Den Schlüssel hat sie schon abgegeben, aber viele Fäden verbinden sie noch mit dem Archiv der Stadt Grimma. „Sich davon zu lösen, das geht nur allmählich.“ 28 Jahre leitete Marita Schön das „Gedächtnis der Stadt“, nun übergibt sie es ihrer Nachfolgerin Jaqueline Forner. Die Ältere sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge, doch sie tröstet sich: „Die jüngeren Mitarbeiter können es auch.“
Ähnlich mag es gewesen sein, als sie 1976 im damaligen Rat der Stadt das Archiv anvertraut bekam. Leiterin Elsbeth Anders war vor dem Ruhestand und fragte Marita Schön, die zu jener Zeit als Stenotypistin im Rathaus beschäftigt war, ob sie künftig die Arbeit im Archiv übernehmen wolle. Das Angebot erschien der jungen Frau verlockend, und sie sagte zu. „Frau Anders hat mich dann eingearbeitet. Sie schärfte mir den wichtigsten Grundsatz für die künftige Tätigkeit ein: Ordnung halten. Wer das nicht kann, findet im Archiv nichts mehr.“ Wie sehr sie sich daran gehalten hat, bestätigt Hauptamtsleiterin Kerstin Ulbricht: „Sie brachte nicht nur den nötigen Ordnungssinn mit, sondern entwickelte auch Liebe und Interesse für die Stadtgeschichte, ein hervorragendes âhistorisches Gedächtnis' kam hinzu.“ Das kostete freilich auch einige Mühe, denn die gebürtige Wismarerin Marita Schön musste sich erst in die Stadtgeschichte und einige sächsische Eigenarten hinein „fitzen“.
Zu den Kollegen im Rat der Stadt fand sie schnell Kontakt. Die nötige Qualifikation für die Arbeit im Archiv erwarb sie von 1979 bis 1981 im Rahmen der Erwachsenenqualifizierung beim Staatsarchiv Leipzig, die sie mit dem Facharbeiterbrief abschloss. „Die Arbeit machte dann Spaß, die Umstände nicht so sehr.“ Die frühere Archivleiterin bezieht sich auf die ehemals kalten und zugigen Magazinräume, wo man im Winter kaum arbeiten konnte. Sie erinnert sich, dass sich damals Bürgermeister Paul Höhle für eine bessere Belüftung einsetzte. Aber grundlegend besser wurde es erst mit der Umgestaltung des Stadthauses im Jahr 1996. Der Einzug in die neuen Räume mit den modernen Rollregalen, die an Stelle der alten Holzregale Einzug hielten, war für die Archivleiterin eine besondere Freude. Dazu kam die Arbeit mit dem Computer, der die alte Dokumentation in Form der Karteikarten ablöste.
„Es war eine schöne Zeit, die Arbeit hat mir viel Freude gemacht“, zieht Marita Schön ein Resümee ihrer 28-jährigen Tätigkeit. Besonders gern denkt sie an die gemeinsame Tätigkeit im Redaktionskollektiv zurück, das 1999 das Grimma-Lesebuch herausbrachte. Mit ein wenig Stolz sagt sie: „Ich habe alles bereit stellen können, was gefordert wurde.“ Etwas wehmütig setzt sie hinzu: „Damals war noch alles da.“ Ja, die Flut im August 2002 hat Lücken gerissen. Im künftigen Domizil in der Straße des Friedens 10 wird das Stadtarchiv neu gebaut. Marita Schön hat vor, hier ihrer jungen Kollegin Jaqueline Forner noch etwas zur Hand gehen. „Es ist eben ein Abschied auf Raten.“
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Die Mitarbeiterin des Stadtarchivs Grimma ist gegenwärtig montags von 13.00 – 16.00 Uhr im Stadthaus, Zimmer 3.04 im 3. Obergeschoss bzw. telefonisch unter der Nummer 03437/98 58 217 zu sprechen.
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Kontakt:
Stadtarchiv Grimma im Stadthaus, 3. OG
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04668 Grimma
Tel. 03437/98 58 217
Quelle: Leipziger Volkszeitung, 15.2.2004