Zum 1000-jährigen Jubiläum von Erlangen leistete sich ein Historiker einen dicken Fauxpas: Seinen Artikel zur Stadtgeschichte hatte er ausgerechnet beim Erlanger Stadtarchivar abgekupfert. Nun flog der Schwindel auf. Plagiate in der Wissenschaft sind nicht gerade selten – auch gestandene Gelehrte klauen mitunter Ideen und Texte.
„Fürstliche Stadtentwicklung in der frühen Neuzeit: Toleranz und Geometrie“ lautete der etwas sperrige Titel des Artikels, den der Erlanger Geschichtsprofessor Wolfgang Wüst vor zwei Jahren zum 1000-jährigen Erlanger Stadtjubiläum veröffentlichte. Ein Text mit deutlichen Schönheitsfehlern: In seinem Beitrag verzichtete Wüst darauf, erhebliche Textübernahmen aus einem früheren Artikel des Erlanger Stadtarchivars Andreas Jacob deutlich zu machen.
„Diese Kennzeichnung von wörtlichen Passagen ist normalerweise wissenschaftlich üblich, und wenn man das unterlässt, dann ist der Vorwurf eines Plagiats zutreffend“, kommentiert der Erlanger Uni-Rektor Wolf-Dieter Grüske den Fall. Wüst habe, so der Rektor, den Text- und Ideenklau nach einem Gespräch mit der zuständigen Untersuchungskommission auch eingeräumt: „Er hat die Vorwürfe, nachdem er damit konfrontiert wurde, bestätigt.“ Wolfgang Wüst wurde gerügt, erhielt einen Eintrag in seine Personalakte und wurde obendrein dazu vergattert, eine Richtigstellung zu seinem Fake-Artikel zu veröffentlichen.
Und so geschah es: „In einem von mir veröffentlichten wissenschaftlichen Beitrag wurden substanzielle Textteile aus Veröffentlichungen von Herr Dr. Jacob verwendet, die als solche nicht als wörtliche Zitate oder als sinngemäße Wiedergaben gekennzeichnet wurden“, heißt es in der mittlerweile erschienenen Abbitte, „durch die Art meiner Darstellung konnte zudem der Eindruck entstehen, ich hätte die entsprechenden Archivalien selbst recherchiert. Dies ist nicht der Fall.“
Für den Erlanger Rektor Wolf-Dieter Grüske ist die schnelle Erledigung des Falls Beleg dafür, wie gut die Selbstkontrolle der Wissenschaft in Erlangen mittlerweile funktioniert. Vor vier Jahren hatte es in einem anderen Fachbereich schon einmal einen ganz ähnlichen Fall gegeben. Das Bekanntwerden des aktuellen Plagiats inner- und außerhalb der Universität, hofft Rektor Wolf-Dieter Grüske, sei für den Betroffenen „eine wichtige Lehre“, die „mit Sicherheit dazu führen wird, dass hier sorgfältiger gearbeitet wird“. In der im Internet veröffentlichten Publikationsliste von Wolfgang Wüst ist der inkriminierte Artikel allerdings immer noch zu finden.
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Quelle: Armin Himmelrath, SPIEGEL online, 26.4.2004