Das, was bereits seit fast 170 Jahren grob geahnt wurde, hat sich nun im Zuge einer „Sachstandsermittlung“ konkret bestätigt. Während einer eintägigen Arbeit, bei der sich auf der Freifläche zwischen Alter Kellnerei und Pulverturm in Rheinberg Experten des Rheinischen Amtes für Bodendenkmalpflege, Außenstelle Xanten, des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) auf die Suche nach Fundamentresten machten, ging es darum, Aussagen über die genaue Lage der einstigen kurkölnischen Landesburg zu Rheinberg zu machen, d.h. die bisherige Theorie zu überprüfen. Den Auftrag dafür gab der Heimatverein Rheinberg, der auch die Kosten übernahm. Mitglied Werner Kehrmann, der für den Heimatverein auch als Stadtführer unterwegs ist, hatte zuvor etwa zwei Jahre zum Thema recherchiert.
Die letzte Grabung im besagten Bereich gab es in der Zeit von 1829 bis 1838. Damals habe Alphonse de Fournier die Fläche grabungstechnisch bearbeiten lassen, erklärt Werner Kehrmann. Und konnte das einstige Burggelände freigelegt werden. Im Rheinberger Stadtarchiv liegen die Original-Grabungsberichte, dazu die entsprechenden Zeichnungen sowie Kupferstiche. Fournier fand ein komplettes Geviert, das von den Resten einer Ringmauer umgeben war – zirka 78 Meter in der Länge und ca. 72 Meter in der Breite. Kehrmann: „Die Maßangabe 78 Meter bezieht sich auf die nicht näher definierten Entfernungen zwischen Zollturm und Kellnerei, von Osten nach Westen gesehen. Das Breitenmaß ca. 72 Meter beinhaltet einen Teilbereich des Schulhofes der Maria-Montessori-Schule sowie die zum ehemaligen Stadtgraben anschließende gesamte Spielwiese.“ Doch wo auf der Fläche die kurkölnische Landesburg genau stand, da hatte sich Fournier nicht festgelegt.
Ziel der „Sachstandsermittlung“ also: Teile der ehemaligen Ringmauer im Osten und Norden genau zu lokalisieren. Wegen der neuzeitlichen Bebauung und anderer nicht zugänglicher Flächen der ehemaligen Burganlage mussten die Archäologen im Osten und Norden nach Resten der Ringmauer suchen. Und siehe da, sie wurden fündig: Im nordöstlichen Eckbereich, in einer – wie Werner Kehrmann es formuliert – „geradlinigen Entfernung von 9,50 Metern zum Zollturm“ wurde in etwa zwei Metern Tiefe die Innenseite eines kleinen Teils der östlichen Ringmauer freigelegt. „Da die Länge von ehemals 78 Metern feststeht, kann auch die Entfernung zum Gebäude der Kellnerei festgelegt werden“, erklärt Kehrmann. Mit dieser Erkenntnis sei eine große Lücke geschlossen worden. Und das im wahrsten Wortsinn. Die kurkölnische Landesburg – im Volksmund irrtümlicherweise „Rheinberger Schloss“ genannt – wurde nach Plänen des Baumeisters Henric Wulfus errichtet. Die Hauptbauzeit beginnt 1293. Nicht mehr als zehn bis zwölf Menschen – Ritter nebst Gesinde – hätten dort gelebt. Der Erzbischof residierte dort, wenn er in Rheinberg zu Gast war. Laut Grabungsbericht von Alphonse Fournier hatte es teilweise „gewaltsame Ausbrucharbeiten“ im gesamten Bereich der ehemaligen Ringmauer gegeben, bei der Grabung gefundene Mauer- und Gebäudeteile wurden „beseitigt“. Kehrmann: „Die bei diesen Ausbrucharbeiten liegen gebliebenen Steinreste, bestehend aus Tuffsteinen und Ziegelbruch, konnten auf der Nordseite des nordöstlichen Eckbereiches der Ringmauer“ aufgefunden werden. Auch deshalb sieht der Heimatverein die freigelegten Teile der ehemaligen Umfassungsmauer als „wichtigen ,Mosaikstein´ für die weitere Geschichtsschreibung der Stadt Rheinberg.
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Rheinisches Amt für Bodendenkmalpflege
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Quelle: WAZ Rheinberg-Xanten, 10.3.2004