Älteste Handschrift in Grimma zerstört

Das älteste Stück aus dem Grimmaer Stadtarchiv, eine 717 Jahre alte lateinische Handschrift auf Pergament, ist bis zur Unkenntlichkeit zerstört worden. Die vielleicht wertvollste Urkunde, die sich im Stadtarchiv befand, wurde nach dem Hochwasser von 2002 aus den gefluteten Archivräumen gerettet, ist dann aber falsch behandelt worden. Bei der Gefriertrocknung wird den gefrorenen Büchern und Papieren Wärme zugeführt, so dass das Eis nicht erst flüssig wird, sondern sofort verdampft. In diesem Fall aber zu schnell und zu viel. Papier könne das aushalten, für Jahrhunderte altes Pergament aber sei zu viel Hitze tödlich, erklärt Ulrike Hähner, Diplomrestauratorin an der Universitätsbibliothek in Marburg.

Die Grimmaer Urkunde war in einer Tüte verpackt. Beim Herausräumen der vom Hochwasser durchnässten Akten aus dem Stadtarchiv wussten die vielen Helfer offenbar nicht, wo die wertvollsten Stücke lagerten, die gesondert hätten behandelt werden müssen. Jetzt ist das Pergament geschrumpft, die Schrift verblichen, das Material zerbröselt beim Berühren wie angebranntes Zeitungspapier.

Die Urkunde mit der Nummer 1 im Bestand ist nicht der einzige Verlust im Grimmaer Stadtarchiv nach dem Hochwasser. Es wird geschätzt, dass bis zu 80 Prozent der Bestände vernichtet sein könnten. Ein genauer Überblick sei noch nicht möglich, sagt Jaqueline Forner vom Archiv, da allein die Gefriertrocknung der geretteten Bestände noch bis Juni dauert.

In einem Fall kann Entwarnung gegeben werden: Die zerstörte Urkunde ist nicht jene Schrift von 1200, auf die Grimma seine jetzt 804-jährige Existenz gründet. Die befand sich gar nicht in Grimma. Bei Grimmas ältester Urkunde aus dem Jahre 1287 handelt es sich um den Vermerk, dass acht Bischöfe „denjenigen, welche die Grimmaer Frauenkirche an bestimmten Festtagen besuchen und sich ihr mildtätig erweisen, jeder vierzig Tage Ablass gewähren.“

Kontakt:
Stadtarchiv Grimma im Stadthaus, 3. OG
Stadt Grimma
Markt 16/17
04668 Grimma
Tel. 03437/98 58 217

Quelle: André Neumann, Leipziger Volkszeitung, 24.3.2004

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