Wenngleich Archivare gemeinhin nicht eben als Finanzexperten oder Vermarktungsstrategen gelten, sind auch sie angesichts von Geldnot und Sparzwang der Kommunen besonders herausgefordert, den politischen Entscheidungsträgern die Notwendigkeit von archivarischer Arbeit plausibel zu machen. Ihre Etats würden mancherorts zusammengestrichen, klagten Archivarinnen und Archivare auf dem Hessischen Archivtag am 15.6.2004 im Vonderau-Museum Fulda, von dem die Frankfurter Rundschau berichtete. Das Thema des Tages lautete „Strategien gegen leere Kassen – Ressourcengewinnung und Qualitätsmanagement“; über die verschiedenen Ansätze und praktizierten Wege ließe sich trefflich diskutieren.
Ungewöhnliche Wege zur Finanzierung der originären Archivaufgaben wie Sicherung, Sammlung und Bewahrung historischen Materials beschreitet schon seit Jahren das Nürnberger Stadtarchiv. Dessen Leiter Michael Diefenbacher offenbarte seinen hessischen Kolleginnen und Kollegen in Fulda Überlegungen zu Marketing und Vermarktung in Zeiten verschärften Sparens. Dazu gehört das aktive Einwerben von bezahlten Fremdaufträgen wie die Erstellung von Lexikaeinträgen oder die von der Sparkasse Nürnberg finanzierte Übernahme von deren Archiv.
Der findige fränkische Archivar empfahl zudem, aus dem Elfenbeinturm herauszukommen und aktiv in Konkurrenz mit Museen und anderen öffentlichen Institutionen zu treten. Er wolle keinesfalls gelten lassen, dass Archive langweilige Orte seien, die sich nicht für „events“ eigneten. „Überfüllte Hallen“ gebe es trotz (oder wegen?) erhobener Eintrittsgelder im Nürnberger Archiv, seit dort Lesungen mit speziellen Führungen stattfänden.
Auch die fortschreitende Digitalisierung von Archivmaterial biete ungeahnte Vermarktungsmöglichkeiten. So habe man in Nürnberg die bislang gesammelten Exemplare lokaler Tageszeitungen antiquarisch veräußert, nachdem sie komplett auf Mikrofilm erfasst worden seien. Das Stadtarchiv in Fulda vermarktet seine digitalisierten Stadtaufnahmen und verkauft Interessenten Abzüge historischer Aufnahmen.
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Quelle: Carla Ihle-Becker (Fulda), Frankfurter Rundschau, 17.6.2004, S. 20.