Häftlings-Zwangsarbeit in Oranienburg 1933/34

Vor dreieinhalb Jahren beschlossen die Oranienburger Stadtverordneten, sich mit einem dunklen Kapitel der Stadtgeschichte auseinanderzusetzen: der Arbeit der Zwangsarbeiter zwischen 1933 und 1945. Die erste Broschüre mit den Ergebnissen seiner Nachforschungen im Stadtarchiv legte der Diplomhistoriker Hans Biereigel aus Oranienburg jetzt vor. 28 Seiten umfasst die Sonderausgabe des Oranienjournals zum Thema „Zwangsarbeit durch Häftlinge des KZ Oranienburg 1933 bis 1934″.

Darin erbringt Hans Biereigel u. a. den Nachweis, dass die Stadt Oranienburg „als erste und einzige Kommune bereits acht Wochen nach Errichtung der Nazidiktatur einen Vertrag mit dem ersten KZ“ verband. Die Häftlinge an der damaligen alten Brauerei an der Berliner Straße erbrachten zwischen März 1933 und Juni 1934 „insgesamt 500.000 Arbeitsstunden“. Arbeit, aus deren Erlös die Stadt einen Kredit bei der Stadtsparkasse tilgen konnte, erinnerte der Historiker. Bei den „Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen“ – die Bezeichnung ABM stammt aus dem Jahr 1933 – mussten die Zwangsarbeiter vorrangig Tiefbauarbeiten verrichten. So kamen sie bei der Entkrautung des Lehnitzsees, beim Bau von Wohnstraßen in Süd, von Radwegen nach Schmachtenhagen oder bei der Arbeit im städtischen Kieslager in Germendorf zum Einsatz.

Insgesamt soll die Dokumentation drei Teile umfassen. Das zweite Heft wird sich mit der Zwangsarbeit der Häftlinge des KZ Sachsenhausen zwischen 1936 und 45 in Rüstungsbetrieben der Stadt befassen. Sie waren u. a. in den Auerwerken an der Picanstraße beschäftig. „Auch dort gibt es keinerlei Hinweis“, beklagte der Historiker. Teil drei schließlich ist den während des Krieges nach Oranienburg verschleppten Fremdarbeitern gewidmet.

Kontakt:
Stadtverwaltung Oranienburg                                                        
Schloßplatz 2
16515 Oranienburg
PF 10 01 43
16501 Oranienburg
Telefon: 0 33 01/ 60 0-5;
Fax: 0 33 01/ 60 09 99
info@oranienburg.de
www.oranienburg.de

Quelle: Heike Bergt, Märkische Allgemeine, 24.3.2004

Uni Wien erklärt Titel-Aberkennung aus NS-Zeit für nichtig

Während der NS-Herrschaft wurden erwiesenermaßen mehr als 200 Absolventen der Universität Wien ihre akademischen Titel aus so genannten „rassischen“, politischen bzw. aus damaliger Sicht strafrechtlichen Gründen aberkannt. Vielen davon wurden nach 1945 die Doktorate wieder verliehen. Doch kürzlich ist bei Recherchen im Universitätsarchiv eine bisher unbekannte Liste mit weiteren 32 Fällen aufgetaucht, unter ihnen Betroffene wie Stefan Zweig und Bruno Bettelheim. In einer Gedenkveranstaltung am 31. März will die Uni Wien diese Aberkennung des akademischen Grades für nichtig erklären.

Gleich nach Ende des Zweiten Weltkriegs wurden gesetzliche Grundlagen für die Wiederverleihung „zu Unrecht aberkannter Doktorate“ geschaffen. Bis auf wenige positiv erledigte Einzelanträge passierte aber vorerst einmal nichts. Erst zehn Jahre später, also 1955, beschloss der Senat der Uni Wien die Wiederverleihung der zu Unrecht aberkannten Titel für insgesamt 181 Personen.

Doch es gab mehr Fälle von Aberkennungen, die bei dieser Wiederverleihung nicht berücksichtigt wurden, wie eine im Jahr 2002 bei Recherchen im Universitätsarchiv entdeckte Liste aus dem Juni 1941 mit weiteren 32 Namen belegt. Darunter finden sich prominente vertriebene Absolventen der Universität Wien wie der Schriftsteller Stefan Zweig und der Kinderpsychologe und Psychoanalytiker Bruno Bettelheim (beide Dr. phil.), Alfons Rothschild oder der Jurist und Historiker Albert Fuchs, wie der Vorstand des Instituts für Zeitgeschichte, Friedrich Stadler, der APA erklärt.

Der Senat der Uni Wien hat am 10. April 2003 beschlossen, „generell sämtliche Aberkennungen von akademischen Graden durch die Universität Wien aus politischen Gründen zur Zeit des Nationalsozialismus für nichtig zu erklären und einen entsprechenden Vermerk in den Promotionsprotokollen der Universität Wien vorzunehmen“. Damit solle „die akademische Ehre all jener AkademikerInnen – auch stellvertretend für noch nicht rehabilitierte Personen – wiederhergestellt werden“, die im Aufhebungsbeschluss von 1941 genannt seien. Stadler geht davon aus, dass niemand von den 32 Personen mehr lebt, es könne also kein Recht mehr zugesprochen werden, es sei ein „posthumer Akt der Zuerkennung von verlorener Würde“. Der Zeithistoriker schließt nicht aus, dass weitere Listen bzw. Namen auftauchen, „jene mit den 32 Namen war ja auch ein Zufallsfund, ausgelöst durch eine Anfrage im Zusammenhang mit Stefan Zweig“.

Kontakt:
Universität Wien,
Dr. Karl Lueger-Ring 1,
A-1010 Wien
http://www.univie.ac.at/

Quelle: Wiener Zeitung, 22.3.2004

Die jüdische Gemeinde in Hildesheim

In der Schriftenreihe des Stadtarchivs Hildesheim ist ein neuer Band erschienen, der sich unter anderem mit der Ausgrenzung und Verfolgung der Hildesheimer Juden im Dritten Reich beschäftigt.

Erst 1997 wurde wieder eine Jüdische Gemeinde in Hildesheim gegründet, die an die Tradition alter jüdischer Gemeinden in der Stadt anknüpfen will.

Info:
Schneider, Jörg: Die jüdische Gemeinde in Hildesheim 1871-1942. / von Jörg Schneider. – Hildesheim; Stadtarchiv, 2003, 584 Seiten (Schriftenreihe des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek Hildesheim; 31), 40,00 EUR, ISBN 3-931987-11-6

Kontakt:
Martin Hartmann
Stadtarchiv Hildesheim
Am Steine 7
31134 Hildesheim
Tel. 05121-1681-38
Fax 05121-1681-24
hartmann@stadtarchiv-hildesheim.de

Tagungsprogramm: Königreich Westphalen und Großherzogtum Berg, 15./16. April

Über anderthalb Jahrhunderte hat die den Verfassungsdiskurs dominierende Idee des Nationalstaates alle diejenigen historischen Gebilde erfolgreich ins Abseits gedrängt, die quer dazu lagen. Dazu zählten auch das auf Napoleons Initiative 1806 gegründete Groß-Herzogtum Berg und das Königreich Westphalen von 1807 – zwei sogenannte Modellstaaten, die trotz kurzer Bestandsdauer von wenigen Jahren Ausgangspunkt weitreichender Modernisierungsprozesse auf verschiedensten gesellschaftlichen Gebieten waren.

Die gemeinsam vom Historischen Seminar der WWU Münster und dem Westfälischen Landesmuseum Mitte April 2004 veranstaltete Tagung will sich u.a. an der Deutung der napoleonischen Zeit in Deutschland oder einzelner Facetten des damals angestoßenen Modernisierungsprozesses versuchen und Projekten vorstellen, die sich mit der Aufbewahrung und Erforschung von Bildern, Objekten, Textquellen zu diesen Modellstaaten beschäftigen.

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Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Historisches Seminar

mit Unterstützung
der Fritz Thyssen-Stiftung Köln
und des Vereins für Geschichte und Altertumskunde Westfalens, Abt. Münster e.V.

Programm zur Tagung

DAS KÖNIGREICH WESTPHALEN UND DAS GROSSHERZOGTUM BERG
QUELLEN, FORSCHUNGEN UND DEUTUNGEN

im Westfälischen Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster
am Do./Fr. 15.-16. April 2004

Donnerstag, den 15. April 2004 – Vortragssaal im Erdgeschoss

9.00 Uhr Begrüßung
  Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer (Direktor des Historischen Seminars)
  Dr. Erich Franz (Stellvertr. Direktor des Westfälischen Landesmuseums)

9.15 Uhr Einführung: Forschungsstand und offene Fragen
  PD Dr. Armin Owzar (Münster)                       

Sektion 1 Scheinkonstitutionalismus oder Modellstaat ?
  Moderation: Prof. Dr. Franz-Josef Jakobi (Münster)

9.30 Uhr „Demokratisch“-partizipatorische Ansätze im politischen System der napoleonischen Modellstaatswesen Berg und Westphalen
  PD Dr. Helmut Stubbe da Luz (Hamburg)                      

10.00 Uhr Rheinbundreformen und Verfassungsfrage
  Dr. Peter Fleck (Münster)      

10.30 Uhr Das Herzogtum Arenberg – auch ein Modellstaat?
  Dr. Peter Veddeler (Münster)              

11.00 Uhr Kaffeepause

Sektion 2a Legitimation und Loyalität: Repräsentation und Legitimation
  Moderation: Dr. Nicola Assmann (Münster)

11.30 Uhr „Zeichen der Souveränität“ – Über materielle Kultur am Kasseler Hof König Jérômes
  Prof. Dr. Hans Ottomeyer (Berlin)      

12.00 Uhr Diplomatische Bilder – Napoleons Außenpolitik als Thema der politischen Bildproduktion
  Dr. Claudia Hattendorff (Marburg)     

12.30 Uhr Architektur und Städtebau in der Hauptstadt eines napoleonischen Modellstaates
  Gerd Fenner M.A. (Kassel)      

13.00 Uhr Mittagspause

14.30 Uhr Kontinuität des republikanischen Internationalismus? Von den „Républiques Soeurs“ zu den Königreichen mit Herrschern aus dem Haus Bonaparte
  Dr. Oliver Benjamin Hemmerle (Mannheim)  

Sektion 2b Legitimation und Loyalität: Loyalität und Akzeptanz
  Moderation: PD Dr. Armin Owzar (Münster)

15.00 Uhr Die Stützen der Gesellschaft – Zur prekären Situation der Ortsbeamten im Königreich Westphalen
  Dr. Uli Kahmann (Herford)      

15.30 Uhr Konformismus und Resistenz. Französischer Staatskult im Modellstaat Berg
  Dr. Rüdiger Schmidt (Münster)     

16.00 Uhr Kaffeepause

16.30 Uhr Monarchischer Festkult und kommunale Partizipation im Königreich Westphalen
  Dr. Martin Knauer (Hamburg)      

17.00 Uhr Preußenfreundliche Stimmen auch im Jubiläumsjahr 1809? Ein Beitrag zur regionalen Identität im Gebiet der Grafschaft Mark
  Dr. Eckhard Trox (Lüdenscheid)        

17.30 Uhr „Was Bonaparte gestohlen, können die Preußen wiederholen“. Die Rückführung der Quadriga 1814 von Paris nach Berlin
  Axel Heimsoth (Dortmund)      

Ab 18 Uhr Imbiß im Foyer des Landesmuseums

20.15 Uhr Öffentlicher Abendvortrag
  Moderation: Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer (Münster)

  Begrüßung
  Prof. Dr. Karl Teppe (Landesrat für Kultur des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe)

  Das Königreich Westphalen als napoleonischer Modell- und Satellitenstaat
  Prof. Dr. Helmut Berding (Gießen)

Freitag, den 16. April 2004 – Vortragssaal / Konferenzraum in der 4. Etage

Sektion 3 Kirche und Religion  (parallel zu Sektion 4a – Vortragssaal im Erdgeschoss)
  Moderation: Prof. Dr. Werner Freitag (Münster) 

9.00 Uhr Das Königreich Westphalen und seine Bedeutung für die Entwicklung des westfälischen Reformjudentums
  Prof. Dr. Arno Herzig (Hamburg)

9.30 Uhr Reformjudentum – am Beispiel der Samsonschule in Wolfenbüttel und dem Landesrabbiner Levi Herzfeld
  Dr. Jürgen Derda (Braunschweig)
    
10.00 Uhr Zwischen traditionaler und legaler Herrschaft – Evangelische Kirche und staatliche Kirchenpolitik im Königreich Westphalen und im Großherzogtum Berg
  Dr. Jörg van Norden (Bielefeld)

10.30 Uhr Das Verhältnis der Modellstaaten zur Katholischen Kirche
  Dr. Alexander Dylong (Hildesheim)

11.00 Uhr Kaffeepause

Sektion 4a Modernisierungsimpulse in Justiz und Verwaltung
  (parallel zu Sekt. 3 und 4b – Konferenzraum)
  Moderation: Dr. Rüdiger Schmidt (Münster)

9.00 Uhr Das Justizsystem als Schrittmacher im bergisch-westphälischen Modernisierungsprozess?
  PD Dr. Rainer Pöppinghege (Paderborn)

9.30 Uhr Die Rationalität des Staates – Französische Verwaltungsmethoden an der Elbe
  Dr. Nicola Todorov (Rouen)      

10.00 Uhr Kommunalverfassung und Reform im Großherzogtum Berg. Studien zum Munizipalrat
  Hanns Neidhardt (Münster)      

10.30 Uhr Neugestaltung der Verwaltung vor Ort: Die Rekrutierung der lokalen Amtsträger im Großherzogtum Berg
  Bettina Severin-Barboutie (Gießen)       

11.00 Uhr Kaffeepause

Sektion 4a Modernisierungsimpulse in Justiz und Verwaltung / Forts.  (Konferenzraum in der 4. Etage)
  Moderation: Dr. Thomas Küster (Münster)

11.30 Uhr Gleichberechtigte Bürger? – Zur behördlichen Umsetzung der neuen Judengesetzgebung in den westlichen Distrikten des Königreiches Westphalen
  Dr. Monika Minninger (Bielefeld)

12.00 Uhr Die komplizierte Reform der Sozialkassen – Zur Armenpflege im Großherzogtum Berg
  Fritz Dross (Düsseldorf)

12.30 Uhr Zwischen Ratsaufsicht und staatlicher Wohlfahrtspolitik. Zum Wandel der Armenfürsorge in Münster
  Prof. Dr. Franz-Josef Jakobi (Münster)          

13.00 Uhr Zwischen Tradition und bürgerlicher Rationalität – Die Verlegung der Begräbnisplätze aus den Städten und Dörfern der Moderne
  Bärbel Sunderbrink (Bielefeld)

Sektion 4b Modernisierungsimpulse in Handel, Transport und Gewerbe
  (parallel zu Sektion 4a /Vortragssaal)
  Moderation: Prof. Dr. Bernd Walter (Münster)

11.30 Uhr Die Aufhebung der Zünfte – Münster und Osnabrück im Vergleich
  Dr. Gerd Dethlefs (Münster)       

12.00 Uhr Chausseebau im Königreich Westphalen – Verkehrspolitische Ziele und Modernisierungsschübe
  Dr. Annette Hennigs (Münster)      

12.30 Uhr Zur Unifikation von Maß und Gewicht im Großherzogtum Berg. Modernisierung von Wirtschaft und Verwaltung in napoleonischer Zeit?
  Prof. Dr. Harald Witthöft (Siegen)

13.00 Uhr Der Kaufmann Johann Gottlob Nathusius und sein Agrar-Industrie-Komplex in Althaldensleben und Hundisburg
  Ulrich Hauer (Haldensleben)

13.30 Uhr Mittagspause

Sektion 5 Rezeption und Nachwirkungen (Vortragssaal)
  Moderation: Dr. Gisela Weiß (Münster)

14.30 Uhr König Lustik? Versuch einer Bilanz französischer Kulturpolitik
  Dr. Thorsten Smidt (Kassel)      

15.00 Uhr Anspruch und Wirklichkeit – Zur Rezeption des Königreiches Westphalen in Kurhessen
  Karl-Hermann Wegner (Kassel)      

15.30 Uhr Kaffeepause

16.00 Uhr Ein Experimentierfeld europäischer und deutscher Einheit? Das Königreich Westphalen in den europäischen Literaturen
  Dr. Berthold Friemel (Berlin)      

16.30 Uhr Das Königreich Westphalen und die Forschungen zur Kunst um 1800
  Dr. Nicola Assmann (Münster)      

17.00 Uhr Schlußdiskussion

18.00 Uhr Ende der Tagung

„Wien. Geschichte einer Stadt“: 2. Band präsentiert

Am Montag wurde im Wiener Rathaus der 2. Band der von den Stadtarchivaren Ferdinand Opll und Peter Csendes herausgegeben dreibändigen Stadtgeschichte „Wien. Geschichte einer Stadt“ präsentiert.

Das reich illustrierte Werk behandelt die Zeit vom 16. bis zum ausgehenden 18. Jahrhundert. 14 Autorinnen und Autoren haben unter der Leitung von Professor Karl Vocelka und Dr. Anita Traninger auf über 650 Seiten ein lebendiges Bild von der Stadt unter der Dominanz des Hofs gezeichnet, wobei Verwaltungs-, Wirtschafts- und Sozialstrukturen ebenso beleuchtet werden wie die Phänomene von Religion, Bildung, Kunst und Kultur.

Der 3. Band, der die Geschichte Wiens bis in die Gegenwart verfolgt, soll Ende 2005 erscheinen.

Info:
Das im Böhlau-Verlag erschienene Buch ist zum Preis von 78,30 Euro im Buchhandel erhältlich:
Csendes, Peter (Hrsg.); Opll, Ferdinand (Hrsg.); Vocelka, Karl (Hrsg.); Traninger, Anita (Hrsg.)
Wien. Geschichte einer Stadt. Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert)
2003. 651 Seiten, 140 schw.-w. u. farb. Abb. und 22 Graph. u. Tab., 24 x 17 cm, Geb.
ISBN 3-205-99267-9

Kontakt:
ao. Univ.-Prof. HR Dr. Peter Csendes
Wiener Stadt- und Landesarchiv
Rathaus, A-1082 Wien
Tel: ++43-1-4000 84812
Peter.Csendes@archiv.wien.gv.at

Quelle: OTS, Presseportal.at, 23.4.2004

Oelsnitz: Ausbau des Kreisarchivs Schloss Voigtsberg

Derzeit wird im Rahmen der umfangreichen Umbauten auf dem Gelände um Schloss Voigtsberg der Schlosshof ausgebaggert, um von der Stadtseite her die Zufahrt zum Ausbau der Steinbogenbrücke zu gewährleisten (Link). Im künftigen Kreisarchiv sind die Arbeiten hingegen bereits weit fortgeschritten. Im Untergeschoss des ehemaligen Faktorenhauses befinden sich Räume für zehn Arbeitsplätze der Archivangestellten. Ein separater Raum dient der Annahme der Akten. Weitere Räumlichkeiten bieten Platz zum Reproduzieren, Kopieren, Lagern der Kartonagen, für die elektronische Datenverarbeitung und Sanitäranlagen. Bereits in Betrieb ist ein Fahrstuhl, der alle Etagen verbindet.

Im Erdgeschoss, das über die Steinbogenbrücke zugänglich ist, sind neben Foyer, Besucher- und Lese- und Seminarraum, Sekretariat und Direktorenzimmer auch Computerarbeitsplätze, Handbibliothek, Kopierarbeitsplätze und rollstuhlgerechte Toilettenanlagen untergebracht. Bereits jetzt herrschen angenehme Temperaturen, die Fußbodenheizung ist schon zugeschaltet. Eine sogenannte Akustikdecke wirkt im Erdgeschoss schallschützend. Das erste und zweite Obergeschoss ist das Herz des Archives – der Magazinbereich. In etwa 10 großen Räumen liegen bereits die Schienen für die Rollregale. Sie sollen einmal rund 11 Kilometer Akten aufnehmen. Um ein gleichmäßiges Klima zu garantieren, sind in den Wänden Belüftungsschlitze, durch die die Luft zirkulieren kann.

Maler- und Fußbodenlegearbeiten sind bereits vergeben. Wenn die restlichen Türen eingebaut sind, kann die Möblierung beginnen, die das Landratsamt in eigener Regie übernimmt. Der Übergabe des Kreisarchives zum Jahresende steht nichts entgegen.

Kontakt:
Historisches Archiv des Vogtlandkreises, Außenstelle Oelsnitz (Vogtland)
Schloßstraße 32
08606 Oelsnitz
Tel.: (037421) 23304
Fax: (037421) 23304

Quelle: Freie Presse Online, 22.3.2004

Dokumente über Dassow

Mit einem Sechser im Lotto vergleicht Volker Jakobs seinen Erfolg, den er im Landesarchiv und in der Landesbibliothek in Schwerin hatte. In alten zum Teil in lateinischer Sprache abgefassten Unterlagen entdeckte er das kleine Wörtchen, dass sein Herz schneller schlagen ließ: Dartsowe. So wurde Dassow im Jahre 1219 das erste Mal erwähnt.

Nach dem Fund von Unterlagen aus dem Jahre 1219 und 1704 musste der Kopierer im Archiv ganze Arbeit leisten. In seiner Freizeit beschäftigt sich der bei der Stadt Dassow für den Bereich Kultur angestellte 35-jährige Jakobs mit der interessanten Geschichte Dassows. Ziel des studierten Landwirtes ist es, eine gedruckte Chronik des Ortes herauszubringen. Für die letzten 100 Jahre der kleinen Stadt hofft er auf Unterstützung von Seiten der alteingesessenen Einwohner.

Die Reise in das Schweriner Landeshauptarchiv lohnt sich für den Neuenhagener immer wieder aufs Neue. „In den Unterlagen sind kaum Originale zu finden“. Aber das sei ihm egal. „Der Inhalt ist mir viel wichtiger“, meint Volker Jakobs.

Quelle: Jana Soblik, Ostsee-Zeitung, 22.3.2004

Jahresbilanz des Rüstringer Heimatbundes

Große Kraftanstrengungen musste im vergangenen Jahr der Rüstringer Heimatbund aufbringen, um die selbst gesteckten Ziele zu erreichen. Gleich drei Großprojekte lasteten auf den Schultern des Vorstandes und der aktiven Heimatfreunde: die Restaurierung des Freskos „Der blutige Bruderkuss“, die Erweiterung des Archivs und der Erhalt des Mühlenmuseums in Moorsee. Der Einsatz hat sich gelohnt, wie der Heimatbund-Vorsitzende Hans-Rudolf Mengers am Sonnabend während der Jahreshauptversammlung aufzeigte, die im Übrigen auch einer erforderlichen Satzungsergänzung zustimmte: Unter anderem zählt nun zum Vereinszweck auch die Förderung von Projekten aus Wissenschaft und Forschung.

Während im Untergeschoss des Nordenhamer Museums die renovierten Räume Gestalt annehmen, bereitet das Dachgeschoss den Heimatfreunden einige Sorgen. Sowohl bezüglich des Platzangebotes als auch aus Gründen der Statik seien die Grenzen erreicht. Im Dachgeschoss sind das Archiv und die Bibliothek des Heimatbundes sowie das Stadtarchiv eingerichtet. Zur Entlastung soll ein gegenüberliegendes Gebäude dem Museum zugeordnet und als neuer Ort zur Sammlung von Schriften und Archivalien dienen.

Kontakt:
Rüstringer Heimatbund e.V.
Hessenstr. 7
26954 Nordenham
hrm@mengers.de

Quelle: Torsten Lange, Nordwest Zeitung, 22.3.2004

Bericht vom 56. Westfälischen Archivtag in Brakel

Vom 16. bis zum 17. März 2004 fand in Brakel (Kreis Höxter) der 56. Westfälische Archivtag statt, der unter dem Generalthema ‚Verwahren, Erhalten, Nutzbarmachen‘ stand (Programm). Nach der Begrüßung der TeilnehmerInnen durch den Leiter des veranstaltenden Westfälischen Archivamtes, Prof. Dr. Norbert Reimann, folgten Grußworte des Bürgermeisters der Stadt Brakel, des Landrates des Kreises Höxter, seitens der Vereinigten westfälischen Adelsarchive und des Landesarchivs Nordrhein-Westfalen. Dessen Präsident, Prof. Dr. Wilfried Reininghaus, nutzte die Gelegenheit des Grußwortes, um die Struktur und die Aufgaben der zum Jahresbeginn 2004 neugegründeten Einrichtung, zu der die bisherigen Staatsarchive als Abteilungen zählen, darzustellen.

Im vormittäglichen Eröffnungsvortrag, traditionell einem regionalgeschichtlichen Thema gewidmet, spürte PD Dr. Barbara Stambolis (Universität Paderborn) unter dem Thema ‚Des Krummstabs langer Schatten. Das Hochstift Paderborn als Geschichts- und Gedächtnislandschaft‘ der Frage nach, ob und wie weit der bis heute unter anderem im Marketing und in der Tourismuswerbung gebräuchliche Begriff ‚Hochstift‘ für das Paderborner Land tatsächlich der Identität der Bevölkerung entspreche. Dabei hob sie hervor, dass mit der Betonung der hochstiftischen Tradition im 19. Jahrhundert seitens der katholischen Kirche ein alternatives Identifikationsangebot gegenüber Staat und Nation konstruiert worden sei, das auch im 20. Jahrhundert gerade in gesellschaftlichen Umbruchphasen als Kompensation für Unsicherheiten gedient habe. Kritisch fragte sie an, ob sich in der Bevölkerung tatsächlich eine hochstiftische Identität herausgebildet habe oder ob die Identitäten nicht wesentlich kleinräumiger geprägt seien.

Die von Prof. Dr. Norbert Reimann moderierte 1. Arbeitssitzung am Nachmittag stand unter dem Thema \’15 Jahre Archivgesetz NRW – Bilanz und Perspektiven‘. Einleitend verwies er auf die Geschichte der Bemühungen um eine rechtliche Regelungen des Archivwesens durch die preußische Archivverwaltung seit den Anfängen des 20. Jahrhunderts und unterstrich, dass das 1989 verabschiedete Archivgesetz des Landes NRW im Gegensatz zu den früheren Entwürfen kein staatliches Aufsichtsrecht gegenüber kommunalen und privaten Archiven enthalte, sondern den Kommunen, bei Festlegung einer grundsätzlichen Archivierungspflicht für die Ausgestaltung der Aufgabenerfüllung freie Hand lasse. Außerdem betonte er den Zusammenhang zwischen den Diskussionen um Datenschutz und um informationelle Selbstbestimmung und der Verabschiedung der Archivgesetze des Bundes und der Länder in den 1980er Jahren, die den dauerhaften Zugang, insbesondere zu den Personen bezogenen Daten, hätten sichern sollen.

Diesen Gedanken griff Prof. Dr. Janbernd Oebbecke (Universität Münster, Kommunalwissenschaftliches Institut) in seinem Vortrag über die ‚Archivbenutzung in einem rechtlich veränderten Umfeld‘ auf und unterstrich, dass es das ausdrückliche Ziel des Archivgesetzes des Landes NRW (ArchG) von 1989 sei, den Zugang zu den Archiven sicherzustellen. Dieser sei zwar an rechtliche Beschränkungen gebunden, und es werde nach Benutzergruppen – abgebende Behörde, Betroffene, Dritte – unterschieden, im Grundsatz aber sei der Zugang zu den (kommunalen) Archiven aus grundrechtlichen und kommunalrechtlichen Erwägungen, insbesondere dem allgemeinen Zugang zu kommunalen Einrichtungen, nur aus sachlich gebotenen Erwägungen einschränkbar. Das Ziel der Zugänglichmachung von Verwaltungsschriftgut verbinde das ArchG mit dem jüngeren Informationsfreiheitsgesetz des Landes NRW (IFG) von 2002, das auf ein grundsätzliches Recht auf Akteneinsicht mit dem Ziel der demokratischen Kontrolle der Verwaltungen abziele. In der Benennung der Ablehnungsgründe sei es präziser als das ArchG, auch werde der Datenschutz gegenüber dem Informationsanspruch geringer gewichtet als in früheren Gesetzen. Abschließend ging der Referent auf die Widersprüche zwischen ArchG und IFG ein, die zu der kuriosen Situation führen könnten, dass Akten zwar während ihres Lebenszyklus in der Verwaltung Dritten zugänglich seien, nach Abgabe an das Archiv aber während der Sperrfristen durch Dritte nicht genutzt werden könnten. Oebbecke plädierte unter Verweis auf die Bestimmung des ArchG, das die Zugänglichkeit durch andere Rechtsvorschriften nicht einschränke, dafür, den BenutzerInnen der Archive ein Akteneinsichtsrecht entsprechend den weiter gefassten Regelungen des IFG zu gewähren.

In diese Richtung argumentierte auch Dr. Alexander Dix (Landesbeauftragter für Datenschutz und für das Recht auf Akteneinsicht in Brandenburg), der hervorhob, dass dem Amtsgeheimnis in der öffentlichen Diskussion eine immer geringere Rolle beigemessen werde. Es sei gerade das Ziel der Informationsfreiheitsgesetze, eine stärkere Kontrolle des Verwaltungshandelns durch die BürgerInnen zu erreichen. Die Widersprüche zwischen Archivgesetzen und Informationsfreiheitsgesetzen verwiesen auf ein zweifaches Transparenzgefälle: Zunächst seien die Informationsfreiheitsgesetze deutlich zugangsfreundlicher, nach Ablauf der Sperrfristen wiesen jedoch die Archivgesetze die weitergehenden Zugangsrechte auf. Diese Unterschiede sollten seiner Meinung nach durch ein Informationsgesetzbuch gelöst werden, das die verschiedenen gesetzlichen Regelungen zusammenfasse. Dabei müsste das Archivgesetz allerdings als eigenständige Materie erhalten bleiben, weil es nicht nur den Informationszugang, sondern auch die wissenschaftliche Auswertung des archivwürdigen Schriftgutes regele. Abschließend rief er zu einem Bündnis von ArchivarInnen und Informationsfreiheitsbeauftragten auf, die gemeinsam für die allgemeine Zugänglichkeit auch der Metadaten, die dauerhafte Dokumentation aller wichtigen Verwaltungsprozesse, kurz gegen eine spurlose Verwaltung eintreten sollten.

In der anschließenden Diskussion wurde unter anderem danach gefragt, ob die Einsichtnahme in eine Verwaltungsakte nach dem IFG Auswirkungen auf deren Archivwürdigkeit habe und ob Archive die Zugänglichkeit von Akten vor ihrer Erschließung sicherstellen müssten, wenn die Sperrfristen entfielen. Ebenso wurde die Frage diskutiert, ob von den Archiven eine Angabe über den Benutzungszweck verlangt werden könnte, wobei sich sowohl Prof. Dr. Reimann als auch Prof. Dr. Oebbecke für eine Freiwilligkeit dieser Angabe aussprachen.

Im abschließenden Referat der 1. Arbeitssitzung berichtete Manfred Müller (Bürgermeister der Stadt Lichtenau, Kreis Paderborn) aus der Sicht einer kleinen Kommunalverwaltung – Lichtenau hat ca. 11.000 Einwohner – über die Bedeutung und Funktion des Archivs. Vor allem zwei Aufgaben hob Müller hervor: die Ordnung und Bewertung der vorhandenen kommunalen Überlieferung sowie die Dokumentation der Ortsgeschichte. Zu diesem Zweck hat die Stadt Lichtenau eine Verwaltungsangestellte mit 50% ihrer Arbeitszeit mit der Wahrnehmung der Aufgaben einer Archivarin beauftragt, worin sie vom Kreisarchiv Paderborn und vom Westfälischen Archivamt fachlich unterstützt wird. Ausdrücklich hob der Referent hervor, dass es darum gehe, das vorhandene Interesse an Heimatgeschichte zu nutzen, um die Akzeptanz des Archivs in der Öffentlichkeit zu stärken und dass Vereine aufgefordert werden sollten, ihr Schriftgut dem Archiv als Depositum anzubieten. Den Blick der Archive in die Geschichte will der Bürgermeister ausdrücklich nicht als Selbstzweck verstanden wissen. Vielmehr könnten die Archive aus der Beschäftigung mit der Vergangenheit Impulse auch für aktuelle Fragen geben und einen Beitrag zur Zukunftsgestaltung des ländlichen Raums leisten.

Im weiteren Verlauf des Nachmittags trafen sich die TeilnehmerInnen des Westfälischen Archivtags in vier Arbeitsgruppen, die sich mit der ‚verwaltungsinternen Öffentlichkeitsarbeit als archivischem Arbeitsfeld‘, der ‚Kooperation mit Schulen‘, den Beziehungen zwischen ‚Stadtmarketing und Archiven‘ sowie der Sammlungstätigkeit beschäftigten.

In der Arbeitsgruppe ‚Archive und Schulen‘ berichtete zunächst Dieter Klose (Staatsarchiv Detmold) über seine Tätigkeit als Archivpädagoge im Spannungsverhältnis zwischen den Erwartungen der ArchivarInnen, der LehrerInnen und der SchülerInnen. Insbesondere hob er hervor, dass SchülerInnen wie LehrerInnen wichtige Multiplikatoren seien, deren Betreuung durch die Archive keineswegs vernachlässigt werden dürfte, auch wenn die Fragestellungen häufig von einem unbefangenen Herangehen an die archivische Überlieferung zeugten. Ausdrücklich betonte Klose, dass die Archive ein wichtiger außerschulischer Lernort für den Geschichtsunterricht seien, an dem entdeckendes Lernen in besonderer Weise realisiert werden könne. Gerade der Umgang mit Originalen ermögliche, über die Aneignung von Inhalten hinaus, auch den von den Lehrplänen geforderten Erwerb von Methodenkenntnissen. Allerdings werde ein Besuch von SchülerInnen im Archiv nur gelingen, wenn sich die ArchivpädagogInnen und in kleineren Archiven die ArchivarInnen als Lotsen verständen, die Hilfestellung leisteten, im unübersichtlich scheinenden Meer der Akten zum Ziel zu kommen. Gisela von Alven (Fachberaterin für Geschichte bei der Bezirksregierung in Detmold und Geschichtslehrerin an einem Bielefelder Gymnasium) stellte in ihrem Vortrag die Grundzüge und Ziele der Lehrpläne Geschichte für die Sekundarstufen I und II in Nordrhein-Westfalen vor, die nicht von einem Wissenskanon, sondern von einer Lernprogression hin zu einem reflektierten Geschichtsbewusstsein ausgingen. Insbesondere in der Sekundarstufe II sei Regionalgeschichte als ein Lernfeld verpflichtend vorgeschrieben, das in besonderer Weise Handlungsorientierung und entdeckendes Lernen fördern könne. Auch seien die Archive als Lernort ausdrücklich erwähnt. Wegen der fortgeschrittenen Zeit verzichtete die Moderatorin der Arbeitsgruppe, Dr. Susanne Freund (Institut für vergleichende Städtegeschichte, Münster), auf ihren Vortrag über den Geschichtswettbewerb des Bundespräsidenten und gab die Diskussion frei, in der von archivarischer Seite die häufig fehlende Vorbereitung und Vorabsprache von Besuchen von SchülerInnen in den Archiven bemängelt wurde.

Die Arbeitsgruppe ‚Stadtmarketing und Archive‘ fand unter der Leitung von Michael Gosmann (Stadtarchiv Arnsberg) statt. In seinem Einführungsreferat stellte er die Einbeziehung seines Archivs in die polyzentrale „Stadtteilarbeitarbeit“ vor Ort – Stadtteile Arnsberg, Neheim und Hüsten – vor. Die geplante Unterbringung des Archivs in den Westflügel des ehemaligen Klosters Wedinghausen (Arnsberg) wurde als Attraktivitätssteigerung eines bisher „verlorenen Ortes“ näher vorgestellt. Das Archiv werde auf diese Weise zu einem Element des Stadtmarketings. Die sich anschließende Diskussion beschäftigte sich mit den Möglichkeiten des Archivs, sich über die Funktion als Lieferant von stadtgeschichtlichen Informationen hinaus sowohl bei der Identifikationsstärkung nach innen als auch bei der Werbung nach außen zu beteiligen. Als Beispiele wurden genannt: die Beteiligung bei dem geschichtlichen Teil der Ausbildung von StadtführerInnen, die Mitwirkung bei Objektbeschreibungen, bei Stadtplanungsprojekten und Workshops und die Zusammenarbeit mit Heimat- und Geschichtsvereinen. Es wurde darauf hingewiesen, dass das Stadtmarketing gegebenenfalls als Sponsor des Archivs mit Zuschüssen fungieren kann. Insbesondere in Städten mit historischer Überlieferung und Identität sei zu überlegen, ob nicht die Archive im Bereich des Stadtmarketings ein strategisches Management betreiben sollten, um bestimmte Ziele, zum Beispiel die Verbesserung des eigenen Images, anzustreben.

Im Mittelpunkt der 2. Arbeitssitzung am folgenden Vormittag, moderiert von Dr. Mechthild Black-Veltrup (Staatsarchiv Münster), stand die Thematik ‚e-Government und Archive‘. Die Moderatorin stellte dem aus Sicht der Bürger erheblichen Vorteil der erleichterten Kommunikation mit den Verwaltungen den Nachteil größerer Gefahren für die Sicherheit der Daten gegenüber. Aus archivarischer Sicht wies sie darauf hin, dass die Einführung von e-Government Konsequenzen für die Aktenbildung in den Verwaltungen habe, die eine frühzeitige Beteiligung der Archive an Überlegungen zur Einführung elektronsicher Verwaltungsverfahren erforderten.

Dr. Lutz Gollan (Städte- und Gemeindebund NRW) stellte im einleitenden Vortrag für die Arbeitssitzung das ‚Gemeinschaftsprojekt e-Government NRW‘ vor, an dem zwölf Kommunen unterschiedlicher Größe, der Städte- und Gemeindebund sowie die Firma Microsoft Deutschland für die Software-Entwicklung und die Bertelsmann-Stiftung beteiligt gewesen seien. Eingebunden in das Projekt waren darüber hinaus die kommunalen Rechenzentren als Dienstleister für die Kommunen. Im Rahmen des Projektes seien für die Teilbereiche Baugenehmigung, Bauleitplanung, Gewerbe, Melderegisterauskunft, Personenstand, Zahlungssysteme, Müllgebühren und Ratsinformationssysteme anwendungsfähige Verfahren entwickelt worden, die jeweils in einigen der beteiligten Kommunen zum Einsatz kämen. Allerdings hätten sich auch im Verlauf des Projektes Schranken gezeigt, die sowohl in den noch fehlenden Rechtsgrundlagen und den engen finanziellen Spielräumen zu suchen seien, aber auch in der Abhängigkeit der Projekte zum Engagement einzelner Personen und der mangelnden Berücksichtigung neuer organisatorischen Anforderungen an die Verwaltungen lägen. Auf der Basis der Ergebnisse des Projektes, so Dr. Gollan, sei ein e-Government Starterkit entwickelt worden, dass den Mitgliedskommunen des Städte- und Gemeindebundes kostenlos angeboten werde. Das Starterkit besitze ein modulare Struktur, sodass die Kommunen die für sie interessanten Elemente auswählen könnten, und könne als shared source von den Kommunen ihren Bedürfnissen entsprechend weiter programmiert werden. Auf Nachfrage führte Dr. Gollan aus, dass die Archive von der Projektstruktur her nicht beteiligt gewesen seien, zumal man der Auffassung gewesen sei, dass über die Beteiligung von den Kommunen selbst entschieden werden müsse.

Auf einen Spezialaspekt des e-Government, die digitale Signatur, ging Dr. Gudrun Klee-Kruse (Nottuln) ein. Ziel der digitalen Signatur sei es, auch im elektronischen Schriftverkehr die Integrität und Authentizität der Schreiben sicherzustellen. Nach einer Darstellung der verschiedenen Formen der digitalen Signatur und der Funktionsweise von Verschlüsselung und Entschlüsselung verwies sie auf Probleme bei der Archivierung der digitalen Signaturen, deren Nachprüfbarkeit zeitlich begrenzt sei. Danach fehle dann die Möglichkeit die digital signierten Dokumente erneut zu öffnen. Daher plädierte sie für eine langfristige Verfügbarkeit der Verschlüsselungszertifikate, die neben den Dokumenten archiviert werden müssten. Das sei umso dringlicher als eine Transformation in andere Formate oder auf andere Träger die Signaturen ungültig machen könne. Der Entwurf für die Novelle des Verwaltungsverfahrensgesetzes sehe daher vor, dass Ausdrucke gefertigt werden sollten und die digitale Signatur beglaubigt werden müsse.

Andreas Kratz M.A. (DISOS GmbH, Berlin) berichtete über ein Projekt der elektronischen Archivierung von Kreditakten für die Deutsche Bank. Für die langfristige Archivierung hob er die Notwendigkeit der Konversion von Dokumenten in Standartformate oder der Emulation hervor. Das ermögliche zwar eine Lesbarkeit der Dokumente über den Wechsel von EDV-Systemen hinweg, löse aber nicht das Grundsatzproblem, dass bei der elektronischen Archivierung ein dauerhaftes Speichermedium wie Papier oder Mikrofiche nicht vorhanden sei.

Abschließend berichteten Susanne Harke-Schmidt (Stadtarchiv Kerpen) und Martina Zech (Stadtarchiv Wesseling) über die Beteiligung der Arbeitsgemeinschaft der ArchivarInnen des Rhein-Erft-Kreises an der Einführung von für die Schriftgutverwaltung relevanten EDV-Verfahren. Sie strichen heraus, dass es für die Archive wichtig sei, von sich aus auf die EDV-Abteilungen ihrer Verwaltung und auf die kommunalen Rechenzentren zuzugehen. Nur so könne sichergestellt werden, dass archivische Belange bereits bei der Einführung neuer Verfahren berücksichtigt werden könnten. Offensichtlich ist es durch das offensive Herangehen der ArchivarInnen tatsächlich gelungen, auch bei den EDV-Verantwortlichen ein Problembewusstsein für die Belange der Archive zu wecken.

Mit einer aktuellen Stunde, einem Stadtrundgang durch den historischen Ortskern von Brakel und einer Exkursion zum Schloss Rheder ging der Archivtag zu Ende.

Autor: Eckhard Möller (Stadtarchiv Harsewinkel) unter Mitarbeit von Stephan Grimm (Stadtarchiv Gütersloh), 21.3.2004
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900 Jahre Merseburger Schulgeschichte

Vor wenigen Tagen fand in der Stadtbibliothek „Walter Bauer“ in Merseburg die Abschlussveranstaltung eines arbeitsintensiven Projektes statt: Die Arbeitsgruppe Schulgeschichte und ihre zahlreichen Helfer haben in zweieinvierteljähriger Arbeit die rund 900-jährige Geschichte der Merseburger Schulen aufgearbeitet und dokumentiert. Das Ergebnis sind vier gedruckte Ausgaben – eine fünfte ist bereits in Arbeit – und 15 prall gefüllte Mappen mit historisch wertvollen Dokumenten, die bereits an das Historische Stadtarchiv übergeben wurden.

Rund zwanzig Mitarbeiter zählte die Arbeitsgruppe. Von vielen Bürger, nicht nur aus Merseburg, wurden die „Schulforscher“ mit Materialien versorgt. Was alles erforscht und zusammen getragen werden konnte, zeigt die Ausstellung in der Stadtbibliothek, die noch bis Ende April zu sehen ist.

Unter den zahlreichen Besuchern zur Ausstellungs-Eröffnung waren auch viele ehemalige Lehrer, die jetzt zum Teil noch wertvolle Dokumente überreichen konnten: So z.B. einen Lehrplan der evangelischen Volksschulen zu Merseburg für die Klassen 1 bis 7 aus dem Jahr 1901, dann den kompletten Schriftverkehr von Rektor Block in der Zeit von 1866 bis 1892 und schließlich 30 weitere Exponate für das Stadtarchiv, worunter sich der „Jahresbericht des Domgymnasiums aus den Jahren 1849/50“, eine Originalzeichnung vom ersten Turnplatz im Merseburger Irrgarten aus dem Jahr 1836 sowie zahlreiche Aufzeichnungen zur Turn- und Sportgeschichte in Merseburg befanden.

Die Schulgeschichts-Arbeitsgruppe appellierte an alle, dass sämtliche Sachzeugen wie Dokumente, Aufzeichnungen und Fotos, die mit der Schulgeschichte Merseburgs etwas zu tun haben, und die beim Aufräumen von Dachböden oder in Kellern gefunden werden, jederzeit im Historischen Stadtarchiv oder bei Mitgliedern der Arbeitsgruppe abgegeben werden können.

Kontakt:
Historisches Stadtarchiv Merseburg
König-Heinrich-Straße 20
Postfach 1661
06206 Merseburg
Tel. (03461) 28 94 10
Fax (03461) 28 94 11

Quelle: Super Sonntag (Merseburg), 21.3.2004