Von wegen Paragraphenreiter

In zweieinhalb Wochen, am 8. Februar, wählt Braunsbach seinen neuen Bürgermeister. Beworben hat sich auch der Künzelsauer Stadtarchivar Stefan Kraut (Link). HZ-Redakteurin Barbara Griesinger hat sich mit ihm über seine Ambitionen auf den Bürgermeistersessel in der Nachbarschaft unterhalten. 
 
Ist der Wahlkampf stressig, haben Sie viele Termine jetzt und macht's Spaß?

Kraut: Stress – was ist das? Im Ernst: Wenn mich das stresste, dürfte ich das Amt des Bürgermeisters gar nicht ausüben. Ich habe sieben eigene Vorstellungsgespräche, eine offizielle Kandidatenvorstellung und das HT-Forum. Dazu kommen Besuche bei den Firmen, unzählige Gespräche mit Bürgern. Insgesamt: Es macht Spaß und ist eine große persönliche Bereicherung.

Archivaren wird nachgesagt, dass sie eher zurückhaltende menschenscheue Wesen sind, die am liebsten mit ihren Folianten alleine sind. Bürgermeister dagegen stehen zwangsläufig mitten in der Öffentlichkeit. Gegensätzlicher geht es kaum. Sind Sie also eher ein untypischer Archivar oder werden Sie ein untypischer Bürgermeister?

Kraut: Kennen Sie mich als menschenscheu? Sicher bin ich nicht auf dem Stand vor 18 Jahren stehen geblieben. Ein untypischer Bürgermeister werde ich sicher, denn ich werde mich nicht in die Reihe der Paragraphenreiter und Bedenkenträger einreihen lassen. Gerade in unseren Tagen müssen wieder Visionen entwickelt werden.

Sie sind den Künzelsauern als Stadthistoriker und Stadtarchivar bekannt. Haben Sie jetzt genug von der Künzelsauer Stadtgeschichte?

Kraut: Bei der Stadtverwaltung Künzelsau habe ich eine große Vielfalt von Aufgaben bekleidet, dank meiner äußerst flexiblen Einsatzfähigkeit. Und das letzte wäre, nicht über den Tellerrand der jeweiligen Gemeinde sehen zu können. Wenn Sie schon die Geschichte ansprechen: Sie lehrt uns, dass Künzelsau nie isoliert da lag, sondern stets mit seiner Nachbarschaft ein gemeinsames Schicksal hat. Genau das ist ja die Botschaft, die die Initiative Pro Regio entwickelt hat. Übrigens hat Braunsbach unheimlich viel historische Parallelen zu Künzelsau.

Welche Aufgabenbereiche haben Sie in der Stadtverwaltung und was ist Ihr Haupttätigkeitsbereich?

Kraut: Mein derzeitiger Schwerpunkt ist Veranstaltungsmanagement, Kultur und Städtepartnerschaft.

Was sind für Sie Ihre größten Erfolge während Ihrer Tätigkeit für die Stadt Künzelsau ?

Kraut: Die Erfolge waren immer damit verbunden, dass man seinen Mitmenschen helfen konnte. Das konnte dann auch was ganz kleines sein, dass jemand beispielsweise eine Rente bekommt. Oder dass ich Menschen zusammenführen konnte. Oder dass ein Fest gut gelungen war. Was immer ich den Menschen Gutes tun konnte, empfand ich als einen Riesenerfolg. Auch das Jubiläumsjahr 1998 etwas Besonderes.

1997 haben Sie bereits bei der Bürgermeisterwahl in Weikersheim Ihren Hut in den Ring geworfen. Was reizt den gelernten Historiker an einem Bürgermeistersessel?

Kraut: Mich reizt die verantwortungsvolle Aufgabe, eine Gemeinde zu führen, Zukunftsperspektiven zu entwickeln, der die vielfältigen Aufgaben energisch anzugehen und eine ausgesprochen reizvolle Gemeinde mit ihren Ortsteilen weiter voranzubringen.

Und wo sehen Sie die Perspektiven für Braunsbach?

Kraut: Da möchte ich mit Stichworten antworten: Fortsetzung der laufenden Hochwasserschutzmaßnahmen, Förderung des Fremdenverkehrs, Hilfe bei der Umstrukturierung der Landwirtschaft, Umnutzung leer stehender Gebäude, Förderung der Vereinsarbeit, und so vieles andere mehr.

Sie sind kein gelernter Verwaltungsmann. Ist man nach einen Studium der Geschichte, Germanistik und Philosophie fit genug, um die Zukunft einer Kommune zu gestalten?

Kraut: Meine Ausbildung, meine berufliche Entwicklung haben mir Einblicke ins System vermittelt und erheblich an Rüstzeug mitgegeben. Daher fühle ich mich absolut fit. Zumal mir bekannte Bürgermeister meine Qualifikation für das Amt bestätigt haben.

So ein Wahlkampf kostet auch Geld? Finanzieren Sie Ihren Wahlkampf selbst oder haben Sie die Unterstützung einer Partei?

Kraut: Bis heute habe ich alles aus eigener Tasche bezahlt. Ich bin parteilos. Als unabhängiger Bewerber um den Braunsbacher Bürgermeisterposten werde ich allen Braunsbacher Bürgerinnen und Bürgern, allen politischen Gruppierungen sowie den zahlreichen Vereinen offen begegnen.

Quelle: Stimme.de, 21.1.2004

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