Es ist wohl eine kleine Sensation, denn zum 300-jährigen Bestehen der Rellinger Kirche im Jahr 2006 wird es nun auch ein passendes Jubiläumsgeschenk geben: Dabei handelt es sich um die Fragmente von Evangelisten- und Apostelbildern, welche die Innenwände der so genannten Laterne – das ist das kuppelförmige achteckige Dach des Gotteshauses zierten.
Zwar sind die farbenfrohen Motive vorhanden, „doch handelt es sich dabei um Kopien, die der Glückstädter Maler Hermann Wehrmann in den 50er-Jahren angefertigt hat“, erläutert der Kirchenvorstandsvorsitzende Günter Schröder. Der „Plagiator“ handelte im Auftrag der damaligen Kirchenoberen. Denn die Originale, um 1755 von dem italienischen Maler Francesco Antonio Martini geschaffen, waren durch Holzwurmbefall beschädigt worden. Statt die hochwertigen Originale restaurieren zu lassen, entschieden sich die Kirchenvorsteher dafür, Kopien anfertigen zu lassen. Ob dies aus mangelndem Kunstverständnis geschah, oder weil es ganz einfach an Geld fehlte, lässt sich nicht mehr rekonstruieren.
Auf Umwegen landeten die herausgerissenen und teilweise überklebten Fragmente im Archiv des Schleswiger Landesmuseums. Als Pastor Anton Knuth in der Rellinger Kirchengemeinde seinen Dienst aufnahm und vom Schicksal der Gemälde erfuhr, machte er sich daran, den verstaubten Schatz zu bergen.
Insgesamt „überlebten“ fünf Fragmente bis in die Gegenwart. Inzwischen sind die Bruchstücke wieder in Rellingen eingetroffen. Doch für das Jubiläumsgeschenk fehlte es wieder an Geld – wer sollte die Restaurierung in Zeiten fast leerer Kirchenkassen übernehmen? Auf der Suche nach Sponsoren stießen die Rellinger Kirchenvertreter auf die Stiftung Kreissparkasse Südholstein, die aus ihrem Kulturförderungsetat 7.000 Euro spendierte. Weitere 3.000 Euro kommen aus dem Kirchenetat. In einem halben Jahr soll die Restaurierung abeschlossen sein. Die Fragmente werden später einen Ausstellungsplatz in einer Kirchenloge finden.
Kontakt:
Ev.-lutherische Kirchengemeinde Rellingen
Kirchenbüro
Hauptstraße 27a
25462 Rellingen
Tel: 04101-2 27 60
Fax: 04101- 55 25 74
buero@rellingerkirche.de
www.rellingerkirche.de
Quelle: Rainer Burmeister, Hamburger Abendblatt (Pinneberg), 16.4.2004
Wiesbadener HStA-Direktor i.R. Kropat verstorben
Das im Archiv Gesammelte auch unter die Leute zu bringen – so sah er seine Profession: Wolf-Arno Kropat, von 1979 bis 1995 Leiter des Hessischen Hauptstaatsarchivs ist im Alter von 71 Jahren gestorben. Mit seinem Namen verbunden ist die Errichtung des „Hauses der Geschichte“, des Neubaus des Hauptstaatsarchivs in Wiesbaden.
Kropats Konzept, Geschichte lebendig zu gestalten, verfolgte er auf verschiedenen Wegen: Mit modernster Technik sollten die Bestände benutzerfreundlich gestaltet werden, Ausstellungen und Vorträge – Kropat selbst war hier unermüdlich tätig – sollten Geschichte veranschaulichen. Sein Ziel hat er erreicht: Bis heute setzt die von Kropat vorangetriebene Modernisierung Maßstäbe.
Kontakt:
Hessisches Hauptstaatsarchiv
Mosbacher Str. 55
65187 Wiesbaden
Telefon: 0611/881-0
Telefax: 0611/881-145
Poststelle@hhstaw.hessen.de
http://www.hauptstaatsarchiv.hessen.de
Quelle: Wiesbadener Kurier, 17.4.2004
Foto-Schätze aus Trittau
Die historischen Fotos, die Trittaus Archivar Oliver Mesch im Laufe von vier Jahren zusammengetragen hat, sind jetzt erstmals in einer großen Ausstellung zu sehen. Mehr als 150 Fotos umfasst die Schau zur Trittauer Ortsgeschichte im Hightech-Center des Technologie- und Gewerbeparks. Die größtenteils noch nie veröffentlichten Aufnahmen stellen eine Auswahl aus rund 2.000 Bildern dar.
„Die Bilder zeigen das Spannungsfeld zwischen Tradition und Fortschritt, in dem sich Trittau als Zentralort seit jeher bewegt hat“, erklärt Historiker Oliver Mesch (32), der das Archiv seit Mai 2001 betreut. Den größten Teil der Fotos haben die Trittauer Bürger beigesteuert.
Auch der Wandel des Geländes, auf dem 1985 der Technologie- und Gewerbepark gegründet wurde, lässt sich anhand der Fotos nachvollziehen. Auf dem Areal am westlichen Ortsrand stand früher eine Ziegelei, die von 1876 bis 1972 produzierte. Das Werk war im 19. Jahrhundert eine von 30 Ziegeleien im Kreis Stormarn. 1960 wurden in den Trittauer Öfen noch zehn Millionen Ziegel pro Jahr hergestellt. 1993 brannten die Hallen ab. Unter den Exponaten ist zum Beispiel ein Gruppenfoto aus den Dreißigerjahren, das Arbeiter und einen kleinen Jungen vor dem Fabrikgebäude zeigt.
Freuen können sich die Besucher aber auch auf Bilder, die das Trittauer Zentrum um 1900 aufleben lassen. „Mit der Ausstellung möchten wir uns bei den Bürgern bedanken“, betont Mesch. Außerdem wird alle halbe Stunde ein Film zur Geschichte der Trittauer Eisenbahn („Nostalgie auf Schienen“) vorgeführt. Im Veranstaltungs-Café läuft eine Beamer-Show mit Fotos aus den Fünfzigerjahren. Zudem hat sich das Archiv das Projekt „Weiße Wand“ einfallen lassen. „Wer Lust hat, kann seine Fotos aus dem alten Trittau mitbringen“, so Mesch. „Wir werden sie einscannen und dann sofort aufhängen.“
Kontakt:
Gemeinde Trittau
Archivwesen, Hauptamt
Europaplatz 5
22946 Trittau
Tel.: 04154 / 8079-38
Oliver.Mesch@Trittau.de
Quelle: Cornelia Büddig, Hamburger Abendblatt (Ahrensburg), 16.4.2004
Zwangsarbeit in Münster und Umgebung 1939-1945
Greven. Die Ausstellung „Zwangsarbeit in Münster und Umgebung 1939-1945“ wird am Donnerstag, 22. April um 20 Uhr im Rathausfoyer Greven eröffnet. Nach der Begrüßung durch Bürgermeister Dr. Olaf Gericke wird Karl Reddemann, einer der Ausstellungsmacher für die Stadt Münster, in die Ausstellung einführen. Anschließend besteht Gelegenheit zu einem Rundgang. Vom 23. April bis zum 18. Mai ist die Ausstellung dann zu den Öffnungszeiten des Rathauses zu sehen.
Das Konzept dieser Wanderausstellung sieht vor, die Situation am Ausstellungsort durch die Organisatoren ergänzen zu lassen. So auch in Greven. Hier hat das Stadtarchiv eine Projektgruppe des Gymnasium Augustinianum gewonnen, die Situation in Greven auf ein paar Tafeln darzustellen. Auch über die Zeit nach Kriegsende 1945 und die DP-Lager für die befreiten Zwangsarbeiter in Greven und Reckenfeld wird informiert.
Unter dem Titel „Erfüllt Eure Arbeit willig, seid pünktlich und zuverlässig …“ bietet das Stadtarchiv eine Reihe von Vorträgen zur Ausstellung, die jeweils um 19:30 Uhr im Großen Sitzungssaal des Rathauses stattfinden werden. Am Mittwoch, 28. April spricht Bernhard Frings über „Zwangsarbeiter im Bistum Münster“. Frings ist als Buchautor für das Bistum Münster Experte für das Thema. Gleiches ist von Christoph Leclaire zu sagen, dessen Magisterarbeit über Zwangsarbeit in Greven Thema seines Vortrages am Mittwoch, 5. Mai sein wird. Den Schlusspunkt setzt am Donnerstag, 13. Mai Stadtarchivar Stefan Schröder, der über die DP-Lager für befreite Zwangsarbeiter in Greven und Reckenfeld berichten wird.
Info:
www.greven.net/service/geschichte/zwangsarbeit.htm
Kontakt:
Stadtarchiv Greven
Rathausstr. 6
48268 Greven
Tel. 02571/920-358, -458
archiv@stadt-greven.de
www.greven.net
Großstadtwerdung Bochums
Genau 100 Jahre ist es nun her, da begann in Bochum die erste große Eingemeindungswelle – da erwuchs aus einem Dorf langsam eine leuchtende Großstadt. Der Landkreis löste sich auf, an seine Stelle trat eine pulsierende City. Was damals am 1. April 1904 startete, beschäftigt heute die Historiker der Stadt.
Zusammen mit dem Institut für soziale Bewegungen (ISB) der Ruhr-Universität Bochum veranstaltet das Stadtarchiv an der Kronenstraße ab dem 27. April eine große Vortragreihe, die sich dem Thema der Großstadtbildung auf verschiedene Weise nähert. Die Reihe besteht aus Vorträgen, Filmvorführungen und öffentlichen Diskussionen, zu denen eingeladen ist, wer ein wenig stadthistorisches Interesse mitbringt. 13 Veranstaltungen stehen bis Ende Juli auf dem Programm.
Den Auftakt macht Prof. Dr. Klaus Tenfelde von der Ruhr-Uni, der sich mit der Industrialisierung, der Stadtbildung und der Lebensgeschichte des Ruhrgebiets im 19. und frühen 20. Jahrhundert eingehend befasst hat. Tenfelde wird hierzu am Dienstag, 27. April, im Stadtarchiv referieren. Wie alle andere Vorträge findet auch seiner am Dienstag von 18 bis 20 Uhr statt.
Kontakt:
Stadtarchiv Bochum
Kronenstraße 47
44789 Bochum
Telefon: (0234) 9 36 47 10
Telefax: (0234) 9 36 47 77
E-mail: stadtarchiv@bochum.de
Quelle: WAZ (Bochum), 15.4.2004
Der Geschichte Erfurts verpflichtet
Ob es um die Restaurierung der historischen Fahne des Domgesangvereins von 1856 ging oder um einen Zuschuss zur Herausgabe historischer Schriften: Immer ist es das kulturhistorische Interesse, das hinter den Aktivitäten der Stiftung „Heimattreue Erfurter“ steht. Zehn Jahre gibt es sie inzwischen, hervorgegangen aus der „Vereinigung Heimattreue Erfurter“, die im Exil lebende, aber der Geburtstadt verbunden gebliebene Erfurter von 1961 bis 1992 vereinte. Bis zu 8.000 Mitglieder hatte der Verein. Aus dessen Vermögen wurde der Grundstock mit 70.000 Mark Stiftungskapital gelegt. Soviel war aus Spenden und Mitgliedsbeiträgen übrig. Inzwischen beträgt das Stiftungsvermögen etwa 40.000 Euro.
Zum Stiftungsrat gehören neben dem Kulturbeigeordneten Joachim Kaiser unter anderem auch Stadtarchiv-Leiter Dr. Rudolf Benl und Dr. Klaus-Dieter Kaiser, der Vorsitzende des Vereins für Geschichte und Altertumskunde von Erfurt.
Stiftungszweck ist die „wissenschaftliche Erforschung der Geschichte der Stadt Erfurt im 20. Jahrhundert, insbesondere in der Zeit von 1933 bis 1989“. Alle Projekte, vorwiegend wurden Finanzierungslücken geschlossen, werden allein aus Zinserträgen der Stiftung gefördert, wie Ehrenberg erklärte. Zwei Lutherdrucke aus dem Besitz des evangelischen Ministeriums zählen dazu, ebenso die Restaurierung von Akten aus dem Stadtarchiv. Geplant ist nun die Herausgabe einer Schrift zum Freiherr von Müffling und die Unterstützung für die weitere Restaurierung von Archivalien.
Kontakt:
Stadtarchiv Erfurt
Stadtverwaltung
Fischmarkt 1
D-99084 Erfurt
Postfach 10 05 53
D-99005 Erfurt
Tel.: 03 61 / 65 50
Fax: 03 61 / 6 55 11 29
Quelle: TLZ (Erfurt), 15.4.2004
Renovierung des Stadtarchivs Neu-Isenburg abgeschlossen
Das Stadtarchiv Neu-Isenburg ist kürzlich wieder in das Erdgeschoss eines durch die Gemeinnützige Wohnungsbaugesellschaft (Gewobau) Neu-Isenburg nunmehr vollständig sanierten Hauses (Beethovenstraße 55) eingezogen.
Das 1900 erbaute Haus befindet sich 1952 im Besitz der Gewobau. Zunächst besaß die AOK im Erdgeschoss eine Geschäftsstelle, von 1996 an hatte dort die Gewobau einen Büroraum, bevor im November 2000 das Stadtarchiv einzog. Als 2003 einige Mieter aus dem Gebäude auszogen, bot sich der Gewobau die Gelegenheit, das Haus umfassend zu sanieren und den heutigen Ansprüchen an zeitgemäßes Wohnen anzupassen. Da Untersuchungen ergeben hatten, dass im Erdgeschoss Stahlträger angerostet waren, wurde es in die Sanierung einbezogen.
Wer die frisch renovierten Räume des Stadtarchivs in der Beethovenstraße betritt, wird von der Stadtarchivarin Claudia Lack begrüßt. In ihrem Archiv sammelt die Stadt alles für sie bedeutsame Dokumentationsmaterial, denn Ziel des Archivs ist es, die Erforschung und Kenntnis der Stadtgeschichte zu fördern. In der Beethovenstraße werden vor allem Fotos, Literatur und Zeitungen aufbewahrt. Die Sammlung städtischer Akten, immerhin rund 600 Archivmeter, befinden sich allerdings in einem Keller des Rathauses, so Lack. Dabei werde versucht, die Akten so vollständig wie möglich zu erhalten, denn es habe sich gezeigt, dass ausgerechnet das Schreiben, das Tags zuvor entsorgt wurde, plötzlich doch benötigt werde. Grundsätzlich steht das Stadtarchiv für alle offen. Dabei ist es egal, ob jemand Unterlagen für wissenschaftliche Arbeiten benötigt oder einfach nur Interesse an historischen Fotos und Zeitungen hat. Immer wieder gibt es auch Nachfragen bei der Recherche nach einer bestimmten Person oder von Familien, die Genaueres über ihre Vorfahren wissen wollen. Claudia Lack und die ehrenamtlichen Paten des Stadtarchivs (siehe Bericht) stehen zur Unterstützung bei Recherchen zur Verfügung.
Kontakt:
Stadtarchiv Neu-Isenburg
Beethovenstraße 55
D-63263 Neu-Isenburg
Telefon: 0 61 02 / 24 99 11
claudia.lack@stadt-neu-isenburg.de
Quelle: Frankfurter Neue Presse, 15.4.2004
Exponate aus dem Nachlass Stanley Kubricks
„Wie stellt man eigentlich Kubricks Filme aus?“, fragt das Plakat zur weltweit ersten Stanley-Kubrick-Ausstellung, die das Deutsche Filmmuseum gemeinsam mit dem Deutschen Architekturmuseum in Frankfurt veranstaltet. „Man stellt sich einfach rein!“, gibt das Poster auf roten Lettern gleich die flotte Antwort.
Ganz so flapsig freilich fällt die Sache nicht aus. Schon der Standort ist alles andere als normal: Hätten nicht eher New York als Geburtsort oder London, der langjährige Wohnort des Regie-Giganten, den Zuschlag für solch ein ambitioniertes Projekt bekommen müssen? „Die Frankfurter haben einfach zuerst gefragt“, begründet Jan Harlan, der Schwager und langjährige Produzent von Kubrick, den Zuschlag für das Filmmuseum in der Bankenmetropole. Seine Schwester Christiane war den Hessen gleichfalls wohl gesonnen. Neun Monate gewährte sie einem Archivar Zugang zu ihrem Londoner Landsitz, um dort den überaus umfangreichen Nachlass zu sichten und auszuwerten. „In diesem Haus suchen wir nicht nach Nadeln, sondern nach Heuhaufen“; kommentiert die deutschstämmige Witwe und Malerin die Sammelwut ihres vor fünf Jahren verstorbenen Mannes.
Kistenweise lagerten dort etwa jene 16.000 Zeichnungen, die der Perfektionist einst mit enzyklopädischer Besessenheit für sein Napoleon-Projekt vor 30 Jahren anfertigen ließ – einen Film, der nie gedreht wurde. Per Mausklick sind diese Bilder nun im Filmmuseum abrufbar. Eingerahmt wird diese virtuelle Datenwelt von einem handgeschriebenen Brief von Oskar Werner, der „very interested to play Bonaparte“ war, derweil Audrey Hepburn auf blauem Papier höchstpersönlich ihre Absage als Josefine mitteilte. Während sich technisch interessierte Cineasten in einer eigenen Abteilung ausführlich über die innovativen Kamerasysteme (nach Wunsch auch mit Audioguide) informieren können, dürften bei den Fans die Requisiten und Rauminstallationen rund um das Kubrick-Oêuvre für Begeisterung sorgen.
Auf der 1.200 Quadratmeter großen Ausstellungsfläche findet sich die nachgebaute Milchbar aus „Uhrwerk Orange“ ebenso wie die bonbonfarbene Bestuhlung der Hotellounge von „2001 – Odyssee im Weltraum“. Der Fundus an originalen Requisiten reicht von der Axt aus dem Horrorfilm „Shining“ bis zu jener Schreibmaschine, an der Jack Nicholson einst wahnsinnig wurde. Der Soldatenhelm aus „Full Metal Jacket“ fehlt ebenso wenig wie die Bombenattrappe aus der Kriegssatire „Dr. Seltsam“ oder der Astronautenhelm samt Essbesteck von „2001“. Dazwischen immer wieder Filmausschnitte per Video, gekritzelte Drehbuchideen sowie illustre Zeitgeistdokumente.
Kinoliebhaber und eingefleischte Fans des Kultregisseurs kommen beim Blick hinter die Kulissen, bei der Odyssee in faszinierende Arbeitswelten dieses Ausnahmekünstlers gleichermaßen auf ihre Kosten. Im üppigen Katalog findet sich gar eine Szene aus „Barry Lyndon“, die vor der Burg Hohenzollern in Hechingen entstand. Vom einzigartigen Geschäftsmann, der Hollywood wie kein anderer zu kontrollieren verstand, erfährt man freilich ebenso wenig wie vom privaten Menschen Stanley Kubrick, um dem sich zu Lebzeiten die verrücktesten Mythen und Marotten der Filmgeschichte rankten. Nicht einmal einer jener schmuddeligen Anoraks, die er so gerne zu tragen pflegte, fand in Frankfurt eine Vitrine. Vom fußballverrückten, fürsorglichen Familienvater, der Hunde und die „Simpsons“ liebte, keine Spur. Selbst das Ölporträt von seiner Frau hängt, fast verschämt, versteckt in einer hinteren Ecke.
Info:
„Stanley Kubrick“, Deutsches Filmmuseum und Deutsches Architekturmuseum, Schaumainkai, bis 4. Juli; geöffnet Dienstag, Donnerstag, Freitag und Sonntag 10 bis 17 Uhr, Mittwoch 10 bis 20 Uhr, Samstag 14 bis 20 Uhr; Eintritt: acht Euro; Katalog 304 Seiten, 29,90 Euro, Eintritt zur Filmreihe 5,50 Euro
Link:
http://www.stanleykubrick.de
Quelle: Dieter Osswald, Stuttgarter Nachrichten, 14.4.2004
Wittenbacher Dokumente in St. Gallen
«Das Kloster war gefangen in der Stadt, die Stadt wiederum gefangen im Fürstenland», schildert Stefan Sonderegger vom Stadtarchiv der Ortsbürgergemeinde St. Gallen (Link) die delikate Situation zwischen der freien Stadtrepublik und dem fürstäbtischen Staat.
Bauern aus dem heutigen Wittenbacher Gemeindegebiet versorgten die Städter, wie Dokumente belegen. Sonderegger: «Es war ein Geben und Nehmen. Das Spital hatte viel Grundbesitz ausserhalb der Stadtmauern – wobei ‹Spital› als ein Fürsorgeinstitut zu verstehen ist, das Handel betrieb.» Das Heiliggeist-Spital und das Bruderspital hatten auch Zehntenrechte im Chapf, einem Einzelhof über dem Sittertobel.
Städtische Steuerbücher geben einen Überblick über lange Zeiträume. Im Wittenbacher Gebiet wohnhafte St. Galler Bürger im 15. Jahrhundert mussten eine Vermögenssteuer in Silbermark abliefern. Eine Einkommenssteuer gab es damals nicht. 1455 ist erstmals ein «Hauptmann» für Wittenbach erwähnt. Eine weitere ergiebige Geschichtsquelle ist das «Jahrzeitenbuch» der Kirche St. Laurenzen, das auflistet, für wen – gegen Bezahlung – Seelenmessen gelesen wurden. Das Jahrzeitenbuch zeugt auch von jährlichen Schutz-Prozessionen aus der Stadt nach Kappel, dem damaligen Kirchlein in Kronbühl – zum Dank dafür, dass dort 1405 bei einer Schlacht wohl dreissig Österreicher, aber nur zwei St. Galler ums Leben gekommen waren.
Im Wittenbach des 19. Jahrhunderts gab es einige wenige Grossbauern mit grossem Einfluss und viele «kleine Leute», ist vom Leiter der historischen Abteilung des Staatsarchivs, Markus Kaiser, zu erfahren. Er verweist auf Max Baumanns Buch «Kleine Leute», das die Wittenbacher Verhältnisse jener Zeit aufzeigt. Eine Ansichtskarte zeigt den Gasthof zur Krone in Kronbühl, der vor 40 Jahren dem Autoverkehr geopfert wurde. Markus Kaiser bezeichnet dieses Wirtshaus gar «als das Historischste» in der Gemeinde Wittenbach.
Die Dokumente im Staatsarchiv zeigen zudem, welches Gericht wann für Wittenbach zuständig war: Stadt St. Gallen (in der Helvetik, von 1798-1803), nach der Kantonsgründung Rorschach, später St. Fiden-Häggenschwil, dann Tablat, bis vor kurzem Bezirk St. Gallen und gegenwärtig Kreis St. Gallen.
Weitere Dokumente zeigen, dass Wittenbach sehr grosszügig mit Einbürgerungen war. Eintragungen im Steuerregister belegen, dass sich der Erste Weltkrieg schlecht auf den Geschäftsgang der Textilfabrikation auswirkte, aber gut aufs Einkommen der Bauern. – Interessant ist auch der Verlauf der alten Konstanzerstrasse entlang der Grenzlinie St. Gallen-Thurgau. Strassen-bau-Pläne für die Gegend wurden in den 1830er-Jahren von Alois Negrelli erstellt. Er war damals kantonaler Strasseninspektor und projektierte später auch den Suez-Kanal. Andere Pläne im Staatsarchiv zeugen von verschiedenen Eisenbahnlinien-Varianten durch die Gemeinde und gar von einem gewaltigen Stausee-Projekt im Sittertobel.
Info:
Staatsarchiv und Stiftsarchiv (St. Galler Pfalz, am Klosterhof) haben einen Lesesaal. Das Stadtarchiv ist in der Vadiana (Museumsquartier). Das Buch «Wittenbach, Landschaft und Menschen im Wandel der Zeit (ISBN 3-908151-37-6) gibts für 90 Fr. in der Gemeindekanzlei Wittenbach.
Kontakt:
Staatsarchiv St.Gallen
Regierungsgebäude
CH-9001 St.Gallen
Tel. 071 229 32 05
Fax: 071 229 34 45
info@staatsarchiv.sg.ch
Stadtarchiv St. Gallen
Notkerstrasse 22
CH-9000 St. Gallen
Telefon 071 – 244 08 17
Quelle: Gerold Huber, St. Galler Tagblatt, 14.4.2004
Dresdner Stadtarchiv bekommt Kunstsammlungs-Plakate aus Privatbesitz
Auf ihrem heimatlichen Dachboden in Boxdorf lagerte Irmgard Jahn Plakate von den Staatlichen Kunstsammlungen, wo sie nach einer Ausbildung zur Sekretärin 1959 im dortigen Organisationsbüro anfing zu arbeiten. Aufgestockt durch den Bestand einer Kollegin haben sich bei ihr Ausstellungs-Ankündigungsplakate aus den späten fünfziger bis frühen achtziger Jahren angesammelt. Vor drei Wochen nun bot Irmgard Jahn den Lesern der Sächsischen Zeitung ihre Sammlung von Kunstplakaten an. Viele meldeten sich, auch der Leiter des Dresdner Stadtarchivs Thomas Kübler.
Als Allererstes schnupperte Thomas Kübler an dem Papierrollenstapel, den Irmgard Jahn auf dem Wohnzimmertisch ausgebreitet hat. Das wirkt vielleicht ungewöhnlich, aber der Leiter des Dresdner Stadtarchivs weiß, was er macht: „Das Papier ist gut erhalten“, sagt er. Riecht nicht muffig oder stockig, wie Kübler befürchtet hatte, weil es die letzten 20 Jahre in einer Plastiktüte zubrachte.
„Das werden wohl etwa 100 Stück sein“, sagt Kübler. Kurioses ist darunter, wie etwa die Ankündigung für „60 Jahre Roter Oktober“ von 1977, die ein Sowjetstern ziert, das abgebildete Kunstwerk daneben zeigt eine Frau im Pelz. Interessant ein Motiv von 1957: „Josef Hegenbarth“, steht da, und „Rückgeführte Bilder aus der CSR“ – sofort stellt sich die Frage, warum die Bilder Hegenbarths vorher in der damaligen CSR waren.
Spannend auch, was die Kunstsammlungen zu DDR-Zeiten ausstellten: Edvard Munch ist darunter, Ludwig Richter war schon 1984 eine Schau gewidmet, Ernst Hassebrauck und Wolfgang Mattheuer gehörten schon eher zum Standard. „Die schönste Ausstellung für mich war von Theodor Rosenhauer“, sagt Irmgard Jahn. Neben der Couchgarnitur hängt ein Bild des Dresdner Nachkriegsmalers, ein Straßenzug in Radebeul.
Nach einem Umzug konnte Irmgard Jahn die Plakate nicht mehr gebrauchen. Stadtarchivleiter Thomas Kübler dafür um so mehr: „Das Wertvolle an den Plakaten für unser Archiv ist, dass es sich um eine geschlossene Dokumentation des Dresdner Ausstellungsschaffens handelt“, sagt er. Das Stadtarchiv sei auf solche Schenkungen angewiesen: „Zum Ankauf fehlt uns das Geld.“ Plakate bekommt er selten, „eher private Dokumente, Bücher, Fotografien.“ Bestandsergänzungen nennen sich solche privaten Zugaben, über die Kübler sehr dankbar ist, weil sie die Geschichte erst farbig machen. Den Hauptbestand bilden aber die jährlichen Hinterlassenschaften von 450 Institutionen und Ämtern in Dresden. „Unser Hauptziel ist Geschichtsdokumentation.“
Kontakt:
Landeshauptstadt Dresden
Stadtarchiv
Elisabeth-Boer-Str. 1
01099 Dresden
Tel. 0351-4881515
Fax: 0351-4881503
stadtarchiv@dresden.de
Quelle: Siiri Klose, Sächsische Zeitung, 14.4.2004