Die Idee, die Geschichte aufzuschreiben und Zeitzeugnisse zu sammeln, ist nicht neu. Max Biller verweist dazu auf einen kleinen, vergilbten Zeitungsausschnitt im Ausstellungsraum des Peißenberger Archivs. Dort ist zu lesen, dass schon König Ludwig I. anno 1837 anregte, alle Gemeinden sollten Archive anlegen. „Angeregt wird von oben schnell was“, meint Biller dazu. Die Umsetzung mache aber viel Arbeit. Und dieser Arbeit geht Biller für Peißenberg nun seit 25 Jahren mit Freuden nach.
Wenn Biller über das Archiv der Marktgemeinde erzählt, das er in der ehemaligen Hausmeisterwohnung des Rathauses eingerichtet hat, ist er nicht zu bremsen. Eine Vielzahl von Namen und Zahlen aus der Peißenberger Geschichte hat er im Kopf. Vom Rest weiß er, wo er nachschauen kann. Hunderte von Aktenordnern hier, Tausende von Fotos und Dias da, ohne dass der Archivar den Überblick in der Sammlung verliert, zu der neben Kohlebrocken aus dem Bergwerk auch ein Peißenberger Biertragel und eine rumänische Bierflasche gehören. „Von einem Peißenberger Braumeister gebraut“, erklärt Biller.
Wie er dazu kam, das Archiv zu betreuen, weiß Biller noch ganz genau. Es war die Heimatkunde, die er als Lehrer an der Schule St. Johann unterrichtete. „Wie hoch ist der Turm?“, „Wie viele Glocken hängen dort oben?“ und ähnliches hätten die Schüler immer wieder gefragt. Und was habe er darauf antworten können? „Ja, mei . . .“ So trug er Fakten über den Ort zusammen, die als Unterrichtsgrundlage dienen konnten. Und dieses Wissen wollte er allen zugänglich machen. Nachdem er die vakante Stelle des Gemeindearchivars übernommen hatte, machte er sich sofort daran, das Wissen für die Veröffentlichung aufzubereiten. Was seither in Peißenberg geschehen ist, ist in den Jahreschroniken nachzulesen, und aus der ursprünglichen Stoffsammlung für den Schulunterricht wurde das „Peißenberger Heimatlexikon“.
Das älteste Stück im Archiv ist rund 300 Jahre alt. Gemeindeaufzeichnungen sind es, die Biller neu binden ließ, „in Kalbsleder“, versteht sich. Der Archivar kümmert sich aber nicht nur um Altes. Er sammelt auch laufend Neues. „Rund 30 Objekte kommen pro Jahr dazu“, schätzt er. 2003 waren der Spaten, mit dem der erste Spatenstich am Bürgerhaus gemacht wurde, eine Doktorarbeit über prähistorische Funde und ein Videofilm über den Abbruch des Kraftwerkkamins darunter.
Auch das Archiv selbst hat Biller ordentlich dokumentiert: „Damit einmal der Nachfolger schnell den Überblick hat.“ Der pensionierte Lehrer, der sein Alter für „nicht so wichtig“ hält, denkt aber noch nicht ans Aufhören. Im Gegenteil: Er hat schon neue Pläne. Wenn das Bürgerhaus in den Tiefstollenhallen fertig ist, möchte er dort eine Plakatausstellung machen. Vom ältesten Plakat, das für das Volksfest 1933 warb, bis zum neuesten über eine Antarktisexpedition von Ärzten soll dort ein repräsentativer Querschnitt von dem zu sehen sein, was einst Peißenberg und mehr bewegte. Natürlich will Biller auch die Chronik der Marktgemeinde weiterführen, die seit 25 Jahren erscheint. Und dann hat er noch einen großen Plan. „In den 20 Jahren hat sich viel getan“, meint er angesichts des Alters des Peißenberger Heimatlexikons, „es wäre Zeit für ein Nachfolgewerk.“
Quelle: Merkur online, 29.1.2004