schließung von Überlieferungslücken deutlich. Gerade für die Erforschung der Stadtgeschichte mit der besonderen Bedeutung Wiesbadens als hessische Landeshauptstadt haben sich die in Nachlässen von Kommunalpolitikern u. a. gesellschaftspolitisch wichtigen Persönlichkeiten enthaltenen Überlieferungen, auch von Teilen dienstlicher Registraturen, als unverzichtbar erwiesen, ist doch die amtliche Überlieferung insbesondere in der Zeit des Nationalsozialismus und der Nachkriegszeit sehr lückenhaft bis gänzlich verloren. Sie strich zudem die Notwendigkeit heraus, sich im kommunalen Bereich verstärkt den heutigen Funktionsträgern in politischen Parteien, Vereinen und kulturellen Gruppierungen zu widmen, da deren Materialien die Vielfalt städtischen Lebens widerspiegeln, die so im Schriftgut der Verwaltung nicht wiederzufinden ist. Aus archivarischer Sicht bedauerlich bezeichnete die Referentin die Tendenz zu totaler Kassation der Unterlagen der Geschäftstätigkeit dieser Gruppen.

Zum Abschluss des zweiten Tages wurden Rechtsprobleme bei Nachlässen in Archiven thematisiert. Prof. Walter Bayer von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Friedrich-Schiller-Universität Jena widmete sich sehr anschaulich den Gestaltungsmöglichkeiten vertraglicher Grundlagen – zum einen Hinterlegungsverträgen, wo das Eigentum des Nachlassers unberührt bleibt und zum anderen Möglichkeiten der Eigentumsübertragung durch Kauf oder Schenkung. In der regen Diskussion, in der neben dem Vermeiden von Fehlern bei der Formulierung der genannten Verträge insbesondere das Problem des Fehlens jeglicher vertraglicher Grundlagen bei vor 1990 übernommenen persönlichen Beständen und Sammlungen thematisiert wurde, konnte durch den fachlichen Rat Klärung herbeigeführt werden. Für die versammelten Archivarinnen und Archivare sorgte der Hinweis Professor Bayers, dass keine Pflicht zum Abschluss eines schriftlichen Vertrages besteht, sondern eine mündliche Vereinbarung, eine testamentarische Verfügung, gegebenenfalls eine unterzeichnete Übergabeliste rechtswirksam seien, für große Erleichterung. Dem eloquenten Referenten ist es zu danken, dass viele Fragen geklärt und dem juristischen Laien Archivar praktikable Lösungsansätze geboten wurden.

Der dritte Veranstaltungstag widmete sich Familien- und Spezialnachlässen, wobei sich die beiden ersten Referenten mit der Restitution von Adelsarchiven wieder im juristischen Rahmen bewegten. Birgit Richter vom Sächsischen Staatsarchiv Leipzig rückte den Werdegang der Überlieferung der Rittergutsbestände in den Mittelpunkt ihres Vortrages. Von wesentlicher Bedeutung war dabei die Verstaatlichung der Patrimonialgerichte im Zuge der Neuorganisation der staatlichen Gerichtsbarkeit bereits 1848. Dass Adelsarchive in staatliche Archive gelangten, ist den politischen Veränderungen in den sowjetisch besetzen deutschen Ländern ab 1945 geschuldet; am einschneidendsten wirkte hier die Bodenreform. Sie beinhaltete die entschädigungslose Enteignung von landwirtschaftlichem Grundbesitz mit allen Bauten, lebendem sowie totem Inventar, Nebenbetrieben und landwirtschaftlichem Vermögen. Die Landesverwaltungen hatten die Sicherung des nichtlandwirtschaftlichen Inventars, also auch Kunstgegenstände, Bibliotheken und Archive zu sichern. In der DDR wurden die so in die staatlichen Archive gelangten Adelsarchive erschlossen und zur Erforschung der Landes- und Familiengeschichte genutzt. Mit dem „Gesetz über staatliche Ausgleichsleistungen für Enteignungen auf besatzungsrechtlicher oder besatzungshoheitlicher Grundlage“ (kurz Ausgleichsleistungsgesetz) von 1994 gerieten diese Kulturgüter wieder ins öffentliche Blickfeld. Einen Erfahrungsbericht zu Rückübertragungsansprüchen aus dem Landeshauptarchiv Magdeburg gab Dr. Jörg Brückner. Gleichzeitig berichtete er vom Workshop zur Restitution von Herrschafts- und Gutsarchiven vom Juli 2003 in Magdeburg und stellte dort diskutierte Möglichkeiten zur Regelung des Verbleibs der Bestände in den staatlichen Archiven sowie ihrer Zugänglichmachung nach der Nießbrauchsklausel des Ausgleichsleistungsgesetzes bis 2014 vor.

Zur Bedeutung von Nachlässen in einem Unternehmensarchiv sprach Dr. Wolfgang Wimmer vom Carl Zeiss Archiv Jena. Gerade für einen DDR-Wirtschaftsbetrieb sind Nachlass-Materialien eine unverzichtbare Quelle, da viele relevante Unterlagen der Verwaltung nicht ins Archiv gelangten oder aber diese die realen Verhältnisse nicht widerspiegeln. Durch die Übernahme von Nachlässen maßgeblicher Firmenmitarbeiter wird die Basis zur Erforschung und Dokumentation der Unternehmensgeschichte vergrößert. Anhand der Übernahme des Zeiss-Sippenarchivs, einer genealogischen Sammlung aus den 1930er Jahren, wurde die Notwendigkeit der Pflege der Beziehungen zur Familie des Unternehmensgründers dargestellt.

Als letzter Referent dieser Weiterbildung trat Dr. Kurt Hochstuhl auf. Er stellte aus den Beständen des Staatsarchivs Freiburg den Fotografen-Nachlass Willy Pragher mit rund einer Million Bildvorlagen, seine Erschließung und Auswertung und die kommerzielle Vermarktung eines Nachlass-Teils über den Ullstein-Bilderdienst vor. Als zweites Beispiel hatte Dr. Hochstuhl den Nachlass des Fotografen und Kameramannes Sepp Allgeier ausgewählt, welcher ungeordnet und nur in Form von Negativen ins Archiv gekommen war. Dieser Nachlass wird erst nach umfangreicher Bearbeitung einschließlich Digitalisierung archiv- und nutzungsfähig sein. Die vielen Bildbeispiele und Erläuterungen der Online-Nutzung wurden von lebhaftem Interesse begleitet. Die Anregung, für die Nutzung der historischen Fotosammlungen in Kooperation mit Bildagenturen oder den regionalen bzw. lokalen Medien zu treten, wird sicher von manchen der anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer in die Tat umgesetzt.

Eine Führung zur Wartburg sowie eine thematische Stadtführung „Auf den Spuren von Johann Sebastian Bach“ mit anschließendem Besuch des Bach-Museums und der Präsentation Bachs Musik auf historischen Instrumenten hielten Interessantes für die späten Nachmittage bereit, was großen Zuspruch fand. Flankierend zur Tagung war eine kleine Ausstellung mit Nachlass-Materialien des Archivs der Hochschule für Musik in Weimar sowie aus dem Familien-Nachlass Sckell des Thüringischen Hauptstaatsarchivs Weimar gestaltet worden. Dr. Irina Lucke-Kaminiarz und Jutta Fulsche sei für den Aufbau sowie die kundigen Erklärungen herzlich gedankt. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigten sich fasziniert von der Vielschichtigkeit und Ästhetik der ausgestellten Materialien, die eine so willkommene Abwechslung zur behördlichen Sachakte darstellen. Anhand von Briefen, Fotos, Gemälden, wissenschaftlichen und künstlerischen Arbeiten, Notenhandschriften traten uns die Nachlasser in ihrem persönlichen Umfeld entgegen. Gedankt sei auch Lutz Schilling vom Staatsarchiv Gotha für die Unterstützung bei der Vorbereitung und Durchführung der Tagung. Dem vielfach geäußerten Wunsch nach einem gedruckten Tagungsband wird gern nachgekommen; mit Unterstützung des Thüringer Archivarverbandes wird dieser Ende des Jahres als Sonderheft 2004 des Mitteilungsblattes Archive in Thüringen herausgegeben.

Die freundliche Atmosphäre des Hotels Haus Hainstein und der hervorragende Service der umsichtigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter trugen darüber hinaus zum guten Gelingen der Veranstaltung bei. Das Hotel bildete einen schönen Rahmen sowohl für den fachlichen Austausch im großen und kleinen Kreis als auch für ein gemütliches Beisammensein am Rande der Veranstaltung. Die Veranstalter freuten sich über die durchweg positiv bewertete Tagung und das freundliche „Bis zum nächsten Mal“.

Info:
Weiterbildungsveranstaltung der Archivberatungsstelle für Thüringer Archivarinnen und Archivare an staatlichen und nicht staatlichen Archiven vom 3. bis 5. Mai 2004 in Eisenach

Tagungsbericht von: Bettina Fischer (Archivberatungsstelle Thüringen, Weimar), 9.7.2004

Marktoberdorfer Ortsteil-Archiv macht Fortschritte

Seit rund zwei Jahren ist es die Aufgabe der Archivarin Ursula Thamm, Ordnung in die Ortsteil-Archive von Marktoberdorf zu bringen. Geschafft hat sie bereits den Ortsteil Rieder, elf Monate waren für Bertoldshofen nötig, jetzt sind Geisenried und Leuterschach an der Reihe. Ein Feldmessbüchlein, eine Art Grundbuch, aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges gehört wohl zu den ältesten Dokumenten, das sich im Marktoberdorfer Ortsteil-Archiv befindet.

Das bereits erzielte Ergebnis bezeichnet Bürgermeister Werner Himmer als gewaltigen Schritt vorwärts. Mit mindestens weiteren vier bis fünf Jahren rechnet allerdings Ursula Thamm, bis alle Ortsteile so geordnet sind, wie es sich für ein Archiv gehört. Thamm ist bei den angelieferten Altakten nicht nur mit unterschiedlichen Materialien konfrontiert, sondern vor allem mit ganz unterschiedlichen Ordnungsprinzipien. Nach einem genauen Ordnungsplan sortiert sie in mehreren Schritten die Dokumente in beschriftete Kartons und erhält sie so der Nachwelt.

Neben dem Stadtarchiv, das ehrenamtlich betreut wird, können die Chronisten, Heimat- oder Familienforscher in Marktoberdorf fortan immer effektiver auch auf das Ortsteil-Archiv zurückgreifen können.

Kontakt:
Stadtverwaltung Marktoberdorf
Rathaus
Jahnstraße 1
87616 Marktoberdorf

Quelle: Gerlinde Schubert, Allgäuer Zeitung, 9.7.2004

Mainzer Ausstellung über Georg Forster

Zu seinem 250. Geburtstag am 26. November wird das Mainzer Stadtarchiv den Universalgelehrten und Weltreisenden Georg Forster (1754-1794) mit einer Ausstellung ehren. Dr. Wolfgang Dobras, der Leiter des Stadtarchivs Mainz, sei in der glücklichen Lage, die Ausstellung vor allem mit Objekten aus dem eigenen Haus zu bestücken, kooperiere zudem mit der Stadtbibliothek und dem Botanischen Garten.

Dessen Leiter Dr. Ralf Omlor wolle einige Pflanzen, die Forster auf Captain James Cooks zweiter Weltreise 1772 bis 1775 entdeckt oder dokumentiert hat, im Archiv ausstellen. Dabei gehe es aber nicht zuletzt des Klimas vor allem um Pflanzen aus Neuseeland. Mit dem Untertitel der Ausstellung „Tahiti – Mainz – Paris“ solle der Schwerpunkt dennoch eindeutig auf der Zeit Forsters als Bibliothekar des letzten Mainzer Kurfürsten Erthal liegen.

Erstmals wird auch die im Landeshauptarchiv Speyer entdeckte, von Forster 1778 an der Göttinger Universität erworbene Diplomschrift zu sehen sein. Sie diente bisher als Umschlag für ein altes Buch.

Info:
„Georg Forster 1754-1794. Tahiti – Mainz – Paris“ vom 26. November bis 12. März im Stadtarchiv Mainz.

Kontakt:
Stadtarchiv Mainz
Rheinallee 3 B
55116 Mainz
Telefon: 0 61 31/12-21 78
Telefax: 0 61 31/12-35 69
stadtarchiv@stadt.mainz
www.stadtarchiv.mainz.de

Quelle: Werner Wenzel, Allgemeine Zeitung, 9.7.2004

Klestil-Nachlass ohne Handakten

Mit dem Tod des österreichischen Bundespräsidenten Thomas Klestil (1932-2004) geht der zeitgeschichtlichen Forschung auch eine wichtige Auskunftsperson zu wichtigen Momenten in Österreichs jüngerer Geschichte verloren. Klestil habe die Öffnung des Osten miterlebt, war bei den österreichischen Beitrittsverhandlungen zur EU maßgeblich beteiligt und habe eine wichtige Rolle in der Phase nach der Nationalratswahl 1999 gespielt, begründet der Historiker Stefan Karner von der Universität Graz die zeithistorische Bedeutung Klestils.

Thomas Klestil, der seit 1992 Bundespräsident war und am 9.7. 2004 dieses Amt seinem Nachfolger Heinz Fischer übergeben sollte, hinterlässt offenbar mehr als 1.400 Reden, zahlreiche offizielle Akten und Protokolle internationaler Angelegenheiten, darunter auch ein von seinem ehemaligen Sonderberater für internationale Angelegenheiten zusammengestelltes Schwerpunktarchiv – aber so gut wie gar keine persönliche Aufzeichnungen.

Somit bleiben von Klestil in erster Linie Hunderte Aktenordner und Kartons mit offiziellen Dokumenten, die von der Präsidentschaftskanzlei in den nächsten Tagen an das Staatsarchiv Wien übergeben werden. Dort sind sie laut Archivgesetz für dreißig Jahre gesperrt – wenn der Daten- oder Personenschutz anderer Beteiligter gefährdet ist, auch länger. Ob Klestil besondere Auflagen für seinen Nachlass definiert hat, wird sich in den nächsten Tagen herausstellen. Ansonsten obliegt seiner Witwe Margot Klestil-Löffler darüber zu bestimmen.

Kontakt:
Österreichisches Staatsarchiv
Nottendorfergasse 2
A-1030 Wien
Tel (01) [0043 1] 79540 504

Quelle: Der Standard, 8.7.2004

Vom Nutzen des Edierens

Von dem zwischen dem 3. und 5. Juni 2004 in Wien veranstalteten Kongress „Vom Nutzen des Edierens“ berichten Martin Scheutz und Herwig Weigl für H-Soz-u-Kult. Der Kongress wurde veranstaltet vom Institut für Österreichische Geschichtsforschung, der Ausbildungsstätte für Archivare sowie Forschungsstätte mit einem Schwerpunkt auf den historischen Hilfswissenschaften.

Die einzelnen Sektionen widmeten sich u.a. der Frage, was unter „authentischen“ Texten zu verstehen sei und wie eine vorliegende Edition ihren Text zum „authentischen“ machen könne. Auch ging es um die Bewältigung von Massenquellen durch Edition und/oder Erschliessung, einem Problem, dem sich das Institut für Europäische Rechtsgeschichte (Frankfurt/M.) mit einer Doppelstrategie stellt: Erstellung eines gedruckten Repertoriums sowie einer beschreibenden Datenbank, die auch quantifizierende Abfragen ermöglicht. Die Referate der Sektion „Edition und Neue Medien“ erläuterten ihre Vorgehensweisen hingegen weniger unter dem Gesichtspunkt der Quellen als unter dem der Verarbeitung und Präsentation.

Die Tagung unterstrich, so resümieren die Berichterstatter, die Attraktivität und den Nutzen des Edierens, zeigte die Bedürfnisse und Probleme in breiter Streuung und stellte Fachvertreter der Mediävistik und der Neueren und Neuesten Geschichte, Arbeitende „auf Papier“ und „im Netz“, Praktizierende unabdingbarer klassischer Textkritik und unabdingbarer elektronischer Verarbeitung einander vor.

Link zum vollständigen Tagungsbericht: http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=510

Kontakt:
Institut für Österreichische Geschichtsforschung
Universität Wien
Dr. Karl Lueger-Ring 1
A-1010 Wien
Telephon: +43 1 4277 27201
Fax: +43 1 4277 9272
ifoeg@univie.ac.at

Urkunde von 1252 verhilft Rostock zu Strand

Konnte 1928 noch ein Streit zwischen der Stadt Rostock und dem Land Mecklenburg-Schwerin über die Eigentumsrechte am Ostsee-Strand zugunsten der Stadt beigelegt werden, so wurde nach dem Zweiten Weltkrieg mit der Rostocker Heide auch der Strand verstaatlicht. Nach der politischen Wende gab es erneut Differenzen zwischen Stadt und Land, das seinen Anspruch mit den Aufgaben des Küstenschutzes begründete.

Nun konnte die im Rostocker Stadtarchiv archivierte Heide-Urkunde vom 25. März 1252 dem Bundesamt zur Regelung offener Vermögensfragen als Grundlage dienen für die Entscheidung, der Stadt Rostock das Eigentum an dem etwa 77 Hektar großen Strand zurückzugeben.

Die Leiterin des Rostocker Kataster-, Vermessungs- und Liegenschaftsamtes Sabine Kahle gründet das Eigentumsrecht der Hansestadt am Strand auf landesherrliche Verleihung, zieht dafür die Heide-Urkunde heran, der es heißt, dass Heinrich Borwin III. als Herr von Rostock der Stadt Rostock die Rostocker Heide für 450 Mark Pfennige verkauft. Da es damals noch keine Gemarkungen, Flur- bzw. Flurstück-Nummern gab, wurde genau beschrieben, wie der Verlauf der Grundstücksgrenzen ist. Entsprechend der Urkunde wurde die Stadt nicht nur mit der Ausübung Lübischen Rechtes bewidmet, sondern erwarb zudem vom Landesherrn eine Fläche, deren Grenzen sich wie folgt erstrecken: von dem Besitztum Heinrichs (Hinrichsdorf), das 20 Hufen hat, bis zum Gehege der Mönche (Mönchhagen), das 20 Hufen hat und nicht mehr in seinem Grenzen erhalten wird, von dort bis zu dem Gehege des Volquinus (Volkenshagen), das insgesamt 11 Hufen enthält, danach aber direkt über die Straße, die nach Ribnitz führt, bis zu dem Ort, wo einst Wilhelm Vulebresme ermordet worden ist, dann zum Zarnezstrome (Stromgraben) über den Wiesenweg quer hinüber, bis man endlich zur Meeresküste gelangt; so an der Meeresküste entlang bis zum östlichen Ufer oder dem Wasser des Flusses von Warnemünde, mit aller Nutzung an Weiden, Wiesen, Holzung, Land, Wasser und Wasserläufen.

Diese Ausführungen aus dem Jahr 1252 halfen jetzt, die städtische Rechtsauffassung durchzusetzen. Praktische Auswirkungen hat die Vermögenszuordnung auf die Stadt kaum. Die Durchführung des kostenintensiven Küstenschutzes bleibt weiter in den Händen des Landes.

Kontakt:
Archiv der Hansestadt Rostock
Hinter dem Rathaus 5
18055 Rostock
Tel. (03 81) 3 81 13 61
Fax (03 81) 3 81 19 47
stadtarchiv@rostock.de
http://www.rostock.de/Internet/stadtarchiv

Quelle: Sabine Schubert, Schweriner Volkszeitung, 6.7.2004

Die Akten des Augsburger Notars Johann Spreng

Das Stadtarchiv Augsburg bewahrt die nahezu vollständigen Akten des in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts tätigen Notars und in der Augsburger Stadtgeschichte auch als Meistersänger bekannten Johann Spreng. Die Notarsakten Sprengs, der eine wissenschaftliche Ausbildung genossen hat, erlauben einen tiefen Einblick in die rechtlichen Grundlagen der reichhaltigen Sozial- und Wirtschaftsgeschichte Augsburgs und Schwabens in der Frühen Neuzeit. Die von Spreng aufgesetzten Urkunden dokumentieren die durch ganz Europa greifenden Aktivitäten derjenigen Augsburger Familien, die die damalige Stellung Augsburgs als blühendes Wirtschaftszentrum begründeten. Das Archiv spiegelt so zugleich städtische, regionale und europäische Geschichte.

Die teils in lateinischer, teils in deutscher Sprache verfassten Urkunden sind die von Spreng aufbewahrten Urschriften zu den Rechtsgeschäften. Die aus diesen Protokollen für die Beteiligten gefertigten Reinschriften sind dem Lauf der Dinge entsprechend hingegen nicht im Notarsarchiv erhalten. Die Sprengschen Urschriften sollen in den kommenden Jahren ein Schwerpunkt des von Prof. Dr. Christoph Becker an der Universität Augsburg veranstalteten Seminars zur Schwäbischen Rechtsgeschichte werden. Dieses Seminar widmet sich der Einbettung der örtlichen und regionalen Rechtsentwicklungen in die europäischen Zusammenhänge, namentlich in die europaweite Geltung des römischen Rechts.

Nach und nach soll in den nächsten Jahren der große Bestand erschlossen werden. Der Lehrstuhl kooperiert dabei mit dem Stadtarchiv Augsburg und dem Lehrstuhl für Bayerische und Schwäbische Landesgeschichte der Universität Augsburg. Ziel ist eine Veröffentlichung, die den Bestand der Allgemeinheit zugänglich macht.

Kontakt:
Prof. Dr. Christoph Becker,
Lehrstuhl für Bürgerliches Recht und Zivilverfahrensrecht, Römisches Recht und Europäische Rechtsgeschichte
Universitätsstraße 2
86135 Augsburg 
Telefon: 0821/598-4585,
christoph.becker@jura.uni-augsburg.de

Stadtarchiv Augsburg
Fuggerstr. 12
86150 Augsburg
Telefon (0821) 3 24 38 82 (Geschäftsstelle)
Telefax (0821) 3 24 38 83
stadtarchiv.stadt@augsburg.de
www.stadtarchiv.augsburg.de

Quelle: idw-online, 4.7.2004

Neuauflage des Leitfadens zum Aufbau eines Archivs erschienen

Nachdem im November 1903 der Katholische Frauenbund (KFB) in Köln gegründet wurde, um die caritativen, sozialen und politischen Bestrebungen katholischer Frauen zu bündeln, und sich seit 1904 auch in allen größeren Städten Bayerns Zweigvereine des KFB konstituierten, trat im Dezember 1911 mit dem Bayerischen Landesverband die erste regionale Unterorganisation des Katholischen Frauenbundes ins Leben. Die seit der Gründung durch Ellen Ammann vorhandenen Text-, Bild- und Tondokumente werden im Archiv des Landesverbandes aufbewahrt und systematisch erschlossen.  

Dieses Archiv des Bayerischen Landesverbandes des Katholischen Deutschen Frauenbundes in München, das jährlich auch einen Schulungstag zur Aneignung von archivischen Grundkenntnissen anbietet, veröffentlichte dieser Tage die überarbeitete Neuauflage seines Leitfadens zum Aufbau eines Archivs.

Folgende Themen werden behandelt:

  • Aufgaben eines Archivs
  • Öffentlichkeitsarbeit im Archiv
  • Fotos im Archiv
  • Erstellen einer Chronik

Abgerundet wird der Leitfaden durch eine umfangreiche Material- und Linkliste.

Der Leitfaden kann zum Preis von 5 € zzgl. Versandkosten bestellt werden beim:

Archiv des Bayerischen Landesverbandes des Katholischen Deutschen
Frauenbundes e.V.

Schraudolphstr. 1
80799 München
Tel.: 089 / 28 623 777
Fax: 089 / 28 39 51
wosgien@frauenbund-bayern.de

Kärntner Sparkasse spendete für Kärntens Wohl

Unter dem Namen „Kärntner Sparkasse“ werden seit 1835 Fördermittel vergeben. Grundgedanke ist die Hilfe zur Selbsthilfe. Diesem Auftrag fühlt sich die 1999 ins Leben gerufene Privatstiftung Kärntner Sparkasse durch die direkte Förderungstätigkeit, aber auch der Konzern Kärntner Sparkasse mit seinen Förderungsgesellschaften verpflichtet. Der Grundauftrag der Privatstiftung lautet, Wirtschaft, Kultur, Soziales, Wissenschaft und Sport in Kärnten zu fördern. Im Jahr 2003 wurden rund 800.000 Euro ausgeschüttet.

Aus den insgesamt 49 im vergangenen Jahr unterstützten Projekten wurden am Freitag im Rahmen einer Gala in der Landeshauptstadt Klagenfurt drei ausgewählte Stiftungsprojekte stellvertretend der Öffentlichkeit vorgestellt: Neben dem Frauenhaus Klagenfurt, dem Volksliedhaus St. Oswald-Eberstein auch das Khevenhüller-Archiv.

Die Familie Khevenhüller ist im späten 14. Jahrhundert aus Oberfranken nach Kärnten eingewandert und aus dem Handelsbürgertum der Stadt Villach im Verlauf weniger Generationen an die Spitze des landständischen Adels aufgestiegen. Im Zeitalter der Glaubensspaltung wandte sich der Großteil der Familie Khevenhüller schon früh dem Protestantismus zu und unterstützte dessen Ausbreitung aktiv. Als Kaiser Ferdinand II. die Religionsfreiheit des protestantischen Adels aufhob, entschieden sich führende Mitglieder der Familie im Jahre 1629 aus Glaubensgründen für die Auswanderung in die freie Reichsstadt Nürnberg. Dabei wurde vor 375 Jahren auch das Archiv mitgenommen. Ein Erwerb dieses unzugänglichen kulturgeschichtlichen Schatzes blieb für viele Jahrzehnte ein unerfüllbar scheinender Wunsch der Kärntner Archivare und Historiker. Umso erfreulicher ist es, dass es dem Kärntner Landesarchiv im Jahr 2004 gelungen ist, diesen Schatz zu heben.

Der Erwerb des Khevenhüller-Archivs wurde von Wilhelm Wadl, Direktor des Kärntner Landesarchivs, als „Rückkehr eines kulturgeschichtlichen Schatzes“ bejubelt. Die Privatstiftung Kärntner Sparkasse ermöglichte es, diese für die Kärtner Geschichte wertvollen Bestände mit einer Unterstützung von 15.000 Euro zu sichern.

Kontakt:
Privatstiftung Kärntner Sparkasse
Alter Platz 15
9020 Klagenfurt
Tel. 050 100 30 512
Fax. 050 100 9 30 512

Quelle: Neue Kärtner Tageszeitung, 3.7.2004

Archivar: Hochqualifiziert, aber schwer vermittelbar

Wenngleich bereits die Stellenausschreibungen angehende Archivreferendarinnen und Archivreferendare darauf hinweisen, dass nach Abschluss des zweijährigen Vorbereitungsdienstes für den höheren Archivdienst „kein Übernahmeanspruch“ besteht, ist die Enttäuschung verständlicherweise groß, wenn dieser Fall – der Gang in die Arbeitslosigkeit – im Anschluss an die Ausbildung schließlich eintritt. Die Ostsee-Zeitung berichtet in ihrer Wochenendausgabe über ein solches Schicksal: Steffen Arndt ist promovierter Historiker, staatlich geprüfter Archivar und seit Mai arbeitslos. 

Dabei habe der Mann aus dem Landkreis Bad Doberan eigentlich alles richtig gemacht. Nach dem mit sehr gut bestandenen Magister-Studium in Rostock Doktortitel mit 28 Jahren, dann die Ausbildung zum Archivar beim Land Mecklenburg-Vorpommern. In der Regel würden die Absolventen, die während des 18.000 Euro teuren Referendariats auch zwölf Monate theoretische Ausbildung an der Marburger Archivschule genossen haben, auch übernommen. Dass sich nach der erfolgreich abgelegten Staatsprüfung keine Stelle für ihn bot, war für Steffen Arndt daher eine böse Überraschung. Er fühle sich in gewisser Weise verhöhnt, zudem würden junge Leute auf diese Art aus dem Land getrieben und nicht gehalten, kritisiert Arndt die Landespolitik. Aber auch bundesweit stünden die Chancen derzeit schlecht.

Quelle: Simone Hamann, Ostsee-Zeitung, 3./4.7.2004