Im Büro einer Londoner Anwaltskanzlei sind 3.000 verschollene Dokumente des Sherlock-Holmes-Erfinders Sir Arthur Conan Doyle (1859-1930) entdeckt worden. Darunter sind persönliche Briefe an Familienmitglieder, Notizen, handgeschriebene Manuskripte, das Namensschild seiner Arztpraxis und Schreiben von berühmten Bewunderern wie Winston Churchill, US-Präsident Theodore Roosevelt und dem Dichter Oscar Wilde. Eines der wichtigsten Dokumente ist ein Entwurf für die Geschichte, in welcher der Meisterdetektiv Sherlock Holmes erstmals auftritt.
Das Auktionshaus Christie's will den Fund nach eigenen Angaben am 19. Mai versteigern. Das gesamte Privatarchiv wird auf zwei Millionen Pfund (rund drei Mio. Euro) geschätzt. Die Tatsache, dass die Papiere vor 40 Jahren während eines Rechtsstreits verloren gingen, gilt als Hauptgrund dafür, dass bisher noch keine zeitgemäße Biografie des Schriftstellers verfasst worden ist.
Quelle: ORF, 16.3.2004
„Gründungsurkunde“ der NSDAP in den USA aufgetaucht
Das handschriftliche Original der „Gründungsurkunde“ der NSDAP ist in den USA aufgetaucht. Experten halten das Dokument, das Hitlers Unterschrift trägt, für echt. Zugespielt wurde das einzigartige Schriftstück dem Münchner Verleger Fritz R. Glunk, der Auszüge davon in der am Montag erschienenen Ausgabe der politischen Kulturzeitschrift „Die Gazette“ veröffentlicht. Es ist Teil eines Konvoluts von insgesamt 50 Blatt, welches nach Einschätzung des NS-Experten Volker Dahm vom Münchner Institut für Zeitgeschichte (IfZ), der die Kopien geprüft hat, wohl aus dem Hauptarchiv der NSDAP stammt. Bisher war von der Gründungsurkunde nur eine Maschinenabschrift bekannt.
Die ursprünglich Anfang 1920 von Hitler aus der „Deutschen Arbeiterpartei“ geformte NSDAP war nach dem gescheiterten Hitler-Ludendorff-Putsch vom November 1923 verboten worden. Die „Neugründung“ der NSDAP erfolgte offiziell mit der Gründung eines Trägervereins am 21. August 1925 und der Eintragung des „Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiter-Vereins“ in das Vereinsregister einige Wochen später.
Das nun aufgetauchte Protokoll dokumentiert den formalen Akt der Neugründung der Nazi-Partei im August 1925, bei der anlässlich „einer in den Geschäftsräumen der N.S.D.A.P. Schellingstraße 50 stattgehabten Zusammenkunft“ von den sieben Anwesenden eine Satzung genehmigt und „Herr Adolf Hitler, Schriftsteller, München, Thierschstr. 41/I“ zum Vorsitzenden gewählt wurde. Erst 1935 wurde das legalistische Nebeneinander von Partei und Verein im Gefolge des „Gesetzes zur Sicherung der Einheit von Partei und Staat“ beendet.
Die in penibler Handschrift beschriebenen Blätter waren nach Einschätzung des IfZ Teil eines überformatigen Heftes, bei dem es sich um eine Art Tagebuch der NSDAP-Ortsgruppe München gehandelt haben dürfte. Darin wurden etwa Sitzungen der örtlichen „Sektionsführer“ protokolliert; Hitlers Teilnahme ist durch mehrere eigenhändige Unterschriften belegt. Der Zeitraum der Aufzeichnungen liegt zwischen Juli 1925 und September 1928.
Enthalten sind auch Mitschriften bisher unbekannter Parteitags-Reden von prominenten Nazis auf dem „1. Reichsparteitag“ der NSDAP Anfang Juli 1926 in Weimar, darunter von Hitlers Propaganda-Beauftragtem Joseph Goebbels („Terror wird nicht mit 'sachlichen' Auseinandersetzungen, sondern nur mit Gegenterror überwunden“) und dem NS-Chefideologen Alfred Rosenberg („Wenn eine Lebenswelle entsteht, so wird sie zuerst entzündet durch das Wort eines gottbegnadeten Führers“).
Eine mit Maschine geschriebene englische Übersetzung des „Gründungsprotokolls“, die den Papieren beigelegt wurde, deutet darauf hin, dass die Dokumente bei Kriegsende den Amerikanern in die Hände fielen und im „Central Collecting Point Munich“ ausgewertet wurden. Die Originale sind im Besitz einer Amerikanerin, deren verstorbener Vater sie angeblich während seiner Zeit als US-Besatzungssoldat „erhalten“ habe.
Quelle: DER SPIEGEL, 12.3.2004
Stadtarchiv Braunschweig sucht dringend neue Unterkunft
In den Magazinen des Braunschweiger Stadtarchivs lagern 1,5 Kilometer Akten, fast 10.000 Urkunden und nicht zuletzt die Nachlässe bedeutender Braunschweiger wie Carl Friedrich Gauß, Friedrich Gerstäcker und Wilhelm Raabe. Hinzu kommen u.a. ein ab 1745 lückenlos vorhandener Zeitungsbestand und eine der größten Theaterzettelsammlungen Deutschlands. Das Stadtarchiv platzt aus den Nähten und hat vor allem ernsthafte Probleme, die kostbaren Dokumente zu erhalten.
„Wir haben massive Probleme mit der jetzigen Unterbringung, in einem Schulbau, der eigentlich für Kulturgüter dieser Qualität gar nicht nutzbar ist“, sagt Dr. Bettina Schmidt-Czaia, die Leiterin des Archivs. Zum einen seien es die klimatischen Verhältnisse: Eine Langzeitmessung (Februar bis August 2003) habe gezeigt: Die Spitzenwerte lagen über 30 Grad Celsius in den Magazintrakten im 2. und 3. Obergeschoss. Und auch die relative Luftfeuchtigkeit habe unter 40 Prozent gelegen. Zum Vergleich die Sollwerte: 50 Prozent Luftfeuchtigkeit und 16, maximal 20 Grad Celsius Raumtemperatur. Schmidt-Czaia: „Unter den jetzigen Bedingungen sind Schäden am Archivgut nicht auszuschließen und auch bereits teilweise eingetreten.“
Wachssiegel seien ausgetrocknet, Pergamente und Papiere brüchig geworden. „Vor allem das Papier altert durch Hitze und Trockenheit viel schneller.“ Die vorhandene Klimakammer, 30 Quadratmeter groß, reiche bei weitem nicht aus. Zudem sei das Archiv „eigentlich bis obenhin proppevoll“, habe überhaupt keinen Platz mehr. Wie die Braunschweiger Zeitung erfuhr, lagern im Rathaus derzeit behelfsweise 1.060 Quadratmeter noch unbewertetes Schriftgut, das in Teilen zu übernehmen sei.
Das Archivgesetz schreibt vor: 5 Prozent des Schriftgutes der laufenden Verwaltung ist für die Nachwelt zu archivieren. Die Auswahl obliegt der Einschätzung der Archivare, die zu entscheiden haben, was Braunschweigs Bürger in 500 Jahren etwa über derzeitige Verwaltungsarbeit wissen müssen und was nicht.
Aber nicht nur die Magazine, auch die Benutzerräume entsprächen bei weitem nicht den Vorschriften, erklärt Schmidt-Czaia. Repräsentativ, hell, licht, frei von Störgeräuschen sollte der Benutzersaal sein – nicht so in Braunschweig. Das weiß auch Michael Knobbe, Leiter des städtischen Fachbereichs 65. Die 1981/82 erbaute Schule biete all das nicht. Etwa 1,1 Millionen Euro, heißt es, seien erforderlich, um das Stadtarchiv nachzurüsten. Das Geld, meint man, könne man sparen. Der Plan: Sollte das ECE-Center auf dem jetzigen Schlossparkgelände gebaut werden, wäre der vordere Portalbereich optimal geeignet als neues Quartier. Und in das jetzige Stadtarchiv könnte die nach der Schulreform aus ihren Nähten platzende Gaußschule einziehen. Knobbe: „Die drei Etagen bieten Platz für 12 Klassen.“
Kontakt:
Stadt Braunschweig
Stadtarchiv
Postfach 33 09
38023 Braunschweig
(05 31) 4 70-47 11/-47 19
Fax: (05 31) 4 70-47 25
stadtarchiv@braunschweig.de
info.stadtarchiv@braunschweig.de
Quelle: Norbert Jonscher, Newsclick.de, 16.3.2004
Nordhausens Stadtarchivar im Ruhestand
In den Ruhestand wurde gestern Nordhausens Stadtarchivar Peter Kuhlbrodt verabschiedet. Oberbürgermeisterin Barbara Rinke dankte für die „langjährige und fruchtbare Zusammenarbeit“. Bürgermeister Klaus Wahlbuhl sprach von der Hoffnung, dass Kuhlbrodt sein Fachwissen auch weiterhin zur Verfügung stelle. Kuhlbrodt hat schon konkrete Pläne für seinen Ruhestand: „Als Erstes lege ich mir einen Laptop zu“, berichtete er gestern. „Schließlich möchte ich, dass meine Arbeit auch in Zukunft ein Gewinn für die Stadt ist.“ Vor allem auf dem Gebiet der älteren Stadtgeschichte gäbe es noch viel zu tun.
Dr. Peter Kuhlbrodt leitete das Stadtarchiv Nordhausen seit 1990. In seine Amtszeit fiel vor sieben Jahren der Umzug des Archivs vom Walkenrieder Hof in das Neue Rathaus am Markt 15. Durch seine stadtgeschichtlichen Veröffentlichungen und durch die Herausgabe verschiedener Publikationen (u.a. „Schicksalsjahr 1945. Inferno Nordhausen“, „Nordhausen unter dem Sternenbanner“ oder die vierteljährlichen „Nordhäuser Nachrichten“) war Kuhlbrodt auch als Autor und Forscher in der Region bekannt geworden. Eine weitere wichtige geschichtliche Publikation, an der er mitwirkte, ist die „Nordhäuser Chronik 1802-1989“, deren Neufassung er gemeinsam mit sechs weiteren Autoren erarbeitete und die im vergangenen Jahr erschien.
Auch in seiner Freizeit widmete sich Kuhlbrodt der Nordhäuser Stadtgeschichte – als Vorsitzender und später als Mitglied des Geschichts- und Altertumsvereins, im Vorstand der Friedrich-Christian-Lesser-Stiftung sowie als Mitglied der Historischen Kommission für Thüringen.
Das Nordhäuser Stadtarchiv soll nun vorübergehend von Denkmalpfleger Hans-Jürgen Grönke zusammen mit Archiv-Assistentin Manuela Schmidt geführt werden, kündigte Kulturamtsleiterin Cornelia Klose an.
Kontakt:
Stadt Nordhausen
Amt für Kultur, Soziales und Bildung
– Stadtarchiv –
Neues Rathaus
Markt 15
99734 Nordhausen
03631 / 696 441
03631 / 696 450
stadtarchiv@nordhausen.de
Quelle: Thüringer Allgemeine Nordhausen, 15.3.2004
Gratis-Archiv der Arbeiter-Zeitung online
Als erste Online-Datenbank der Welt bietet das Archiv der österreichischen Arbeiter-Zeitung (AZ) Gratis-Zugang zu einer Zeitung aus dem 20. Jahrhundert über mehr als vier Jahrzehnte. Die elektronische Revolution mit Heimcomputern in immer mehr Haushalten setzte bekanntlich erst in den 1980 Jahren ein, seit den Neunzigern greift die Vernetzung. Dementsprechend werden erst seit nicht einmal zwei Jahrzehnten Daten erfasst und gespeichert. Auch die meisten Tageszeitungen bieten lediglich vier bis fünf Jahre zurückgehende Archive an. Davor: virtuelle Dunkelheit.
Die immer wieder vergebliche elektronische Recherche nach stichhaltigen historischen Informationen war für den Medienberater Andy Kaltenbrunner 2001 Auslöser, ein besonderes Projekt zu starten: mehrere Jahrzehnte einer Tageszeitung zu erfassen und zugänglich zu machen. Als geeignetes Objekt der Digitalisierung bot sich die Arbeiter-Zeitung an, bei der Kaltenbrunner selbst fast ein Jahrzehnt journalistisch tätig war: „Die traditionsreiche AZ mit ihrer mehr als 100-jährigen Geschichte, gleichermaßen Chronist und, als SPÖ-Zentralorgan, politischer Faktor, schien ein besonders geeignetes Objekt für eine erstmalige Archiv-Öffnung im WWW“, erklärt Kaltenbrunner.
Drei Jahre später sind 200.000 Seiten Mikrofilm erfasst, Anfang März ging www.arbeiter-zeitung.at online. Auf der sehr benutzerfreundlichen Seite können Geschichtsinteressierte nun sämtliche AZs von 1945 bis 1989 nach Erscheinungsdatum durchforsten, lesen und ausdrucken. Die Vorkriegsjahre sowie eine Stichwortsuche sollen dem Non-Profit-Projekt in Zukunft implementiert werden; alles eine Frage der Finanzierung.
Gemeinsam mit dem Archivierungsprojekt ANNO (AustriaN Newspapers Online) der Österreichischen Nationalbibliothek, bei dem einige Zeitungen des 18. und 19. Jahrhunderts der Online-Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden (www.anno.onb.ac.at), scheint das Internet langsam ein wahrer Quell des Wissens zu werden. Man muss halt nur wissen, wo man zu suchen hat.
Quelle: Christian Schädel, OÖNachrichten, 15.3.2004
6. Archivtag der Brüder-Unität
Ganz im Zeichen Abraham Dürningers stand der 6. Archivtag, der am 13. März am „Archivum Unitatis Fratrum“, dem zentralen Archiv der evangelischen Brüderunität in Herrnhut, stattfand. Wie ein roter Faden zog sich das Wirken dieses für die Stadt und weit über deren Grenzen bedeutenden Geschäftsmannes durch den Verlauf der Tagung. Zahlreiche bedeutende Zugänge hatte das Archiv im Verlauf des letzten Jahres erwerben können, berichtete dessen neuer Leiter, Dr. Rüdiger Kröger, darunter als Dauerleihgabe die interessante Bibliothek und das wertvolle Firmenarchiv der Abraham-Dürninger-Stiftung.
Letzteres beinhaltet besonders die Kaufmannsbücher der Firma aus den Jahren 1747 bis etwa 1756. Sie stellen eine wichtige Quelle zur Frühgeschichte der Dürninger Handlung und der Herrnhuter Brüdergemeine insgesamt dar. Das bewies die aus Basel stammende Wirtschaftshistorikerin Dr. Heidrun Homburg, die gegenwärtig an den Universitäten in Chemnitz und Freiburg im Breisgau lehrt.
Es gebe nur wenige Unternehmen, die solch eine Kontinuität von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum heutigen Tage, durch alle Kriege und politische Veränderungen hindurch, haben, betonte sie. Abraham Dürninger – damals 40 Jahre alt – habe am 24. Oktober 1747 auf dem Rückweg von der Leipziger Messe praktisch mit weniger als nichts angefangen, als er mit seiner Frau Anna Christina den mit 651 Talern, fünf Groschen und acht Pfennigen stark verschuldeten Gemeineladen übernahm. Bei Anna Christina handelte es sich übrigens um eine junge Witwe, die ihm, wie es in den Brüdergemeinen üblich war, durch ein Los, also nach Gottes Wille, für beide bindend zugesprochen war.
Wenn auch ein großer Teil der Bücher, besonders das erste Hauptbuch, über die Jahrhunderte vom Zahn der Zeit stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und einige Kladden ganz und gar fehlen, so lässt sich nach Ansicht von Heidrun Homburg anhand des Vorhandenen durchaus beweisen, dass es Dürninger vor allem durch Tüchtigkeit, Rechtschaffenheit und Brüderlichkeit zu Erfolg und allgemeiner Anerkennung brachte.
Er gab Hunderten Arbeit, beherrschte schließlich im Laufe seiner 25-jährigen Amtszeit maßgeblich die Wirtschaftsregion Oberlausitz und trieb Handel mit Europa und Übersee. Trotzdem blieb er bescheiden. Die Geschäftsbücher zeigen, dass er für sich und seine Frau nur wenig vom Gewinn des Unternehmens abzweigte. In der Hauptsache war er der Geldgeber für die junge erneuerte Brüderunität.
Die Stellung der Firma Abraham Dürninger & Co. in der Textilgeschichte der Oberlausitz erläuterte der heutige Leiter der Stiftung, Hans-Michael Wenzel. Sowohl der Firmengründer als auch sein Vater waren nämlich eigentlich gelernte Tuchhändler. So lag es nahe, dass Abraham Dürninger, als er 1747 nach Herrnhut kam, den Schwerpunkt seiner Tätigkeit ebenfalls auf dieses Gewerbe legte – und das mit Erfolg.
Es würde sicher zu weit führen, wollte man an dieser Stelle alle Details des im Laufe des Tages zum Thema Abraham Dürninger Dargebotenen wiedergeben. Die Bedeutung dieses am 22. Dezember 1706 in Straßburg zur Welt gekommenen und am Morgen des 13. Februar 1773 verstorbenen Mannes ist unbestritten. Begraben wurde er auf dem Herrnhuter Hutberg. Wie eine alte Aufzeichnung im Unitätsarchiv berichtet, sollen auf der erdzugewandten Seite seiner Grabplatte die Worte eingemeißelt sein: „Es ist wohl schwer, doch geht es an, Daß ein Kauf- und Handelsmann Selig werden kann.“
Kontakt:
Archiv der Brüder-Unität
Zittauer Str. 24
02747 Herrnhut
Tel.: 035873 / 487-31
Fax: 035873 / 487-66
archiv@ebu.de
Quelle: Rolf Hill, SZ-online, 15.3.2004
Buch über Günther XLI. von Schwarzburg
Ein internationales Buch über einen Mann von Welt wurde dieser Tage in Blickweite der Neideck-Ruine vorgestellt. Der Mann, dem die 776 Seiten mit ihren historischen Dokumenten gewidmet sind, hat das Schloss einst gebaut – Graf Günther XLI., genannt auch der Streitbare.
Wer war Günther XLI. von Schwarzburg? Mehr, als man bisher glaubte zu wissen, lautete die Summe aller Eindrücke nach fast zwei Stunden Buchpräsentation im Arnstädter Landratsamt. Die Wahl des Ortes besaß insofern eine gewisse Symbolik, als sich das heutige Landratsamt an der Stelle des von Günther XLI. 1556/60 errichteten Renaissance-Schlosses Neideck befindet.
In den Diensten von Kaiser Karl V. und dem spanischen König Philipp II. stand Graf Günther, er bereiste nahezu ganz Europa in diplomatischen Missionen, war somit weit mehr als ein Feldherr und weit mehr als die meisten Grafen und Fürsten seiner Zeit. Projekt-Koordinator Jochen Lengemann (Historischer Verein für Schwarzburg, Gleichen und Hohenlohe) erzählte anschaulich aus dem Leben des Grafen, berichtete über die Entstehung des Buches und würdigte die Mitwirkenden, ob nun als Bearbeiter wie Dr. Jose Luis Rodriguez de Diego (Direktor des Archivo General de Simancas, Spanien), Dr. Eduardo Pedruelo Martin (Direktor des Archivo de la Real Chancilleria de Valladolid, Spanien), Jens Beger (Thüringisches Staatsarchiv Greiz) und Dr. Joachim Einig (Thüringisches Staatsarchiv Altenburg), oder als Förderer und Finanziers des ehrgeizigen Projektes. Fast fünfeinhalb Jahre haben die Arbeiten gedauert, recherchiert wurde in Belgien, Österreich, Spanien, England, Italien und Deutschland.
Das Buch, dessen in Leinen gebundene Endfassung noch nicht fertig ist, erscheint als Veröffentlichung des Thüringischen Staatsarchivs Rudolstadt und des Historischen Vereins für Schwarzburg, Gleichen und Hohenlohe in Thüringen e. V. im Hain-Verlag Weimar und Jena und ist in erster Linie der wissenschaftlichen Kooperation zwischen spanischen und deutschen Archivaren und Historikern zu verdanken. Am 3. März wurde das Buch bereits einem breiten Fachpublikum in der Universität von Valladolid (Spanien) vorgestellt.
Quelle: Thomas Becker, Thüringer Allgemeine, 12.3.2004
Der ARCHIVAR 1/2004 erschienen
Die nun erschienene Ausgabe 1/2004 des Mitteilungsblattes für deutsches Archivwesen DER ARCHIVAR blickt zunächst noch einmal auf den vergangenen 74. Deutschen Archivtag in Chemnitz. Verschiedene Berichte widmen sich den Arbeitssitzungen der Sektionen, Fachgruppen und Arbeitskreisen sowie deren Erträgen (4-27).
Des Weiteren stellt dann die Arbeitsgruppe „Informationsmanagement der Archive“ ihr 2002/03 erarbeitetes Papier zur Standortbestimmung und zu den Perspektiven der deutschen Archive in der Informationsgesellschaft vor (28-36). Zentrale Aspekte darin sind zum ersten die Überlieferungsbildung als strategische Kernaufgabe, die in theoretischer wie in praktischer Hinsicht jedoch nur durch eine archivübergreifende Bewertung weiterentwickelt werden könne. Zum zweiten thematisiert das Papier Standards für die Erschließung von Archivgut sowie für den Austausch von Erschließungsinformationen. Weder Austausch noch Zugriff auf diese digitalen Informationen seien bislang mangels gemeinsamer Regeln recht möglich. Ein standardisiertes Austauschformat dürfe dabei nicht oktroyiert werden, wie man auch am fehlgeschlagenen Versuch des European Archival Network (EAN) ersehen könne. Neben der Frage nach den künftigen Aufgaben der archivischen Informationsvermittlung im WWW sowie den Strategien und Zielen der Bestandserhaltung hebt der Bericht der Arbeitsgruppe schließlich noch auf die Notwendigkeit verstärkter Kooperationen der Archivlandschaft ab, wobei es nicht nur um die fachliche Kommunikation, sondern auch um die Überwindung technischer Abschottungen gehe.
In seinen „Archivare aufgewacht!“ übertitelten Anmerkungen zur gegenwärtigen Situation im deutschen Archivwesen fordert der Unternehmensberater Gerd Schneider angesichts aktueller Sparmaßnahmen im Archivwesen die „wie Erdhörnchen in ihren Höhlen“ abwartenden Archivare auf, integrierte fachliche und betriebswirtschaftliche Lösungsansätze in der Debatte um Prüfungen der Wirtschaftslichkeit deutscher Archive zu entwickeln, strategische Allianzen zu schmieden und die Öffentlichkeit für die bestehenden Probleme zu sensibilisieren. Notwendig erscheine, so Schneider, darüber hinaus die Schaffung umfassender Transparenz über das archiveigene Handeln, die Erarbeitung langfristiger Archivkonzeptionen, die Konzentration auf Kernprozesse, die Modernisierung der Strukturen (einhergehend mit einer Abkehr von der archivtypischen Individualisierung), sowie die Verbesserung der Kooperation mit anderen Archiven.
In ihrem Aufsatz zur Geschichte des Historischen Archiv Krupps in den letzten 25 Jahren (44-51) geht die mittlerweile in den Ruhestand getretene ehemalige Leiterin dieses Familien- und Unternehmensarchivs, Renate Köhne-Lindenlaub, insbesondere auch auf die Neuorientierungen im letzten Vierteljahrhundert ein. So begann das Krupp-Archiv beispielsweise schon 1984, als an PCs für Archivzwecke noch nicht gedacht wurde, mit der DV-gestützten Verzeichnung, wofür man gemeinsam mit der damaligen Krupp-Datenverarbeitung GmbH ein eigenes Großrechnersystem entwickelt hatte.
Zahlreiche weitere Beiträge im neuen ARCHIVAR widmen sich der Archivtheorie und -praxis (52-68), aber auch der Auslandsberichterstattung (68-70). Am Anfang des Heftes lädt der VdA zur Beteiligung am kommenden TAG DER ARCHIVE (25.9.2004) ein.
Info:
DER ARCHIVAR. Mitteilungsblatt für das deutsche Archivwesen
hg. vom Landesarchiv Nordrhein-Westfalen
ISSN 0003-9500
1000 Jahre Osterhofen ohne
Diese Entscheidung im Kulturausschuss dürfte erstauntes Kopfschütteln und Unverständnis hervorrufen: Auf Antrag von Ehrenbürger und Stadtarchivar Hans Schön wird die Zeit Osterhofens im Dritten Reich und nach dem Krieg im neuen Heimatbuch keine Erwähnung finden. Man wolle nur Positives, nichts Negatives aus der 1000-jährigen Geschichte darstellen und die NS-Zeit sei noch „zu jung“, um sie jetzt schon geschichtlich aufzuarbeiten, argumentierte Schön in der Sitzung. Außerdem habe er im Archiv Unterlagen gefunden, deren Veröffentlichung „peinlich“ für die Stadt werden könnten.
Hans Schön habe der Stadt mit seiner beharrlichen Weigerung einen Bärendienst erwiesen, heißt es in einem Kommentar der Passauer Neuen Presse. Denn totschweigen lässt sich die braune Vergangenheit Osterhofens nicht und allein durch diese Art von Verdrängung macht sich die Stadt erst recht verdächtig. Was ist damals passiert, was niemand wissen soll? Die beste Werbung also für den Vortrag von Prof. Dr. Winfried Becker (Uni Passau) am 30. März im Festsaal des Klosters Damenstift. Man darf gespannt sein, welche historischen Fakten er zu diesem brisanten Thema aufbereitet.
Links:
Quelle: Sepp Schiller, Passauer Neue Presse / Osterhofener Zeitung, 13.3.2004
Ausstellung zu Ludwig Hohl im Literaturarchiv in Bern
Nicht in der Mitte wurzelt die Kraft zur Erneuerung, sondern es wird zuerst «ein Neues gesehen in den Randbezirken, an den zerfasernden Orten der Nebenerscheinungen». Ludwig Hohl hat eine Philosophie der «hereinbrechenden Ränder» skizziert, und er selbst ist einer der wichtigsten Randgänger der Schweiz geblieben. Leben und Werk des 1904 im glarnerischen Netstal geborenen Pfarrerssohns strahlten auf Schriftsteller wie Max Frisch, Friedrich Dürrenmatt, Peter Bichsel, Adolf Muschg, Jürg Federspiel oder Christoph Geiser aus. Es war der zerklüftete Monolith der «Notizen», der mit seinem spröden Glanz die nach Genf pilgernden Jünger verführte, aber auch der Mann selbst, welcher kompromiss- und rückhaltlos die Existenz des Künstlers lebte.
Radikal verpflichtete Hohl seine Existenz der Arbeit, sprach sogar vom «Mysterium der Arbeit» und waltete als Handwerker und Archivar seiner Texte. So hat das Schweizerische Literaturarchiv (SLA) seine Ausstellung zu Hohls 100. Geburtstag am 9. April unter die Überschrift «Alles ist Werk» gestellt (Pressemappe). Der umfangreiche Nachlass im SLA bildet den Fundus für diese Schau, die nichts anderes als die Schreib- und Denkwerkstatt des Autors vorführen will. Aber daraus erwächst mehr: ein théâtre de l'écriture mit all seinen Obsessionen, den stummen und verbissenen Kämpfen, dem Entwerfen und Verwerfen. Daher werden die Exponate auch nicht in Vitrinen eingezwängt, sondern sie gruppieren sich fortlaufend und lassen so die Werkgenese anschaulich werden: angefangen beim Jugendtagebuch (1921/22) eines Suchenden und Erwachenden, dem «dezimierten» Gedichtband (1925) und den «Epischen Grundschriften» (1926-34), die den Kern des späteren Werks bilden. Gleichzeitig geht die Tür zu den Ereignissen des Alltags auf, die von 1921 bis ins Todesjahr 1980 akribisch in Agenden notiert werden.
Info:
Schweizerisches Literaturarchiv, Bern. Bis 15. Mai. Begleitband: Ludwig Hohl, «Alles ist Werk», hrsg. von Peter Erismann, Rudolf Probst und Hugo Sarbach. Suhrkamp-Verlag, Frankfurt am Main 2004. 300 S., Fr. 42.80.
Quelle: Beatrice Eichmann-Leutenegger, NZZ, 13.3.2004