Trotz schlechter Quellenlage konnte nun, nach dem dreibändigen Werk von Klaus Goebel, eine weitere historische Untersuchung über Wuppertal zur Zeit des Nationalsozialismus vorgelegt werden. Der Historiker Florian Speer erforschte das Themenfeld Zwangsarbeit während des Zweiten Weltkriegs in der Stadt; der Titel seines Buches lautet „Ausländer im 'Arbeitseinsatz' in Wuppertal“. Auftraggeber des mit 636 Seiten starken Buches ist die Stadt Wuppertal, die entsprechend bereitwillig ihre Archive öffnete.
Doch für Florian Speer war diese Quelle nur ein Baustein in dem Mosaik, das er in zweijähriger Arbeit mühsam zusammenfügte. So durchstöberte er die Bundesarchive in Berlin und Freiburg, forschte in den Akten der Nachbargemeinden, sah private Fotos und Briefe ein und las damalige Presseberichte. Und natürlich befragte er auch Zeitzeugen, wenngleich der Historiker befindet, dies seien „die schlechtesten Quellen überhaupt“.
Das Thema Zwangsarbeit sei über Jahrzehnte immer mal wieder aufgegriffen, aber nie so recht wahrgenommen worden. Das nimmt angesichts der teilweise erschütternden Fakten nicht Wunder. Allein der Umgang mit Säuglingen, die Zwangsarbeiterinnen in Wuppertal zur Welt brachten, ist ein entsetzliches Stück Stadtgeschichte. Während „rassisch höher eingestufte“ Kinder ausgesondert und in staatlichen Einrichtungen aufgezogen wurden, sollte die Masse möglichst nicht überleben, da das Nazi-Regime fürchtete, Familien aus Polen oder Russland könnten sich im Reich einnisten.
Bislang lag kein Werk über die Wuppertaler Wirtschaftsgeschichte zur NS-Zeit vor. Speer füllt diese Lücke mit einer Dokumentation, die sachlich schildert, wie die Zwangsarbeiter damals in der Stadt lebten und arbeiteten.
Info:
Florian Speer: „Ausländer im 'Arbeitseinsatz' in Wuppertal. Zivile Arbeitskräfte, Zwangsarbeiter und Kriegsgefangene im Zweiten Weltkrieg“,
Stadt Wuppertal 2003, erhältlich im lokalen Buchhandel und beim Stadtarchiv, 36 Euro.
Kontakt:
Stadtarchiv Wuppertal
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42285 Wuppertal
Tel.: (0202) 563-66 23
Fax: (0202) 563-80 25
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Quelle: Westdeutsche Zeitung, 10.2.2004