Durch lange Gänge im Keller der Bad Doberaner Kreisverwaltung, die Wände in hellen Blautönen gehalten, gelangt man in das Büro von Rita Rossmann und ihren Mitarbeitern. Von staubbedeckten Regalen und jahrhundertealten Akten ist hier nichts zu spüren. Dennoch hilft das Kreisarchiv, manches Geheimnis zu lüften.
Wer sein Leben lang gearbeitet hat, möchte auch seine Rente bekommen. In den letzten Jahren arbeiten die Rentenversicherungsanstalten die Unterlagen für die Bürger im Osten von Deutschland auf. Die Menschen müssen dafür zahlreiche Nachweise erbringen. Nicht immer fällt das leicht. In manchen Fällen kann da das Kreisarchiv helfen, wie die Leiterin Rita Rossmann erklärt. „Wir besitzen beispielsweise die Steuerunterlagen von Selbständigen und von deren Mitarbeitern. Auch von mancher LPG haben wir die Lohnunterlagen.“ Und auch diese Bescheinigungen von den medizinischen Einrichtungen, die zu DDR-Zeiten oftmals kreisliche Einrichtungen waren, wurden im Keller der neuen Kreisverwaltung eingelagert. Rund 800 Anfragen haben die Mitarbeiter des Kreisarchives jährlich zu beantworten. Neben Rentenfragen sind es z.B. auch immer wieder Nachweise für geleistete Zwangsarbeit.
Die dafür eingangs genannten Unterlagen sind aber eher zufällig und deshalb nicht vollständig im Archiv zu finden. „Hauptaufgabe der Archive ist es, historisch Wertvolles zu erhalten. Zwischen 1952 und 1990 waren die Kreisarchive als Endarchiv auch für die Gemeindeunterlagen zuständig“, erklärt die Archivarin. Protokolle von Gemeindevertreter- und Ratssitzungen sowie Beschlüsse sind nach Jahren geordnet abgelegt. Bei der Suche nach bestimmten Ereignissen helfen so genannte Findbücher. In einem für die Jahre 1945 bis 1952 findet man z.B. den Hinweis auf ein Protokoll, in dem nachgewiesen wird, welche Bauern 1947 Prämien bekommen haben, weil sie zu 100 Prozent ihr Getreide abgeliefert haben. Eine Fundgrube für viele Chronisten, wie die Archivleiterin erklärt. Es gibt extra einen Nutzerraum, in dem sich Menschen, die im Archiv stöbern wollen, zurückziehen können.
Unterlagen aus den Gemeinden des Kreises Bad Doberan nach 1990 dagegen findet man nicht mehr im kreislichen Archiv. Denn seitdem ist jede Gemeinde für die Lagerung ihrer Unterlagen selbst verantwortlich und dazu auch verpflichtet, erklärt Rita Rossmann. In den meisten Fällen passiert das in den Amtsverwaltungen. Protokolle von den Gemeindevertretersitzungen im Amt Schwaan befinden sich beispielsweise im Schwaaner Rathaus, wie Amtschef Peter Faix bestätigt.
Das Kreisarchiv widerspiegelt aber auch die Strukturreform von 1994. In den von schweren Stahltüren verschlossenen Archivräumen finden sich die Unterlagen des Amtes Schwaan nicht. Die liegen in Güstrow, sagt Rita Rossmann. Doch auch dort nur bis zu den Jahren 1980, wie Güstrows Kreissprecherin Dr. Petra Zühlsdorf-Böhm erzählt. Wo die Unterlagen der Jahre 1980 bis 1990 abgeblieben sind, sei nicht bekannt. „Sie müssten eigentlich bei den Gemeinden sein“, so Zühlsdorf-Böhm.
Kontakt:
Landkreis Bad Doberan
Archiv
August-Bebel-Str. 3
18209 Bad Doberan
(03 82 03) 60-296/251
Rita.Rossmann@LK-DBR.de
Quelle: Ralf Badenschier, Bützower Zeitung, 17.3.2004