Die stolze Burg Kerpen brennt. Am 21. April 1689 geben die Franzosen die Festung auf, die sie bei einem der Feldzüge Ludwigs XIV. erobert hatten. Sie legen Feuer, sprengen den Hauptturm und flüchten dann vor herannahenden feindlichen Truppen. Nur ein Turm und der daran angebaute Trakt bleiben heil.
Offenbar geben die Kerpener selbst ihrer Burg den Rest. Die Archivarin Maria Rößner-Richarz, die für den Verein „Heimatfreunde der Stadt Kerpen“ die Kerpener Gerichtsakten verzeichnet, stieß auf Protokolle aus dem Jahr 1697, in denen Zeugen von Plünderungen der Kerpener nach dem Abzug der Franzosen berichten. Ihr Fazit: „Diese letzte Zerstörung der Kerpener Burg ist mit ziemlicher Sicherheit das Werk der Kerpener Bürger selbst gewesen.“
In den neuen Kerpener Heimatblättern gibt die Bonnerin ihre Entdeckung wieder. Als Rädelsführer werden vor allem die beiden Kerpener Bürgermeister Otto Voiß und Heinrich Wirths in der Zeugenanhörung belastet. Voiß soll die Kerpener ermutigt haben: „Wer get nimbs, der get hatt“ – Wer es nimmt, der hat's.
Zwei Wochen lang sollen mehrere hundert Kerpener die Burg geplündert haben. Sie schafften alles Eisenwerk wie die Brunnenketten, Holz von den Zugbrücken und Steine weg. In der Kommandeurswohnung legte offenbar Voiß selbst Feuer. Er soll auch den eisernen Wimpel vom Turm geholt und Steine für seinen Brunnen abgefahren haben. Wirths und Voiß jedoch leugnen jede Beteiligung.
Rößner-Richarz vermutet, dass der damalige Verwalter der Burg, Johann Jacob von Tondi, die Kerpener denunziert hatte, weil er auf Schadenersatz hoffte. Ihrer Meinung nach lassen sich die Aussagen ganz unterschiedlich interpretieren: „Waren die Kerpener damals nur ein marodierender Haufen, der, mit dem Bürgermeister an der Spitze, aus Habgier die Burg zerstörte? Ergriffen Sie die Gelegenheit, um gegen ihre Herren aufzustehen?“
Info:
Die Kerpener Heimatblätter sind zum Preis von 3,50 Euro im Haus für Kunst und Geschichte erhältlich. In der aktuellen Ausgabe berichtet zudem Gerd Friedt über zwei jüdische Familien, die im 19. Jahrhundert in die USA und nach Kanada auswanderten, und Fritz Hemmersbach setzt die Dokumentation der Chronik der Pfarre St. Martinus 1933 bis 1960 fort.
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Quelle: Kölnische Rundschau, 19.2.2004