Ein Viertel der historischen Dokumente im Nagolder Stadtarchiv mussten vergangenes Jahr restauriert werden, nachdem Schimmel die papiernen Zeitzeugen angegriffen hatte. Ursache für den Schimmelbefall ist nach Einschätzung von Herma Klar, die für das Archiv verantwortlich zeichnet, der feuchte Sommer im Jahr 2002. Die Klimaanlage habe es wohl nicht mehr geschafft, die Raumfeuchtigkeit und -temperatur nach Vorgabe zu regeln.
Kontakt:
Stadtarchiv Nagold
Badgasse 3
72202 Nagold
Tel.: (07452) 681282
Fax: (07452) 681122
Quelle: Pforzheimer Zeitung, 15.1.2004.
Aufregendes zur Stadtteilgeschichte im Stadtarchiv Dresden
Historiker, Heimatforscher und Freunde der Geschichte und von Geschichten sind am 24. und 25. Januar 2004 in das Stadtarchiv Dresden auf der Elisabeth-Boer-Straße 1 eingeladen. Stadtarchiv und Stadtmuseum bereiten für dieses Wochenende das 9. Dresdner Kolloquium zur Dresdner Stadtgeschichte vor.
Das Kolloquium begleitet in diesem Jahr erstmals ein „Markt der Geschichte und der Geschichten“. Die Geschichte der ehemaligen Dörfer, der Vorstädte und Stadtteile, der Betriebe, Schulen und Institutionen stehen im Mittelpunkt. Vorgestellt werden Forschungen über Dresdner Persönlichkeiten, Familien, über Dresdner Lebensweise und Traditionen. Es gibt Dokumentationen, Chroniken und Sammlungen zu sehen.
Über 60 Anmeldungen von Heimatforschern, Bürgervereinen und Stadtteilinitiativen liegen zur Zeit vor, und noch immer gehen Anmeldungen ein. Interessenten melden sich im Dresdner Stadtarchiv unter Telefon 03 51/ 4 88 15 24.
Seit 1996 wurden jährlich Arbeitskolloquien zur Dresdner Stadtgeschichte und zur Dresdner Stadtteilgeschichte organisiert. Ein Betrag der Historiker und Dresdner Bürger, das 800-jährige Stadtjubiläum 2006 vorzubereiten.
Kontakt:
Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden
www.dresden.de
Quelle: Bautzener Bote.de, 15.1.2004
Stadtarchiv und Kulturamt Wiesbaden über die Opfer des Holocaust
Mit einem vielseitigen Vortrags-Programm wird in Wiesbaden in den nächsten Wochen der Opfer des NS-Regimes gedacht. In diesem Jahr stehen die Sinti und Roma im Mittelpunkt. Am Montag, 19. Januar, wird im Foyer des Rathauses eine Ausstellung eröffnet.
Anlass der Gedenkveranstaltungen ist der 27. Januar, den 1996 Bundespräsident Roman Herzog proklamiert hat. Am 27. Januar 1945 hatte die Rote Armee das Konzentrationslager Auschwitz – Symbol für die Massenvernichtung – befreit. In Wiesbaden arbeiten seither mehrere Organisationen zusammen, diese Erinnerung zu gestalten. Die Federführung hat das Stadtarchiv.
In der Ausstellung „Hornhaut auf der Seele – die Geschichte zur Verfolgung der Sinti und Roma in Hessen“ werden auf 60 großformatigen Tafeln die Stationen der Diskriminierung und Verfolgung dieser Volksgruppe seit dem Mittelalter dokumentiert. Sie ist bis zum 14. Februar zu sehen. Oberbürgermeister Hildebrand Diehl (CDU) spricht um 19 Uhr zur Eröffnung, anschließend Adam Strauß vom Landesverband der Sinti und Roma. Das Romeo Franz Ensemble unterhält musikalisch.
In Wiesbaden lebten vor ihrer Deportation in die Konzentrationslager rund 100 Sinti und Roma. Mehr als die Hälfte, schätzt Axel Ulrich vom Wiesbadener Stadtarchiv, kamen in den Lagern ums Leben. An sie erinnert das Mahnmal in der Bahnhofstraße. Heute leben in Deutschland rund 80.000 Angehörige dieses Volkes, das in mehreren Schüben aus Indien nach Europa einwanderte.
„Auf dem rechten Auge blind – Die braunen Wurzeln des BKA“ heißt ein Vortrag von Dieter Schenk am Donnerstag, 22. Januar, 19.30 Uhr, im Stadtverordnetensitzungssaal des Rathauses. Schenk ist BKA-Kriminaldirektor a. D. und Honorarprofessor an der Universität Lodz. Für sein Buch „Die braunen Wurzeln des BKA“ erhielt er 2003 den Fritz-Bauer-Preis der Humanistischen Union.
Einen Vortrag über „Antiziganismus“ hält Udo Engbring-Romang am Dienstag, 27. Januar, um 18 Uhr ebenfalls im Stadtverordnetensitzungssaal. Er ist Autor eines Buches über die Verfolgung der Sinti in Wiesbaden. Um die literarische Konstruktion des „Zigeuners“ geht es am Donnerstag, 29. Januar, 19 Uhr. Es spricht Professor Wilhelm Solms (Marburg) im Rathaus, Raum 22. Am Dienstag, 3. Februar, erinnert Axel Ulrich an den früheren SPD-Oberbürgermeister Georg Buch, der in der Nazizeit Widerstand leistete: 17 Uhr im DGB-Haus am Bismarckring. Ulrich ist Autor einer Biografie über Georg Buch, der am 24. September vergangenen Jahres 100 Jahre alt geworden wäre.
Aus dem Buch „Mein verwundetes Herz. Das Leben der Lili Jahn 1900-1944“ liest Ilse Doerry am Mittwoch, 4. Februar, im Literaturhaus Villa Clementine. Ilse Doerry ist die älteste Tochter von Lilli Jahn, Mutter von Gerhard Jahn, Justizminister (1969 bis 1974) unter Willy Brandt. Lilli Jahns Mann Ernst ließ sich von seiner jüdischen Frau scheiden und lieferte sie schutzlos den Nazis aus. Ihre aufrüttelnde Korrespondenz mit ihren Kindern aus einem Arbeitslager fand man im Nachlass Gerhard Jahns, der 1998 starb.
Über „Ostarbeiter, Ostarbeiterinnen und ihre Kinder“ spricht die Mainzer Historikerin Hedwig Brüchert am Donnerstag, 5. Februar, 19 Uhr, im Rathaus, Raum 22. Sie ist Autorin des Buches „Zwangsarbeit in Wiesbaden“, das Kulturdezernentin Rita Thies (Grüne) in Auftrag gegeben hatte.
Der Film „Die Rollbahn“ wird am Samstag, 7. Februar, und Dienstag, 10. Februar, jeweils um 20 Uhr in der Caligari FilmBühne am Marktplatz 9 gezeigt. Es geht dabei um eine Dokumentation über die erste Rollbahn des Frankfurter Flughafens, die 1944 von jüdischen Zwangsarbeiterinnen gebaut werden musste. Am 7. Februar ist im Anschluss an den Film ein Gespräch mit den Filmemachern Malte Rauch und Eva Voosen vorgesehen.
Die einzige Veranstaltung, die etwas kostet, ist eine Fachtagung am Samstag, 14. Februar, im Wilhelm-Kempf-Haus in Naurod, für die man sich anmelden muss: „Holocaust – eine amerikanische Fernsehserie und ihre Auswirkungen in Deutschland“, die vor 25 Jahren lief. Veranstalter ist die Frankfurter Sozialschule. Anmeldung unter 06127/77290.
Das Programm liegt in den üblichen Verteilerstellen aus, im Rathaus, beim Tourismusbüro und in der Volkshochschule. Mitveranstalter sind unter anderen die Kirchen, die Landeszentrale für politische Bildung und das Aktive Museum Spiegelgasse.
Kontakt:
Stadtarchiv Wiesbaden
Im Rad 20
65197 Wiesbaden
Telefon: 0611 / 31-3329, 31-3747, 31-5429
Fax: 0611 / 31-3977
stadtarchiv@wiesbaden.de
Quelle: Wiesbadener Kurier, 15.1.2004
Frauenstadtarchiv Dresden widmet sich Traute Richter
Das Frauenstadtarchiv Dresden lädt auch 2004 zu Vorträgen, Lesungen und Foren ins Stadtarchiv, Elisabeth-Boer-Straße 1, ein. Die erste Abendveranstaltung am 28. Januar ist der Dresdner Schauspielerin Traute Richter (1924-1986) gewidmet, die in vier Jahrzehnten mit ihrer Gestaltung großer Frauengestalten der deutschen Klassik Publikum und Kritik überzeugte. Sie, die schon vor dem Krieg das „Gretchen“ spielte, war später am Dresdner Staatsschauspiel als Lady Milford, Lady Macbeth, Minna von Barnhelm zu erleben.
Ihre Frau von Stein in der Inszenierung „Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ ging in die Dresdner Theatergeschichte ein. Traute Richter war darüber hinaus aber auch eine gewissenhafte Protokollantin. Sie hinterließ über 2 000 Briefe aus denen sich ein Zeitbild von den Kriegsjahren bis in die Endzeit der DDR erschließt. Die Briefe veranschaulichen die Situation des schöpferischen Menschen im Spannungsfeld zwischen Mündigkeit und Abhängigkeit. Der Schriftsteller und Schauspieler Peter Biele vereinte 1996 in zwei Bänden den brieflichen Nachlass von Traute Richter. Am 28. Januar wird er aus diesen Briefen lesen (19 Uhr, freier Eintritt).
Das Jahresprogramm zur Vortragsreihe „Frauen(-)wirken in Dresden“ ist ab 15. Januar im Rathaus, Dr.-Külz-Ring 19, im Frauenbildungszentrum, im Stadtarchiv, im Kulturamt und in den Ortsämtern kostenfrei erhältlich.
Kontakt:
Frauenstadtarchiv Dresden
c/o Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden
Telefon: 0351/488-1517
E-mail: NSchoenherr@dresden.de
http://www.frauenstadtarchiv.de/
Quelle: Sächsische Zeitung, 14.1.2004
Rathenau-Nachlass verbleibt in Moskau
Russland will das Archiv von Walther Rathenau nun doch nicht an die Bundesrepublik zurückgeben. Man betrachte, so heißt es in einem Schreiben des Moskauer Außenministeriums an das Auswärtige Amt, den Nachlass als Teil der „kompensatorischen Restitution“ für Kriegssschäden. Die Unterlagen wurden zu staatlichem Eigentum erklärt.
Noch im vergangenen Jahr hatte der russische Kulturminister Michael Schwydkoi die Rückgabe in Aussicht gestellt. Eine Stellungnahme der Kulturstaatsministerin Christina Weiss liegt noch nicht vor.
Wie der „Spiegel“ berichtet, hat ein hoher Regierungsbeamter das Vorgehen der russischen Regierung als Verstoß gegen deutsch-russische Verträge zur Rückführung von Beutekunst bezeichnet. Die Note aus Moskau, in der Deutschland als „ehemaliger Feindstaat“ bezeichnet wird, stelle zudem einen Bruch des Völkerrechts dar. Walther Rathenau war u.a. Außenminister des Deutschen Reiches und hatte 1922 in Rapallo den deutsch-russischen Vertrag geschlossen.
Quelle: FAZ, 13.1.2004, 33.
Ausstellung über Johann Moritz von Nassau-Siegen
Langsam nimmt sie mehr und mehr Gestalt an: die große Ausstellung über den wohl bedeutendsten Fürsten des Siegerlandes: Johann Moritz von Nassau-Siegen. Aus Museen und Archiven fünf verschiedener Länder, aus allen Teilen Deutschlands, Niederlande, Frankreich, Belgien und Dänemark rollen die Lieferwagen an. Sie sind beladen mit Portraits, Gemälden, Stichen, Modellen, Zeichnungen, Büchern, Schriftstücken, aber auch mit handfesten Objekten des Militärwesens (Rüstungen und Waffen). Insgesamt umfasst die bedeutende Präsentation, die in ihrer Zusammenstellung einmalig ist, über 300 teils sehr wertvolle Exponate, die vom 16. Januar bis zum 29. Februar zu sehen sein werden.
An beiden Ausstellungsorten, dem Siegerlandmuseum im Oberen Schloss und dem Museum für Gegenwartskunst arbeitet seit einer Woche ein 20-köpfiges Team mit Hochdruck am Aufbau der Präsentation aus Anlass des 400. Geburtstages des Landesfürsten. Renommierte Museen und Archive entsenden Leihgaben nach Siegen: unter anderem das Mauritshuis (Den Haag), die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (Berlin), das Königliche Museum (Brüssel), die Gemäldegalerie Alte Meister (Dresden). Sogar mit dem Louvre in Paris haben die Initiatoren der Johann Moritz Gesellschaft und des Instituts für Europäische Regionalforschungen der Universität Siegen (IFER) Kontakt aufgenommen. So kommt ein Gemälde des niederländischen Malers Frans Post, der Johann Moritz einst nach Brasilien begleitete, von der Seine an die Sieg.
Das Wirken des Siegerländer Fürsten in Brasilien bildet einen Schwerpunkt der großen Präsentation über sein Lebenswerk. So sind neben Landschaftsgemälden (Post) und lebensnahen Portraits der Ureinwohner (Albert Eckhout) beispielsweise auch die prächtigen Urkunden zu sehen, mit denen Johann Moritz zum Generalgouverneur der Niederlande ernannt wurde. „Dieses wertvolle Ausstellungsstück haben wir erst auf den letzten Drücker bekommen“, erzählt Katja Happe (IFER). Eine Leihanfrage an das Königliche Hausarchiv in Den Haag sei von dort erst negativ beschieden worden. „Sie konnten die Originale nicht finden.“ Doch die Holländer gaben nicht auf und beförderten die Ernennungsurkunde dann doch noch zu Tage.
Solche und ähnliche Geschichten rund um die Vorbereitungen der großen Ausstellung könnten die Initiatoren en masse erzählen.
Quelle: Westfalenpost, 13.1.2004
Des Soldatenkönigs blaue Kinder
„Sparen und Plusmachen“ war die Devise des preußischen Soldatenkönigs Friedrich Wilhelm I. In seiner Regentschaft von 1713 bis 1740 tilgte er die Schulden seines Vaters und häufte einen stattlichen Staatsschatz an. Die Wirtschaft kam in Schwung, der Handel gedieh. Nur die Musen mussten schweigen.
Um so intensiver kümmerte er sich um seine Soldaten. Während andere Monarchen Juwelen und Mätressen sammelten oder als Bauherren glänzten, hielt der Soldatenkönig nach großen und kräftigen Männern für sein Eliteregiment Ausschau. Sonst knausrig, war Friedrich Wilhelm die oft gewaltsame und trickreiche Anwerbung hoch gewachsener Kerls im In- und Ausland beträchtliche Summen wert. Er wies drei-, vierstellige Talerbeträge für die Rekrutierung langer und schöner (!) Männer oft weit weg von Brandenburg und Preußen an und gab pro Einberufenem ein Vielfaches dessen aus, was Beamte, Pfarrer und Lehrer im Jahr verdienten.
Das ist eines der Themen einer neuen Quellenpublikation aus dem Geheimen Staatsarchiv Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Jürgen Kloosterhuis, der Direktor der Schriften- und Dokumentensammlung, erschließt darin die in Berlin-Dahlem erhaltenen Akten zur Regimentskultur der Königsgrenadiere unter Friedrich Wilhelm I. Die Dokumente vermitteln ein faszinierendes Bild der Potsdamer Elitetruppe, die sich der König zum eigenen Schutz und zum Pläsier hielt. Kloosterhuis räumt in der detailreichen Edition mit Legenden und Klischees rund um die blau gekleidete Palastgarde und Kampftruppe auf und schildert, wie die Rekrutierung und der Militärdienst aussahen.
Um seine „blauen Kinder“ nach Potsdam zu locken, war dem Herrscher nahezu jedes Mittel recht, auch Täuschung und Menschenraub. Friedrich Wilhelm I., der sich als Obrist seiner Langen Kerls fühlte, übernahm für sie rundum die Verantwortung. Zum Beispiel setzte er sie nie ernsthaften Kampfhandlungen aus.
Nach seinem Tod (1740) löste sein Sohn, König Friedrich II. („der Große“), die Truppe auf und übernahm sie in die „normale“ Armee, wo sie schon bald in den schlesischen Kriegen verheizt wurde. „Sie fochten, bis sie den Geist aufgaben; sodann deckten sie mit ihren schönen Leibern, in Reihen und Gliedern gestreckt, ihren blutigen Schlachtplatz“, beschrieb ein Zeitgenosse das klägliche Ende vieler Angehöriger des ebenso gefürchteten wie belächelten Königsregiments.
Aus den Dokumenten geht deutlich hervor, dass der Soldatenkönig bis in Einzelheiten genaue Einsicht in den von ihm geschaffenen militärischen Mikrokosmos hatte, der zum Vorbild des künftigen preußischen Staates werden sollte, und jede Disziplinlosigkeit, jeden Fluchtversuch drakonisch ahndete. Die Akten belegen etwa, dass der König die Uniformierung der Garde vorschrieb und überwachte. Er sorgte sich gelegentlich persönlich darum, dass weit weg wohnende Frauen und Kinder nach Potsdam übersiedelten, und er griff ein, wenn sich Offiziere Geld aneigneten, das den Soldaten zustand.
Aufschlussreich war auch die soziale Zusammensetzung der Truppe. „In der gleichen Reih, im selben Glied des Königsregiments schulterten gegebenenfalls Adlige und Unterschichten das Gewehr, exerzierten wohlhabende Hausbesitzer neben Kleinkriminellen, manövrierten gutsituierte Familienväter zusammen mit sozial entwurzelten Heimatlosen“, schreibt Kloosterhuis. Wer da in Reih und Glied beieinander stand, geht aus so genannten „Rangierrollen“ hervor. Wie Offiziere und Rekruten aussahen und uniformiert waren, zeigt der Bildanhang.
Dort findet man auch die Abbildung der Skelette von zwei 2,12 Meter und 2,23 Meter großen Grenadieren, die beim Soldatenkönig gedient hatten. Man muss kein Experte sein um zu erkennen, wie schwer die bedauernswerten Riesen an ihrer ungewöhnlichen Körpergröße litten. Nicht einmal das dreißigstes Lebensjahr sollten sie erreichen.
Info:
Legendäre „Lange Kerls“. Quellen zur Regimentskultur der Königsgrenadiere Friedrich Wilhelms I., 1713-1740. Bearbeitet und herausgegeben von Jürgen Kloosterhuis. Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz, 752 Seiten, 62 Euro.
Quelle: Märkische Allgemeine, 12.1.2004
Rumänischer Geheimdienst behindert Akteneinsicht
Trotz eines Gesetzes zur Öffnung der Archive wird die Aufarbeitung der Vergangenheit in Rumänien durch die Ex-Kommunisten erschwert. Oppositionelle fanden aber einen Weg, 1.500 Namen ehemaliger Mitarbeiter der Securitate zu veröffentlichen.
Als Marius Oprea nach Jahren des Wartens endlich seine Securitate-Akte einsehen konnte, staunte er nicht schlecht. Der 39-jährige Historiker vom Bukarester „Institut für Zeitgeschichte“ hatte einen Stapel dicker Aktenordner erwartet. Doch was er im April 2001 zu Gesicht bekam, waren ganze sechs Seiten. Dabei hat Oprea eine garantiert aktenträchtige Vergangenheit. Das erste Mal verhaftete ihn die Securitate im Sommer 1988. Da hatte er gerade sein Geschichtsstudium in Bukarest und einige illegale Aktionen hinter sich: Mit Kommilitonen hatte er heimlich Flugblätter gegen die Ceausescu-Diktatur verteilt. Nachdem die Securitate ihm und seinen Freunden auf die Spur gekommen war, musste er sich im Zwei-Wochen-Rhythmus beim Geheimdienst zu Verhören melden – bis zum Sturz des Diktators im Dezember 1989.
Die Erfahrungen mit dem Geheimdienst ließen Oprea nicht mehr los. Nach 1989 begann er die Geschichte der Securitate zu erforschen. Inzwischen ist er einer der prominentesten rumänischen Securitate-Experten. Sehr zum Missfallen ehemaliger Securitate-Offiziere, die heute in den Nachfolgegeheimdiensten arbeiten. Oprea ist sich sicher, dass seine Akte nahtlos weitergeführt wurde und er sie deshalb bis heute nicht einsehen kann. Er habe etwa erfahren, erzählt Oprea, dass er bei rumänischen Geheimdiensten als ausländischer Spion geführt werde – weil er des Öfteren mit der deutschen Gauck-Behörde zu tun hatte.
Opreas Fall ist beispielhaft dafür, wie Rumänien mit seiner Geheimdienstvergangenheit umgeht. Nach dem Sturz Ceausescus dauerte es allein zehn Jahre, bis das Parlament ein Gesetz zur Aktenöffnung verabschiedete. Zwar kann seit Frühjahr 2000 jeder rumänische und ausländische Bürger Einsicht in seine Securitate-Personalakte beantragen. Auch Historiker haben die Möglichkeit, die Akten von Ceausescus Geheimdienst zu Forschungszwecken zu studieren. In der Praxis jedoch stößt die Aktenöffnung bis heute auf Hindernisse. Nach dem Aktenöffnungsgesetz brauchen Personalakten mit Informationen, die die nationale Sicherheit Rumäniens berühren, nicht an die Betroffen ausgehändigt werden.
Tatsächlich mussten viele Betroffene feststellen, dass bei Einsicht umfangreiche Teile fehlten. Hinzu kommt, dass die Securitate-Archive nicht von der Aktenöffnungsbehörde (CNSAS) selbst verwaltet werden, sondern von den Nachfolgegeheimdiensten der Securitate, so vom Rumänischen Informationsdienst (SRI). Die Geheimdienste sind zwar gesetzlich verpflichtet, die Archive Stück für Stück dem CNSAS zu übergeben. Sie spielen jedoch auf Zeit. Knapp vier Jahre nach Beginn der Aktenöffnung verwaltet das CNSAS lediglich etwa 4 Prozent des gesamten Archivbestandes. Auch innerhalb der Behörde gibt es Konflikte. Ihr steht ein zwölfköpfiges Leitungsgremium vor, dessen Mitglieder vom rumänischen Parlament nach Parteienproporz entsandt werden. Monatelang erschienen im letzten Jahr die von der regierenden wendekommunistischen „Sozialdemokratischen Partei“ (PSD) eingesetzten Vertreter nicht zu Sitzungen des CNSAS-Leitungsgremiums. Mit der Folge, dass die Arbeit der Aktenöffnungsbehörde praktisch brachlag. Dabei ging es um weitreichende Entscheidungen – unter anderem darum, ob die Namen ehemaliger Securitate-Offiziere veröffentlicht werden können. Für die Regierungspartei ist das natürlich unangenehm, sind doch viele ihrer Mitglieder ehemalige Securitate-Mitarbeiter gewesen. Prominentestes Beispiel ist der PSD-Abgeordnete Ristea Priboi, dem vorgeworfen wird, Gegner der Ceausescu-Diktatur verhört und misshandelt zu haben. Mitte Oktober wurden nach langem Hin und Her erstmals 33 Namen ehemaliger Securitate-Offiziere veröffentlicht, Ende Dezember noch einmal 5 weitere.
Viele dieser Leute sind längst verstorben. „Nach vier Jahren 38 Securitate-Offiziere, davon ein Drittel tot – ein Hohn!“ Marius Oprea schüttelt den Kopf. Er glaubt nicht daran, dass die regierenden Wendekommunisten künftig mehr Offenheit zulassen werden. Deshalb hat Oprea zusammen mit Kollegen vom „Institut für Zeitgeschichte“ ein eigenes Projekt zur Veröffentlichung der Namen von Securitate-Offizieren ins Leben gerufen. Die Methode ist einfach: Oprea und seine Kollegen sprechen mit Leuten, die bereits Einsicht in ihre Akten erhalten haben, und schreiben aus deren Unterlagen die Namen von Securitate-Offizieren heraus. So kamen in den letzten Monaten rund 1.500 Namen zusammen. Mitte Dezember begann die rumänische Wochenzeitung Academia Catavencu mit der Veröffentlichung. „Wir werden das machen, solange wir Namen finden“, sagt Marius Oprea. „Wenn eine staatliche Institution wie die Aktenöffnungsbehörde in ihrer Arbeit absichtlich von der Politik behindert wird, dann muss eben die Zivilgesellschaft eingreifen.“
Quelle: taz Nr. 7255, 12.1.2004, 10
Archiv der Gesellschaft Casino jetzt im Stadtarchiv Duisburg
Altes kann so schön sein. Gerade ist wieder ein bedeutendes Stück Gesellschaftsgeschichte der Stadt sichergestellt worden. Das Stadtarchiv Duisburg hat jetzt das Archiv der traditionsreichen „Gesellschaft Casino“ in Verwahrung genommen und damit vor dem Auflösen gerettet. Die Gesellschaft Casino wurde 1858 gegründet und ist somit eine der ältesten Gesellschaften in der Umgebung. In ihrem Archiv finden sich entsprechend interessante wie alte Vermächtnisse aus dem gesellschaftlichen Leben des bürgerlichen und gut situierten Milieus wieder.
Hauptsächlich sind es Akten, alte Jubiläumsfestschriften, Korrespondenzen. So ist beispielsweise ein Dankensschreiben von Hindenburg aus dem Jahr 1932 zu finden, mit dem er sich für die Einladung zu einem der traditionellen Herrenabende im Duisburger Hof bedankt. Auch etwas zu früherer Zeit sicher Schmackhaftes ist wieder aufgetaucht. Eine Flasche Wein aus dem Jahr 1946. Jener Traubensaft war in früherer Zeit für die ehrwürdige Herrengesellschaft ein wichtiges Element ihrer Existenz.
In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts lagerte die Gesellschaft Casino Wein im Wert von damals etwa 400 000 Mark in ihren Kellern in der Altstadt. „Heute wären das Millionenwerte“, schwärmt der Ehrenpräsident Helmut Wehage. Bis zu 30 Fuderfässer (Inhalt: 1000 l) müssen sich in nur einem Gewölbe befunden haben. Von ihren Besitztümern musste sich die Gesellschaft allerdings trennen.
Vieles ist im Bombenhagel des Zweiten Weltkrieges zerstört worden. Später mussten die diversen Immobilien an der Kasinostraße, der Steinschen Gasse und der Beekstraße verkauft werden. Der Erlös hilft den etwa 150 Mitgliedern heute noch in der Finanzierung ihrer Veranstaltungen, an deren Top der traditionelle Herrenabend steht. Die Inhalte des Archivs waren bisher in diversen Kellern verteilt. Mit der neuen Lösung sind die Gesellschaft wie Stadtarchivar Hans Georg Kraume sehr glücklich.
Kontakt:
Stadtarchiv Duisburg
Karmelplatz 5
47049 Duisburg
stadtarchiv@stadt-duisburg.de
Quelle: NRZ online, 10.1.2004
Kreisheimatbund Diepholz beleuchtete das Schicksal von Gefangenen
„Auseinandersetzung mit der Vergangenheit“ war das Thema des Ausschusses „Heimatkunde im Unterricht“ des Kreisheimatbundes Diepholz am Donnerstag Nachmittag bei seiner Zusammenkunft im Syker Kreismuseum. Unter den Teilnehmern konnte Museumschef Dr. Ralf Vogeding als Gastgeber neben Vertretern der Heimatvereine auch Frauen und Männer aus dem Schuldienst begrüßen.
Manfred Schimpff, der im Kreisheimatbund Diepholz den Ausschuss „Heimatkunde im Unterricht' leitet, lag am Herzen, dass in Schulen wie auch in der Öffentlichkeit das Schicksal von 20 000 Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern, die während des II. Weltkriegs im Bereich des Kreisheimatbundes darbten, nicht länger totgeschwiegen wird.
Er konnte verschiedene Referenten gewinnen, die sich bereits intensiv mit diesem bedrückenden Kapitel deutscher Geschichte befasst haben. Angeführt wurden sie vom Museumsdirektor Dr. Vogeding selbst. Auf Anregung des früheren Oberkreisdirektors hatte das Kreisheimatmuseum die Wanderausstellung „Der Willkür ausgesetzt' diesem Thema gewidmet.
Nur die enge Zusammenarbeit mit den Gemeindearchiven habe sie ermöglicht, beteuerte Vogeding und fühlte sich dadurch bestätigt, dass die Ausstellung ab kommender Woche „auf Tour geht“ und bereits für ein ganzes Jahr ausgebucht ist. Dann erläuterte er sehr bewegend die Fotos und Dokumente dieser regionalen Konfrontation mit erlebter Geschichte.
Aus Nienburg/Weser war die Journalistin Sabine Hildebrandt gekommen, deren Dokumentations-Roman „Wir wussten nichts davon' 2002 erschien. Sie entwickelte daraus eine Homepage mit Zeitzeugenaussagen, Dokumenten und Links zu weiteren Quellen. Offensichtlich kam diese sehr gut an und wird nun als CD-ROM den Schulen angeboten.
Falk Liebezeit, Archivar aus Diepholz, hatte für den Landkreis die Ortspresse nach Spuren der NS-Zeit durchforstet und daraus eine Materialsammlung erstellt: „Ein Findbuch', wie er sich äußerte, „für ortsnahe Unterlagen über Zwangsarbeiter, Kriegsgefangenenlager oder NS-Strukturen.'
Erich Hillmann-Apmann stellte sein Buch „Schwarme – ein Dorf im Nationalsozialismus' vor, das diese Strukturen wiedergibt. Daneben nimmt es sich aber auch der Kriegsgefangenen und Zwangsarbeiter an. Wolfgang Wortmann schließlich zeigte seinen Videofilm „Heil Hitler, Herr Lehrer', in dem Zeitzeugen anschaulich ihre Jugend zwischen 1933 und 1948 Revue passieren lassen.
Mit ihrer Ehrlichkeit beeindruckten die Zeitzeugen sichtlich die Zuschauer.
Quelle: Weser Kurier (Syker Kurier), 10.1.2004