Wie Nazi-Verfolgte in Italien Zuflucht fanden

Dieser Tage wurde im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München die Doppelausstellung „Zuflucht und Widerruf“eröffnet. Sie erinnert insb. an die Rettung von 73 jüdischen Kindern, hauptsächlich aus Deutschland, die von 1942 bis 1943 in dem norditalienischen Städtchen Nonantola aufgenommen wurden und dann in die Schweiz fliehen konnten.

Die Vermittlung von Wissen über das Judentum, dessen Geschichte und dessen wertvollen Beitrag auch zur Kultur Bayerns sei nach wie vor unumgängliche Aufgabe der historisch-politischen Bildungsarbeit, konstatierte der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel anläßlich der Eröffnung am Mittwoch. Und der Generaldirektor des Bayerischen Hauptstaatsarchivs Hermann Rumschöttel ergänzte: Da Bayern historisch und geografisch mitten in Europa liege, werde die z.T. aus Italien übernommene Doppelausstellung am rechten Ort gezeigt. Das umso mehr, als sie vom Bayerischen Staatsarchiv noch um die Biografien einer Reihe von jüdischen Italien-Emigranten erweitert wurde, die aus Bayern stammen oder wichtige Jahre, vor allem in München, verbracht haben.

Man findet darunter vier Mitglieder der Münchner Mediziner-Familie Ortenau; den Schriftsteller Alfred Neumann, der Lektor im Georg- Müller-Verlag und – wie Brechts Schwager Otto Zoff – Dramaturg an den Kammerspielen war; Elisabeth Castonier, bis zur Entlassung 1933 ebenfalls Lektorin und Übersetzerin bei Georg Müller; Albert Einsteins Vetter Alfred, gebürtiger Münchner und Musikwissenschaftler; Eva Fiesel, Inhaberin der ersten weibliche Privatdozentur an der Ludwig-Maximilians-Universität; den Münchner Verleger und Expressionismus-Förderer Kurt Wolff; die Schwabinger Dichter-Legende Karl Wolfskehl und den Münchner Rechtsanwalt Max Hirschberg, bekannt als Verteidiger Fechenbachs im sogenannten Dolchstoß-Prozeß. Sie konnten sich noch vor den Nazis retten.

Anders die Münchner Kunsthändlerin und Pensionsinhaberin Maria Ehrlich: Im Jahr 1943 wegen „Wehrkraftzersetzung“ in Genua inhaftiert und von Italien nach Deutschland ausgeliefert, wurde die damals 80 Jahre alte Frau am 10. Februar 1944 in Stadelheim hingerichtet.

Info:
Die Ausstellung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Schönfeldstraße, ist geöffnet bis 15. April; montags bis donnerstags 8 – 18 Uhr, freitags 8 – 16 Uhr. Der Eintritt ist frei. Informationen über das umfangreiche Begleitprogramm gibt es über die folgenden Internet-Adressen www.gda.bayern.de oder www.juedischekulturmuenchen.de

Kontakt:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Schönfeldstraße
80539 München
(Postfach 221152, 80501 München)
Tel. 089/28638-2575, Fax 089/28638-2954
E-Mail: poststelle@bayhsta.bayern.de

Quelle: Süddeutsche Zeitung, 14.2.2004

Umzug des Stadtarchivs Lünen abgeschlossen

Nun ist der Umzug mit drei Regalkilometern Akten und drei Mitarbeitern perfekt: Ab Montag öffnet das Stadtarchiv Lünen in seinen neuen Räumen im Rathauskeller auch wieder für Besucher. Die können jetzt in einem eigenen Raum an Lesetischen arbeiten. „Bald soll noch ein Besucher-PC dazukommen“, kündigt Stadtarchivar Fredy Niklowitz an. Elf neue Räume hat der stolze Hausherr nun. Seit Oktober hatten dort die Handwerker das Sagen. Wegen des Umzugs war das Archiv in den vergangenen beiden Wochen geschlossen, recherchieren konnte man immerhin vom heimischen PC aus.

Nun kann man wieder mit den alten Schätzchen arbeiten. Das älteste Stück, eine „Siegelpettschaft“, stammt aus dem Jahr 1320. Auch die Stadtrechtsurkunde von 1341 lagert im neuen Reich von Fredy Niklowitz. Zwischen den rollbaren Magazinregalen verbergen sich „Aha-Erlebnisse für Generationen“, sagt der Archivar. Manches erscheint heute absonderlich. Etwa das „Strafenbuch“ der evangelischen Kolonieschule, der heutigen Paul-Gerhardt-Schule. Drei Stockschläge verzeichnet dort ein Eintrag von 1909 – für einen Hausaufgabenvergesser. Die letzten Aufzeichnungen darin stammen von 1948 – vielleicht hegt ja noch jemand dunkle Erinnerungen.

Info:
Öffnungszeiten: Montag, Dienstag und Donnerstag zwischen 8 und 12.30 Uhr sowie 13.30 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 12.30 Uhr.

Kontakt:
Stadtarchiv Lünen
Willy-Brandt-Platz 1
44532 Lünen
Tel.: (02306) 104 – 1531
Fax: (02306) 104 – 1460
Stadtarchiv@luenen.de

Quelle: WAZ Lünen, 13.2.2004

5. Sitzung des Arbeitskreises Archivische Bewertung im VdA

Am 9. Dezember 2003 kam der Arbeitskreis Archivische Bewertung im VdA im Archiv für Christlich-Demokratische Politik in St. Augustin zu seiner mittlerweile fünften Sitzung zusammen. Thema des Arbeitstreffens war u.a. die Bewertung von audiovisuellen (AV) Unterlagen und von Sammlungsgut.

Die Diskussion im AK drehte sich vor allem um die Frage, inwieweit AV-Unterlagen mit Massenakten zu vergleichen seien. Professor Dr. Edgar Lersch plädierte dafür, AV-Unterlagen nicht als Sammlungsgut, sondern als Medienregistraturgut zu betrachten. Totalarchivierungskonzepte, wie sie in weiten Teilen der medialen Printproduktion praktiziert würden, seien hingegen ungeeignet. Ziel der Bewertung müsse eine auswertungsoffene Überlieferung sein. Methodisch gehe es um die Einzelbewertung von Produktionsstücken, bei der der informationelle Gehalt im Kontext der komplexen Produktion betrachtet werde. So könne man angesichts der großen Mengen auch schematisch bewerten. Vergleichbar sei möglicherweise, so Lersch, das Vorgehen bei der Bewertung von Fallakten. Letztlich ließe sich die informationelle Qualität der Unterlagen mit klassifizierten Gattungen im Programmangebot korrelieren, wobei drei Gruppen unterschieden werden könnten:

  1. dokumentarische Vermittlung von Realität (Nachrichten, Reportagen, Übertragungen) – wegen der Einmaligkeit zu archivieren,
  2. Fiktion – ausgewählte Beispiele für das Gattungsschema aus bestimmten Zusammenhängen, insbesondere unter Beachtung der Gestaltungsvielfalt,
  3. Vorträge, inszenierte Gesprächsrunden, Interviews, Spielshows, Quizsendungen, Ratgeber, inszenierte Ereignisse – schematisierte Auswahl wegen der Gleichförmigkeit.

Hinterfragt wurde, inwieweit Hörfunk- und Fernsehproduktionen nicht eher mit Sachakten zu vergleichen seien. Ebenfalls Anwendung finden könne das Prinzip, dass bei Variantenreichtum dichter, bei starker Schematisierung hingegen in stärkerer Auswahl archiviert werde (vgl. dazu Andreas Pilger/Kathrin Pilger: Die Bewertung von Verwaltungsschriftgut als Beobachtung zweiter Ordnung, in: Der Archivar 56/2003, 111-118). Für einzelne Sendeplätze ist ihre Entwicklung im Gesamtkontext medialer Produktionen zu berücksichtigen. Auch bei dieser Überlieferung ist die Bedeutung einzelner Personen bzw. Ereignisse für die Bewertung von Relevanz.

Im Ergebnis hielt der Arbeitskreis während seiner Sitzung fest, dass auf Hörfunk- und Fernsehproduktionen insgesamt problemorientiert das allgemeine fachliche Handwerkszeug der Bewertung anzuwenden sei. Der Bewertungsvorgang müsse dabei stark auf eine Analyse der informationellen Qualität unter Beachtung des Grades der Schematisierung bzw. der Gestaltungsvielfalt ausgerichtet sein.

Links:

Quelle: Protokoll des AK Bewertung im VdA nebst Anlage, 19.1.2004.

Ringelblum-Archiv in der VHS Recklinghausen

Eine außergewöhnliche Ausstellung ist vom 25. Februar bis zum 2. April im VHS-Haus Recklinghausen zu sehen: Gezeigt werden Bilder und Dokumente aus dem Warschauer Ghetto. „Oneg Schabbat“ lautet der Titel des Projektes. Das hebräische Wort bedeutet Freude an den Sabbat-Treffen. Es ist aber auch der Tarnname für die konspirativ tätige Gruppe von Schriftsteller, Lehrern Geistlichen und Sozialarbeitern, die sich um den Historiker Emanuel Ringelblum (1900-1944) sammelten. Und es bezeichnet das Ergebnis ihrer Tätigkeit: eine einzigartige Sammlung von Dokumenten, die als „Ringelblum-Archiv“ zum Begriff geworden sind.

Dieses Untergrundarchiv befindet sich im Besitz des Jüdischen Historischen Instituts Warschau und gilt als die wichtigste Sammlung von Archivalien zur Geschichte der Vernichtung des polnischen Judentums. Ein Teil davon wird als Ausstellung „Oneg Schabbat“ bis 2005 in verschiedenen Städten des Landes gezeigt.

Die Ausstellung im Willy-Brandt-Haus am Herzogswall 17, wird am Mittwoch, 25. Februar, um 19.30 Uhr eröffnet. Zum Rahmenprogramm gehört am 26. Februar eine intensive Führung für Lehrer, die dabei erfahren, wie sie die Sammlung für ihren Unterricht einsetzen können. Ein alternativer Stadtrundgang ist für den 11. März geplant, ein Abend mit Liedern aus dem Ghetto für den 21. März. Außerdem gibt es zwei Filmabende (24. und 31. März) im Cineworld an der Kemnastraße.

VHS-Leiter Jürgen Pohl hat sich lange um die Ausstellung bemüht und ist froh, sie jetzt endlich zeigen zu können. „Der grauenvolle Ghettoalltag wird in den Dokumenten des Ringelblum-Archivs deutlich, ebenso die Stationen der planmäßigen Vernichtung hunderttausender von Menschen durch die Nazis“, erläutert er.

Kontakt:
Volkshochschule der Stadt Recklinghausen
Willy-Brandt-Haus
Herzogswall 17
45655 Recklinghausen
Telefon:   +49 (0)23 61 – 50 20 00
Telefax:   +49 (0)23 61 – 50 19 92
volkshochschule@recklinghausen.de
www.vhs-recklinghausen.de

Quelle: WAZ Recklinghausen, 12.2.2004

Programm der 42. Arbeitstagung der ANKA

Die 42. Arbeitstagung der ANKA (Arbeitsgemeinschaft der niedersächsischen Kommunalarchivare e.V.) findet vom 19. bis 21. April 2004 in Diepholz statt. Das Oberthema der Veranstaltung lautet „Gewinner oder Verlierer? Die Archive und die Reform der kommunalen Verwaltung“.

Die Tagung wird im Ratssaal des Diepholzer Rathauses (Rathausmarkt 1) durchgeführt. Anmeldungen werden bis Ende März erbeten an das Stadtarchiv Göttingen (Kontakt: stadtarchiv@goettingen.de).

Der Tagungsbeitrag beträgt 25 Euro und ist mit dem Mitgliedsbeitrag abgegolten. Nichtmitglieder werden gebeten, den Betrag bis zum 31. März 2004 unter Angabe des Namens auf folgendes Konto der ANKA zu überweisen: Konto-Nr. 15002990, Sparkasse Hildesheim – BLZ 25950002

Programm

Montag 19.04.2004

11.30 Uhr Vorstandssitzung und Pressegespräch
   1. Gruppe Stadtführung

14.00 Uhr  2. Gruppe Stadtführung
   Arbeitsgruppen:

  • AG EDV (Dr. Karljosef Kreter, Stadtarchiv Hannover)
  • AG Archivierungsmodelle (Roswita Kattmann, Archiv der Region Hannover/Dr. Uta Reinhardt, Stadtarchiv Lüneburg)
  • AG Tarifrecht, (Dr. Dagmar Müller-Staats, Gemeindearchiv Neu Wulmstorf)

15.30 Uhr  Begrüßung und offizielle Eröffnung der Tagung
   Hans-Werner Schwarz, Bürgermeister der Stadt Diepholz

16.00 Uhr  1. Sektion
Neue Tendenzen in der historischen Forschung und ihre Auswirkung auf die Kommunalarchive

  • Zuwanderung und Integration in Niedersachsen von 1945 bis heute
    PD Dr. Jochen Oltmer, Universität Osnabrück

17.30 Uhr  Pause

19.30 Uhr Öffentlicher Vortrag: Diepholz – Von der Herrlichkeit und der Grafschaft zur Kreisstadt
Falk Liebezeit, Stadt- und Kreisarchiv Diepholz

Ab 20.30 Uhr  Interkommunaler Erfahrungsaustausch
   Münte, Restaurant Beethoven

Dienstag, 20.04.2004

09.00 Uhr  2. Sektion
Wandel der kommunalen Verwaltungspraxis im digitalen Zeitalter und die Auswirkung auf die Kommunalarchive

  • Kommunale Dienststellen stellen sich vor
    Geoinformation/Stadtvermessung. Veränderungen der Arbeits- und Dokumentationspraktiken in kartenproduzierenden Verwaltungszweigen
    Dr. Ulrike Stampa-Weßel, Sachgebietsleiterin bei der Landeshauptstadt Hannover
  • Electronic Government
    Praktizierte Ansätze und konkrete Perspektiven
    Google zeigt bei der Suche nach „eg“ 4,340,000 Treffer weltweit an, 55,900 Seiten allein aus Deutschland. Was versteht man überhaupt unter diesem Begriff? Welche Auswirkungen werden mit dieser Technik in Kürze und auf längere Sicht verbunden sein?
    NN

10.30 Uhr  Pause

11.00 Uhr Archivpädagogik: Aufbereitung von Quellen für den Schulunterricht

  • „Hitler in Göttingen“
    Dr. Ernst Böhme/Kerstin Thieler, Stadtarchiv Göttingen
  • Der „Emslandplan“
    Heiner Schüpp, Kreisarchiv Emsland

12.00 Uhr  Archive stellen sich vor

  • Das Stadtarchiv Wolfsburg
    Birgit Schneider-Bönninger, Stadtarchiv Wolfenbüttel

Die Ausbildung zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste

  • Auszubildende/Dr. Christine van den Heuvel, Hauptstaatsarchiv Hannover

Neue Mitglieder stellen sich vor

12.45 Uhr  Mittagspause

14.30 Uhr  Exkursion
   (Rückkehr ca. 18.00 Uhr)

19.00 Uhr  Empfang der Stadt Diepholz

Mittwoch, 21.04.2004

08.30 Uhr  Mitgliederversammlung (Nichtmitglieder sind herzlich eingeladen!)
   Tagesordnung:
1. Genehmigung der Tagesordnung
2. Genehmigung des Protokolls der letzten Mitgliederversammlung
3. Geschäftsbericht des Vorstandes
4. Kassenbericht
5. Bericht der Rechnungsprüfer
6. Entlastung des Vorstandes
7. Neuwahl des Vorstandes
8. Haushaltsvoranschlag 2004
9. Bericht aus der BKK
10. Bericht der ANN-Redaktion
11. Künftige Organisation der Tagungen (Tagungsdauer, Exkursion)
12. Ort, Zeit und Themen der nächsten Tagungen
13. Verschiedenes

10.30 Uhr  Pause

11.00 Uhr  3. Sektion
Podiumsdiskussion: Neue Organisationsmodelle kommunaler Archivträger. Perspektiven und Erfahrungen

Impulsreferate:

  • Die Stiftung Museum Kiekeberg
    Prof. Dr. Wolf Wiese, Museum am Kiekeberg
  • Die Archivgemeinschaft Schwarzenbeck
    Dr. William Boehart, Archivgemeinschaft Schwarzenbeck
  • Das Kommunalarchiv Minden
    Dr. Monika Schulte, Kommunalarchiv Minden
  • Die Niedersächsische Archivverwaltung und die neuen Archivorganisationsmodelle
    Dr. Bernd Kappelhoff, Niedersächsische Archivverwaltung

13.30 Uhr  Resümee

14.00 Uhr  Ende der Tagung

Das Museum Fleckeby ist nun eine Treppe höher

„Es war eine sehr gute Entscheidung, das Museum im Dachgeschoss der Fleckebyer Hardesvogtei und das Amtsarchiv im ehemaligen Museumsraum einzurichten“, sagt Gübys Bürgermeister Heinz Meggers. Im September letzten Jahres wurde der Amtsausschuss darüber informiert, dass das Dachgeschoss nicht die erforderliche Tragfähigkeit für das Amtsarchiv aufweise. „Wir haben alle nicht damit gerechnet“, blickt Meggers zurück, „dass Papier so schwer sein kann.“ Also musste kurzerhand umdisponiert werden, und in den vergangenen Wochen wurden die zahlreichen Schautafeln, Vitrinen und Museumsstücke eine Treppe höher nach oben transportiert und im ausgebauten Dachstuhl wieder aufgestellt. „Dies geschah in Absprache mit dem Leiter des Schleswiger Landesarchives, Professor Dr. Reimer Witt“, erzählt Schulverbandsvorsteher Heini Schulz, der gemeinsam mit dem Hausmeister der Schule, Manfred Medeke, den Umzug des Museums in die Hand nahm.

Als „ungewöhnlich“ bezeichnet Schulz die Vorgehensweise bei der Sanierung des gesamtes Gebäudes. Schließlich beginne man bei der Instandsetzung zumeist mit dem Dach. Im Falle der Hardesvogtei sei jedoch die Gesamtmaßnahme mit dem Dachausbau zum Abschluss gekommen.

Das ausgebaute Dachgeschoss der Hardesvogtei umfasst rund 220 Quadratmeter. Neben dem Museumsraum gibt es noch ein Giebelzimmer, in dem künftig Sitzungen stattfinden können. Auch der Archivar wird hier sein Büro erhalten. „Außerdem können hier wechselnde Ausstellungen gezeigt werden“, nennt Schulz eine weitere Nutzungsmöglichkeit des Dachgeschosses der Hardesvogtei. Die Ausstellung, die 2001 eröffnet wurde, zeigt die Geschichte der Hardesvogtei seit 1856. Über zehn Jahre lang diente sie dem Hüttener Hardesvogt als Amtssitz und Dienstwohnung. Der Hardesvogt war oberster Verwaltungs- und Justizbeamter sowie Richter in Zivilprozessen. Sein Aufgabenbereich wird anhand der Schautafeln ausführlich erklärt. Auch eine nachgeschneiderte Uniform ist in der Ausstellung zu sehen, die goldenen Knöpfe hingegen sind original. Auf einem Podest ist das Büro des Hardesvogten Maximilian Franciscus Blaunfeldt nachgebaut.

„Wir wollen das Gebäude mehr mit Leben füllen“, wünscht sich Meggers, der sich die Hardesvogtei gut als eine Station innerhalb einer Tagestour durch Schleswig und die Hüttener Berge vorstellen kann. Die Informationsbroschüre über die Hardesvogtei ist sogar in dänischer Sprache erhältlich.

Bis das Amtsarchiv eingerichtet wird, kann es noch ein paar Wochen dauern. Im März, so hofft Meggers, kann die Einweihung der Hardesvogtei gefeiert werden.

Kontakt:
Amt Schlei
Schmiederedder 2
24357 Fleckeby
Fleckeby

Quelle: Eckernförder Zeitung, 12.2.2004

Mehr Platz für Besucher und Bücher in Deggendorf

Neue Räume und mehr Platz für Archivalien und Besucher, darüber freuen sich die Mitarbeiter des Stadtarchivs. Ein halbes Jahr nach ihrem Umzug haben sich Stadtarchivar Erich Kandler und wissenschaftlicher Mitarbeiter Professor Dr. Lutz-Dieter Behrends gut in den neuen Räumen eingelebt.

240 Meter Stellfläche umfasst die Bibliothek jetzt und fünf Arbeitsplätze für Benützer. Davon konnten die Mitarbeiter des Stadtarchivs früher nur träumen. „Wenn in den alten Räumen jemand kam, um etwas nachzuschlagen, musste er auf der anderen Seite meines Schreibtisches Platz nehmen“, erinnert sich Kandler. Mehrere Besucher hatten in den kleinen Räumen nicht Platz und ein Großteil der Bücher der heute in den Regalen der Bibliothek zugänglich ist, musste damals aus Platzgründen im Magazin gelagert werden.

Alte Lexika, Nachschlagewerke oder historische Zeitschriften und Zeitungen finden sich im Stadtarchiv – fesselnde Lektüre und wichtige Quellen für Hobby-Geschichtsforscher, Schüler, die an Facharbeiten schreiben oder Landkreisbürger, die die Chronik ihres Vereins verfassen. Vieles aus den alten Beständen stammt aus Schenkungen oder Nachlässen, für die Kandler und Behrends immer dankbar sind.

Seit 1. Oktober ist das Archiv im so genannten „Haus der Geschichte“ untergebracht. Es vereinigt die Archäologie, Heimat- und Denkmalpflege sowie das Stadtarchiv unter einem Dach und zwar gleich neben dem Neuen Rathaus in der Franz-Josef-Strauß-Straße. „Die kurzen Wege sind ein großes Plus“, findet Erich Kandler.

Mit der Heimat- und Denkmalpflege gibt es enge Berührungspunkte. Die Verwaltung bringt alte Akten zur Durchsicht in das Nachbarhaus. Kandler muss entscheiden: Lohnt es sich, sie aufzubewahren, haben sie historischen Wert? Kaum jemand weiß, dass im Archiv alte Baupläne bis 1950 lagern, alte Zeitungen wie der „Donaubote“ ab 1870 gesammelt wurden und sogar Protokolle von Stadtratssitzungen seit dem Jahr 1555 im Magazin verwahrt werden.

Der einzige Nachteil des Umzugs liegt für Kandler darin, dass sich das Magazin jetzt im Keller befindet und schwere Bände aus dem Bestand mitunter nach oben geschleppt werden müssen. Dafür braucht er das Brecheisen nicht mehr. Damit musste er früher die Rollregale zur Seite schieben, weil sie sich in den alten Boden im Stadtarchiv gegraben hatten.

In Kandlers Arbeitsraum befindet sich die Zeitungsausschnittssammlung. Das wird sorgfältig weitergeführt, wenn auch die moderne Technik ins Archiv Einzug gehalten hat. Mit einem neuen Computerprogramm werden alte Fotos und Postkarten gescannt und archiviert. „Dann brauche ich die alten Bilder nicht jedesmal in die Hand nehmen, wenn ich eins suche“, erklärt Kandler. Im Raum nebenan verfährt Archäologe Manfred Mittermeier genauso mit alten Zeitungsbänden. Sie werden abfotografiert und digitalisiert. So werden die alten Bände geschont und sind jederzeit im Computer verfügbar. Den Wegzug vom Stadtmuseum hat Kandler mit einem weinenden und einem lachenden Auge hinter sich gebracht: „Schließlich bin ich dort eingeschult worden und hatte dort meinen ersten Schultag.“ Das neue Stadtarchiv mag er dennoch nicht mehr missen.

Kontakt:
Stadtarchiv Deggendorf
Franz-Josef-Strauß-Straße 5
94469 Deggendorf

Quelle: Deggendorfer Zeitung, 13.2.2004

Interview zur Gründungsgeschichte Eisenachs

Mit dem 75-jährigen Geschichtsforscher Dr. Gerd Bergmann sprach die Thüringer Allgemeine in Eisenach. Von Hause aus Jurist, entdeckte Bergmann beim Studium der Rechtsgeschichte in Jena das Feld der mittelalterlichen Geschichte. Seit gut 30 Jahren befasst er sich intensiv mit dem Eisenacher Mittelalter.

Warum weiß fast jedes Dorf, wie alt es ist, Eisenach aber tut sich schwer mit der Antwort?
Das liegt daran, dass Dörfer älter sind als Städte. Urkunden wurden ursprünglich ja nur für Besitzwechsel ausgestellt oder wenn Vorrechte erteilt wurden. Darin finden viele Dörfer dann Erwähnung. Die Stadt Eisenach hat sich aus einer Marktsiedlung heraus entwickelt. In ihr wurden bereits 1150 Münzen geprägt. Das beweist, dass um diese Zeit schon ein reger Marktverkehr stattgefunden haben muss. Eine schriftliche Erwähnung war für die Stadt ohne Bedeutung.

Ein Landgrafensitz, der es nirgendwo wert war, urkundlich erwähnt zu werden? Das verwundert dennoch. Nein, den Fachmann nicht.

Existiert denn keine Gründungsurkunde für Eisenach? Nein, die gibt es nicht.

Sie haben Mittelalterakten studiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass Eisenach als „civitas“, als Stadt, erstmals vor 815 Jahren, also 1189 vermerkt wurde. Wo liegt diese Urkunde?
Das Schriftstück liegt im Hessischen Staatsarchiv in Marburg. Es ist aber keine Urkunde im Rechtssinn. Die Jahresangabe 1189 kommt darin nicht vor. Sie lässt sich aber indirekt erschließen. Es ist nur ein schmales Pergament, vielleicht 30 Zentimeter lang, aber höchstens acht Zentimeter hoch.

Ist dieses Dokument in Mönchslatein geschrieben? Nein, in Deutsch.

Wie kamen Sie auf 1189? Es war damals üblich, dass eine Urkunde von dem geschrieben werden musste, der etwas vom Landesherrscher begehrte. Der Landgraf hat sie, wenn er einverstanden war, nur noch signiert, mit Datum versehen und gesiegelt. Dieser Umstand bringt uns dem Alter des Pergaments näher. Wir wissen, dass Landgraf Ludwig III. im Jahre 1189 im Juni zum Kreuzzug aufgebrochen ist, bei dem er ums Leben kam. Er starb auf Zypern. Das Schriftstück ist an ihn gerichtet, also muss es vorher geschrieben worden sein. Sicher nicht sehr lange vorher. Es war ja nicht so, dass ein Urkundenempfänger einfach nach Belieben einen Text formulierte. So etwas war abgesprochen.

Was steht nun in dem Schriftstück? Das Kloster Spieskappel hat in dem Schriftstück beantragt, dass der Landgraf seinen Zöllnern und Schultheißen befehlen möge, diesem Kloster Spieskappel den zollfreien Einkauf in einer Reihe von Städten der Landgrafschaft Thüringen zu gestatten. Darunter waren Creuzburg, Eisenach und Gotha ausdrücklich genannt.

Hat die Obrigkeit diesen Antrag bewilligt? Wie gesagt, ich gehe von einer vorherigen Absprache aus. Aber es ist nicht zur Unterschrift gekommen, weil eben der Landgraf zum Kreuzzug aufbrach. Man darf wohl vermuten, dass die Absprache nicht Jahre zuvor zu Stande gekommen, sondern relativ frisch war. Die Zeit hat einfach nicht mehr gereicht, die Urkunde auszufertigen. Das ist für mich der Anhaltspunkt, dass das Schriftstück im ersten Halbjahr 1189 aufgesetzt wurde. Dass es keine unverbindlichen Schreibübungen des Klosters waren, sondern ein ernst zu nehmendes Papier war, ergibt sich daraus, dass es ins Staatsarchiv aufgenommen wurde, wo es immer noch ist. Andere Forscher vor mir haben die Entstehung weiter gefasst, auf die Jahresspanne von 1180 bis 1189.

Man hat viel über Urkunden gehört, die bereits im Mittelalter gefälscht wurden, weil es um Privilegien wie Grundbesitz ging. Halten Sie die Eisenach-Erwähnung für echt?
Die ist echt, zweifellos. Zu Creuzburg sind andere Urkunden vorhanden, die das erhärten.

Rechnen Sie damit, dass noch ältere Belege gefunden werden? Nein, die Archive sind durchforstet. Und das seit vielen Jahrzehnten. Ich war da keineswegs der Erste.

Quelle: Thüringer Allgemeine, 11.2.2004

Mit Flachware dem Bild der Stadt Tiefenschärfe geben

Langsam hebt sich die Wandverkleidung des kleinen, gotischen Raums am Kreuzgang des Karmeliterklosters. Schwere Tresortüren werden sichtbar. Michael Matthäus streift sich weiße Handschuhe über, bevor er in die Stahlschränke greift. Dort liegen die kostbarsten Stücke der Frankfurter Stadtgeschichte: die älteste erhaltene Originalurkunde, ein Pergament vom 2. Dezember 882, in dem Kaiser Karl III. eine Stiftung seines Vaters zugunsten des heutigen Bartholomäusdoms bestätigt, die Frankfurt als einen Hauptort des ostfränkischen Reichs ausweist; das Messe-Privileg des Stauferkaisers Friedrich II. von 1214, das eine Grundlage für den wirtschaftlichen Aufstieg der Stadt am Main legte; die Goldene Bulle Kaiser Karls IV. von 1356, eines der wichtigsten Gesetze des Alten Reichs, das die Regularien der Königswahl festlegte und Frankfurt als Ort der Wahl bestätigte.

„Flachware“ nennen die Historiker im Institut für Stadtgeschichte solche schriftlichen Zeugnisse beinahe ein wenig despektierlich. Flachware, die dem Bild der Stadt allerdings erst Tiefenschärfe gibt.

Matthäus, im Institut für die Mittelalter-Abteilung zuständig, hält in seiner Schatzkammer aber auch plastisches Anschauungsmaterial für Besuchergruppen bereit: die Schere etwa, die als Beweisstück gegen die Kindsmörderin Susanna Margaretha Brandt, Goethes Gretchen, in ihren Prozeßakten verwahrt ist, oder Kerbhölzer, die auf den ersten Blick klarmachen, was es heißt, wenn jemand viel auf demselben hat.

Das Gedächtnis der Stadt umfaßt freilich ungleich mehr als den Inhalt der Tresore. Das ganze, bis 1866 reichende Alte Archiv lagert im Karmeliterkloster auf drei Etagen unter der Erde. Zehn Kilometer Kompaktregale stehen dort in fahlem Neonlicht in nüchternen, weiß getünchten Räumen. Regelmäßig hört man das Rumpeln der U-Bahn. Als sie in den achtziger Jahren entstand, hatte man den ganzen Platz vor der mittelalterlichen Klosteranlage für die Baustelle ausgehoben. Eigentlich sollte nach der Fertigstellung alles wieder zugeschüttet werden, doch der damalige Archivleiter Wolfgang Klötzer nutzte die Gunst der Stunde, um Lagerraum für das seit 1956 im Karmeliterkloster untergebrachte Institut zu gewinnen.

Dabei existiert überhaupt nur noch etwa ein Viertel der historischen Unterlagen. Das meiste ist bei den Bombenangriffen auf Frankfurt im Zweiten Weltkrieg verbrannt. Die Auslagerungen davor waren ziemlich chaotisch verlaufen, je nach „Spritlage“ wurden Teile unter anderem in die Kronberger Burg, nach Schloß Meerholz und in das Salzbergwerk von Bad Friedrichshall bei Heilbronn gebracht. So ist etwa das Frankfurter Ratsarchiv vernichtet, die entsprechenden Dokumente der eingemeindeten Orte haben den Krieg in Kronberg überstanden.

Und doch ist man im Karmeliterkloster längst an die Grenzen gestoßen: Akten einzelner Ämter und Betriebe sowie Personalakten der Stadt sind im Ostturm der Großmarkthalle ausgelagert. Wirtschaftsarchiv und Nachlaß-Sammlungen sind an der Eschborner Landstraße in Rödelheim untergebracht. Diese Dokumente sollen alle in das geplante neue Magazin an der Borsigallee umziehen, das 2006 bezugsfertig sein soll. Ein Archiv sei eben „ein wachsender, lebender Organismus“, sagt der für die modernen Akten zuständige Konrad Schneider. Doch ausgerechnet in der Stadtverwaltung scheint das Bewußtsein dafür gelegentlich etwas unterentwickelt zu sein. Frankfurt sollte doch ein Archiv für seine Akten aufbauen, sei einmal als Verbesserungsvorschlag aus dem Rathaus gekommen. Schneider nimmt so etwas gelassen. Die sogenannte Aktenabgabepflicht sei das eine, was die Ämter daraus machten, sehe oft ganz anders aus. Es ist schon mehr als einmal vorgekommen, daß eine Behörde keine Unterlagen mehr gehabt habe und etwa für Jubiläen dann im Stadtarchiv die eigene Geschichte recherchierte.

Freilich muß auch Schneider auswählen, wenn es gilt, Unterlagen in die Obhut des Instituts zu übernehmen. Zu zweit würden Papiere gesichtet, „denn Fehler sind ja nicht mehr zu korrigieren“, berichtet er. Das gilt nicht nur für amtliche Schriftstücke. Das voriges Jahr geschlossene Kaufhaus Schneider beispielsweise hatte sein Archiv vollständig weggeworfen, womit auch in dieser Hinsicht ein Stück Frankfurter Lokalgeschichte verlorenging.

Dabei gibt das Institut auch Tips für den Aufbau von Archiven, und zwar nicht nur im Wege der Amtshilfe, sondern auch für Vereine oder Privatleute. „Wir verstehen uns als Dienstleistungsunternehmen“, hebt die amtierende Direktorin Evelyn Brockhoff hervor und schiebt gleich den Appell nach, alte Unterlagen im Zweifelsfall nicht einfach wegzuwerfen, sondern dem Stadtarchiv anzubieten. „Machen Sie mehr aus ihrem Papier“, lautet der Slogan. Schließlich sei das Archiv dazu da, „das Leben Frankfurts in all seinen Facetten zu dokumentieren“ – wobei gelegentlich auch der Zufall hilft. So fand sich vor einiger Zeit zum Beispiel eine Sammlung seltener Farbfotos der Stadt aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg auf dem Sperrmüll.

Daß alle diese Anstrengungen nicht Selbstzweck sind und die zusammen etwa 80 Mitarbeiter des Instituts für Stadtgeschichte nicht etwa mit dem Blick nach innen damit beschäftigt sind, verstaubte Papiere zu sortieren, zeigt das Angebot des Hauses. Im Karmeliterkloster finden Ausstellungen und Kreuzgang-Konzerte statt. Den Lesesaal nutzen jedes Jahr rund 4000 Besucher, wobei Recherche-Aufträge und telefonische Anfragen gar nicht erfaßt sind. Im Erzählcafe werden regelmäßig Aspekte der Stadtgeschichte von Zeitzeugen beleuchtet.

Voriges Jahr erschien ein amerikanischer Besucher namens Gomer auf der Suche nach der eigenen Geschichte im Institut. Er berichtete, Vater und Onkel seien Weinhändler in Frankfurt gewesen, die als Juden Frankfurt in den dreißiger Jahren verlassen hätten. Die Suche im Archiv förderte unter anderem Magistratsakten über den „Erwerb von Liegenschaften“ 1938 zutage. Sie belegen, wie die Goldmaiers ihr Haus im Westend unter Wert verkaufen und den Erlös als „Vermögensabgabe“ leisten mußten, um ausreisen zu können. Ein Beispiel dafür, wie das Archiv auch individuelle Lebensbilder wiederherstellen kann.

Kontakt:
Institut für Stadtgeschichte
Münzgasse 9
D-60311 Frankfurt am Main
Telefon: +49 (0)69 212-36 276;
Fax: +49 (0)69 212-30 753
www.stadtgeschichte-ffm.de

Quelle: FAZnet, 12.2.2004

Rekord zeigt Grenzen der Belastbarkeit auf

Auf der Suche nach Dokumenten klopfen immer mehr Wissenschaftler und Hobby-Historiker an die Tür des Esslinger Stadtarchivs. Dort freut man sich zwar über das große Interesse. Doch in der Schatzkammer der Stadtgeschichte stößt man an Grenzen – sowohl räumlich als auch personell. Als sich unlängst sieben Nutzer gleichzeitig im Lesesaal des Archivs tummelten, wurde es eng. „Wenn noch jemand gekommen wäre, hätten wir nicht gewusst, wo wir den hinsetzen sollen“, schildert Archivarin Iris Sonnenstuhl-Fekete.

Dass sich das Archiv zunehmender Beliebtheit erfreut, zeigt auch die Statistik: Kamen 2001 noch 579 Benutzer, stieg die Zahl 2002 auf 630, um sich im vergangenen Jahr gar auf 920 zu steigern – darunter sowohl Studenten, die Archivalien für ihre Magister- oder Doktorarbeit brauchen, als auch Menschen, die an einer Veröffentlichung arbeiten, Besitzer historischer Gebäude, Mitglieder der Esslinger Frauengeschichtswerkstatt und viele Schüler.

„Es freut uns sehr, dass so viele Schüler kommen. Denn das zeigt, dass immer mehr lokalgeschichtliche Themen im Unterricht behandelt werden“, meint Archivarin Karla Rommel. Die meisten Schüler, die im Archiv stöbern, beschäftigen sich übrigens mit dem Nationalsozialismus.

Auch Kollegen anderer Archive sind von den Esslinger Beständen angetan – so etwa die Mitarbeiter der Datenbank für Luftaufnahmen, die Luftbilder aus dem Zweiten Weltkrieg auswerten. „Wir haben sehr gute Pläne der Stadt mit den genauen Treffern“, erläutert Iris Sonnenstuhl-Fekete.

Dass sich immer mehr Menschen für die Historie vor Ort interessieren und das Geschichtsbewusstsein generell steigt, hat für den Leiter des Stadtarchivs, Joachim Halbekann, mit der „Aura der Unmittelbarkeit“ zu tun. Denn in einer Welt, die immer schwerer zu durchschauen ist, erlangt all das, was authentisch ist eine größere Bedeutung.

Archive stehen grundsätzlich jedem und jeder offen. „Die Französische Revolution hat auch hier zu einem Epochenbruch geführt“, weiß der Stadtarchivar. „Während die Bestände früher Herrschaftswissen waren, sind die Archive heute demokratische Institutionen, in denen auch die politischen Entscheidungen nachvollzogen werden können.“ Jedoch kann man nicht in alle Archivalien gleichermaßen Einblick nehmen, weil Sperrfristen gelten. „Denn wir müssen auch den Persönlichkeitsschutz gewährleisten, was mitunter im Widerspruch zum demokratischen Anspruch auf Transparenz steht.“

Jeder Benutzer des Stadtarchivs hat freilich seine ganz eigene Fragestellung, was die Arbeit der Archivarinnen zwar spannend macht. „Es ist überhaupt nicht planbar“, erzählt Iris Sonnenstuhl-Fekete. Doch die Betreuung der Besucher braucht halt ihre Zeit. „Bei der Recherche tauchen dann oft wieder neue Fragen auf“, fügt Karla Rommel hinzu. Zugenommen haben auch die Anfragen, die schriftlich, per Internet oder telefonisch im Stadtarchiv eintrudeln.

„Wir haben Benutzerzahlen erreicht, die uns sowohl von der technischen als auch von der personellen Ausstattung her an den Rand unserer Kapazitäten bringen“, macht Joachim Halbekann deutlich. Schließlich ist es nicht die alleinige Aufgabe des Archiv-Teams, Bürgerinnen und Bürgern bei der Recherche zu helfen. Bestände müssen verzeichnet, verwaltet, und vor allem auch ausgewertet werden. Und ständig kommen neue Archivalien hinzu, die auch wieder verzeichnet, verwaltet und ausgewertet werden wollen. „Unser Problem ist, dass das steigende Interesse für die Geschichte parallel läuft mit dem Sinken der Kommunalfinanzen“, macht Joachim Halbekann klar. Da die Pflichten (siehe oben) nicht weniger werden, bleibe immer weniger Zeit und Geld für die Kür.

Das Esslinger Stadtarchiv hat neue Öffnungszeiten. Es ist montags bis freitags von 8.30 bis 12 Uhr sowie montags bis mittwochs von 13 bis 16 Uhr geöffnet. Am Donnerstag steht das Archiv von 13 bis 18 Uhr für Besucher offen.

Kontakt:
Stadtarchiv Esslingen
Marktplatz 20
73728 Esslingen am Neckar
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73726 Esslingen am Neckar

Quelle: Esslinger Zeitung, 11.2.2004