Ganz im Zeichen Abraham Dürningers stand der 6. Archivtag, der am 13. März am „Archivum Unitatis Fratrum“, dem zentralen Archiv der evangelischen Brüderunität in Herrnhut, stattfand. Wie ein roter Faden zog sich das Wirken dieses für die Stadt und weit über deren Grenzen bedeutenden Geschäftsmannes durch den Verlauf der Tagung. Zahlreiche bedeutende Zugänge hatte das Archiv im Verlauf des letzten Jahres erwerben können, berichtete dessen neuer Leiter, Dr. Rüdiger Kröger, darunter als Dauerleihgabe die interessante Bibliothek und das wertvolle Firmenarchiv der Abraham-Dürninger-Stiftung.
Letzteres beinhaltet besonders die Kaufmannsbücher der Firma aus den Jahren 1747 bis etwa 1756. Sie stellen eine wichtige Quelle zur Frühgeschichte der Dürninger Handlung und der Herrnhuter Brüdergemeine insgesamt dar. Das bewies die aus Basel stammende Wirtschaftshistorikerin Dr. Heidrun Homburg, die gegenwärtig an den Universitäten in Chemnitz und Freiburg im Breisgau lehrt.
Es gebe nur wenige Unternehmen, die solch eine Kontinuität von der Mitte des 18. Jahrhunderts bis zum heutigen Tage, durch alle Kriege und politische Veränderungen hindurch, haben, betonte sie. Abraham Dürninger – damals 40 Jahre alt – habe am 24. Oktober 1747 auf dem Rückweg von der Leipziger Messe praktisch mit weniger als nichts angefangen, als er mit seiner Frau Anna Christina den mit 651 Talern, fünf Groschen und acht Pfennigen stark verschuldeten Gemeineladen übernahm. Bei Anna Christina handelte es sich übrigens um eine junge Witwe, die ihm, wie es in den Brüdergemeinen üblich war, durch ein Los, also nach Gottes Wille, für beide bindend zugesprochen war.
Wenn auch ein großer Teil der Bücher, besonders das erste Hauptbuch, über die Jahrhunderte vom Zahn der Zeit stark in Mitleidenschaft gezogen wurde und einige Kladden ganz und gar fehlen, so lässt sich nach Ansicht von Heidrun Homburg anhand des Vorhandenen durchaus beweisen, dass es Dürninger vor allem durch Tüchtigkeit, Rechtschaffenheit und Brüderlichkeit zu Erfolg und allgemeiner Anerkennung brachte.
Er gab Hunderten Arbeit, beherrschte schließlich im Laufe seiner 25-jährigen Amtszeit maßgeblich die Wirtschaftsregion Oberlausitz und trieb Handel mit Europa und Übersee. Trotzdem blieb er bescheiden. Die Geschäftsbücher zeigen, dass er für sich und seine Frau nur wenig vom Gewinn des Unternehmens abzweigte. In der Hauptsache war er der Geldgeber für die junge erneuerte Brüderunität.
Die Stellung der Firma Abraham Dürninger & Co. in der Textilgeschichte der Oberlausitz erläuterte der heutige Leiter der Stiftung, Hans-Michael Wenzel. Sowohl der Firmengründer als auch sein Vater waren nämlich eigentlich gelernte Tuchhändler. So lag es nahe, dass Abraham Dürninger, als er 1747 nach Herrnhut kam, den Schwerpunkt seiner Tätigkeit ebenfalls auf dieses Gewerbe legte – und das mit Erfolg.
Es würde sicher zu weit führen, wollte man an dieser Stelle alle Details des im Laufe des Tages zum Thema Abraham Dürninger Dargebotenen wiedergeben. Die Bedeutung dieses am 22. Dezember 1706 in Straßburg zur Welt gekommenen und am Morgen des 13. Februar 1773 verstorbenen Mannes ist unbestritten. Begraben wurde er auf dem Herrnhuter Hutberg. Wie eine alte Aufzeichnung im Unitätsarchiv berichtet, sollen auf der erdzugewandten Seite seiner Grabplatte die Worte eingemeißelt sein: „Es ist wohl schwer, doch geht es an, Daß ein Kauf- und Handelsmann Selig werden kann.“
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Quelle: Rolf Hill, SZ-online, 15.3.2004