Im Geschäftsbuch von Mayer Amschel Rothschild, dem Ahnherrn des berühmten Bankhauses, sind alle Frankfurter Geldgeber vermerkt, die mit ihren häufig zu fünf Prozent verzinsten Einlagen vermutlich kein schlechtes Geschäft gemacht haben. Man kann ihre Namen und die eingezahlten Summen jetzt in der Ausstellung „Zurück aus Moskau. Das erste Familienarchiv der Rothschilds“ nachlesen.
Die Rothschilds waren äußerst gute Geschäftsleute, und sie scheinen es heute noch zu sein, mutmaßt die FAZ. Denn es ist den Nachfahren des Urvaters Mayer Amschel gelungen, von den Russen das 1945 als Beutegut nach Moskau verfrachtete erste Rothschild-Archiv wiederzuerlangen. Als Anerkennung für die Leistungen der russischen Archivare, welche die Familien-Dokumente fünf Jahrzehnte lang gehütet haben, haben die Rothschilds dem Staatsarchiv in Moskau ein auf dem Kunstmarkt erstandenes Konvolut von Liebesbriefen des Zaren Alexander II. geschenkt.
In der Frankfurter Ausstellung können somit erstmals ausgewählte Dokumente aus der zurückgegebenen Sammlung gezeigt werden. Die in Zusammenarbeit mit dem „Rothschild Archive London“ entstandene kleine Schau konzentriert sich vornehmlich auf jene Stücke, die einen Bezug zu Frankfurt haben wie das erwähnte Geschäftsbuch, das Mayer Amschel anlegen ließ, nachdem ein Angestellter des Hauses der mehrfachen Veruntreuung überführt worden war.
Das erste Familienarchiv der Rothschilds ist bis 1924 in Frankfurt aufbewahrt worden, kam dann nach Wien, wo es 1938 einem SS-Sonderkommando zum Raub fiel. 1945 fand sich das Archiv in Schloß Wölfersdorf in Schlesien wieder, von wo es die Rote Armee nach Moskau verfrachtete. Der Leiter des Jüdischen Museums Frankfurt, Georg Heuberger, brachte die Rothschilds vor zehn Jahren auf die Spur des Archivs. Die jetzige Ausstellung im Museum Judengasse ist daher sozusagen ein Dankeschön der Rothschilds an ihn und sein Haus.
Info:
„Zurück aus Moskau. Das erste Familienarchiv der Rothschilds“:
Börnegalerie im Museum Judengasse,
Kurt-Schumacher-Straße 10.
Bis 25. Juli, Dienstag bis Sonntag 10-17 Uhr, Mittwoch bis 20 Uhr.
Quelle: Hans Riebsamen, FAZ, 24.5.2004