Mit Flachware dem Bild der Stadt Tiefenschärfe geben

Langsam hebt sich die Wandverkleidung des kleinen, gotischen Raums am Kreuzgang des Karmeliterklosters. Schwere Tresortüren werden sichtbar. Michael Matthäus streift sich weiße Handschuhe über, bevor er in die Stahlschränke greift. Dort liegen die kostbarsten Stücke der Frankfurter Stadtgeschichte: die älteste erhaltene Originalurkunde, ein Pergament vom 2. Dezember 882, in dem Kaiser Karl III. eine Stiftung seines Vaters zugunsten des heutigen Bartholomäusdoms bestätigt, die Frankfurt als einen Hauptort des ostfränkischen Reichs ausweist; das Messe-Privileg des Stauferkaisers Friedrich II. von 1214, das eine Grundlage für den wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt am Main legte; die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. von 1356, eines der wichtigsten Gesetze des Alten Reichs, das die Regularien der Königswahl festlegte und Frankfurt als Ort der Wahl bestätigte.

„Flachware“ nennen die Historiker im Institut für Stadtgeschichte solche schriftlichen Zeugnisse beinahe ein wenig despektierlich. Flachware, die dem Bild der Stadt allerdings erst Tiefenschärfe gibt.

Matthäus, im Institut für die Mittelalter-Abteilung zuständig, hält in seiner Schatzkammer aber auch plastisches Anschauungsmaterial für Besuchergruppen bereit: die Schere etwa, die als Beweisstück gegen die Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt, Goethes Gretchen, in ihren Prozeßakten verwahrt ist, oder Kerbhölzer, die auf den ersten Blick klarmachen, was es heißt, wenn jemand viel auf demselben hat.

Das Gedächtnis der Stadt umfaßt freilich ungleich mehr als den Inhalt der Tresore. Das ganze, bis 1866 reichende Alte Archiv lagert im Karmeliterkloster auf drei Etagen unter der Erde. Zehn Kilometer Kompaktregale stehen dort in fahlem Neonlicht in nüchternen, weiß getünchten Räumen. Regelmäßig hört man das Rumpeln der U-Bahn. Als sie in den achtziger Jahren entstand, hatte man den ganzen Platz vor der mittelalterlichen Klosteranlage für die Baustelle ausgehoben. Eigentlich sollte nach der Fertigstellung alles wieder zugeschüttet werden, doch der damalige Archivleiter Wolfgang Klötzer nutzte die Gunst der Stunde, um Lagerraum für das seit 1956 im Karmeliterkloster untergebrachte Institut zu gewinnen.

Dabei existiert überhaupt nur noch etwa ein Viertel der historischen Unterlagen. Das meiste ist bei den Bombenangriffen auf Frankfurt im Zweiten Weltkrieg verbrannt. Die Auslagerungen davor waren ziemlich chaotisch verlaufen, je nach „Spritlage“ wurden Teile unter anderem in die Kronberger Burg, nach Schloß Meerholz und in das Salzbergwerk von Bad Friedrichshall bei Heilbronn gebracht. So ist etwa das Frankfurter Ratsarchiv vernichtet, die entsprechenden Dokumente der eingemeindeten Orte haben den Krieg in Kronberg überstanden.

Und doch ist man im Karmeliterkloster längst an die Grenzen gestoßen: Akten einzelner Ämter und Betriebe sowie Personalakten der Stadt sind im Ostturm der Großmarkthalle ausgelagert. Wirtschaftsarchiv und Nachlaß-Sammlungen sind an der Eschborner Landstraße in Rödelheim untergebracht. Diese Dokumente sollen alle in das geplante neue Magazin an der Borsigallee umziehen, das 2006 bezugsfertig sein soll. Ein Archiv sei eben „ein wachsender, lebender Organismus“, sagt der für die modernen Akten zuständige Konrad Schneider. Doch ausgerechnet in der Stadtverwaltung scheint das Bewußtsein dafür gelegentlich etwas unterentwickelt zu sein. Frankfurt sollte doch ein Archiv für seine Akten aufbauen, sei einmal als Verbesserungsvorschlag aus dem Rathaus gekommen. Schneider nimmt so etwas gelassen. Die sogenannte Aktenabgabepflicht sei das eine, was die Ämter daraus machten, sehe oft ganz anders aus. Es ist schon mehr als einmal vorgekommen, daß eine Behörde keine Unterlagen mehr gehabt habe und etwa für Jubiläen dann im Stadtarchiv die eigene Geschichte recherchierte.

Freilich muß auch Schneider auswählen, wenn es gilt, Unterlagen in die Obhut des Instituts zu übernehmen. Zu zweit würden Papiere gesichtet, „denn Fehler sind ja nicht mehr zu korrigieren“, berichtet er. Das gilt nicht nur für amtliche Schriftstücke. Das voriges Jahr geschlossene Kaufhaus Schneider beispielsweise hatte sein Archiv vollständig weggeworfen, womit auch in dieser Hinsicht ein Stück Frankfurter Lokalgeschichte verlorenging.

Dabei gibt das Institut auch Tips für den Aufbau von Archiven, und zwar nicht nur im Wege der Amtshilfe, sondern auch für Vereine oder Privatleute. „Wir verstehen uns als Dienstleistungsunternehmen“, hebt die amtierende Direktorin Evelyn Brockhoff hervor und schiebt gleich den Appell nach, alte Unterlagen im Zweifelsfall nicht einfach wegzuwerfen, sondern dem Stadtarchiv anzubieten. „Machen Sie mehr aus ihrem Papier“, lautet der Slogan. Schließlich sei das Archiv dazu da, „das Leben Frankfurts in all seinen Facetten zu dokumentieren“ – wobei gelegentlich auch der Zufall hilft. So fand sich vor einiger Zeit zum Beispiel eine Sammlung seltener Farbfotos der Stadt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Sperrmüll.

Daß alle diese Anstrengungen nicht Selbstzweck sind und die zusammen etwa 80 Mitarbeiter des Instituts für Stadtgeschichte nicht etwa mit dem Blick nach innen damit beschäftigt sind, verstaubte Papiere zu sortieren, zeigt das Angebot des Hauses. Im Karmeliterkloster finden Ausstellungen und Kreuzgang-Konzerte statt. Den Lesesaal nutzen jedes Jahr rund 4000 Besucher, wobei Recherche-Aufträge und telefonische Anfragen gar nicht erfaßt sind. Im Erzählcafe werden regelmäßig Aspekte der Stadtgeschichte von Zeitzeugen beleuchtet.

Voriges Jahr erschien ein amerikanischer Besucher namens Gomer auf der Suche nach der eigenen Geschichte im Institut. Er berichtete, Vater und Onkel seien Weinhändler in Frankfurt gewesen, die als Juden Frankfurt in den dreißiger Jahren verlassen hätten. Die Suche im Archiv förderte unter anderem Magistratsakten über den „Erwerb von Liegenschaften“ 1938 zutage. Sie belegen, wie die Goldmaiers ihr Haus im Westend unter Wert verkaufen und den Erlös als „Vermögensabgabe“ leisten mußten, um ausreisen zu können. Ein Beispiel dafür, wie das Archiv auch individuelle Lebensbilder wiederherstellen kann.

Kontakt:
Institut für Stadtgeschichte
Münzgasse 9
D-60311 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (0)69 212-36 276;
Fax: +49 (0)69 212-30 753
www.stadtgeschichte-ffm.de

Quelle: FAZnet, 12.2.2004

Interview zur Gründungsgeschichte Eisenachs

Mit dem 75-jährigen Geschichtsforscher Dr. Gerd Bergmann sprach die Thüringer Allgemeine in Eisenach. Von Hause aus Jurist, entdeckte Bergmann beim Studium der Rechtsgeschichte in Jena das Feld der mittelalterlichen Geschichte. Seit gut 30 Jahren befasst er sich intensiv mit dem Eisenacher Mittelalter.

Warum weiß fast jedes Dorf, wie alt es ist, Eisenach aber tut sich schwer mit der Antwort?
Das liegt daran, dass Dörfer älter sind als Städte. Urkunden wurden ursprünglich ja nur für Besitzwechsel ausgestellt oder wenn Vorrechte erteilt wurden. Darin finden viele Dörfer dann Erwähnung. Die Stadt Eisenach hat sich aus einer Marktsiedlung heraus entwickelt. In ihr wurden bereits 1150 Münzen geprägt. Das beweist, dass um diese Zeit schon ein reger Marktverkehr stattgefunden haben muss. Eine schriftliche Erwähnung war für die Stadt ohne Bedeutung.

Ein Landgrafensitz, der es nirgendwo wert war, urkundlich erwähnt zu werden? Das verwundert dennoch. Nein, den Fachmann nicht.

Existiert denn keine Gründungsurkunde für Eisenach? Nein, die gibt es nicht.

Sie haben Mittelalterakten studiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass Eisenach als „civitas“, als Stadt, erstmals vor 815 Jahren, also 1189 vermerkt wurde. Wo liegt diese Urkunde?
Das Schriftstück liegt im Hessischen Staatsarchiv in Marburg. Es ist aber keine Urkunde im Rechtssinn. Die Jahresangabe 1189 kommt darin nicht vor. Sie lässt sich aber indirekt erschließen. Es ist nur ein schmales Pergament, vielleicht 30 Zentimeter lang, aber höchstens acht Zentimeter hoch.

Ist dieses Dokument in Mönchslatein geschrieben? Nein, in Deutsch.

Wie kamen Sie auf 1189? Es war damals üblich, dass eine Urkunde von dem geschrieben werden musste, der etwas vom Landesherrscher begehrte. Der Landgraf hat sie, wenn er einverstanden war, nur noch signiert, mit Datum versehen und gesiegelt. Dieser Umstand bringt uns dem Alter des Pergaments näher. Wir wissen, dass Landgraf Ludwig III. im Jahre 1189 im Juni zum Kreuzzug aufgebrochen ist, bei dem er ums Leben kam. Er starb auf Zypern. Das Schriftstück ist an ihn gerichtet, also muss es vorher geschrieben worden sein. Sicher nicht sehr lange vorher. Es war ja nicht so, dass ein Urkundenempfänger einfach nach Belieben einen Text formulierte. So etwas war abgesprochen.

Was steht nun in dem Schriftstück? Das Kloster Spieskappel hat in dem Schriftstück beantragt, dass der Landgraf seinen Zöllnern und Schultheißen befehlen möge, diesem Kloster Spieskappel den zollfreien Einkauf in einer Reihe von Städten der Landgrafschaft Thüringen zu gestatten. Darunter waren Creuzburg, Eisenach und Gotha ausdrücklich genannt.

Hat die Obrigkeit diesen Antrag bewilligt? Wie gesagt, ich gehe von einer vorherigen Absprache aus. Aber es ist nicht zur Unterschrift gekommen, weil eben der Landgraf zum Kreuzzug aufbrach. Man darf wohl vermuten, dass die Absprache nicht Jahre zuvor zu Stande gekommen, sondern relativ frisch war. Die Zeit hat einfach nicht mehr gereicht, die Urkunde auszufertigen. Das ist für mich der Anhaltspunkt, dass das Schriftstück im ersten Halbjahr 1189 aufgesetzt wurde. Dass es keine unverbindlichen Schreibübungen des Klosters waren, sondern ein ernst zu nehmendes Papier war, ergibt sich daraus, dass es ins Staatsarchiv aufgenommen wurde, wo es immer noch ist. Andere Forscher vor mir haben die Entstehung weiter gefasst, auf die Jahresspanne von 1180 bis 1189.

Man hat viel über Urkunden gehört, die bereits im Mittelalter gefälscht wurden, weil es um Privilegien wie Grundbesitz ging. Halten Sie die Eisenach-Erwähnung für echt?
Die ist echt, zweifellos. Zu Creuzburg sind andere Urkunden vorhanden, die das erhärten.

Rechnen Sie damit, dass noch ältere Belege gefunden werden? Nein, die Archive sind durchforstet. Und das seit vielen Jahrzehnten. Ich war da keineswegs der Erste.

Quelle: Thüringer Allgemeine, 11.2.2004

Triennale der Photographie 2005 unter dem Motto „Archiv der Gegenwart“ in Hamburg

Die 3. Triennale der Photographie Hamburg findet von Mitte April bis Mitte Juni 2005 statt. Neun Museen und kulturelle Institutionen haben vereinbart unter dem Motto „Archiv der Gegenwart“ dem Profil der Häuser individuelle Ausstellungen für die Triennale der Photographie zu konzipieren.
   
Unter dem Motto „Archiv der Gegenwart“ wird sich die Triennale mit der Sicherung von Photographien als Teil des universellen Gedächtnisses befassen. Welche Bilder liegen im Archiv? Welche Bilder sollten für die Zukunft bewahrt werden? Dem Archiv, verstanden als Speicher und zugleich als Gedächtnisort, haftet heute nichts Verstaubtes mehr an. Vielmehr gilt das Archiv heute als Ort der Beziehungen zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Das Archiv als Ort der Recherche, als auch als Objekt der Kulturtheorie ist aktueller denn je. Welche Veränderungen bringen die elektronischen Speichermedien mit sich? An dieser Stelle kann sich das Motto umkehren – die Gegenwart des Archivs. Wie viel bleibt in Zukunft erhalten oder verschwindet unter dem Stichwort „Löschen von Information“? Oder verwandelt sich das Archiv schlicht in einen Speicher von Daten, entgegen dem klassischen Bewahren exemplarisch ausgewählter Objekte?

Die Ausstellungen und Veranstaltungen der Triennale sollen dazu anregen, sich mit den verschiedenen Interpretationen des Begriffes „Archiv“ auseinander zu setzen: mit dem Archiv als Sammlung, als Speicher, als Gedächtnisagentur, als Ort der Zirkulation von Symbolen und als Depot von Spuren.

Die 3. Triennale der Photographie Hamburg wird von der Triennale GmbH durchgeführt, die durch das Kuratorium (je einem Vertreter der Kunsthalle, dem Museum für Kunst und Gewerbe, der Deichtorhallen/Internationalen Haus der Photographie, des Kunsthauses, des Kunstvereins, der Freien Akademie der Künste, des Altonaer Museums, dem Museum für Hamburgische Geschichte und dem Museum der Arbeit) bestimmt wurde.

Kontakt:
Dr. Henriette Väth-Hinz
Triennale der Photographie Hamburg GmbH
Tel.: 040 / 42854-4297 
Fax:  040 / 42854 – 3113
Email: info@phototriennale.de
Steintorplatz 1, 20999 Hamburg

Helgolands bewegte Geschichte

Auf diesen „Luxus“ konnte Barbara Thiel nicht verzichten. Eine Woche stöberte die Filmemacherin im Pinneberger Kreisarchiv, wälzte original Akten und kämpfte sich durch Zeitungsartikel. Der Insel Helgoland hat sich die 44-Jährige aus ganz unterschiedlichen Richtungen genähert. Gespräche mit Zeitzeugen – darunter der ehemalige Bürgermeister Henry P. Rickmers – mehrere Aufenthalte auf Deutschlands einziger Hochseeinsel und das Sichten von historischen Fotos und Filmaufnahmen. Das alles ist eingeflossen in ihren Film „Helgoland – 1807 bis 1967“. Entstanden ist eine einzigartige Filmchronik, die in bewegenden Bildern die bewegte Geschichte Helgolands nachzeichnet.

Auch die Trümmerräumung nach dem Zweiten Weltkrieg und die harte Zeit des Wiederaufbaus hat die Bremerin nicht ausgespart. Bei Günther Winkler, dem ehemaligen Baudirektor in der Pinneberger Kreisverwaltung, liefen zwischen 1952 und 1967 die logistischen Fäden dieses einzigartigen Projekts zusammen. Thiel hatte ihn in der Kreisstadt besucht und ließ Winkler über seine Erfahrungen beim beispiellosen Aufbau einer ganzen Gemeinde berichten. Dass das Eiland seit 1932 zum Kreis Pinneberg gehört, hat die Filmemacherin erst durch ihre Recherchen erfahren.

Ihr 60-minütiger Dokumentarfilm über Helgoland ist gleichzeitig ein kritischer Blick auf die deutsche Geschichte, allerdings immer unter dem Blickwinkel der „Lex Helgoland“. „Unter deutscher Herrschaft mussten die Bewohner und die Insel viel erdulden“, sagt Thiel. Das Bollwerk zur See, das Kaiser Wilhelm der II. 1890 postulierte, war der Beginn einer gigantischen militärischen Aufrüstung, die während der NS-Zeit ihren Höhepunkt fand. Zweimal war Adolf Hitler persönlich auf dem Eiland, das die Engländer nach der Besetzung noch bis 1952 als Bombenübungsziel für die Royal Airforce nutzten. Der Kampf um Helgolands Freiheit wurde auch vom Pinneberger Büro aus gelenkt. Appelle gingen an die UNO und sogar an den Papst.

1962 wurde die Insel offiziell als Nordseeheilbad anerkannt. Der Tourismus wurde wieder zum Rückgrat der Gemeinde. Die Idee eines Seebades ging bereits auf die 20er Jahre des 19. Jahrhunderts zurück. Mit der Helgoländer Vogelwarte und dem Meeresbiologischen Institut richtet Thiel ihren scharfen Blick auch auf die einzigartige Pflanzen- und Tierwelt. Dabei darf der typische Hummerfang nicht fehlen. Helgoland, dass ist für die Filmemacherin „ein Ort, weit weg von dieser Welt, mit einem einzigartigen Erholungswert“.

Info:
Am Mittwoch, 18. Februar, stellt die Autorin ihren Film in der Pinneberger Landdrostei vor. Die Vorführung, die um 18.30 Uhr beginnt, ist kostenlos.

Die VHS-Videokassette kostet 25 Euro. Sie soll demnächst in den Buchhandlungen erhältlich sein.

Quelle: Pinneberger Tageblatt, 10.2.2004

Archiv des chinesischen Außenministeriums geöffnet

Das chinesische Außenministerium hat sein Archiv der Öffentlichkeit zugänglich gemacht, so eine Meldung auf der offiziösen Website China.org.cn. Bereits am 16. Januar wurde im Archiv eine Ausleihe und ein Lesesaal eröffnet. Wie die Abteilungsleiterin des Archivs, Zhang Sulin, mitteilte, habe die Öffentlichkeit positiv auf die Öffnung des Archivs reagiert.

Erstens biete sie Interessierten und Experten die Möglichkeit zur Forschung. Zweitens könne die Bevölkerung nun die Geschichte des Landes deutlicher nachvollziehen. Und drittens beseitige die Öffnung Vorstellungen von geheimen Archiven und schaffe neue Voraussetzungen zur Durchsetzung des Rechts der Gesellschaft auf Information, glaubt Wu Feng von der chinesischen Hochschule für Außenpolitik, einer der ersten Nutzer.

Der Beschluss zur Öffnung des Archivs durch das Außenministerium wurde gemäß den Bestimmungen des chinesischen Archivgesetzes und nach eingehender Begutachtung der Archivmaterialien gefällt, so Zhang. Die Archivmaterialien seien für chinesische Bürger und Organisationen, Landsleute aus Hong Kong, Macao und Taiwan, Chinesen aus dem Ausland, Chinesen mit ausländischer Staatsangehörigkeit sowie ausländische Einzelpersonen und Organisationen zugänglich.

In den ersten 4 Tagen nach der Öffnung hätten sich nahezu 30 Menschen zur Nutzung der Archivmaterialien angemeldet. Wie der chinesische Außenminister Li Zhaoxing sagt, soll der Beschluss zur Archivöffnung sowohl den Interessen des Landes als auch der Bevölkerung dienen. Meldungen zufolge können Besucher des Archivs zunächst die rund 5.000 Archivmaterialien des Außenministeriums aus den Jahren 1949 bis 1955 einsehen. Diese Materialien dokumentieren den Aufbau und den Entwicklungsprozess der chinesischen Beziehungen nach Außen in den ersten Jahren nach der Staatsgründung. Rund 30 Prozent der gesamten Archivmaterialien aus dieser Periode können eingesehen werden.

Quelle: China.org.cn, 11.2.2004

Reise in die Hölle – Straflager Workuta

Nach Workuta, einem Teil des Archipel Gulag wurden Hunderttausende von Stalins Gegnern deportiert: NDR-Autorin Rita Knobel-Ulrich hat sich mit drei deutschen ehemaligen Häftlingen auf den gleichen Weg gemacht, den sie damals im Viehwaggon zurücklegen mussten, von Berlin über Moskau nach Workuta.

Sie war mit ihnen auf Spurensuche: Im KGB-Archiv durften die inzwischen Rehabilitierten ihre Häftlingsakte einsehen und im Butyrki-Gefängnis in Moskau ihre alte Zelle besuchen. Mit dem Zug ging es weiter nach Workuta – auf jener Eisenbahnstrecke, die von Gulag-Häftlingen im eisigen russischen Winter gebaut wurde.

Bis minus 46 Grad, mussten wir raus, sagt Anita Wille. Als 17-Jährige wurde sie zu 25 Jahren Zwangsarbeit verurteilt. Horst Schüler und Lothar Scholz schufteten im Kohleschacht. In Workuta überlebten nur die Jungen. Immer noch leben die Kinder und Enkel der ehemaligen Häftlinge in der Stadt am Eismeer, denn auch wer aus der Lagerhaft entlassen wurde, musste zur ewigen Verbannung in Workuta bleiben.

Sendetermin: Mo., 16.2.2004, 20.15 Uhr

Quelle: NDR Fernsehen

Königliche Kindheit in stürmischen Zeiten

Der Fernsehredakteur und Romanautor Gunter Haug nimmt mit seinem neuesten Werk „In stürmischen Zeiten“ ein spannendes Kapitel der Landesgeschichte unter die Lupe. Er schildert die Jugendjahre des späteren Königs Wilhelm I. von Württemberg, der sich immer wieder gerne im Lautertal, bei Marbach oder Wimsen aufhielt.

Der spätere König ist gerade einmal fünf Jahre alt, als er unter Anwendung von Gewalt mit seinem Vater Friedrich vom russischen Zarenhof abreisen und dort seine Mutter zurücklassen muss. Er wird sie nie wieder sehen. Seine Jugend ist geprägt von der rücksichtslosen Härte und den jähzornigen Anfällen seines Vaters, dem Thronanwärter unter Herzog Carl Eugen, späteren Kurfürsten und schließlich erstem König von Württemberg.

Vor dem realen Hintergrund der historischen Ereignisse entfaltet Haug ein faszinierendes Panorama einer Zeit, in der Württemberg vom Herzogtum zum Königreich aufsteigt und auf gut das Doppelte seiner Fläche anwächst. Großzügig entschädigt Napoleon das Herzogtum Württemberg für den Verlust linksrheinischer Gebiete, zwei Jahre später, nach dem Sieg über das österreichische Kaiserreich kommen die vorderösterreichischen Besitzungen hinzu und damit auch Teile des Lautertals.

Haug will historische Ereignisse in lebendiger Form vermitteln. Schließlich ist „In stürmischen Zeiten“ ein klassischer Roman, der sich aber entlang historischer Fakten bewegt. 
„Die geschichtlichen Ereignisse und Daten müssen stimmen“, erzählt Haug. Also hat er im Staatsarchiv, der Landesbibliothek oder in zahlreichen Biographien den historischen Stoff gesichtet und darauf die Handlung des Romans aufgebaut. Der Roman markiert zugleich den ersten Teil einer neuen Reihe unter dem Motto „Erzählte Landesgeschichte“. Historische Ereignisse und Zusammenhänge sollen dem Leser fernab einer wissenschaftlich sachlichen Aufbereitung, sondern vielmehr in einer spannenden Handlung verpackt, nahe gebracht werden. In dieser Reihe soll im kommenden Jahr auch ein Buch über die Gundelfinger erscheinen.

Info:
Gunter Haug: „In stürmischen Zeiten“ – Die Jugendjahre König Wilhelms I. von Württemberg, 272 Seiten, 19,90 Euro, ISBN: 3-87181-530-6.

Quelle: Alb Bote, 11.2.2004

Kindern den Zugang zur Geschichte ermöglichen

Auch im vergangenen Jahr hat der Wehrheimer Geschichts- und Heimatverein wieder Zeichen gesetzt – vor allem mit mehreren Ausstellungen im Stadttormuseum, Vorträgen, Führungen durch historische Stätten und nicht zuletzt mit der großen Jubiläumsveranstaltung zum 25-jährigen Bestehen des Vereins.

Schon zu Beginn des letzten Jahres, so der Vereinsvorsitzende Helmut Michel, habe man sich auf die Spurensuche nach Wehrheimer Teilnehmern im Kampf um Stalingrad gemacht und sei fündig geworden. Viele Einzelschicksale seien hier zu Tage geführt worden. Zu drei Ausstellungen im Stadttormuseum habe man insgesamt beinahe 700 Besucher zählen können.

Das „Wohnen im Baudenkmal“, letztes Jahr Thema zum Tag des offenen Denkmals, habe Archivar Robert Velte auch diesmal wieder in verständlicher aber auch humorvoller Weise im Rahmen eines Rundgangs durch die Wehrheimer Altstadt veranschaulicht. Zu diesem Thema gehörten natürlich auch Geschichten über die Entwicklung des alten Ortskerns und das Leben der damals dort ansässigen Bewohner.

„Wir müssen den Jüngsten unter uns, den Kindern, den Zugang zur Geschichte ermöglichen“, sagte Michel. Der Altbürgermeister hat sich selbst darum gekümmert und im Zuge etlicher Veranstaltungen den Kindern das Leben auf einem römischen Kastellhof verdeutlicht, ihnen historische Stätten in Wehrheim gezeigt oder Spiele aus Großmutters Zeiten mit den Kindern gespielt. Michel wünscht sich die Mitarbeit der jüngeren Generationen im Geschichtsverein; „unser Verein besteht ja nicht nur aus älteren Leuten – die Jungend von heute wird später einmal unser Wissen an ihre Kinder weitergeben müssen“, bemerkte Michel.

Bei den Wahlen zum Vereinsvorstand wurden die Mitglieder einstimmig in ihrem Amt bestätigt. Wiedergewählt wurden auch die beiden Archivare Dr. Johanna Koppenhöfer und Robert Velte. Für die arbeitsaufwändigen Archivarbeiten stellten sich Stefan Velte, Almut Gwiasda und Hartmut Bender zur Verfügung. 

Kontakt:
Geschichts- und Heimatverein Wehrheim
Helmut Michel
Usinger Straße 2
61273 Wehrheim

Quelle: Usinger Anzeiger, 11.2.2004

Umfangreiche Chronik über das Siebengebirge

„Es wird späterer Geschichtsschreibung überlassen bleiben müssen, die vaterländische Tat heimattreuer Einwohner der Siebengebirgsgegend ins rechte Licht zu setzen, und ich zweifle nicht daran, dass man auch in späterer Zeit die Akten des Siebengebirgsvereins ausgraben wird, um geschichtliches Material darin zu finden.“ Diese Zeilen eines unbekannten Zeitgenossen finden sich im umfangreichen Archiv des Verschönerungsvereins für das Siebengebirge (VVS), das seit einigen Tagen im Bonner Stadtarchiv untergebracht ist.

Nicht zuletzt dadurch sind die Grundlagen geschaffen worden, nicht nur die „vaterländischen Taten“ der Siebengebirgsbewohner wissenschaftlich korrekt aufzuarbeiten. Die Ausführungen stammen aus dem Jahre 1923 und sind Teil eines fünfseitigen Augenzeugenberichts über die Separatistenkämpfe im Siebengebirge. Der Leiter des Bonner Stadtarchivs, Dr. Norbert Schloßmacher, ist froh, „dass die Überlieferung des Vereins jetzt bei uns liegt und den Bürgern die Möglichkeit gegeben wird, die Unterlagen einzusehen“.

Insgesamt 775 Aktenstücke mit einem Umfang von 36 Regalmetern hat Archivmitarbeiter Daniel Schütz in den vergangenen Monaten fachgerecht geordnet. Die „absolut mustergültige“ Aktenführung des 1869 gegründeten Vereins war dem Archivar dabei sehr dienlich. Trotzdem war es nach Ansicht von VVS-Geschäftsführer Herbert Losem und VVS-Vorsitzenden Herbert Krämer an der Zeit, die umfangreiche Dokumentensammlung des Vereins in die Hände von „Profis“ zu geben.

2001 entschied der Verein, den Bestand fachgerecht archivieren zu lassen. Der Grund dafür ist zum einen die aktenunverträgliche Feuchtigkeit im Forsthaus am Lohrberg, wo der Bestand bislang untergebracht war. Die Geschichte des VVS sei außerdem seit jeher eng mit der Stadt Bonn verbunden, berichtet Krämer. Zudem dokumentiert der Aktenbestand nicht nur die Vereinsgeschichte, sondern ist gleichzeitig eine Chronik des Zeitgeschehens im Siebengebirgsraum.

Kontakt:
VVS
Margarethenhof
Königswinterer Str. 409
Eingang Löwenburger Straße
53639 Königswinter
Tel.  02223 – 90 94 94
Fax: 02223 – 90 97 00
info@naturpark-siebengebirge.de
www.naturpark-siebengebirge.de

Quelle: Kölnische Rundschau, 11.2.2004

Geheimnis um mittelalterlichen Ring von Paußnitz gelüftet

Experten haben erstmals eine verschlüsselte religiöse Inschrift auf einem Ring aus dem Mittelalter entziffert. Der 5,1 Gramm schwere Silberring wurde vor mehr als 100 Jahren in Paußnitz (Sachsen) gefunden. Die Zeichen des mittelalterlichen Silberstückes bedeuten in mittelhochdeutscher Schrift «NAINE MI XPS», was so viel heißt wie «Verneine mich, Christus», sagte der Münchner Anthropologe Olav Röhrer-Ertl am Mittwoch in Halle.

Er interpretierte den Satz im Sinn einer religiösen Bittformel auch als «Vernichte mich, Christus», als Ausdruck innigster religiöser Hingabe zur Erlangung des Seelenheils. Der Ring habe wahrscheinlich einem Kreuzfahrer gehört.

Die Inschrift wurde in etwa einjähriger Arbeit von Experten aus Halle und München entschlüsselt. Nach Angaben von Röhrer-Ertl gibt es insgesamt 25 bis 30 Ringe mit solchen Inschriften, die aber alle noch nicht vollständig entziffert wurden. Jedes der zwölf Felder auf der Außenseite des Ringes ist mit einem Zeichen versehen. Als Vorbild für die Mehrzahl der Buchstaben, die mittels Verfremdung und Drehung verschlüsselt wurden, diente die bis ins 9. Jahrhundert verwendete eckige Auszeichnungsschrift irischer Handschriften.

Der Ring war im Februar 1898 von dem Gutsbesitzer Emil Schreiber in Paußnitz in einem kleinen Keramikgefäß mit zusammen rund 500 Silbermünzen gefunden worden. Der gesamte Schatz datiert aus der Zeit um 1150. Lange galt der Ring in der Fachwelt als verschollen. Erst im Jahr 2001 tauchte er im Rahmen einer wissenschaftlichen Sichtung der Münzbestände im Tresor des Museums Halle wieder auf.

Quelle: dpa, 11.02.2004