Burgenländische Kulturinitiativen

Das Kulturreferat der Landesregierung Burgenland (A) schreibt dieses Jahr gleich acht verschiedene Preise bzw. Initiativen im Kultur- und Wissenschaftsbereich aus. Die Gesamtdotation beträgt 19.000 Euro. „Unsere Wettbewerbe sollen zu neuen Aktivitäten herausfordern und auf die Vielfalt und Qualität der Kultur- und Wissenschaftsinitiativen im Burgenland aufmerksam machen“, betonte Kulturlandesrat Helmut Bieler.

Die Kulturwettbewerbe des Landes Burgenland umfassen sechs Ausschreibungen und zwei Initiativen. Große Breitenwirkung erwartet sich Bieler insbesondere vom Schulprojekt „Burgenland 1945 – 1955“ im Rahmen der kulturellen Dorferneuerung. Diese Initiative wird in Kooperation mit dem burgenländischen Landesschulrat durchgeführt, der bereits seit Jahren diese Initiative unterstützt. Bei diesem Projekt handelt es sich um keine allgemeine Ausschreibung, sondern um eine Initiative, die ausschließlich mit Schulen durchgeführt wird. „Dabei schlüpfen Schüler in die Rolle von Historikern und versuchen, Aspekte der burgenländischen Zeitgeschichte der Jahre 1945 – 1955 herauszuarbeiten“, sagte Bieler. Unter der Anleitung erfahrener Geschichtswissenschaftler sollen Aspekte der Alltagsgeschichte, aber auch regionale Spezifika der sogenannten „Russenzeit“ im Zuge von Zeitzeugeninterviews ausgearbeitet werden.

Die Ergebnisse sollen in einer Ausstellung im Landesmuseum Burgenland im Jubiläumsjahr 2005 verarbeitet werden. Die von den Schülern geführten Interviews dienen dem Aufbau einer Audiothek und werden im Burgenländischen Landesarchiv aufbewahrt und stehen für weitere wissenschaftliche Forschungen zur Verfügung.

Als wesentlich bezeichnete der Landesrat das Ziel, dass mit den Wettbewerben und Initiativen auch eine geeignete Vermittlung verbunden ist. „Kultur braucht den öffentlichen Raum und die breite Auseinandersetzung. Darum haben wir auch heuer dafür gesorgt, dass die verschiedenen Wettbewerbsbeiträge nicht in irgendeinem Archiv liegen bleiben, sondern mit dem interessierten Publikum diskutiert werden können.“

Kontakt:
Die jeweiligen Bewerbungen sind mit dem vorgegebenen Kennwort zu versehen und an das Amt der Burgenländischen Landesregierung, Abt. 7 – Kultur, Wissenschaft und Archiv, Europaplatz 1, 7000 Eisenstadt zu richten.
Nähere Informationen zu den Wettbewerben erteilt Mag. Dieter Szorger vom Kulturreferat der Landesregierung (Tel.: +43 2682 600 2452, Fax.: +43 2682 600 2058, e-mail: dieter.szorger@bgld.gv.at. Unter http://www.burgenland.at/ausschreibungen wurde auch auf der Homepage des Landes ein Bereich mit den aktuellen Ausschreibungen des Kulturreferates eingerichtet, der die Ausschreibungstexte ständig abrufbar macht.

Quelle: ÖJ-Österreich-Woche, 4.2.2004

Protokolle der „Krieger-Kameradschaft 1873“ im STA Giengen

Der gewonnene Krieg von 1870/71 hatte für die Zeitgenossen eine zentrale Bedeutung. Durch die Gründung des Deutschen Kaiserreiches in Folge des Zusammenschlusses der kleindeutschen Staaten war ein alter Traum in Erfüllung gegangen. Der militärische Sieg über den „Erbfeind“ Frankreich und der Aufstieg zu einer europäischen Großmacht schuf in ganz Deutschland ein ausgeprägtes nationales Bewusstsein. Nach den gemeinsamen Entbehrungen im Felde und den militärischen Erfolgen schlossen sich ehemalige Kriegsteilnehmer in den ersten Friedensjahren auf örtlicher Ebene zu zahlreichen Veteranen- und Kriegervereinen zusammen.

In Giengen riefen 1872 die so genannten Ausmarschierten der Kriege von 1866 und 1870/71 ins Gasthaus zum Schlüssel zur Gründung eines Veteranenvereins auf. Zu den Mitgliedern zählten allerdings auch einige Altveteranen aus den napoleonischen Kriegen 1813/15. Von ihnen waren 1877 noch drei am Leben. Die feierliche und öffentlichkeitswirksame Fahnenweihe fand 1873 statt. Die Ausrichtung patriotischer Feiern wie der Sedan-Tag oder des Königs Geburtstag hatte sich der Verein zu einer seiner Aufgaben gemacht. In der Bevölkerung fanden sie großen Anklang.

Ein zweiter Zusammenschluss ehemaliger Kriegsteilnehmer zum so genannten Kriegerverein wurde im Jahr 1881 von 41 Kriegsteilnehmern in der Gaststätte zum „Bad“ ins Leben gerufen. Ihm schlossen sich 1924 die elf noch lebenden Mitglieder des sich auflösenden Veteranenvereins an. Sie fanden dort als Ehrenmitglieder Aufnahme. In der Folgezeit trug die neue Vereinigung den Namen „Veteranen- und Krieger-Verein“. Er hatte sich, ähnlich wie die „Vorgänger“, mit finanzieller Unterstützung der Stadt die Pflege der Kameradschaft sowie Hilfe für Mitglieder und deren Angehörigen im Krankheits-, Not- und Sterbefall zum Ziel gesetzt. Mit Familienausflügen, Weihnachtsfeiern, Waldfesten, Gedenkfeiern und anderen Veranstaltungen trat er an die Öffentlichkeit. Nach dem Ersten Weltkrieg wuchsen dem Verein neue Mitglieder zu. Im Jahre 1931 umfasste er immerhin noch 290 Personen bei rund 3.600 Einwohnern der Stadt.

In Folge der Machtergreifung der Nationalsozialisten im Jahre 1933 fielen die Vereine der Gleichschaltung zum Opfer. Der Krieger- und Veteranen-Verein wurde in „Kriegerkameradschaft 1873 im Kyffhäuserbund“ umbenannt und als Mitglied in den „Württembergischen Kriegerbund“ aufgenommen, der in der Organisation des NS-Reichskriegerbundes eingebunden war. Nur wenig ist von den Aktivitäten dieses Vereins in den Dokumenten des Stadtarchivs überliefert.

Umso höheren Stellenwert erhält dadurch ein Protokollband, der von 1934 bis 1945 geführt wurde. Dieses Buch wurde unlängst von Helmut Heiser aus Giengen dem Stadtarchiv zur Aufbewahrung übergeben. Der Band stellt nicht nur ein für Giengen relativ seltenes Dokument aus der Zeit des Nationalsozialismus dar, sondern spiegelt auch ein Stück Stadt-, Vereins- und Gesellschaftsgeschichte aber auch den Zeitgeist wider. Damals zeichnete als Vorstand Karl Mühlberger, der das Amt von Gottlieb Schmid im Oktober 1933 übernahm. Mühlberger starb im Mai 1944. Seine Nachfolge trat der Stellvertreter, nun „Kameradschaftsführer“ Ernst Finckh an. Am Anfang unterhielt der Verein noch eine Sterbekasse und leistete Krankenunterstützung. In den letzten Jahren des Zweiten Weltkrieges beschränkten sich die Aktivitäten vorwiegend auf die Teilnahme an Kundgebungen und Beerdigungen von Veteranen oder gefallenen Soldaten. Die Eintragungen im Protokollband enden mit dem Kriegsende in Giengen im April 1945, eine Woche vor dem Einmarsch amerikanischer Truppen in Giengen.

Kontakt:
Stadtarchiv Giengen
Kirchplatz 2,
89537 Giengen an der Brenz
Stadtarchivar Dr. Alexander Usler,
Tel. 07322/4803

Quelle: HZ online, 4.2.2004

Digitalisierung der Plauener Spitzen-Mustersammlung

Wenn Beate Schad ihre Schätze ausbreitet, muss das Herz jedes Modegestalters höher schlagen. Die Leiterin des Informations- und Designzentrums für Spitzen-, Stickerei- und Textilindustrie Plauen (IDZ) verfügt über einen einzigartigen Fundus vogtländischer Spitzen aus einem Zeitraum von fast 100 Jahren, seit die maschinengefertigte Tüll- und Ätzspitze ihren Siegeszug antrat. Um diese für die Nachwelt zu erhalten und nutzbar zu machen, wurde 1998 mit einem Projekt begonnen, dessen Ende nicht abzusehen ist: der digitalisierten Erfassung der Spitzenmuster in einer Datenbank.

«Die historischen Spitzen genießen große Wertschätzung. Zunehmend besteht der Wunsch, sie nachzugestalten. Zurzeit ist dreidimensionale Spitze im Trend, die eine vogtländische Firma auch produzieren will», sagt Schad. Bisher wurde in Plauen ein Zehntel von rund 250.000 Spitzenmustern erfasst. Per Tastendruck am Computer erhalten Designer so Informationen zu deren Vielfalt und zur Fertigungstechnologie. Patent- oder musterschutzrechtliche Probleme der Nachnutzung gibt es nicht. Die Spitzenmustersammlung, die das IDZ verwaltet, ist Eigentum der Stadt Plauen.

Eher steht die Frage, wie es mit dem ehrzgeizigen Projekt weitergeht. Bisher haben pro Jahr zwei Leute in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) daran gearbeitet. Derzeit sei die Finanzierung weiterer ABM jedoch nicht gesichert. «Unsere Hoffnung ruht jetzt darauf, im Rahmen des ostdeutschen Textil-Innovationsnetzwerkes INNtex eine Förderung durch die EU zu erlangen», sagt Schad.

Der INNtex e.V. fasst auch die Digitalisierung der etwa 1.100 Stoffmusterbücher des Sächsischen Staatsarchivs Chemnitz und von historischen Seidentapeten der Seidenweberei Eschke Crimmitschau ins Auge. INNtex-Geschäftsführer Rainer Merkel hält die Erfassung solcher wertvoller Zeugnisse sächsischer Textilkunst für Gewinn bringend mit Blick auf die Wettbewerbsfähigkeit der Branche: «Das Zusammenspiel von hochwertigem Design und Produktion ist eine Chance, als deutsche Textilindustrie der Niedriglohnkonkurrenz entgegen zu treten. Wir wissen von mehr als 4.500 Musterbüchern, aber es sind mit Sicherheit mehr.»

Jedoch räumt auch Merkel ein, dass für die Aufarbeitung von Millionen Mustern keine Mittel zur Verfügung stehen. Ähnlich sieht es Katharina Metz, die Leiterin der Textil- und Kunstgewerbesammlung Chemnitz. In ihrem Fundus lagern Tausende Künstlerentwürfe von Stoffen aus Italien, England oder Frankreich, die als «Vorbildersammlung» den sächsischen Industriellen im 19. Jahrhundert als Ideengeber dienen sollten. «Sicher wäre es reizvoll, aber die virtuelle Aufbereitung ist so teuer, dass sie sich kein Museum der Welt leisten kann. Die Vorlagen müssen von Fachleuten analysiert werden: Material bestimmen, Fäden zählen, Bindungsart, Fadendrehung beschreiben», zählt Metz auf.

Laut Metz hat es bislang in Europa nur wenige Ansätze in dieser Richtung gegeben, so im französischen Mulhouse. Studenten hätten dort über Jahre an einem von Tausenden Musterbüchern gesessen. Lediglich die Fondazione Ratti, eine private Stiftung in der Seiden-Hochburg Como, stelle ihre edlen Muster bereits in einer Datenbank zur Verfügung. Neidvoll sagt auch Rainer Merkel: «Die Italiener sind uns da ein ganzes Stück voraus.»

Annegret Wenz-Haubfleisch, die Chefin des Chemnitzer Staatsarchivs, ist eher der Auffassung, dass Computerbilder den Designern zwar als Anregung dienten, aber das Anfassen, das Fühlen eines Textils eine ebenso große Rolle für die Schaffung von Neuem spiele. So können die textilen Schätze für Studien-, Forschungs- und Entwurfszwecke weiter in ihrer stofflichen Form genutzt werden. Wer beispielsweise im IDZ-Archiv damit arbeitet, bezahlt fünf Euro pro Stunde.

Kontakt:
IDZ Plauen
Unterer Graben 1
D-08523 Plauen
Tel. +49 – 3741 – 44 31 87

Quelle: Freie Presse Online, 2.2.2004

Glauberg hat wichtige Rolle gespielt

Der Glauberg am Rande des Vogelsberges hat in der Vergangenheit seine Berühmtheit als Fundort des „Keltengrabes“ einen herausragenden Platz gefunden. Doch der Glauberg hat in der jüngsten Zeit noch weitere Geheimnisse seiner Vergangenheit preisgegeben. Dr. Klaus Peter Decker, ehemaliger fürstlicher Archivar, stellte vor dem Geschichtsverein Gelnhausen im Romanischen Haus die Geschichte des Glaubergs im Mittelalter vor.

Der Berg hat immer eine wichtige Rolle gespielt, da er gleich hinter dem Limes als größte Erhöhung eine gute Verteidigungsposition darstellte und schon in fränkischer Zeit ein Ausgangspunkt für die Besiedlung in der Wetterau war. Die Herren von Hartmann und auch die Vorväter der Herren von Büdingen haben von hieraus die Siedlungstätigkeiten in der Wetterau um den Glauberg vorangetrieben. Auf dem Berg hat ursprünglich eine große Festung gestanden, die von dem Kleinadel, der Reichsministerialen genutzt wurde. Diese Verwalter die in Diensten des Staufischen Königs standen, finden noch heute durch Namensgebungen der kleineren Orte wie Büches und Düdelsheim ihren Niederschlag. Diese Reichsministerialen haben die Burg und deren Anlagen damals weiter ausgebaut und erhalten bis das Staufertum um 1250 zusammenbrach. Damals war die Glauburg eine letzte Bastion der Staufer.

Dietrich von Bartenhausen, der im Gelnhäuser Romanischen Haus seinen Dienstsitz hatte und zu diesem Reichsministerialien gehörte, nutzte die Glauberganlage als letzten Zufluchtsort. Auf dem Glauberg hat sich aber nicht nur eine Burg befunden, sondern es war auch versucht worden eine Stadt zu gründen.
Es bildete sich sogar ein Bürgertum, dass die Unabhängigkeit und die Anerkennung als Bürger einer Stadt anstrebte. Vor allen Dingen Handwerksbetriebe hatten sich in der Anlage angesiedelt. Dokumente und Siegelabdrücke zeigen diesen Wandel in den Machteinflüssen und das Ansinnen der Glaubergbürger auf. Dieses Streben wurde aber von den Herren von Büdingen und deren Nachfolger der von Ysenburg unterbunden und das beginnende Stadtleben wurde in heftigen Kämpfen damals unterbunden und die Anlage auf dem Glauberg zerstört.

Kontakt:
Geschichtsverein Gelnhausen e.V.
Postfach 1225
63552 Gelnhausen
E-Mail: geschichtsverein@gelnhausen.de

Quelle: Gelnhäuser Tageblatt, 2.2.2004

Rathenau-Archiv zieht ins Freienwalder Gärtnerhaus

Rundum saniert ist das um 1800 errichtete Gärtnerhäuschen im Schlosspark von Bad Freienwalde. In diesem Sommer wird dort das Rathenau-Archiv einziehen, sagt Reinhard Schmook, Geschäftsführer der Walther-Rathenau-Stift GmbH. Diese war 1991 in Erinnerung an den früheren deutschen Außenminister gegründet worden. Der Politiker hatte das Freienwalder Schloss 1909 gekauft und restauriert.

Nach und nach sollen die bereits 1992 angefertigten Kopien des rund 70.000 Blatt zählenden Nachlasses von Berlin und Freiburg in das Gärtnerhäuschen gebracht werden, sagt Schmook. Die 1945 nach Moskau verschleppten Originale befänden sich bis heute in Russland. Jüngste Meldungen, wonach die Erben Rathenaus auf die Rückgabe verzichtet hätten, bezeichnete Schmook als „Ente“. Die Familie werde alles tun, um den Fundus zurückzubekommen. Das habe ihm Bernd Mossner, der Sohn einer Nichte von Rathenau, versichert. Es handle sich um Familien- und nicht um Staatseigentum und falle damit nicht unter die Beutekunstgesetze. „Russland steht in der selbstgefassten Verpflichtung, Privateigentum zurückzugeben“, sagt Schmook. Der damalige Präsident Boris Jelzin habe 1997 die ersten elf Mappen aus dem Rathenauschen Privatarchiv zurückgebracht. Nun müsse man aber befürchten, dass es sich wieder hinziehen werde. Es gehe nicht nur um Manuskripte, sondern auch um Gegenstände wie Rathenaus Diplomatentasche.

Die Pläne zur Einrichtung eines Archivs in Bad Freienwalde seien von diesen Entwicklungen allerdings unberührt, versichert Schmook. Die Originale – wenn sie zurückgegeben werden – kämen mit großer Wahrscheinlichkeit ohnehin ins Bundesarchiv. In die Stadt am Oderbruch sollen allein die Kopien gebracht werden. Der Teil aus Berlin, der bei der Rathenau-Gesellschaft sowie Forschern liege, komme schon bald nach Freienwalde.

Extra dafür wurde das Gärtnerhäuschen von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz, dem Potsdamer Kulturministerium und dem Landkreis Märkisch-Oderland saniert. Das Archiv soll 2005 zur zentralen Forschungsstätte für Leben und Wirken Walther Rathenaus ausgebaut werden. Es wäre eine ideale Ergänzung zur Rathenau-Gedenkstätte, die 1991 im Schloss eingerichtet worden war.

Die Restaurierung des Schlosses dauert noch an. Die Gedenkstätte ist derzeit nicht zugänglich. Besucher können sich aber im Teehäuschen die Ausstellung „Rathenau – Preußischer Jude, deutscher Europäer“ anschauen. Geöffnet ist außer montags von 9 bis 17 Uhr, am Wochenende ab 11 Uhr.

Kontakt:
Walther-Rathenau-Stift gGmbH  
Schloss Freienwalde                 
16259 Bad Freienwalde (Oder)

Quelle: Morgenpost, 3.2.2004

Reccius-Nachlass im Staatsarchiv Marburg

Der persönliche schriftliche Nachlass des ersten Landrats im seit 1974 bestehenden Landkreis Waldeck-Frankenberg, Dr. Karl-Hermann Reccius, ist dem Staatsarchiv Marburg (Link) übergeben worden. Dr. Gerhard Menk hat ihn gesichtet und geordnet. Er bewertet ihn als „eine wichtige Ergänzung zu den Überlieferungen aus dem Landratsamt“.

Menk: „Eine wesentliche Aufgabe des Archivars besteht darin, bei der Bestandspflege auch die Ergänzung der vorhandenen Unterlagen zu betreiben. Es wäre nämlich vermessen, von der Überlieferung der staatlichen Behörden zu verlangen, dass sie die Lebenswirklichkeit so weit abbildet, dass keinerlei zusätzliche Anstrengung notwendig wäre, um dem Historiker für eine große Breite an Themen hinreichendes Material bereitzustellen.“

Dies gelte auch für die Aufzeichnungen von Dr. Karl-Hermann Reccius (23. Mai 1916 bis 25. August 2003), der nach Dr. Oskar Hanke ab 1963 Landrat in Waldeck war und nach der Gebietsreform rund ein Jahrzehnt bis 1984 als Chef der Verwaltung des flächengrößten Kreises in Hessen amtierte. Der in Kassel geborene Jurist „verkörpert ganz den Typus des alten Landrats. Er verstand sich nämlich keineswegs nur als Mann der Verwaltung, sondern vielmehr als Personifizierung jenes Landstriches, dem er vorstand“, erklärt der Staatsarchivar in einer posthumen Würdigung. Mit seinen nordhessischen Kollegen August Franke und Eitel Otto Höhne gebe es weitere markante Beispiele von Landräten in der Region, deren Wirken nicht an den Grenzen ihrer Landkreise aufhörte, sondern bis in die Politik der hessischen Landesregierung hinein zu verspüren gewesen sei.

Der Reccius-Nachlass mache deutlich, welchen großen politischen Umkreis er regelrecht beackerte. Dr. Menk: „Er ließ nämlich keine Gelegenheit verstreichen, um den Interessen seines Landkreises Geltung auf Landesebene, ja sogar darüber hinaus zu verschaffen.“ Die von ihm mit Nachdruck betriebene Planung von Autobahnen liefere einen Beleg dafür. Mit der besseren Verkehrserschließung habe er versucht, den Tourismus weiter anzukurbeln, nachdem er seit 1955 bereits erster Vorsitzender des Fremdenverkehrsverbandes Kurhessen und Waldeck war. Auf diese Weise habe er die strukturschwache Region im Nordwesten Hessens fördern wollen.

„Aber auch in der Landespolitik zeigte Reccius mehr als einmal Flagge. So ließ er es schon einmal auf eine heftige Kontroverse mit Ministerpräsident Albert Osswald oder anderen Repräsentanten der Landesregierung ankommen, um sein politisches Profil innerhalb des Landkreises, wahrscheinlich auch darüber hinaus in der nordhessischen Region zu schärfen“, dokumentiert der Archivar anhand des Materials, das er aus dem Wohnhaus des Verstorbenen in Twistetal-Berndorf erhalten hat.

Wenn Karl Hermann Reccius in vielerlei Hinsicht den „Normalfall“ des Landrats in der Nachkriegszeit darstelle, „so bildete er im nordhessischen Rahmen gleichwohl eine große Ausnahme. Er gehörte nämlich nicht der Sozialdemokratischen Partei an, die in den Landkreisen eindeutig den Ton angab, sondern blieb während seiner ganzen Amtszeit parteilos,“ berichtet Menk.

Im ansonsten „roten“ Nordhessen sei dies neben Frankenberg, das in der unmittelbaren Nachkriegszeit mit Ulrich Stapenhorst einen berühmten CDU-Landrat und danach mit Heinrich Kohl einen Repräsentanten der FDP hatte, die „völlige Ausnahme“ gewesen. Erst in seinen letzten Jahren habe sich Reccius parteipolitisch betätigt. Allerdings unterstützte er nicht eine der traditionellen Parteien, sondern die Freie Wählergemeinschaft (FWG).

Menk: „Wenn Reccius bestens um die Besonderheiten Waldecks in historischer Hinsicht wusste, so hieß dies für ihn auch, dass er dessen Interessen so gut wie möglich zur Geltung brachte. Seine vielleicht wichtigste Leistung besteht wohl darin, die nicht einfache Zusammenführung der beiden höchst unterschiedlichen Landkreise Waldeck und Frankenberg vergleichsweise erfolgreich bewältigt zu haben. Dies gelang ihm mit einem hohen Maß an politischem Geschick, aber auch einem unvergleichlich hohen Maß an persönlicher Glaubwürdigkeit.“ Sein Nachlass solle in Marburg möglichst rasch verzeichnet und damit der Forschung zugänglich gemacht werden.

Kontakt:
Hessisches Staatsarchiv Marburg
Friedrichsplatz 15,
35037 Marburg
Telefon 06421 / 92 50 – 0
Telefax 06421 / 16 11 25
poststelle@stama.hessen.de
www.staatsarchiv-marburg.hessen.de

Quelle: Waldeckische Landeszeitung, 3.2.2004

Karten des Dortmunder Urkatasters werden digitalisiert

Zerfleddert, vergilbt, ziemlich abgegriffen – rund 1.000 Karten des Dortmunder Urkatasters sehen teilweise ganz schön mitgenommen aus. Daher werden die Originale aus der Zeit um 1825 jetzt digitalisiert.

Über 150 Jahre lang wurden die Detailkarten des Dortmunder Stadtgebiets in Amtsstuben heftig beansprucht. Alltagstauglich sind viele der filigranen Papiere deshalb nicht mehr. Die Digitalisierung ist ein Projekt von Vermessungs- und Katasteramt sowie dem Stadtarchiv Dortmund. „In Zukunft können Interessierte die Karten auf CD-ROM sichten“, erklärt Ingo von Stillfried, stellvertretender Leiter des Vermessungs- und Katasteramtes.

„Alle Originale sind noch handgezeichnet, das ist fast schon Kunst“, sagt Hermann Josef Bausch vom Akten- und Kartenarchiv des Stadtarchivs fasziniert. Deshalb ist auch ein Kalender geplant. Im Stadtarchiv wurden die Karten bereits provisorisch restauriert. Die Großformate werden dann mit einem Scanner erfasst. „Auf diese Weise können wir die Daten noch weiter digital bearbeiten“, sagt von Stillfried.

In einem sogenannten GeoInformationssystem werden die Daten dann später archiviert. „Meistens nutzen Historiker die Karten und ein paar Mal im Jahr werden sie für städtische Vermessungen heraus geholt“, erklärt von Stillfried.

In drei bis vier Wochen sollen alle 1.000 Karten eingescannt sein. Ab dann bleiben die Originale in den sicheren Stahlschränken des Stadtarchivs. 282 Quadratkilometer aller Dortmunder Gemeinden sind dann auf rund 100 DVDs gebrannt. Doch auch Digitales hält nicht ewig. „Zur Sicherheit haben wir alles auch als alt bewährten Mikrofilm vorliegen“, sagt von Stillfried.

Kontakt:
Stadtarchiv Dortmund
Märkische Str. 14
D-44122 Dortmund
Telefon: 0231-5022156
Telefax: 0231-5026011
stadtarchiv-dortmund@stadtdo.de

Quelle: WAZ Dortmund, 2.2.2004

Wiegendrucke und Wortgirlanden im Stadtarchiv Wesel

In dieser „Baecke-rey“ stäubt es feinsandig von den Gewölbedecken. Frische Brötchen sind allerdings das einzige, was Dr. Martin Roelen und seine acht Mitarbeiter hier vermissen. Der Weseler Stadtarchivar hat hinter den dicken Mauern der 1809 erbauten Garnisonsbäckerei die Obhut über eines der ältesten und bedeutendsten Archive des Rheinlands.

Wer erst im letzten Sommer 80 Euro-Paletten voller bedruckten oder handbeschriebenen Papiers – jede eine halbe bis ganze Tonne schwer – hinter den soliden Ziegelmauern unterbrachte, der denkt in archivarisch anderen Dimensionen. Dreieinhalb laufende Kilometer an Urkunden, Ratsprotokollen, Kassenbüchern, Bauplänen, Luftbildern, Karten , plus schöner Literatur aus historischer Sammlung bewahrt das neue Archiv im alten Gemäuer der Zitadelle unmittelbar neben dem schmucken Haupttorgebäude und Wesels Preußenmuseum.

Ein weiterer Kilometer Aktenbestand blieb im Rathaus. „Das ist nicht viel“, meint Dr. Roelen – ein Duisburger übrigens, „nicht Weselaner und nicht Weselinski“. In Sachen früher Stadtgeschichte dürfte ihm aber kaum ein Weseler etwas vormachen. Schließlich ist im klimatisierten Keller unter seinem Büro alles versammelt – von der Stadterhebungsurkunde 1241, samt Siegelkapsel zwischen Spezialfolien gehängt, über die bis 1466 zurück reichenden ältesten Ratsakten bis zu den aus Luftbildern zusammen geklebten Karten alliierter Bomberpiloten.

„Wesel war zu 98 Prozent zerstört“, sagt Dr. Roelen, „aber wir haben einen Großteil der Bauakten“. Und deren Geschichte klingt abenteuerlich genug: Während des Weltkrieges war das Stadtarchiv ins Haupttorgebäude ausgelagert – „ein Raum blieb stehen“, sagt Dr. Roelen. Der mit den Akten. Das kostbarere Gut verfrachtete man damals in ein niedersächsisches Kali-Bergwerk. Dort lagerten auch die Bestände der Göttinger Universitäts-Bibliothek – und eine Menge Munition.

„Das Bergwerk ist explodiert und abgesoffen.“ Dem späte-ren Stadtarchivar blieb dennoch vieles erhalten, weil die Weseler Schätze zuoberst lagerten und in Teilen gerettet werden konnten. Schlimmer gelitten hat allerdings die damals noch vom Konrad-Duden-Gymnasium bewahrte Bibliothek des Humanisten Heresbach. Drei Viertel seiner Sammlung gingen verloren.

Dem erhaltenen Erbe verdankt das Stadtarchiv kostbare „Wiegendrucke“, das sind die frühesten Druckwerke aus den Jahrzehnten vor 1500, bildschöne Atlanten – und eine völlig unscheinbare Rarität: Dieses juristische Werk aus dem niederländischen Zutphen, erklärt Dr. Roelen ohne falsche Beschönigung, sei deshalb „unser seltenstes Buch“ – weil es so schlecht gedruckt war. Die besseren Bibliotheken des Barock hätten diesen „unnützen Wiegendruck“ wohl in ihrer Zeit schlicht entsorgt – bis weltweit nur noch zwei Exemplare übrig blieben.

Gezieltes Aussortieren ist heute für einen Stadtarchivar wichtiger denn je. Schließlich hat sich die städtische Papier-Produktion im Vergleich zu früheren Jahrhunderten inflationiert. Den Ratsschreibern von 1460 bis 1560 genügte noch ein Bändchen im kostensparenden Schmalfolio-Format für vier Jahrgänge.

Ausgerechnet mit einem schwerhörigen Schreiber des 16. Jahrhunderts begannen die Wortgirlanden zu wuchern. „Er wollte seine Taubheit durch Vielschreiberei kompensieren“, erzählt Dr. Roelen. Der Archivar, der niederdeutsche Handschrift vom Blatt liest, räumt ein, er habe „manchmal nicht verstanden, was der wollte“.

Vor dem Sprach-Schwulst dieses Missetäters retteten sich die damaligen Stadtväter übrigens, indem sie ihn in den Rat wählten. Um Aufklärung im Kanzleideutsch bemüht sich das Stadtarchiv mit einer eigenen Schriftenreihe, den „Studien und Quellen zur Geschichte von Wesel“. Für die nächste Publikation schreibt Dr. Roelen über die Edikte der Hansestadt bis 1600.

Eine feine Adresse neben der preußischen „Baeckerey“ ist auf der anderen Seite der Schillstraße ausgerechnet das alte Gefängnis: Hier arbeiten die dem Stadtarchiv angeschlossenen Buchrestauratoren, vereinen traditionelle Handwerkskunst mit modernster Papieranalyse. Hier sind die Schätze der Heresbach-Bibliothek bewahrt, mustergültig restauriert und gehüllt in edle Leinenschuber. Hier präsentiert Dr. Roelen auch eine fein restaurierte Zweitauflage von 1555 der „Fabrica“ des berühmtesten Weselers: des Anatomen Andreas Vesalius.

Über Privatkunden freuen sich die städtischen Bücherärzte ebenso wie über Buchpaten, deren gute Tat dann in einem „Exlibris“ in der Innenseite des frischen Einbands verewigt wird. Auch das Stadtarchiv steht Besuchern offen (dienstags bis donnerstags von 10 bis 16 Uhr) – mit einem Lesesaal, auf dessen freundliche Atmosphäre mit Backsteingewölbe, vollverglasten Regalen und moderner technischer Ausstattung alle städtischen Kellerarchive im Lande neidisch sein dürften.

Nur: Es rieselt immer noch leise in Preußens altem Mehllager. Aus dem Trockenziegelgefüge des Baudenkmals, das keineswegs unter Putz durfte, rinnt lautlos der Sand. Um die Festigkeit des Massivbaus mit drei Meter dicken Außenmauern muss niemand fürchten – aber zum Schutz des teuren Mikrofilm-Scanners ließ der Archivar einen blauen Baldachin spannen. So stilvoll drapiert sich eher selten die Verbindung von High-Tech und konservatorischer Akribie. hängen so am schonendsten: zwischen Spezialfolien, die Siegel in schützender Kapsel.

Kontakt:
Stadtarchiv Wesel
An der Zitadelle 2
46483 Wesel
0281 / 1 64 54 00
0281 / 1 64 53 97
archiv@wesel.de

Quelle: WAZ, 2.2.2004

Von Sarstedt hinaus in die große Welt

Im Stadtarchiv Sarstedt werden vielerlei alte und historische Dokumente aufbewahrt. Stadtheimatpfleger Werner Vahlbruch hat nun in einem Pass-Register des Amtes Ruthe gestöbert. Dabei fand er heraus, wie es in den Jahren 1844 bis 1849 um die Reisefreudigkeit der Einwohner von Sarstedt und von der Mühlenstraße bestellt war. Einige zog es für immer nach Übersee.

68 Reisedokumente wurden in diesem Zeitraum ausgestellt, berichtet Vahlbruch. Um einen Pass zu bekommen, musste der Bestimmungsort und der Reisezweck angegeben werden. Auch wer als Handwerksgeselle auf Wanderschaft gehen wollte, musste sich für seine Reise vom Amt Ruthe einen Pass ausstellen lassen.

So zog es einst den 18-jährigen Barbiergesellen nach Braunschweig, den Tischlergesellen Franz Hennies führt der Weg nur bis Hildesheim. Der Schuhmachergeselle Heinrich Paulmann ging nach Dresden, um dort eine neue Arbeitsstelle anzutreten. Orte in der näheren und weiteren Umgebung von Sarstedt, aber auch Hamburg, Bremen, Uelzen oder Düsseldorf sind zu jener Zeit die Zielorte der Sarstedter- und Mühlenstraßen-Bewohner.

Einige Sarstedter suchten aber auch den Weg in die neue Welt. Von Bremen aus ging es mit großen Passagierdampfern in Richtung Amerika, und wer nach Australien auswandern wollte, startete vom Hamburger Hafen aus. In der Zeit von 1844 bis 1849 wanderten zwanzig Personen aus. So wurde am 28. Oktober 1846 dem Bürger Heinrich Christian Pape, damals 50 Jahre alt, für seine Auswanderung nach Amerika ein Pass mit der Gültigkeit von einem Jahr ausgestellt. Ein Jahr später ließ er seine Familie, seine 47-jährige Ehefrau Marie, geborene Picker, und die fünf Kinder nachkommen. Auch den 28-jährigen Ökonom Carl Picker zog es im gleichen Jahr in die Ferne. Er schloss sich der Familie von Pape an.

Im April 1848 erteilte das Amt Ruthe der ganzen Familie des Franz Erich August Pape Pässe für die Ausreise nach Amerika. Pape, 23 Jahre alt, und seine Ehefrau Dorothea, geborene Fischöfer, die zwei Jahre alte Tochter und seine 27-jährige Schwägerin Eleonore Fischöfer, verließen Sarstedt.

Der 37-jährige Tischler Heinrich Tewes kannte bereits bei der Beantragung des Passes sein Ziel in Amerika, nämlich New Orleans. Für den Leineweber Christian Zelle aus der Mühlenstraße begann im Alter von 56 Jahren im April 1846 die große Fahrt in eine unbekannte Welt. Mit ihm wanderten seine Ehefrau Johanne, geborene Flebbe, und die zwölf und 14 Jahre alten Söhne aus.

Den Sohn des Sarstedter Arztes Dr. Zimmler, der 22 Jahre alte Carl Friedrich Theodor Zimmler, führte es sogar bis nach Australien. Nicht ganz so weit wanderte der 14-jährige alte Carl Zelle aus. Mit dem Pass Nummer 138 begann er eine Ausbildung in einer Tabakfabrik in Horsens auf Jütland in Dänemark.

Kontakt:
Stadtarchiv Sarstedt
Kirchplatz 2
31154 Sarstedt
Tel.:05066 / 63627
Fax: 05066 / 805-70

Quelle: Hildesheimer Allgemeine Zeitung, 2.2.2004

Geschichts- und Schreibwerkstatt „Syker Zeitfenster“ setzt Arbeit fort

Die Geschichts- und Schreibwerkstatt „Syker Zeitfenster“setzt nun ihr erstes Projekt fort, allerdings zu einem späteren Zeitpunkt als zunächst angekündigt. Der Kursus beginnt am Donnerstag, 5. Februar, um 18 Uhr im Stadtarchiv Syke (im Keller des Syker Rathauses).

Wie Stadtarchivar Hermann Greve mitteilt, steht die Teilnahme allen Interessierten offen, die sowohl an einer Buchveröffentlichung als auch an einer Ausstellung über die Geschichte der 13 Syker Ortsteile in den Jahren zwischen 1929 und 1949 mitwirken möchten. Auch jene sind willkommen, die erst jetzt in die Arbeit neu einsteigen möchten. Greve: „Es gibt eine Vielzahl von Einzelthemen, die darauf warten, bearbeitet und dargestellt zu werden“.

Der Stadtarchivar steht für detaillierte Fragen unter der Rufnummer 0 42 03 / 23 38 zur Verfügung.

Kontakt:
Stadtarchiv Syke
Nienburger Str. 5
28857 Syke

Quelle: Syker Kurier, 2.2.2004