Ein nicht unbekanntes Problem spitzt sich in Esslingen zu: dem Stadtarchiv fehlt es an Platz. „2004 wird die Kapazität endgültig erschöpft sein“, erklärte Joachim Halbekann, Leiter des Stadtarchivs, in seinem Jahresbericht 2003 vor dem Kulturausschuss. Längst bekannte strukturelle Defizite würden weiter fortbestehen, heißt es gleich zu Beginn des Berichts. Das heißt vor allem, dass die Kapazitäten des Esslinger Stadtarchivs nahezu erschöpft sind. Schon vor Ablauf dieses Jahres könnte der archivarische Offenbarungseid besiegelt sein. Quer durch die Fraktionen war es denn einhellige Meinung, dass die Bemühungen um Ausweichquartiere intensiviert werden müssen.
Verhandlungen mit Vermietern potenzieller Räume in unmittelbarer Nähe des Archivs stagnierten, heißt es in dem Bericht, einige Objekte hätten sich zudem als untauglich erwiesen. Dass das „Gedächtnis der Stadt“ nicht bereits 2003 einen Aufnahmestopp für weiteres Material verhängen musste – was dem gesetzlichen Auftrag eines Archivs widerspricht -, sei nur den Mitarbeitern zu verdanken, die clever und mit viel Zeitaufwand die Regale optimal auszunutzen wussten. Noch enger im Wortsinn wird es in diesem Jahr werden, so Halbekann, wenn die Ortsverwaltungen möglicherweise aufgelöst werden und das Technische Rathaus wie vorgesehen umzieht.
Von digitalen Speichermedien, die vom Kulturausschuss als mögliches Gegenmittel für den drohenden Kollaps des Archivs und seiner Zweigstelle im Orgelbau ins Gespräch gebracht wurden, hält Chef-Archivar Halbekann aber überhaupt nichts: „Solange es keine stabilen Speichermedien gibt, würde ich mich nicht darauf einlassen.“ Zudem sei es ein immenser Kosten- und Zeitaufwand, alle Dokumente und Daten des Bestands zu digitalisieren. „Damit wäre ein einzelner Mitarbeiter gut 50 Jahre beschäftigt“, brachte Halbekann die Abwegigkeit des Vorschlags auf den Punkt. Zudem sei ein Archiv auch Kulturgut, „das man vernichten würde, wenn man die räumliche Dimension derart eindämmt“.
Durch die Bank lobten die Fraktionsvertreter die gute und intensive Arbeit des Archivs, die sich auch in den sprunghaft gestiegenen Besucherzahlen niederschlage. Ein Grund für das wachsende Interesse könnte verstärkte Öffentlichkeitsarbeit sein. So schön die Entwicklung ist, dass sich mehr Bürger für die Bestände interessieren, so arbeitsintensiv ist die Betreuung und Bearbeitung. Was das Personal angeht, seien die Ressourcen im Stadtarchiv fast aufgebraucht – auch das ein altbekanntes „strukturelles Defizit“.
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Quelle: Petra Pauli, Esslinger Zeitung, 18.3.2004