Diskussion um Göttinger Hitlerrede-CD

Sebastian Wertmüller, Vorsitzender des Deutsche Gewerkschaftsbundes (DGB) in Göttingen, hat das Vorhaben des Stadtarchivs Göttingen kritisiert, eine CD-Rom mit der einzigen Göttinger Wahlkampfrede Adolf Hitlers zu veröffentlichen. Die Historikerin Cordula Tollmien, die in den vergangenen Jahren die Zwangsarbeit in Göttingen erforscht hat, verteidigt hingegen die geplante Publikation. Sie nennt Wertmüllers Äußerungen eine „unbegründete Schnellschussattacke“.

Der DGB-Regionalvorsitzende Sebastian Wertmüller äußerte zwar „Verständnis dafür, dass in historischen Dokumentationen Originaldokumente in Schrift, Bild und Ton eine große Rolle spielen“. Die Veröffentlichung einer Hitler-Wahlkampfrede auf einer Multimedia-CD sprenge jedoch den dokumentarischen Rahmen. „Das ist schon Verkaufsförderung mit dem größten Verbrecher der deutschen Geschichte“, sagte Wertmüller. „Ich kann nur hoffen, dass es sich tatsächlich um eine Dokumentation handelt, bei der die Ausschnitte aus der Rede Hitlers nur einen Teil ausmachen“ (Pressemitteilung vom 27.2.2004).

Tollmien erklärte, sie sei fassungslos angesichts der DGB-Vorwürfe. Die CD-Rom sei sicher keine rechtsradikale Publikation, sondern eine „sorgfältig vorbereitete Quellenedition“, auf die sie als Historikerin schon lange warte. Tollmien verdächtigt den DGB-Vorsitzenden, sich in Unkenntnis des aufbereiteten Materials auf Kosten des Göttinger Stadtarchivs und seiner Mitarbeiter profilieren zu wollen.

Die CD-Rom soll am 11. März offiziell vorgestellt und zum Preis von 15 Euro verkauft werden. In einem Brief an den DGB-Vorsitzenden hat Ernst Böhme, Leiter des Stadtarchivs, dessen Vorwürfe zurückgewiesen. „Es überrascht mich, dass Sie ohne Kenntnis der Sache mit massiven Vorwürfen gegen das Stadtarchiv an die Öffentlichkeit gegangen sind.“

Wertmüller wecke mit seinen Äußerungen den Verdacht, das Stadtarchiv wolle eine neonazistische Klientel bedienen. Titel der Publikation sei „Die Wahlkampfrede Adolf Hitlers am 21. Juli 1932 mit Erläuterungen und Dokumenten“. Sie sei eine Verbindung von Tondokument, Erläuterungen, Zeitzeugenaussagen und Presseberichten – und vor allem für den Einsatz im Schulunterricht gedacht. Böhme: „Im übrigen wird die CD nicht frei im Handel, sondern nur über uns erhältlich sein.“

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Stadtarchiv Göttingen
Hiroshimaplatz 4
37083 Göttingen
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0551/400-2764
stadtarchiv@goettingen.de

Quelle: Göttinger Tageblatt, 2.3.2004

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