Dieser Tage wurde im Bayerischen Hauptstaatsarchiv in München die Doppelausstellung „Zuflucht und Widerruf“eröffnet. Sie erinnert insb. an die Rettung von 73 jüdischen Kindern, hauptsächlich aus Deutschland, die von 1942 bis 1943 in dem norditalienischen Städtchen Nonantola aufgenommen wurden und dann in die Schweiz fliehen konnten.
Die Vermittlung von Wissen über das Judentum, dessen Geschichte und dessen wertvollen Beitrag auch zur Kultur Bayerns sei nach wie vor unumgängliche Aufgabe der historisch-politischen Bildungsarbeit, konstatierte der bayerische Wissenschaftsminister Thomas Goppel anläßlich der Eröffnung am Mittwoch. Und der Generaldirektor des Bayerischen Hauptstaatsarchivs Hermann Rumschöttel ergänzte: Da Bayern historisch und geografisch mitten in Europa liege, werde die z.T. aus Italien übernommene Doppelausstellung am rechten Ort gezeigt. Das umso mehr, als sie vom Bayerischen Staatsarchiv noch um die Biografien einer Reihe von jüdischen Italien-Emigranten erweitert wurde, die aus Bayern stammen oder wichtige Jahre, vor allem in München, verbracht haben.
Man findet darunter vier Mitglieder der Münchner Mediziner-Familie Ortenau; den Schriftsteller Alfred Neumann, der Lektor im Georg- Müller-Verlag und – wie Brechts Schwager Otto Zoff – Dramaturg an den Kammerspielen war; Elisabeth Castonier, bis zur Entlassung 1933 ebenfalls Lektorin und Übersetzerin bei Georg Müller; Albert Einsteins Vetter Alfred, gebürtiger Münchner und Musikwissenschaftler; Eva Fiesel, Inhaberin der ersten weibliche Privatdozentur an der Ludwig-Maximilians-Universität; den Münchner Verleger und Expressionismus-Förderer Kurt Wolff; die Schwabinger Dichter-Legende Karl Wolfskehl und den Münchner Rechtsanwalt Max Hirschberg, bekannt als Verteidiger Fechenbachs im sogenannten Dolchstoß-Prozeß. Sie konnten sich noch vor den Nazis retten.
Anders die Münchner Kunsthändlerin und Pensionsinhaberin Maria Ehrlich: Im Jahr 1943 wegen „Wehrkraftzersetzung“ in Genua inhaftiert und von Italien nach Deutschland ausgeliefert, wurde die damals 80 Jahre alte Frau am 10. Februar 1944 in Stadelheim hingerichtet.
Info:
Die Ausstellung im Bayerischen Hauptstaatsarchiv, Schönfeldstraße, ist geöffnet bis 15. April; montags bis donnerstags 8 – 18 Uhr, freitags 8 – 16 Uhr. Der Eintritt ist frei. Informationen über das umfangreiche Begleitprogramm gibt es über die folgenden Internet-Adressen www.gda.bayern.de oder www.juedischekulturmuenchen.de
Kontakt:
Bayerisches Hauptstaatsarchiv
Schönfeldstraße
80539 München
(Postfach 221152, 80501 München)
Tel. 089/28638-2575, Fax 089/28638-2954
E-Mail: poststelle@bayhsta.bayern.de
Quelle: Süddeutsche Zeitung, 14.2.2004