Jahresbericht 2003 des Stadtarchivs Isny

Mit 14 Wochenstunden schwach besetzt, in den Räumen beengt: am Zustand des Stadtarchivs Isny hat sich auch im Jahr 2003 wenig geändert. Dennoch: Stadtarchivarin Nicola Siegloch tat engagiert das Ihrige und berichtete darüber dem Ausschuss für Bildung, Kultur und Tourismus.

Seit Juli 2002 ist Norbert Schwarz zu ihrer Unterstützung mit drei Wochenstunden ehrenamtlich im Stadtarchiv tätig. Er kümmert sich um die Zeitungsdokumentation und das Einordnen der Sammlungsbestände. Auch die Dipl.-Museologin Ines Ebert konnte wieder beschäftigt werden. Die zwischen Isny und Leutkirch geteilte Tätigkeit der Stadtarchivarin beschränkt sich notgedrungen auf die laufenden Geschäfte, Verwaltungsaufgaben, Anfragen und Archivbenutzung.

Das Stadtarchiv benutzten 2003 18 Personen. 121 schriftliche und telefonischen Anfragen erreichten das Archiv. Privatpersonen, Wissenschaftler, Schüler und Studenten, Heimatforscher, Vereine suchen die historische Auskunft, um beispielsweise eine Jubiläumsschrift zu fertigen oder einem bestimmten Thema nachzugehen.

Von der Grundschule Beuren wurden Akten und Bände aus der Zeit von 1820 bis 1970 ins Stadtarchiv übernommen. Der Bestand konnte bereits geordnet und verzeichnet werden. Zum Findbuch Neutrauchburg legte das Stadtarchiv ein Ergänzungsverzeichnis für Akten der ehemaligen Gemeinde Neutrauchburg an. Die Archivbibliothek wurde mit 52, die zeitgeschichtliche Sammlung mit 848 Neuzugängen ergänzt.

Erfreuliches aus Großholzleute: am 28. Mai 2003 konnte der Ortschaftsrat das in einem Kellerraum des Rathauses untergebrachte Archiv einweihen. Es umfasst circa 35 laufende Meter Schriftgut aus der Zeit von 1810 bis 1972. Das Archiv ist durch ein umfangreiches Findbuch erschlossen.

Zu den Perspektiven äußerte sich die Stadtarchivarin kritisch. Die weitere Entwicklung sei vor allem von der Lösung der Raumfrage abhängig. Zudem werde für sie die gemeinsame Betreuung der Stadtarchive Isny und Leutkirch zunehmend schwieriger. Bürgermeister Manfred Behrning berichtete, dass Gespräche über eine Verlegung des Archivs in das Schloss noch kein Ergebnis gezeitigt hätten. Stadträtin Sylvia Seitz brachte das allgemeine Unbehagen zum Ausdruck. Die Archivfrage dürfe nicht als nebensächlich beiseite gestellt werden. Für alle bestünde die Verpflichtung, die Zeugnisse der Vergangenheit zu erhalten und dafür sichere Aufbewahrungsmöglichkeiten zu schaffen.

Kontakt:
Stadtarchiv Isny
Wassertorstraße 3
88316 Isny im Allgäu
Postfach 1162
88305 Isny im Allgäu
Telefon: 07562/984-132
Fax: 07562/984-333
Siegloch@Rathaus.Isny.de
http://www.isny.de

Quelle: Fritz Hartmann, Schwäbische Zeitung, 31.03.2004

Mielkes geheimnisvoller Koffer kehrt zurück

Nach fast fünfzehn Jahren Irrfahrt durch Archive verschiedener Behörden ist am Dienstag Erich Mielkes geheimnisumwitterter roter Koffer an seinen Ursprungsort zurückgekehrt. Das Bundesarchiv übergab den Koffer am Abend der Behörde für die Stasi-Unterlagen, die ihn fortan als Dauerleihgabe aufbewahren wird.

Genau genommen ist der Mielke-Koffer damit allerdings nicht dort, wo er bis zum Rücktritt des Stasi-Ministers lagerte. Der hatte das Behältnis Jahrzehnte lang in einem Stahlschrank seines Dienstzimmers im Haus 1 des Stasi-Komplexes an der Lichtenberger Normannenstraße aufbewahrt. Jetzt steht der Koffer im benachbarten Haus 7, wo das von der Birthler-Behörde verwaltete MfS-Aktenarchiv untergebracht ist.

In dem Koffer sollen sich unter anderem Unterlagen aus der NS-Zeit befunden haben, die den späteren SED-Chef Erich Honecker belasten. Diese Dokumente, die angeblich aus den dreißiger Jahren stammen, betreffen Honeckers Zeit als Jungkommunist und seine Zeit im Untergrund. Sie sollen – so heißt es – das Bild Honeckers als aufrechter und unbeugsamer Widerstandskämpfer korrigieren. Der Grund dafür, warum Mielke diese Originalakten aufbewahrte, liefert seit langem Stoff für Diskussionen: Brauchte der Stasi-Minister die Unterlagen, um im Notfall Erpressungsmaterial gegen seinen Boss in der Hand zu haben? Oder wollte Mielke Honecker nur beschützen vor möglichen Anfeindungen?

Anfang 1990, als die Stasi aufgelöst wurde und die DDR-Justiz gegen Mielke ermittelte, beschlagnahmte das Zentrale Landeskriminalamt den Koffer-Inhalt. Ein Stasi-Offizier aus der MfS-Abteilung IX/3, der damals in der Ermittlungsbehörde arbeitete, kopierte das Material und versuchte, es zu Geld zu machen. Für 60 000 D-Mark wollte er die Unterlagen verscherbeln, die unter anderem den Häftlingsfreikauf durch die Bundesregierung, die Beteiligung Mielkes am zweifachen Polizistenmord in Berlin 1931 und Kontakte Honeckers zur Gestapo betrafen. Ein Käufer aber fand sich nicht. Selbst der BND winkte ab – zu teuer. Eine weise Entscheidung, denn der Dienst konnte nach dem 3. Oktober 1990 gratis in die Akten schauen: Die Bundesanwaltschaft übernahm den Koffer von der DDR-Justiz.

Im Januar wurden bereits Schriftstücke aus dem roten Koffer vom Bundesarchiv an die BStU übergeben.

Quelle: Andreas Förster, Berliner Zeitung, 31.3.2004

Sponsoren für die Museen in Soest

Verstärkt private Gelder und Sponsoren finden, um die Museumslandschaft in Soest zu stärken, das ist die Quintessenz aus dem jüngsten Gespräch der Gesellschaft Ressource. Zum Thema „Ein neues Stadtmuseum für Soest – Utopie oder doch realisierbar?“ startete die Gesellschaft jetzt eine neue öffentiche Gesprächsreihe, die relevante Soester Themen aufgreifen will. Es muss etwas passieren, war man sich einig. Denn die Exponate im Morgner-Haus werden werden unsachgemäß aufbewahrt und leiden. Klaus Kösters vom Westfälischen Museumsamt Münster wies noch einmal auf diese katastrophale Lage hin.

Man solle nicht auf die Hilfe der Stadt Soest warten, hieß es im Gespräch. Deshalb soll die private Initiative gefördert werden, sprich Vereine wie der Heimat- und Geschichtsverein oder der Kreiskunstverein sollen verstärkt auf Sponsorensuche gehen. Wenn das nicht klappt, sei die Gründung von Fördervereinen für das Burghofmuseum und das Osthofentor-Museum eine Möglichkeit, die Museumslandschaft in Soest aufzuwerten. Schließlich sei es eine Schande, dass wertvolle stadtgeschichtliche Exponate im Stadtarchiv schlummern und der Öffentlichkeit weitgehend unzugänglich sind. Am Gespräch beteiligten sich unter anderem Geschichtsvereins-Vorsitzender Dr. Ulrich Löer, Ex-Stadtarchivar Dr. Gerhard Köhn und der ehemalige Stadtarchäologe Dr. Walter Melzer.

Quelle: Der Soester Anzeiger, 30.3.2004

Lob für das Stadtarchiv Neuss

Knapp 15 Seiten umfasst der Jahresbericht 2003 „Kultur – Zukunft der Stadt“, der die Arbeit von Neusser Institutionen und Organisationen in vier Kategorien beleuchtet: die der städtischen Kulturinstitute, die der „kulturellen Institutionen mit eigener Trägerschaft, die für „Kulturveranstaltungen der Stadt“ und die Arbeit jener Institutionen und Veranstaltungen, die von der Stadt gefördert werden. Insgesamt sind in der Broschüre, für die die Verantwortlichen der einzelnen Häuser die Bilanzen zusammenstellen, 23 Institutionen und Veranstaltungen aufgelistet.

Rein zahlenmäßig also kann sich die städtische Unterstützung der Kultur in Neuss schon mal sehen lassen; kein Wunder, dass Kulturdezernent Wilfried Kruse die Bilanz am Montag mit großer Zufriedenheit vorstellte. „Wir hatten Glück, konstatiert er, „und mussten keine großen Kürzungen hinnehmen“.

Voll des Lobes war Kruse unter anderem über die Entwicklung des Stadtarchivs: „Unter der neuen Leitung ist das Haus wesentlich stärker ins Rampenlicht der Öffentlichkeit gerückt.“ Dr. Jens Metzdorf hat nicht nur 70 Regalmeter Archivmaterial hinzugewinnen können, sondern vor allem die normalen Öffnungszeiten ausgeweitet – was die Nutzerzahlen um 30 Prozent gesteigert hat.

Für die Direktbenutzung werden auch weiterhin keine Gebühren erhoben, Auftragsrecherchen oder die Anfertigung von Reproduktionen werden einer Satzung gemäß berechnet. Das Stadtarchiv wird voraussichtlich noch in diesem Jahr personell verstärkt: Die Stellenausschreibung für den benötigen „halben Historiker und ganzen Archivar“ (Kruse) läuft schon, diejenige für die Nachfolge des jetzigen Restaurators ist in Vorbereitung.

Kontakt:
Stadtarchiv Neuss
Oberstr. 15
D-41460 Neuss
Telefon: 02131-90-4250
Telefax: 02131-90-2467
http://www.stadtarchiv-neuss.de/

QuelleNeuss-Grevenbroicher Zeitung, 30.3.2004

Schulunterlagen kehren nach Dessau zurück

Vom damals im Aufbau befindlichen Schulmuseum der DDR in Berlin wurden in den Jahren 1987 und 1988 eine Reihe von Akten, Handschriften und Dokumenten aus der EOS Philanthropinum Dessau übernommen. Es handelt sich um Archivalien aus der Zeit um 1800 bis in die 1970er Jahre, darunter u.a. Aufnahme- und Abgangsregister, Klassenbücher, Prüfungsarbeiten, Reifezeugnisse von hohem historischem und teilweise auch praktischem Wert (z.B. zur Rechtssicherung und für Rentennachweise).

Besonders wertvoll sind neun Handschriften aus den Jahren 1782 bis 1826 aus dem Nachlass von G.A.U. Vieth, der seit 1786 Professor für Mathematik und Französisch und später Direktor der Hauptschule in Dessau sowie ab 1819 Schulrat war und sich große Verdienste um das hiesige Schulwesen erwarb. Am Mittwoch werden diese Schulunterlagen dem Dessauer Stadtarchiv übergeben.

Kontakt:
Stadtarchiv Dessau
Lange Gasse 22
06844 Dessau
Fon: 0340 215550
Fax: 0340 5169620
E-Mail: archiv@stadtarchiv.dessau.de

Quelle: Super Sonntag, 28.3.2004

Wie Pirmasenser Familien sich an den Juden bereichert haben

Es war nichts anderes als staatlich sanktionierter Raub, die „Arisierung“ jüdischen Eigentums und Kapitals Anfang der 1930er Jahre, die mit Hindenburgs Erlassen eingeläutet und dann Ende des Jahrzehnts in kürzester Zeit umgesetzt wurde. Das Kapitel „Arisierung in Pirmasens 1938 bis 1941“ aus dem vor wenigen Wochen erschienenen Buch „Juden in Pirmasens – Spuren der Geschichte“ haben die Autoren Otmar Weber und Frank Eschrich letzte Woche in einem Vortrag erläutert und beleuchtet.

Wie erschreckend hemmungslos die damaligen „Schnäppchenjäger“ mitten aus den „arischen“ Pirmasenser Bürgerreihen zugeschlagen haben, verdeutlichte Weber anhand einer aktuellen Stadtkarte. In mühevoller Kleinarbeit hat der Mitautor des Buches aus den zugänglichen Aufzeichnungen über die rassistisch motivierte Bereicherung an jüdischem Eigentum Namen und Adressen in einen heutigen Stadtplan übertragen. Er verweist dabei auf die Tatsache, dass sich maximal 80 Prozent in den Aufzeichnungen wiederfinden. Dabei handelte es sich weitgehend um „Filet-Stücke“ von Pirmasenser Immobilien.

„In Speyer verweigert man noch immer den Zugang zu den Akten, die darüber Auskunft geben könnten“, sagt Weber und er unterdrückt seine Wut kaum. Er untermauert seine im Buch festgehaltenen Fakten mit Aussagen eines noch lebenden Zeitzeugen und dem Beispiel der Gebrüder Weil in der Schloßstraße. In der Regel habe man es damals verstanden, den Wert einer Immobilie von ihrem Einheitswert so herunterzurechnen, dass der Besitzer noch draufzahlen musste, erst recht, wenn er das Land verlassen wollte. Weber besitzt den Schriftverkehr über einen solchen Fall und weiß, dass dies keineswegs die Ausnahme war.

Um das radikale Vorgehen der damaligen Stadtspitze einschließlich aller öffentlichen Ämter zu legalisieren, hatte man landesweit „Verwertungsgesellschaften“ gegründet. In Pirmasens war dies die „Saar-Pfälzische Vermögensverwertungs-Gesellschaft mbH“ mit all den daraus möglichen Filz-Geschäften. Mit bemerkenswerter Präzision hat Weber im Kapitel „Arisierung“ das auch in Pirmasens angewandte System der „Entjudung“ zerpflückt. Er beschreibt beispielsweise die Verhaftung von zunächst 40 jüdischen Mitbürgern nach der Pogromnacht 1938, deren entwürdigende Ausräuberung und den Versuch, sie nach Frankreich abzuschieben um sie dann doch in KZs zu deportieren. Noch lange danach besaß man in der „Schlabbestadt“ den fragwürdigen Ehrgeiz als nationalsozialistische Hochburg mit der Meldung „Judenfrei“ ganz an der Spitze zu stehen.

Quelle: Doris Piperata, Pirmasenser Zeitung, 25.3.2004

Simon Wiesenthal Zentrum unterstützt Ermittlungen der VVN-BdA

Anzeigen gegen über 200 mutmaßliche Kriegsverbrecher aus der Gebirgstruppe der Wehrmacht haben die VVN-BdA und der Arbeitskreis Angreifbare Traditionspflege erstattet und damit zahlreiche Ermittlungsverfahren in Gang gesetzt. Beide Organisationen werden auch dieses Jahr zu Pfingsten in Mittenwald eine Gegenveranstaltung gegen das Treffen des Kameradenkreises der Gebirgstruppe veranstalten, der sich dort unter der Schirmherrschaft der Bundeswehr Jahr für Jahr versammelt und eine Traditionslinie des Vergessens, des Vertuschens, ja der Strafvereitelung verfolgt. Die Wehrmacht sei „sauber“ geblieben und die Edelweißtruppe sei ohnehin das denkbar Edelste gewesen. Selbstverständlich wissen sie, dass diese Darstellung nur für die rechtfertigende Öffentlichkeitsarbeit taugt und der Strafvereitelung dient.

Im Falle der Massaker von Kephallonia und Kommeno vom August und September des Jahres 1943 ermitteln nunmehr jedoch Staatsanwälte in Ludwigsburg, Dortmund und München gegen Hunderte der Veteranen. Der Mitarbeiter des Simon Wiesenthal Centers Dr. Stefan Klemp teilte zudem mit, seine Organisation unterstütze die Ermittlungen. Außerdem wolle sie auch in diesen Fällen – wie zuvor schon in rund hundert Fällen – erreichen, dass den ehemaligen Tätern die Kriegsopferrente entzogen werde.

Das Verhältnis der Bundeswehr zum Traditionsverband Gebirgstruppe war und ist von Kritiklosigkeit geprägt. In der Divisionsgeschichte „Gebirgsjäger. Die 1. Gebirgsdivision 1935-1945“ (Bad Nauheim 1954) tat General Karl Wilhelm Thilo, vor 1945 Stabschef dieser Division und nach Gründung der Bundeswehr Kommandeur der gleichnamigen Division der Bundeswehr, die Kriegsverbrechen an wehrlosen Kriegsgefangenen auf Kephallonia mit dem banalen und zugleich zynischen Satz ab: „Nach zweitätigem erbittertem Kampf fällt die Inselstadt Argostoli und sind die italienischen Truppen überwältigt.“ Den Mord an 10.000 Montenegrinern Anfang 1943 bilanziert Thilo so: „Widerstand nach Jägerart im schnellen Zupacken gebrochen.“ Als der antifaschistische Rechercheur Jakob Knab wegen dieser offenkundigen Leugnung der Kriegsverbrechen eine Anfrage an Thilo richtete, erhielt er am 21. August 1992 zur Antwort: „Die Behauptung der Ermordung sind Lüge und bewußte Diffamierung unserer Soldaten. Sie sind das Porto nicht wert, das mich dieser Brief kostet.“ Wie Thilo waren zahlreiche Gebirgsjäger an Kriegsverbrechen beteiligt. Niemand von ihnen wurde zur Verantwortung gezogen.

Die Bundeswehr schweigt eisern zu den Verbrechen der Gebirgstruppler. Sie hält zum Traditionsverein. Als dem zuständigen Divisionskommandeur in Sigmaringen und dem Verteidigungsminister in Berlin angeboten wurde, die zu Pfingsten nach Mittenwald eingeladenen Zeitzeugen auch als Redner vor den Soldaten in den Kasernen in Mittenwald und Umgebung zuzulassen, da blieb das Angebot unbeantwortet. Aufs Bundeswehrgelände lässt man nach wie vor nur die Gebirgsjäger und hört sich allein ihre Versionen an.

Kontakt:
VVN/BdA NRW
Gathe 55
42107 Wuppertal
Tel.: 0202/45 06 29
Fax: 0202/25 49 836
vvn-bdanrw@freenet.de

Quelle: Ulrich Sander, VVN/BdA NRW, 27.3.2004

Schinderhannes kein deutscher Robin Hood

Der Räuberhauptmann „Schinderhannes“, mit bürgerlichem Namen Johannes Bückler, ist vielen Menschen ein Begriff. Viele Legenden und schaurige Geschichten ranken sich um seine Person. Mit seinen Kumpanen hat er auch im Rheinhessischen sein Unwesen getrieben. In Erbes-Büdesheim geschah ein Mord. Alzey wird auch in den Gerichtsakten genannt. Die „Schinderhanneshöhle“, im alten Bergwerkstollen unter Gestrüpp und Geröll unterhalb der Gaststätte „Teufelsrutsch“ versteckt, ist für Kinder heute noch ein beliebtes Ausflugsziel, das entdeckt werden will. Bekanntlich lagerte die Räuberbande ihre Beute in alten ausgedienten Stollen, wie am Lemberg bei Feilbingert.

Ob das auch für Wendelsheim zutrifft, ist nach Auffassung von H. Peter Brandt (Idar-Oberstein), der sich eingehend mit der Vita des Johannes Bückler beschäftigt hat und nun zu einem Vortrag eingeladen worden war, nicht hinreichend belegt. In seinem Vortrag räumte der Referent mit dem Mythos eines „edlen“ Räubers entsprechend einem deutschen „Robin Hood“ anhand der zugegebenen 53 Straftaten, darunter nachweislich fünf Morde oder zumindest Beteiligungen an Morden und schweren Raub, gründlich auf. Brandt zeigte mit Hilfe graphischer Darstellungen exakt die Hochs und Tiefs eines bewegten brutalen Räuberlebens auf, das mit 24 Jahren unter der Guillotine endete. Zusammen mit weiteren 20 Angeklagten, darunter sein Julchen, und dem „Schwarzen Peter“ fand die Hinrichtung am 21. November 1803 in Mainz-Weisenau statt.

Der Schinderhannes, heute oft als populäres Volksidol dargestellt, war ein „Gezeichneter“ seit seiner Geburt. Sein Vater übte den Beruf des Schinders (Abdeckers) aus. Das bedeutete auch gleichzeitig Henker und Scharfrichter. Somit gehörte sein Vater der niedrigsten Klasse am Rande der bürgerlichen Gesellschaft an.

Mit 15 Jahren ging der junge Bückler zu einen Abdecker in die Lehre. Der Bursche fing sein Handwerk der Räuberei mit dem Diebstahl von Pferden an – 1792 wurde er erstmals steckbrieflich in Kirn gesucht. Bald schloss er sich einer Bande an, wo er zum Hauptmann avancierte. Schinderhannes Fluchtweg führte in brenzlichen Situationen über den Hunsrück nach Hamm, wo er mit seinen Kumpanen über den Rhein setzte.

1802 erfolgte der Verrat und Transport nach Frankfurt. Schinderhannes mit seinem Julchen, die ihn seit Ostern 1800 begleitete, wurde mit den übrigen gefassten Verbrechern den napoleonischen Truppen übergeben und in Mainz in Gewahrsam genommen. Im Holzturm saßen die Delinquenten. Die Prozessakten füllten sechs Folianten, die im Darmstädter Staatsarchiv ein Raub der Flammen wurden. Nur ein Band des umfangreichen Prozesses der 68 Angeklagten ist unbeschädigt geblieben.

Quelle: Susanne Durst-Singer, Wormser Zeitung, 27.3.2004

Goethe-Schule Bad Lauchstädt wird 100

Die Fotos füllen inzwischen viele Kisten und Mappen. Schulhefte, Zeugnisse, Zeichnungen, Schülerarbeiten – Zeugen einer Zeitspanne von nunmehr 100 Jahren Schulgeschichte mussten und müssen noch immer in der Bad Lauchstädter Goethe-Schule eingesehen, dokumentiert und für eine Ausstellung vorbereitet werden.

Die Schule wird nämlich Hundert; am 16. und 17. April findet aus diesem Anlass ein Tag der offenen Tür statt, kündigt Marlis Felsberg, die Leiterin der Sekundarschule, an. Ihr Dank gilt den Unterstützern und Beiträgern für das Jubiläum. Neben den vielen Bildern und Schriftstücken, sind auch noch andere Sachzeugen aus 100 Jahre Schulgeschichte abgegeben worden: Schiefertafeln, Griffelkästen, Poesiealben von 1903 bis 1911, Fotos ehemaliger Lehrer.

Eine Mappe mit Linolschnitten hat zum Beispiel Erhard Krull, Deutsch- und Zeichenlehrer, der als Neulehrer nach dem Kriege in der Goethe-Schule begonnen hatte und 1986 aus dem Schuldienst ausschied, abgegeben. „In Schülerprojekten haben unsere Mädchen und Jungen ehemalige Schüler zu ihrer Zeit an der Schule befragt und Tonaufnahmen angefertigt. Ebenso wurden Zeitungsberichte über die Jahrzehnte hinweg gesammelt und ausgewertet“, erzählt die Schulleiterin. Wichtige Quelle waren da immer das Stadtarchiv, wo Berichte von der Schulerweiterung und vom Neubau 1904 zu finden waren. Auch die Pläne von den Entwürfen für den Schulbau konnten dort eingesehen werden. „Die Auswertung der zusammengetragenen Dinge hat nicht nur den Lehrern, sondern auch den Schülern, die an den 21 Projekten zum Jubiläum mitarbeiten, großen Spaß gemacht“, betont Marlies Felsberg.

Kontakt:
Sekundarschule „J. W. von Goethe“
Querfurter Str. 12
06246 Bad Lauchstädt
Telefon: 034635-20370
Telefax: 034635-21600
goethe-schule-bad-lauchstaedt@t-online.de

Quelle: Gerhard Grulke, Mitteldeutsche Zeitung, 26.3.2004

FBI-Unterlagen über Bush-Herausforderer Kerry gestohlen

Protokolle des FBI über den Bush-Herausforderer John Kerry sind bei einem Historiker entwendet worden. Die Bundespolizei hatte den Demokraten und Vietnam-Veteranen wegen seines späteren Engagements gegen den Krieg in Südostasien in den siebziger Jahren überwacht. Der Bestohlene vermutet einen politischen Hintergrund für den Diebstahl.

Dem Historiker Gerald Nicosia seien in San Francisco am Donnerstag Hunderte von Seiten der FBI-Protokolle über Kerry entwendet worden, berichtete der TV-Sender CNN. Die Einbrecher seien sehr professionell vorgegangen, sagte Nicosia dem Sender. Die Polizei habe am Haus des Historikers keine Einbruchsspuren feststellen können. Der Historiker vermutet einen politischen Hintergrund für die Tat.

Etwa ein Fünftel der Papiere seien gestohlen worden, sagte Nicosia. Er selbst habe den vollständigen Inhalt der umfangreichen Akten noch nicht lesen können. Deshalb wisse er auch nicht, was in diesen Papiere stehe.

Kerry selbst hatte zwar seine FBI-Akte bereits vor Jahren erhalten, doch die von Nicosia in einem langwierigen Verfahren erstrittene Dokumente sind mit etwa 20.000 Seiten offenkundig weit umfangreicher als die Kerry bekannten.

Quelle: Spiegel Online, 28.3.2004