Das Informationsfreiheitsgesetz soll den Bürgern das Recht einräumen, ohne Begründung Akten einzusehen oder von Behörden Kopien von Unterlagen zu verlangen. Die Vorzüge dieser Praxis sollen eine größere Transparenz der Verwaltung bewirken sowie ein wirksames Mittel gegen Korruption sein. Deutschland ist eines der wenigen EU-Länder, in denen die Informationsfreiheit der Bürger noch nicht durch ein entsprechendes Gesetz garantiert wird. Nun kommt in die Diskussion über ein Gesetz zur Informationsfreiheit dank des Internets Bewegung.
Die private Initiative www.pro-information.de sammelt im Netz Unterschriften für das Recht der Bundesbürger auf Akteneinsicht und auch Politiker entdecken die Vorzüge des Internet für das Gesetzesvorhaben. Bis zum Herbst will die Initiative 50.000 Unterschriften sammeln, um die Öffentlichkeit auf das lange verschleppte Gesetzesvorhaben von Rot-Grün aufmerksam zu machen, berichtet SPIEGEL-online.
Die neuerliche Gesetzesinitiative von Rot-Grün soll verstärkt die Möglichkeiten des Internets nutzen. Man wolle erreichen, dass möglichst viele Behörden ihre Akten ins Internet stellen, nicht zuletzt, um einer Überlastung der Verwaltung durch die zu erwartende Flut von Anfragen zu begegnen. Gleichzeitig sei die geplante Nutzung des Internet ein klarer Anstoß für eine weitere Modernisierung der Verwaltung. Ausnahmeregeln im Gesetz sollen gleichzeitig einen Missbrauch der Akteneinsichtnahme verhindern.
Link: http://www.pro-information.de/
Quelle: Marcus Schmidt, SPIEGEL online, 24.6.2004
Zwangsarbeiter in Wesseling
Die Historikerin Ursula Froitzheim beschreibt in einer 170-seitigen Dokumentation, die sie im Auftrag der Stadt Wesseling erarbeitet hat, das Schicksal der ausländischen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in der Stadt während des Zweiten Weltkriegs. Rund 10.000 überlieferte Meldekarten aus dem Stadtarchiv hat sie zu diesem Zweck in einer Datenbank erfasst und anschließend ausgewertet. Zudem hat sie persönliche Erinnerungen von ehemaligen Zwangsarbeitern in ihre Dokumentation integriert.
Exakt 10.172 Zwangsarbeiter waren während des Krieges in Wesseling registriert. Im Vergleich zu anderen Städten ist diese Zahl relativ hoch. Die Erklärung hierfür liegt darin, dass die Industrie einen hohen Bedarf an Arbeitskräften hatte. So wurden 96 Prozent der Ausländer in der Industrie eingesetzt. Die ersten Zwangarbeiter wurden aus Holland und Belgien, dann auch aus Frankreich nach Wesseling verschleppt. Ab 1942 kamen dann auch Menschen aus östlichen Ländern, wie der Sowjetunion und Polen hinzu.
Während des Zweiten Weltkrieges waren die Zwangsarbeiter stärker als die übrige Zivilbevölkerung den Angriffen der Alliierten ausgesetzt. Bei zwei Luftangriffen im Jahr 1944 auf das UK-Mineralölwerk wurden fast 60 Ausländer getötet. Die meisten der 107 Zwangsarbeiter, die in Wesseling starben, kamen bei Bombenangriffen ums Leben.
Kontakt:
Stadtarchiv Wesseling
Rathausplatz / Postfach 1567
Postfach 1567
50387 Wesseling
Telefon: 02236-701-319
Telefax: 02236-701-339
Quelle: Günther Jelonnek, Kölnische Rundschau, 24.6.2004
Aufbau des Gemeindearchivs Hille
Als Anfang des 19. Jahrhunderts preußische Gründlichkeit in die Rathäuser einzog, wurde die staatliche Verwaltung reformiert und neu organisiert. Seither existieren auch geordnete aktenkundliche Vorgänge, erläutert Dr. Wolfgang Bockhorst von dem mit der Archivpflege auch für den Regierungsbezirk Detmold betrauten Westfälischen Archivamt in Münster. Dies schlage sich auch auf den Zustand des im Aufbau befindlichen Gemeindearchivs Hille nieder, wo beispielsweise die Amtsregistratur des Amtes Hartum aus dem 19. und 20. Jahrhundert vollständig erhalten ist.
Bis der Historiker Lutz Trautmann von der Gemeinde Hille den Auftrag erhielt, ein Gemeindearchiv aufzubauen, hat es zwar immer mal wieder Verwaltungsmitarbeiter, darunter auch eine ABM-Kraft, gegeben, die mit dem Archivaufbau beschäftigt waren, doch letztendlich blieb alles in den Anfängen stecken. Seit Anfang Juni 2003 sichtet nun Trautmann die Akten in Münster, im November 2004 läuft sein Werkvertrag aus. Bis dahin ist auch das Archiv fertiggestellt und öffentlich zugänglich.
Neben einer Grundordnung waren zu Beginn seiner Tätigkeit immerhin 1.400, allerdings teilweise fehlerhaft verzeichnete Akten vorhanden. Der Historiker entschied sich, die Akten in vier zeitlich abgegrenzte Gruppen einzuteilen. Der Bestand A enthält Akten des 19. Jahrhunderts, Bestand B (1905 bis 1955) mit über 2.000 Akten liegt schon geordnet in den Regalen im Rathauskeller. Bestand C werde die Jahre 1955 bis 1973, dem Jahr der kommunalen Neugliederung, umfassen. In den Bestand D kommen die wenigen Akten aus dem Amt Dützen, zu dem vor 1973 die drei Dörfer Oberlübbe, Unterlübbe und Rothenuffeln gehörten.
Mit dem Gemeindearchiv lassen sich laut Dr. Bockhorst vom WAA die rechtlichen Regelungen und die historische Entwicklung der Gemeinde auf Verwaltungsebene verfolgen, dokumentiert durch die Akten mit ihren Einträgen, Auflistungen und Berechnungen. Da sich dahinter auch Geschichten verbergen, strebt man in Hille an, im Anschluss an die Archivierung auch eine Gemeindechronik herauszugeben.
Kontakt:
Gemeindeverwaltung Hille
Am Rathaus 4
32479 Hille (Ortschaft Hartum)
Tel.: 0571/4044-0
Fax: 0571/4044-80
info@hille.de
www.hille.de
Quelle: Gisela Burmester, Mindener Tageblatt, 24.6.2004
Neue Runde im Streit um Stasi-Akten
Die Stasi-Unterlagen über Alt-Kanzler Helmut Kohl bleiben laut dpa teilweise unter Verschluss. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig gab nur einen Teil der Akten frei und änderte damit eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Berlin aus dem vorigen Jahr. Laut Urteil des dritten Senats vom 23. Juni 2004 (BVerwG 3 C 41.03) dürfen besonders Informationen, die durch Abhörmaßnahmen in Privat- oder Diensträumen gewonnen worden sind, nicht weitergegeben werden. Erhebliche Einschränkungen sieht der Urteilsspruch auch für die Medien vor.
Die juristischen Auseinandersetzungen um die Herausgabe der Stasi-Akten über Altkanzler Helmut Kohl hatten im Frühjahr 2000 begonnen. Nach Bekanntwerden der CDU-Spendenaffäre beantragten mehrere Journalisten Einsicht in die DDR-Geheimdienstunterlagen über den früheren Parteivorsitzenden in der Hoffnung auf Informationen über mögliche Geldflüsse an die Unionspartei.
In dem jahrelangen Streit um die Herausgabe von Kohls Stasi-Akten begann nun eine neue Runde vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Die Richter hatten bereits im Jahr 2002 verfügt, dass der Inhalt der Akten unter Verschluss bleiben muss. Nach einer Änderung des Stasi-Unterlagengesetzes hatte das Verwaltungsgericht Berlin geurteilt, dass die Papiere doch herausgegeben werden dürfen. Dieses Urteil wird nun in Leipzig überprüft. Die Richter müssen dabei entscheiden, ob das neue Stasi-Unterlagengesetz mit den Persönlichkeitsrechten vereinbar ist. Altkanzler Kohl will seine Stasi-Akten komplett sperren lassen, da er befürchtet, dass genau dies nicht der Fall sei.
Es sei nicht erkennbar, auf welchen Quellen das Material der DDR-Staatssicherheit beruhe, sagte Kohls Anwalt Thomas Hermes in der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Informationen beispielsweise durch Abhörmaßnahmen gewonnen wurden.
Die Süddeutsche stellte eine Chronik des juristischen Streits über die Auslegung des Stasi-Unterlagen-Gesetzes zusammen:
- 6. April 2000 – Kohl beantragt Einsicht in die Akten zu seiner Person.
- 7. September – Kohl nimmt erstmals Einsicht in die Unterlagen.
- 8. November – Kohl fordert die Bundesbeauftragte Marianne Birthler über seinen Anwalt auf, die Stasi-Unterlagen über seine Person nicht vor Beendigung seiner Akteneinsicht herauszugeben.
- 27. November – Kohl klagt beim Verwaltungsgericht Berlin gegen die Herausgabe der Akten.
- 2. April 2001 – Eine von Birthler erarbeitete neue Verwaltungsrichtlinie sieht im Kern eine Benachrichtigung von Personen vor, deren Akten herausgegeben werden sollen, damit sie die Unterlagen vorher kennen lernen können.
- 4. Juli – Das Verwaltungsgericht gibt der Klage Kohls statt und untersagt die Herausgabe der Akten über ihn. Birthler kündigt an, das Urteil anzufechten.
- 8. März 2002 – Das Bundesverwaltungsgericht bestätigt das Urteil des Berliner Verwaltungsgerichts.
- 4. Juli – Mit den Stimmen von SPD, Grünen und FDP verabschiedet der Bundestag eine Novelle des Stasi-Akten-Gesetzes, das die Verwendung von Stasi-Akten über Prominente zu Forschungszwecken unter bestimmten Auflagen wieder ermöglicht.
- 12. Juli – Die Gesetzesnovelle passiert den Bundesrat. Kohl kündigt über seine Anwälte an, notfalls bis vor das Bundesverfassungsgericht ziehen zu wollen, um die Herausgabe der Akten über ihn zu verhindern.
- 4. Oktober – Birthler klagt vor dem Verwaltungsgericht auf Klärung, weil das gerichtliche Verbot der Aktenherausgabe auf dem nunmehr veralteten Stasi-Unterlagengesetz beruht, während das neue Gesetz die Herausgabe wieder zulasse.
- 17. September 2003 – Das Verwaltungsgericht urteilt, die Stasi-Unterlagen über Kohl dürfen grundsätzlich herausgegeben werden. Ein Verstoß gegen Grundrechte Kohls liege nicht vor. Die Sprungrevision wird zugelassen.
- 23. Juni 2004 – Revisionsverhandlung vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.
Quelle: Deutsche Welle (DW), 23.6.2004; Süddeutsche Zeitung, 23.6.2004
Ungewöhnliche Strategien gegen leere Kassen
Wenngleich Archivare gemeinhin nicht eben als Finanzexperten oder Vermarktungsstrategen gelten, sind auch sie angesichts von Geldnot und Sparzwang der Kommunen besonders herausgefordert, den politischen Entscheidungsträgern die Notwendigkeit von archivarischer Arbeit plausibel zu machen. Ihre Etats würden mancherorts zusammengestrichen, klagten Archivarinnen und Archivare auf dem Hessischen Archivtag am 15.6.2004 im Vonderau-Museum Fulda, von dem die Frankfurter Rundschau berichtete. Das Thema des Tages lautete „Strategien gegen leere Kassen – Ressourcengewinnung und Qualitätsmanagement“; über die verschiedenen Ansätze und praktizierten Wege ließe sich trefflich diskutieren.
Ungewöhnliche Wege zur Finanzierung der originären Archivaufgaben wie Sicherung, Sammlung und Bewahrung historischen Materials beschreitet schon seit Jahren das Nürnberger Stadtarchiv. Dessen Leiter Michael Diefenbacher offenbarte seinen hessischen Kolleginnen und Kollegen in Fulda Überlegungen zu Marketing und Vermarktung in Zeiten verschärften Sparens. Dazu gehört das aktive Einwerben von bezahlten Fremdaufträgen wie die Erstellung von Lexikaeinträgen oder die von der Sparkasse Nürnberg finanzierte Übernahme von deren Archiv.
Der findige fränkische Archivar empfahl zudem, aus dem Elfenbeinturm herauszukommen und aktiv in Konkurrenz mit Museen und anderen öffentlichen Institutionen zu treten. Er wolle keinesfalls gelten lassen, dass Archive langweilige Orte seien, die sich nicht für „events“ eigneten. „Überfüllte Hallen“ gebe es trotz (oder wegen?) erhobener Eintrittsgelder im Nürnberger Archiv, seit dort Lesungen mit speziellen Führungen stattfänden.
Auch die fortschreitende Digitalisierung von Archivmaterial biete ungeahnte Vermarktungsmöglichkeiten. So habe man in Nürnberg die bislang gesammelten Exemplare lokaler Tageszeitungen antiquarisch veräußert, nachdem sie komplett auf Mikrofilm erfasst worden seien. Das Stadtarchiv in Fulda vermarktet seine digitalisierten Stadtaufnahmen und verkauft Interessenten Abzüge historischer Aufnahmen.
Kontakt:
Stadtarchiv Nürnberg
Marientorgraben 8
90402 Nürnberg
Tel.: +49 911 / 231 – 2770, 2772
Fax: +49 911 / 231 – 4091
stadtarchiv@stadt.nuernberg.de
Stadtarchiv Fulda
Bonifatiusplatz 1-3
36037 Fulda
Tel.: 0661/102-1450;
Fax: 0661/102-2451
stadtarchiv@fulda.de
Quelle: Carla Ihle-Becker (Fulda), Frankfurter Rundschau, 17.6.2004, S. 20.
Die älteste Urkunde Niederösterreichs im Netz
Eine Schenkung Kaisers Otto III. des zwischen den Flüssen Tulln und Anzbach liegenden kaiserlichen Gutes wird in der ältesten Urkunde Niederösterreichs aus dem Jahre 998 dokumentiert. Damit ist das auf Bitten des bayrischen Herzogs Heinrich ausgestellte Schriftstück nur um zwei Jahre jünger als die berühmte Ostarrichi-Urkunde. Nach 1160 wurde das kaiserliche Schriftstück dem Klosterarchiv St. Andrä zur Verwahrung anvertraut. In den folgenden Jahrhunderten überstand die Schenkungsurkunde wie durch ein Wunder Brände, Hochwasser, Kriegszerstörungen sowie beide Türkenbelagerungen. Nach der Aufhebung des Klosters St. Andrä 1783 kam es schließlich in das Chorherrenstift Herzogenburg.
Die kostbare Schenkungsurkunde ist jedoch nur eine von Tausenden historischen, im Stiftsarchiv Herzogenburg befindlichen Dokumenten, die künftig jedermann zur Verfügung gestellt werden. Im Rahmen des Projektes Monasterium.Net (MOM) werden auch die für die niederösterreichische Landesgeschichte so bedeutenden Geschichtsquellen im Internet für die Öffentlichkeit frei zugänglich gemacht. Die feierliche Präsentation der digitalen Zugänglichkeit dieser historischen Schriftstücke wird am 30. Juni 2004 im Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg erfolgen (Einladung als pdf-Datei).
Damit ist das Stift Herzogenburg neben den Stiften Geras, Altenburg und Baden ein weiteres der etwa zwanzig Stifte und Klöster, deren Archive über das weltweite elektronische Netz genutzt werden können. Neben im Stift Herzogenburg aufbewahrten Dokumenten werden im Rahmen der Präsentation auch aus den Stiften Dürnstein und St. Andrä stammende historische Kostbarkeiten präsentiert. Einen Überblick über historische Quellen und deren internetbasierte Verfügbarkeit wird Karl-Theo Heil aus Münster (D) geben, Experte für Geschichte und Neue Medien.
Die digitale Erschließung der historischen Quellen gilt als ein wesentlicher Beitrag, das allgemeine Bewusstsein für das kulturelle Erbe zu stärken: Denn Geschichte stellt mehr als die Summe in sich abgeschlossener Epochen oder eine elitäre, geisteswissenschaftliche Disziplin dar. Die Entstehung der gesamten modernen Gesellschaft schließlich ist Teil der Geschichte, deren Quellen daher für alle zugänglich gemacht werden sollen.
Info:
Die älteste Urkunde Niederösterreichs und weitere historische Kostbarkeiten im Internet –
Präsentation des virtuellen Stiftarchivs von Herzogenburg (www.monasterium.net),
30. Juni 2004, 18.30 Uhr, Augustiner-Chorherrenstift Herzogenburg, 3130 Herzogenburg
- Pressetext zum Download (http://www.dsp.at/dasp/Herzogenburg-Pressetext.doc
- Urkunde Ottos III. (998) zum Download (www.dsp.at/dasp/otto.jpg)
- Stiftungsurkunde Dürnstein (1410) zum Download (www.dsp.at/dasp/duernstein.jpg)
Link: www.monasterium.net
Kontakt:
Dr. Thomas Aigner (Monasterium.Net),
Diözesanarchiv St. Pölten,
Domplatz 1
A-3100 St. Pölten,
Tel.: 02742/324 321, 320; 0650/414 73 65
benedikt.hippolyt@monasterium.net
Familiengeschichte im Archiv – Detmolder Sommergespräch
Zum Detmolder Sommergespräch am 7. Juli 2004 lädt das Staats- und Personenstandsarchiv Detmold in sein Haus ein. Die Leitfrage der eintägigen Tagung lautet: „Wo und wie wird Familiengeschichte abgebildet?“ oder: „In welchen Beständen finde ich etwas über meine Familie?“ Diese Frage steht am Anfang jeder familienhistorischen Recherche im Archiv. Um sie zu beantworten, ist zu klären: „Wo wird Familiengeschichte aktenkundig?“ Wird man fündig, muss das Material sortiert, die Fragestellung systematisiert werden: „Was heißt nun Familie und Familiengeschichte?“
Diese Fragen werden beim Detmolder Sommergespräch von verschiedenen Seiten beleuchtet. Dazu wurden unterschiedliche Referenten eingeladen: Archivarinnen und Archivare, Vertreter der genealogischen Forschung, Standesbeamte sowie Wissenschaftler der akademischen Demographieforschung. Die Veranstaltung versteht sich als ein round table zur Verständigung zwischen diesen Gruppen. Sie ist für Interessierte offen, für diejenigen, die mit uns ins Gespräch kommen wollen und diejenigen, die neue Wege der Familienforschung kennen lernen möchten. Das Detmolder Personenstandsarchiv möchte sich am 7. Juli mehr als sonst als Kommunikationszentrum zwischen Forschung und Verwaltung im Hinblick auf die westfälisch-lippische Personenstandsüberlieferung präsentieren.
Die historische Familienforschung erfreut sich einer immer größeren Beliebtheit. Viele Familienforscher wissen, dass sie etwas im Archiv finden, wenden sich an uns, sind aber nicht genau darüber informiert, was sie in welchen Archivalien ermitteln können. Im Gegensatz zu wissenschaftlichen Benutzern fehlt ihnen häufig die Kenntnis über Quellenkunden und Sekundärliteratur. Eine kleinere Gruppe der Genealogen ist bestens informiert und recherchiert nicht nur in Kirchenbüchern, sondern weit darüber hinaus in der Überlieferung der staatlichen Behörden und in nichtstaatlichen Sammlungen sowie in kirchlichen und kommunalen Archiven. Sie erforschen dabei mitunter weit mehr als nur die eigene Familie und schreiben ganze Dorfgeschichten.
Bei der Recherche über die Kirchenbücher hinaus ermitteln die Forschenden auch wichtige Informationen über Lebenswege, -umstände, Berufe und öffentliches Engagement. Aber erst die Einbettung ihrer Ergebnisse in übergreifende demographische, sozialhistorische oder kulturgeschichtliche Geschichtsforschungen ermöglicht die Einordnung der gewonnenen Erkenntnisse, etwa Heirats- und Sterbealter, Mehrfach-Heiraten u.v.m. Insofern lohnt eine Begegnung – 'auf Augenhöhe' – zwischen der Familienforschung mit der systematischen und über die einzelne Familie hinaus gehenden Geschichtswissenschaft. Was die Familienforschung an Detailerkenntnissen gleichsam einer mikrohistorischen Alltagsgeschichte liefern kann, trägt die akademische Wissenschaft an Kontextinformationen und Methodik bei.
Gleichzeitig trifft hier Forschung auf Archiv und Verwaltung. Verwaltungsleute können erfahren, welchen Wert ihre Aufzeichnungen nach Abschluss der Akten für die Forschung haben können. Archivare lernen, welche Bestände besonders frequentiert und welche u. U. besser zugänglich gemacht werden müssten. Umgekehrt können beide den Forschenden vermitteln, in welchem Schriftgut und in welchen Beständen für ihre Fragestellung und auch für weiter führende Erkenntnisinteressen Informationen zu finden sind. Bei dem Detmolder Sommergespräch sollen diese verschiedenen Perspektiven einander erläutert und miteinander diskutiert werden.
Anmeldung unter (begrenzte Teilnehmerzahl!):
Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
Staats- und Personenstandsarchiv Detmold
Willi-Hofmann-Straße 2
32756 Detmold
T.: 05231 – 766-112
bettina.joergens@lav.nrw.de
Poststelle: stadt@lav.nrw.de
Programm:
Moderation Franz Meyer (Stadtarchiv Bad Salzuflen):
- 9. 30 Uhr
Begrüßung und Vorstellung des Programms (Dr. Jutta Prieur-Pohl, Staats- und Personenstandsarchiv Detmold) - 9. 45 Uhr
Wer oder was ist das Personenstandsarchiv: Einführung und Hausführung (evt. 2 Gruppen) (Dr. Bettina Joergens, Claudia Klinge, Staats- und Personenstandsarchiv Detmold) - 10. 30 Uhr
Kaffeepause - 10. 45 Uhr
Was macht das Standesamt? Typische und untypische Vorgänge im Standesamt und um das Standesamt. Wie Familien im Behördenschriftgut abgebildet werden. (Klaus Kaim, Fachverband der Standesbeamten in Westfalen-Lippe e.V., Standesamt Hamm) - 11. 15 Uhr
Kommentar: …und in welchen Beständen der Archive sie zu finden sind. Die staatliche Personenstandsüberlieferung und mehr (Dr. Joergens) - 11. 30 Uhr
Diskussion und Fragen - 12. 00 Uhr
Mittagspause
Moderation: Dr. Nicolas Rügge (Staatsarchiv Osnabrück):
- 13. 30 Uhr
Personenstandswesen vor Einführung der standesamtlichen Register: Kirchenbücher und kirchliche Überlieferungen in den Archiven (Maja Schneider, Archiv der Lippischen Landeskirche) - 14. 15 Uhr
Diskussion und Fragen - 14. 45 Uhr
Kaffeepause - 15. 15 Uhr
Wie und auf welcher Quellengrundlage forschen Familienforscher? – Podiumsdiskussion mit Vertreter des genealogischen Arbeitskreises und einer Historikerin mit qualitativen Ansatz - 15.15 Uhr
Einführung - 15.20 Uhr
Die Forschungsweise eines Hobby-Genealogen (Wolfgang Bechtel, Genealogischer Arbeitskreis im NHV, Lippe) - 15.40 Uhr
Die Forschungsweise eines Wissenschaftlers (Dr. Georg Fertig, Universität Münster) - 16 Uhr
Fragen und Diskussion - 16.30 Uhr
Schlussrunde: Kritik, Anregungen und Perspektiven (Dr. Joergens)
Hans Booms 80
Mit einer Feier im Koblenzer Hauptsitz des Bundesarchivs begeht heute Hans Booms, der langjährige Präsident dieses größten deutschen Archivs, seinen 80. Geburtstag. Die WELT beglückwünscht den „Archivar und Kriminalisten“ Booms, weil der nicht nur 17 Jahre lang erfolgreich das Bundesarchiv geleitet, sondern auch an zwei spannenden Kriminalfällen mitgewirkt hat: der Entlarvung der „Hitler-Tagebücher“ 1983 und drei Jahre später am Streit um die „Beweise“ für die Täterschaft der Nazis beim Reichstagsbrand.
Nach seinem Studium wirkte Booms bei einem zentralen Projekt des ersten Nachkriegsjahrzehnts mit: der „Dokumentation der Vertreibung der Deutschen aus Ost-Mitteleuropa“. 1955 wechselte Booms dann nach Koblenz ins gerade erst gegründete Bundesarchiv. Hier übernahm er 1972 die Leitung; doch erst zum Ende seiner Amtszeit, im Januar 1988, verabschiedete der Bundestag das Bundesarchivgesetz, dessen Zustandekommen zu Booms' Verdiensten gehört.
Kurz nach seiner Pensionierung im Sommer 1989 veränderte die Wende in der DDR die Lage auch für das Bundesarchiv: Mit den Beständen der DDR, sowohl Altakten aus der Zeit vor 1945 als auch Unterlagen der SED-Zeit, vermehrten sich die Bestände enorm. Erst in einigen Jahren wird alles komplett erschlossen sein. Trotzdem will das Bundesarchiv kein Nationalarchiv werden – ganz im Sinne Booms, der dies schon 1977, zum 25. Jubiläum seines Hauses, kategorisch ausgeschlossen hatte.
Kontakt:
Bundesarchiv
Potsdamer Str. 1
56075 Koblenz
Telefon: ++49/261/505-0
Telefax: ++49/261/505-226
koblenz@barch.bund.de
http://www.bundesarchiv.de
Quelle: Die WELT, 22.6.2004
Fotoarchiv Weißenfels
Seit dem Umzug des Fotoarchivs vom Weißenfelser Heinrich-Schütz-Haus ins Stadtarchiv der Kreisstadt Weißenfels vor einem knappen Jahr ist über die Hälfte der 8.000 alten Fotos in ein Computerprogramm übertragen worden. Doris Marczinke betreut als Mitarbeiterin das Fotoarchiv und steht damit Stadtarchivarin Silke Künzel zur Seite. Bei den Fotos handelt es sich um viele Originalaufnahmen, aber auch um Reproduktionen der vergangenen hundert Jahre.
Nicht nur historische Postkarten mit Motiven aus der Saalestadt, sondern auch von den umliegenden Dörfern gehören zum Bestand des Fotoarchivs, in dem die restlichen Aufnahmen noch bis zum Jahresende im Computer erfasst werden sollen. Damit hätten die Bürger in Sekundenschnelle komplett einen Zugriff auf die Bilder, für die sie sich interessieren. Die Benutzergebühren betragen 1 Euro pro Bild. Ohne die Unterstützung vieler Sponsoren, darunter Firmen, Handel- und Gewerbetreibende aus der Kreisstadt hätte man das Fotoarchiv allerdings nicht nutzerfreundlich aufbereiten können, würdigt Stadtarchivarin Künzel das regionale Engagement.
Kontakt:
Stadtarchiv Weißenfels
Große Burgstr. 22
06667 Weißenfels
03443 / 30 25 48
archiv-weissenfels@t-online.de
Quelle: Mitteldeutsche Zeitung, 22.6.2004
Rheinbach in der Krise
Vor zwei Jahren veröffentlichten die „Freunde des Archivs der Stadt Rheinbach“ das Buch „Sie waren Nachbarn. Zur Geschichte der Juden in Rheinbach im Dritten Reich“ von Dr. Horst Mies. Jetzt liegt der zweite Band mit dem Titel „Kleinstadt in der Krise – Machtergreifung in Rheinbach 1932/33″ vor.
Anders als das erste Buch, das nur ein spezielles stadtgeschichtliches Kapitel enthält, finden sich in Band zwei vier Aufsätze zu unterschiedlichen Themen. Dr. Horst Mies führt den ersten Band fort, indem er in seinem Beitrag „Kleinstadt in der Krise“ präzise und detailgetreu von den Vorgängen um die Auflösung des Kreises Rheinbach und die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten berichtet.
Einen Einblick in die gesellschaftlichen Strukturen Rheinbachs kurz nach dem Ende des Ersten Weltkriegs gibt Stadtarchivar Dietmar Pertz. Dabei bezieht er sich insbesondere auf die Tagebücher des Amtsrichters Matthias Rech, der 1918 bis 1920 in der Stadt wirkte. In seinen Aufzeichnungen finden sich Erzählungen über den Gefangenenaufstand in der Strafanstalt, den Arbeitsalltag und das tägliche Miteinander der Menschen.
Info:
Horst Mies u.a.: Kleinstadt in der Krise. Machtergreifung in Rheinbach 1932/33 und andere Beiträge (ISBN3-87062-071-4), CMZ-Verlag Rheinbach
Kontakt:
Stadtarchiv Rheinbach
Polligsstraße 1
53359 Rheinbach
Tel.: 02226/917247
Fax: 02226/927420
info@glasmuseum-rheinbach.de
Quelle: Katrin Radesch, Kölnische Rundschau, 21.6.2004