Dem wandernden Nagelschmied auf der Spur

Die Erinnerungen eines Nellinger Nagelschmieds sind nun auf Papier gebannt. Der fünfte Band in der Schriftenreihe des Stadtarchivs Ostfildern widmet sich dem Leben von Friedrich Hartmann.

Friedrich Hartmann hat nicht nur geschmiedet. Der 1862 geborene Sohn eines Nellinger Schäfers hat auch geschrieben. Und so sind die Nellinger zu einer „spannenden und außergewöhnlichen“ Autobiografie aus dem 19. Jahrhundert gekommen, wie Stadtarchivar Jochen Bender bei der Bearbeitung des Manuskripts für die Buchfassung festgestellt hat. Der Nagelschmied hat nicht nur seine kränkliche Kindheit und die harten Lehrjahre in Esslingen beschrieben, im fünften Band der Schriftenreihe aus dem Stadtarchiv ist auch die Erzählung einer entbehrungsreichen Wanderschaft nachzulesen. Hartmann war nicht nur als Nagelschmied tätig. In der Schweiz tingelte er als Musikant durch die Wirtshäuser – und lernte die Tochter eines Nagelschmieds kennen. Sie wurde seine Frau, gemeinsam wanderten sie nach Savoyen aus.

Das illustrierte Buch kostet 11,20 Euro und ist im Stadtarchiv sowie im Ostfilderner Buch- und Schreibwarenhandel erhältlich.

Kontakt:
Stadtarchiv Ostfildern
Stadtarchivar Jochen Bender
Nellingen, Klosterhof
(unten an der Treppe zwischen ev. Kirche und Parkgarage Wilhelmstraße)
Tel. 0711 3404-287
Fax 0711 3404-9287
E-mail: J.Bender@Ostfildern.de

http://www.stadtarchiv.ostfildern.de/

Quelle: Stuttgarter Zeitung, 13.11.2003

Das Archiv lebendig werden lassen

Das Stadtarchiv Bad Homburg hat eine neue Leiterin. Die 34-jährige Dr. Astrid Krüger hat zum 1. November die seit dem Tod von Alfred Biallas im April 2002 verwaiste Stelle angetreten. „Wir versprechen uns viel von ihr“, erklärte Oberbürgermeisterin Dr. Ursula Jungherr (CDU) gestern bei der Vorstellung der gebürtigen Frankfurterin, die zuletzt ein Referendariat am Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz in Berlin sowie an der Archivschule in Marburg absolviert hat.

„Frau Krüger hat überzeugend dargelegt, wie sie mit der Bevölkerung und hier speziell mit den Schulen zusammenarbeiten will“, berichtete Jungherr. Ziel sei es, Geschichte zu vermitteln und Archivgut lebendig werden zu lassen. „Deshalb hat mich die Arbeit in einem Stadtarchiv auch ganz besonders gereizt“, betonte Krüger. Sie wolle einen „Fokus“ bilden für die Stadtgeschichte und deren Vermittlung. Deshalb wolle sie sowohl „mit dem Archiv in die Schulen hineingehen“ als auch „die Schulen ins Archiv holen“. Es gehe darum, bei jungen Menschen die Begeisterung für Geschichte und für Stadtgeschichte zu wecken.

Krügers Begeisterung für die Homburger Stadtgeschichte ist übrigens schon kurz vor ihrer Bewerbung geweckt worden: Durch Kontakte über die Universität Frankfurt, an der sie einst Geschichte und Französisch studiert hat, war sie in die Ausgrabungsarbeiten von Prof. Henning in der Altstadt involviert und arbeitete zur Ersterwähnung Dietigheims im Lorscher Codex.

Ihre Dissertation machte Krüger, die Stipendien vom Graduiertenkolleg „Schriftkultur und Gesellschaft im Mittelalter“ in Münster sowie dem Deutschen Historischen Institut in Paris erhielt, über Allerheiligen-Litaneien des neunten Jahrhunderts. Nach Abschluss ihrer Promotion arbeitete sie vom Herbst 2000 bis zum April 2001 am Frankfurter Institut für Stadtgeschichte. Es folgten die Stationen in Berlin und Marburg. Krügers neuer Arbeitsplatz befindet sich im Gotischen Haus – auch wenn die Archivalien nach der notwendig gewordenen „Entschimmelungs-Kur“ bekanntlich vorübergehend im Untergeschoss der Stadtbibliothek gelagert werden. Langfristig sollen die Archivleiterin und die Archivalien aber unter einem Dach vereint werden.

Kontakt:
Stadtarchiv Bad Homburg
Gotisches Haus
Tannenwaldweg 102
D-61350 Bad Homburg

Quelle: Frankfurter Neue Presse, 12.11.2003

Tag der offenen Tür in Lipper Archiven

Am Sonntag, dem 16. November 2003, findet im Kreis Lippe der „Tag der offenen Tür“ der Archive statt. Das Stadtarchiv Lage zeigt in einer Ausstellung Luftaufnahmen von Betrieben und Firmen aus der Kernstadt sowie aus den umliegenden Ortsteilen. Gleichzeitig kann ein Blick hinter die Kulissen des Archivs geworfen werden.

Das Stadtarchiv Lage (Clara-Ernst-Platz 5) beispielsweise wird von 14.00 bis 18.00 Uhr geöffnet sein; Führungen durch die Räumlichkeiten finden um 14.30 Uhr und 15.30 Uhr statt.

Alle Archive, die sich an diesem »Tag der offenen Tür« beteiligen, verstehen sich als Dienstleistungsbetriebe. Sie sind »Häuser der Geschichte«, Bewahrer und Vermittler des historischen Erbes und fungieren zugleich als Lernorte für Schüler und Erwachsene. Hier können Wissenschaftler und Genealogen, aber auch »Heimatforscher« ihrem Informationsbedürfnis nachkommen.

Mit der Bewertung, Erschließung und der dauernden Aufbewahrung der archivalischen Überlieferung sowie deren Bereitstellung für Forschungszwecke erfüllen die Archive eine unverzichtbare gesellschaftliche Aufgabe.

Am »Tag der offenen Tür« ist jeder Interessierte eingeladen, sich über das breite Spektrum der Arbeit der Archive im Kreis Lippe zu informieren. Zugleich besteht die Möglichkeit, sich einen Einblick in die Vielfältigkeit der in den einzelnen Archiven verwahrten Archivalien (Amtsbücher, Akten, Karten und Pläne, Plakate, Fotos und Filme usw.) zu verschaffen.

Quelle: Lage.de

Begegnungs-Zentrum „Friedrich Teutsch“ in Hermannstadt eröffnet

Als sich die Gemeindeglieder geschlossen nach dem Gottesdienst und an der Spitze mit dem Bischof, dem Stadtpfarrer sowie anderen kirchlichen und weltlichen Würdenträgern am 18. Sonntag nach Trinitatis aus der evangelischen Stadtpfarrkirche von Hermannstadt über die ehemalige Fleischergasse in Richtung Johanniskirche in Bewegung setzten, wunderte sich ein Passant: „Ob die Sachsen wohl heute gemeinsam zu den Urnen schreiten?“ Man schrieb den 19. Oktober: Der zweite Tag des Referendums in Rumänien war angesagt, und in vielen orthodoxen Gotteshäusern hatten Priester und Popen ihre Gläubigen aufgefordert, nach der Aussegnung die Wahllokale aufzusuchen und für die neue Verfassung zu stimmen.

Das war aber hier nicht der Fall. Vielmehr stand die Begegnung als Schlüsselwort eingangs in der Festpredigt von Oberkirchenrat Rainer Rinne und dann beim Treffen im Foyer des ehemaligen Waisenhauses als Kern- und Angelpunkt der gesamten Veranstaltung an diesem „Freudentag für unsere Kirche und unsere Stadt“ (Bischof Christoph Klein). Denn an diesem Tag wurde das Begegnungs- und Kulturzentrum „Friedrich Teutsch“ in der ehemaligen Hechtgasse auf dem einstigen Soldisch-Grund eröffnet. Und das war der Anlass dieser Begegnung zunächst unter Initiatoren wie Sponsoren, unter wohlwollenden Freunden und Begleitern dieses Hauses, wo künftig aber auch Angehörige verschiedener Ethnien und Konfessionen der „siebenbürgischen Kultur begegnen werden“. Denn dies sei eine neue Pflanzstätte „voll gestopft bis unter das Dach mit Geschichte und Tradition“, so Oberkirchenrat Rinne. Noch mehr: „Es ist dies eines der ersten Gebäude, das unsere Gemeinschaft nach der kommunistischen Enteignung wieder übernommen hat“, unterstrich Bürgermeister und DFDR-Vorsitzender Klaus Johannis. Und übernommen habe man sinngemäß nicht nur den einstigen Besitz, sondern auch einen Teil unsere Geschichte, so Johannis.

Obzwar vormals als „kulturelle Zentrale“ der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien und mithin im Geiste ihrer Tradition gedacht, wird sie vermehrt auch unserer „nachhaltigen Öffnung gegenüber dem Umfeld“ (Bischof Klein) Rechnung tragen und über „die Pflege der Identität zugleich die Integration der sächsischen Gemeinschaft“ (BRD-Botschafter Wilfried Gruber) in dies Umfeld fördern, kurz: „eine Vorreiterrolle in den deutsch-rumänischen Beziehungen spielen“, so Dr. Jürgen Martens im Namen der Beauftragten der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und Medien.

Trotzdem mischte sich unter diesen Tag der Freude auch „Wehmut und Trauer“ (Hanspeter Peterson, Abteilungsleiter beim Diakonischen Werk der EKD). Denn mit dem Exodus der Sachsen nach 1990 kam die Gefahr auf, dass die in den mittlerweile verlassenen Pfarrhäusern aufbewahrten Archive, vasa sacra oder anderen wertvolle Gerätschaften ebenso wie die in Kirchen vorhandenen Altäre, Orgeln, anatolische Teppiche, Glocken u.a.m. bedroht waren wie noch nie zuvor. Die Einrichtung einer Sammelstelle für diese Objekte rückte daher neben der geistlichen Betreuung und der diakonischen Aufgabe unserer Kirche sogleich an die dritte Stelle der Prioritäten „des Mitte 1990 neu gewählten und eingeführten Bischofs“, heißt es in der Festschrift zu Eröffnung des Hermannstädter Teutsch-Hauses.

Seit 2000 entstand das Kulturzentrum nach und nach und verfügt zurzeit über eine Transsylvanica-Bibliothek und Archivabteilung im Erdgeschoss sowie Museumsräumlichkeiten samt Begegnungstrakt im Obergeschoss – übrigens 70 Jahre nach dem Tod des Namensgebers und 120 Jahre nach der Erbauung des evangelischen Waisenhauses neben der Johanniskirche.

Doch auch von mehreren Glücksfällen war an diesem Tag die Rede. So hatte Dr. Wolfram Theilemann als promovierter Historiker bereits 1994 die Arbeiten im Bischofspalais an dem künftigen Archiv und der Bibliothek aufgenommen. Heute ist der Gatte einer aus Siebenbürgen stammenden Theologin der Leiter des Teutsch-Hauses. 2001 konnte man die Diplom-Archivarin Liliana Popa zur Mitarbeit in diesem Bereich gewinnen, für 2004 hat auch die emeritierte und langjährige Leiterin des Hermannstädter Staatsarchivs, Monica Vlaicu, ihre Mitarbeit zugesagt. Konzeptionshilfe und Unterstützung erhielt man ferner vom Siebenbürgen-Instiut aus Gundelsheim am Neckar und seinem Geschäftsführer Dr. Harald Roth, der auch über den „Arbeitskreis für Siebenbürgische Landeskunde“ und dessen derzeitigen Vorsitzenden Dr. Ulrich Wien ein Projekt der Volkswagenstiftung betrieben hatte, wobei man u.a. 155 siebenbürgisch-sächsische Archive unserer Gemeinden mittlerweile aufgearbeitet hat. Die Archivabteilung sieht demnach „einer verheißungsvollen Zukunft entgegen“, auch wenn vom Arbeitskreis eine andere Botschaft bei diesem Festakt verlesen wurde. Fest steht jedoch: „Mit ihrem Depot von rund 300 Quadratmetern Fußbodenfläche sowie den Bibliotheks-, Arbeits- und Leseräumen wird sie eine der wichtigsten Institutionen dieser Art in unserer Stadt und darüber hinaus im gemeinsamen Umfeld sein“, vermerkt die Festschrift.

Und weiter vermerkt werden die Vorleistungen an Sammel-, Ordnungs- und Aufbauarbeit von Dr. Gerhard Schullerus, Dr. Lore Poelchau oder Dr. Cornelia Schlarb sowie die Bemühungen der Bezirke Hermannstadt (in Großau), Kronstadt (in Tartlau), Mediasch, Schäßburg und Mühlbach schon 1990 um die Rettung wertvoller Kulturgüter. Ein Teil davon wurde nun bei der Eröffnung des Teutsch-Hauses im Museum gezeigt, darunter ein orientalischer Teppich aus Baaßen, die Fahne der evangelischen Bruderschaft aus Hahnbach, ein Glockenspiel aus Kirtsch, die Glocke aus Hundertbücheln, ein Altarbild aus der gleichen Gemeinde am oberen Harbach und weitere Altarplastiken, zudem mehrere Taufbecken, eine Sammlung von Abendmahlkelchen, Bibeln, Kirchenordnungen und Gesangbüchern sowie, als ausgefallenes Kleinod, Familienbilder des ehemaligen Waisenhauszöglings Johann Depner (geboren 1911), die von seinen Verwandten um Shirley Taylor (heute in Washington lebend) dem Museum zur Verfügung gestellt wurden.

Ihnen allen, vor allem dem Bundesministerium des Inneren, das von 2001 bis 2003 über das Bundesverwaltungsamt und das Diakonische Werk der EKD erhebliche Mittel zur Realisierung dieses Projekts zur Verfügung gestellt hat, dankte das Kirchenoberhaupt ebenso wie rund 30 weiteren Institutionen, Sponsoren und Vermittlern von finanziellen und Sachspenden zur Sanierung und Ausstattung des Begegnungs- und Kulturzentrums „Friedrich Teutsch“.

Kontakt:
Landeskonsistorium der Evangelischen Kirche A.B. in Rumänien
RO-55185 Sibiu / Hermannstadt
Str. G-ral Magheru Nr. 4
Tel./Fax. (0040) 0269/ 217 864
E-Mail: ev.landeskon@logon.ro

Quelle: Siebenbürgische Zeitung, Folge 18 vom 15. November 2003, Seite 3

Symposium über Frauen der Staufer

Das Interesse an den Staufern ist groß. Deshalb bietet die Göppinger Gesellschaft für staufische Geschichte im Wechsel zu den Staufertagen Symposien über dieses Herrschergeschlecht an. Das nächste findet am 15. November statt.

Die Staufer sind gefragt. Nicht nur bei den Teilnehmern der Symposien. Die Gesellschaft für staufische Geschichte hat auch keine Mühe, namhafte Referenten nach Göppingen zu holen. „Wir haben bisher noch keine Absage bekommen“, erklärt der Vorsitzende der Gesellschaft, Claus Anshof. Er denkt, dass die schnelle Veröffentlichung der Vorträge in einem Buch ein Anreiz für die Historiker ist, in Göppingen vor einem interessierten Laienpublikum zu sprechen.

Im Mittelpunkt des diesjährigen Symposiums stehen, wie bereits vor zwei Jahren, die Frauen der Staufer. Der Bonner Historiker Theo Kölzer beschäftigt sich mit Kaiserin Konstanze, der Gemahlin Heinrichs VI., die von 1154 bis 1198 lebte. Über die byzantinische Kaisertochter Irene, die als Frau Philipps von Schwaben 830 in Aachen gekrönt wurde, spricht Maria Magdalena Rückert vom Staatsarchiv in Ludwigsburg. Nachmittags schließen sich Vorträge über die Frauen Kaiser Friedrichs II. sowie Margarete von Babenberg und Elisabeth von Bayern an. Einen Überblick über die Heiratspolitik der Staufer im zwölften Jahrhundert gibt der Bonner Historiker Tobias Weller. Die Abschlussdiskussion, die um 16.45 Uhr beginnt, moderiert der Stuttgarter Historiker Wolfgang Stürner.

200 Teilnehmer haben sich für dieses dritte Symposium angemeldet. „Davon ist etwa die Hälfte von außerhalb“, freut sich Anshof. Dass die Staufer eine so große Faszination ausstrahlen, führt er darauf zurück, dass unter ihrer Herrschaft der europäische Gedanke erstmals Gestalt annahm. Das Interesse an den Staufern zeige sich aber nicht nur an dem großen Interesse für die Staufertage und die Symposien, die im Wechsel alle zwei Jahre stattfinden. Auch die Mitgliederzahl der Gesellschaft für staufische Geschichte sei sprunghaft gestiegen. „Und auch da kommen viele von außerhalb dazu.“

Kontakt:
Gesellschaft für Staufische Geschichte Göppingen
Claus Anshof
Hohenstaufenstr. 12
73108 Gammelshausen
 
Dr. Karl-Heinz Rueß, Geschäftsführer
Schlossstr. 14 (Stadtarchiv)
73033 Göppingen
Tel:  07161 / 97 95 22
Fax:  07161 / 97 95 21 

Quelle: Stuttgarter Zeitung, 8.11.2003

Stadtarchiv Münster zieht um

Nach 25 Jahren der Unterbringung im Lotharinger Kloster wechselt das Stadtarchiv Münster seinen Standort und zieht in die Speicherstadt Nord. Der Umzug nimmt drei Wochen in Anspruch. Daher ist das Archiv vom 3. bis 21. November 2003 geschlossen.

Am 22. November wird die Wiedereröffnung in den neuen Räumen des Stadtarchivs mit einem „Tag der offenen Tür“ gefeiert. Das Programm am Tag der offenen Tür:

  • 10.00 Uhr Öffnung der Räume des Stadtarchivs im Gebäude „An den Speichern 8“ für das Publikum
  • 11.00 Uhr  Festakt mit Schlüsselübergabe in der Backhalle des Gebäudes „An den Speichern 10“
  • 14.30 Uhr Eröffnungsveranstaltung zur Präsentation aller 76 Beiträge von insgesamt 170 münsterischer Schülerinnen und Schüler zum Geschichtswettbewerb 2002/2003 um den Preis des Bundespräsidenten

Am Tag der Wiedereröffnung werden außerdem drei Publikationen präsentiert:

Die neue Adresse lautet:
Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48 157 Münster
Telefon: 0251 492-4701
Telefax: 0251 492-7727
archiv@stadt-muenster.de

Geschichte der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg

Am 9. November jährt sich die Reichspogromnacht des Jahres 1938. Aus diesem Anlass stellt die Sozial- und Wirtschaftshistorikerin Dr. Martina Moede an diesem Sonntag die erste Chronik der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg vor (Vortrag im Rathaus um 15 Uhr, Eintritt frei).

„Auf das Thema bin ich 1997 bei einem Spaziergang gekommen. Ich kam zufällig am jüdischen Friedhof am Wulfsdorfer Weg vorbei. Daraufhin habe ich in der Stadtbücherei, im Stadtarchiv und im Landesarchiv Schleswig recherchiert“, erzählt die Schlossstädterin.

Obwohl die Reichspogromnacht vom 9./10. November, bei der die Nazis 267 Synagogen zerstörten, 91 Menschen töteten und rund 30 000 in Konzentrationslager verschleppten, noch nicht mal ein Menschenleben zurückliegt, gibt es auch in Ahrensburg Fragen über Fragen. Moede: „Wir können zum Beispiel nicht eindeutig sagen, ob die Synagoge hinter dem heutigen Pastorat der Schlosskirche brannte. Es leben ja kaum noch Augenzeugen.“

Moede hat trotzdem einiges über die „Reichskristallnacht“ (Nazi-Jargon) in Ahrensburg herausfinden können: „Sicher ist, dass die drei Brüder Harry, Ludwig und Magnus Lehmann aus der Kornhandelsfamilie Lehmann, die ihr Geschäft in der kleinen Rathausstraße betrieben, bei dem Pogrom verhaftet wurden. Ebenfalls am 9. November wurde der Student Otto Lehmann, Sohn von Harry Lehmann, in Kiel verhaftet. Vermutlich, weil er dort versucht hatte, die brennende Synagoge zu fotografieren.“

Die Brüder Lehmann wurden ins KZ Sachsenhausen verschleppt. – Otto Lehmann, dem die Emigration nach Südamerika gelang, schrieb in der Nachkriegszeit an das Ahrensburger Stadtarchiv: „Die Ereignisse der Kristallnacht waren eine große Ernüchterung, und mein Bruder (Hellmut Lehmann) beeilte sich, für die ganze Familie die Einreisegenehmigung nach Brasilien durchzusetzen, nachdem mein Vater, meine beiden Onkel (Ludwig und Magnus Lehmann) und ich im Konzentrationslager waren. Es dauerte fast ein Jahr, bis ich meine Einreisebewilligung nach Brasilien bekam.“

Die drei Brüder waren ins KZ Sachsenhausen verschleppt worden, kamen erst einige Wochen später wieder frei, weil sie versicherten, das Land verlassen zu wollen. Ludwig und Harry Lehmann gelang die Flucht nach Südamerika, Magnus Lehmann nicht. Moede: „Er wurde im Dezember 1941 nach Minsk deportiert und ermordet.“ Zwei weitere Ahrensburger hat die Forscherin ausgemacht, die von den Nazis ermordet wurden. Malie Levy, geboren am 28. September 1868 in Ahrensburg, wurde im November 1941 nach Lodz deportiert und ermordet. Edgar Levy, geboren am 2. Januar 1898, wurde einen Monat zuvor deportiert.

Es gab jedoch noch weitere Opfer der Nazi-Hetze gegen Juden. „Eheleute mit einem jüdischen Partner wurden unter Druck gesetzt, sich scheiden zu lassen.“ So sah sich der Ahrensburger Arzt Dr. Hugo Rath, der in der Waldstraße ein „Ambulatorium“ leitete, wegen seiner jüdischen Frau Veronika einer regelrechten Kampagne ausgesetzt. Abgesandte der NSDAP suchten sogar seine Patienten auf und empfahlen ihnen, seine Sprechstunden zu boykottieren.

Die Besitzerin der Adler-Apotheke wurde enteignet.
Moede: „Veronika Rath glaubte, dass sie ihrem Mann im Wege stünde. Sie nahm sich im Frühjahr 1938 das Leben.“ Veronika Rath, damals 55, war eine bekannte Wohltäterin: Als Mitglied im Frauenverein hatte sie Lebensmittel an Bedürftige verteilt.

Die Pogromnacht war auch der Auftakt zu einer organisierten Bereicherungswelle („Arisierung“). 1939 wurde die Ahrensburgerin Gertrud Eickhorst verhaftet. Begründung: Sie habe sich „auffällig benommen“. Der Apothekerin gehörte die Adler-Apotheke an der heutigen Hamburger Straße. Ihr nichtjüdischer Mann erwirkte ihre Freilassung, indem er den Wegzug nach Hamburg zusicherte. Die Apotheke wurde später zwangsverkauft, der Erlös beschlagnahmt.

Info:
Martina Moede: „Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg – Von der ersten Ansiedlung 1788 bis zur Deportation 1941“, Wachholtz-Verlag Neumünster (Reihe „Stormarner Hefte“), 410 Seiten, 26 Euro

Quelle: Hamburger Abendblatt, 8.11.2003

Verschwörungen und Attentate gegen Hitler

Die Aufmärsche auf dem Nürnberger Reichsparteitag veranschaulichen die Diktatur des Führers und die Schwierigkeit, sich Krieg, Terror und Töten zu widersetzen. Die Sicherheitsmaßnahmen für den Führer wurden immer größer, je mehr sich das Regime und der Krieg entwickelten. Sich dem Führer zu nähern, war und bleibt eine Heldentat. Das konnten nur Offiziere aus seinem Umfeld, die heimlich für die Verschwörung arbeiteten.

Christine Levisse-Touzé ist Kommissarin der Ausstellung „Verschwörungen und Attentate gegen Hitler“, die derzeit im „Marschall Leclerc-Memorial und Jean-Moulin-Museum“ in Paris stattfindet. Christine Levisse-Touzé ist gleichzeitig die Direktorin des Museums, das der Befreiung von Paris und der Résistance gewidmet ist und das größte Archiv zum Thema besitzt. In drei Sälen werden ständig die Ereignisse in Paris bis zur Befreiung im August 1944 vor Augen geführt. In einem Saal geht es nun auch um den deutschen Widerstand.

Denn nicht alle Deutschen folgten dem Führer blindlings. Dieser kleinen Minderheit ist die Ausstellung gewidmet, die bis zum April 2004 geht, und danach auch in anderen französischen Museen gezeigt werden soll. Fotos, Dokumente, Zeitungsartikel und ein Film erzählen die Geschichte derer, die sich gegen Hitler engagierten. Museumsdirektorin Christine Levisse-Touzé:

Das ist eine dokumentarische und wissenschaftliche Ausstellung, die die letzten Forschungsergebnisse in Deutschland berücksichtigt. Es gibt keine Originale in der Ausstellung, aber Reproduktionen von Nazidokumenten aus erster Hand, wie die Massaker, die die Einsatzgruppen in der Ukraine im September, Oktober 1941 verübt haben. Selbst wenn man kein Deutsch versteht, begreift man, dass 138.000 Menschen massakriert wurden, Kinder, Frauen, Alte, und natürlich Juden und sowjetische Politkommissare. Das war für manche Offiziere unerträglich. Sie wollten diese Massaker stoppen, und Dokumente wie das hier Gezeigte schafften dafür das Bewusstsein.

In einem 35-minütigen Dokumentarfilm kommen Widerstandskämpfer und Kämpferinnen sowie ihre Kinder oder Ehepartner zu Wort, mit Übersetzung für das französische Publikum.

Das ist ein recht bewegender Film, der alle Tendenzen zeigt. Denn diese Oppositionellen waren Männer und Frauen aus dem rechten wie dem linken Lager, die die Tyrannei und den Tyrannen niederschlagen wollten.

Diese Dokumente werden in Frankreich zum allerersten Mal gezeigt. Die Ausstellung im Pariser Jean Moulin-Museum kam dank der Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin zustande. 99 Prozent der Exponate stammen aus Berlin, aus den Staatsarchiven in Berlin und Potsdam, und aus Privatarchiven der Gegner des Naziregimes, zum Beispiel von der Familie von Georg Elser.

In der Bundesrepublik sprach man lange nur vom Komplott der Offiziere im Juli '44. Erst in den 60er Jahren dann haben deutsche Historiker Archive entdeckt, die vom einsamen Versuch von Georg Elser Zeugnis ablegten. Dieser Schreiner war gegen den Nazismus, ein Linker mit kommunistischen Sympathien, der den Führer töten wollte, um die Massaker zu stoppen und vor allem dem Krieg ein Ende zu machen.

Anfang dieses Jahres kam in Deutschland eine Briefmarke mit dem Konterfei von Georg Elser heraus. Eine schöne Hommage an den Widerstandskämpfer, meint Christine Levisse-Touzé. Das Ziel der Ausstellung in Paris ist es, den Franzosen diesen Aspekt der deutschen Geschichte nahe zu bringen.

Die Franzosen wissen davon nichts, was die Geschichte Deutschlands angeht. So wissen die am besten Informierten, dass es eine Opposition zum Naziregime gab, aber sie wissen nicht viel mehr. Die meist Informierten denken an die „Weiße Rose“. Und es gibt doch noch mehr, selbst wenn es eine winzige Minderheit ist, wie übrigens auch die französische Résistance eine Minderheit war. Die Widerstandsbewegungen gegen die Nazis waren aber noch minoritärer.

Auch wenn die Franzosen über deutsche Geschichte nicht viel wissen, so ist das Interesse an solchen Themen doch groß. Eine Ausstellung 1995 über die Deutschen und den Nationalsozialismus brachte dem recht kleinen Museum 15.000 Besucher.

Die Leute haben einen Wissensdurst. In Deutschland gibt es einen weiteren Aspekt der Geschichte: auf der anderen Seite der Mauer, in der DDR, war nur der Kampf der Antifaschisten gezeigt worden. Nun hat in Deutschland mit der Wiedervereinigung die Stunde der Geschichte geschlagen. Und auch in Frankreich interessiert man sich dafür, in einer Zeit, in der Europa größer wird. Wenn ich unsere Besucher so anschaue, habe ich das Gefühl, die Leute möchten darüber besser Bescheid wissen.

Info:
Die Ausstellung „Verschwörungen und Attentate gegen Hitler“ ist im Marschall Leclerc Memorial und Jean-Moulin-Museum in Paris vom 7. November 2003 bis 30. März 2004 zu sehen.

Quelle: DeutschlandRadio Berlin, 6.11.2003

Brasilien: Streit um Öffnung der Diktatur-Archive

Die Führung der regierenden sozialistischen „Partei der Arbeiter“ (PT) hat in Brasilien eine Öffnung geheimer Archive der Militärdiktatur (1964-85) gefordert. „Wir Brasilianer müssen offen und ohne Vorurteile sagen, was wir gemacht haben“, sagte Parteichef Jose Genoino nach Medienberichten vom Freitag auf dem brasilianischen Sozialforum in Belo Horizonte, der Hauptstadt von Minas Gerais. Die Wahrheit diene auch dem Schutz der Demokratie, meinte der Ex-Guerillero, dem von mehreren Ministern applaudiert wurde. Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva hat sich hingegen bisher gegen die Öffnung der Archive ausgesprochen.

Der Druck der linken Parteien und der Menschenrechtsgruppen, die seit Jahren eine Öffnung der Militärarchive fordern, ist diese Woche nach der Herausgabe des Buches „Die geschlagene Diktatur“ gewachsen. In dem Buch enthüllt der Journalist Elio Gaspari Tonbandaufnahmen von Gesprächen des Diktators Ernesto Geisel aus den 70er Jahren, in denen sich der General für die Ermordung politischer Gegner ausspricht. Geisel galt in Brasilien bislang als „weicher Diktator“, der den Weg zur Rückkehr zur Demokratie zu ebnen begonnen habe. „Die Enthüllungen sind überraschend und sehr starker Tobak“, meinte Genoino.

Gegen die Öffnung stemmen sich nicht nur die Streitkräfte und rechte Parteien. Die Regierung Lulas legte jüngst Berufung gegen ein Justizurteil ein, das die Öffnung der Archive angeordnet hatte. Lula wurde deshalb von Menschenrechtsgruppen und von Angehörigen der Diktatur-Opfer scharf kritisiert. „Unsere Hoffnung schwindet immer mehr. Die einstigen Weggefährten sind heute unsere Feinde“, klagte Vitoria Grabois, die unter der Diktatur ihren Vater, ihren Ehemann und ihren Sohn verlor.

Bei der Polemik geht es vor allem um die blutige Niederschlagung der so genannten Guerilla von Araguaia, bei der 139 Rebellen nach Angaben von Menschenrechtsgruppen „regelrecht hingerichtet“ wurden, nachdem sie sich ergeben hatten und entwaffnet worden waren. Bislang wurden nur drei der Opfer identifiziert. Die „Guerilla von Araguaia“ war in den 70er Jahren die wichtigste bewaffnete Opposition gegen das Regime und operierte vor allem im Amazonasgebiet im Süden des Bundesstaates Para.

Quelle: Der Standard, 7.11.2003

Alte Einwohnerdaten von Emden zu 40% verloren

40 Prozent der Daten aus dem Einwohner-Register der Stadt Emden von 1871 bis 1945 sind aufgrund des Zustandes der Unterlagen verloren gegangen. Das teilte Dr. Rolf Uphoff, Leiter des Emder Stadtarchivs, im Ratsausschuss für Kultur und Erwachsenenbildung mit. Deshalb müsse das verbliebene Material schnell gesichert werden. Das koste 6.800 Euro.

Das Stadtarchiv hat die Unterlagen im Februar von der Registratur der Stadtverwaltung übernommen. „Die Originalunterlagen wurden vernichtet“, sagt Uphoff. „Es gibt nur Daten auf Filmen, die aufgrund unsachgemäßer Lagerung in sehr schlechtem Zustand sind.“ Das Material sei nicht zu benutzen.

Problematisch sei das vor allem deshalb, weil zurzeit verstärkt Anfragen nach den Daten beim Archiv eingingen. Vor allem die Namen von jüdischen Mitbürgern, Zwangsarbeitern und Flüchtlingen seien wichtig. „Diese Menschen brauchen Bestätigungen, um ihre Ansprüche als Rentner oder deutsche Staatsbürger geltend zu machen“, erklärt Uphoff.

Wenn das Stadtarchiv die Reproduktion aus dem eigenen Haushalt bezahlen solle, werde noch viel Zeit vergehen, bis alle Daten gesichert seien, so Uphoff. Außerdem sei das Geld eigentlich für die Sicherung alter Zeitungen gedacht. Eine Umschichtung werde schwierig.

Der Leiter des Stadtarchivs regt an, dass die Stadt versuchen soll, Bund und Land in die Finanzierung einzubeziehen. „Schließlich stellen diese die meisten Anfragen“, sagte Uphoff.

Kontakt:
Stadtarchiv Emden
Kirchstraße 18
26721 Emden

Quelle: Ostfriesen-Zeitung, 7.11.2003