Hanauer Ausstellungen locken mit Raritäten

„Wir können Sachen zeigen, die es in Hanau lange nicht zu sehen gab,“ so machte Dr. Anton Merk, Leiter der Hanauer Museen, gestern Appetit auf zwei Sonderausstellungen mit denen zwei stadtgeschichtliche Jubiläen im Historischen Museum Schloss Philippsruhe ausklingen. Am heutigen Samstag öffnet im Erdgeschoss die Schau „700 Jahre Altstadt Hanau“ (Info), am morgigen Sonntag in der Museumsgalerie die Ausstellung „400 Jahre Jüdische Gemeinde in Hanau“ (Info) (jeweils 16 Uhr).

Der Titel der Ausstellung über jüdisches Leben in Hanau hat gestern für Irritationen gesorgt. Der Titel, der auf den Einladungskarten und einer städtischen Werbebroschüre abgedruckt ist, impliziere, dass es eine jüdische Gemeinde heute noch in Hanau gibt, sagte gestern bei einer Präsentation der beiden Ausstellungen Stadtrat Rolf Frodl. Die jüdische Gemeinde war durch nationalsozialistischen Terror spätestens 1942 ausgelöscht. Den in einer Auflage von 5.000 Exemplaren gedruckten Werbe-Flyer hat Frodl gestern eingezogen, auch, weil im Text die Passage enthalten war, Hanau sei an der nationalsozialistischen Machtergreifung „nicht beteiligt“ gewesen. Das sei ein „nicht hinzunehmender Satz,“ sagte Frodl. Der Text der Werbebroschüre sei mit der Leitung des Fachbereichs Kultur nicht endabgestimmt gewesen. Korrekt heißt das Jubiläum „400 Jahre Judenstättigkeit“, bezieht sich auf den Erlass, mit dem Graf Philipp Ludwig Juden in seiner Stadt ansiedelte.

Die 400 Jahre alte Originalurkunde, die üblicherweise im Staatsarchiv in Marburg lagert, ist eines der Kernstücke der Ausstellung. Ziel der Präsentation sei zu zeigen, wie integriert und prägend das Leben der jüdischen Gemeinde in Hanau gewesen ist. Die Gemeinde habe herausragende Persönlichkeiten hervorgebracht, die der Bedeutung und dem Ansehen Hanaus in außerordentlicher Weise gedient hätten, sagte der Kulturdezernent.

Zu diesen Persenönlichkeit zählt der 1800 im Hanauer Getto geborene Maler Moritz Daniel Oppenheim. Nach einem Tipp aus den Reihen der Hanauer Märtesweinvereinigung ist es gelungen, ein weiteres Bild des Künstler für das Museum anzukaufen. Das Werk „Maria und Anna im Garten“ sei eine Rarität, das erste bekannte Gemälde aus der italienischen Zeit Oppenheims, so Merk. Aus den ersten beiden Jahren, die der junge Oppenheim in Italien verbrachte, sind bisher lediglich Ölskizzen und Zeichnungen bekannt gewesen. Oppenheim sei einer der bedeutendsten Maler des 19. Jahrhunderts. Sein Zyklus mit Bildern aus dem altjüdischen Familienleben bringt in der Ausstellung jüdische Riten und Gebräuche den Besuchern nahe.

Der jüdische Ritus spiele sich weniger in der Synagoge, als vielmehr in den Familien ab, sagte Merk. Dazu sind eine Reihe von Kultgegenständen wie Leuchter und Schalen erforderlich, deren Herstellung bis heute ein Arbeitsfeld der traditionsreichen Hanauer Silberschmieden ist. Auf Vorbildern des 19. Jahrhunderts fußende aktuelle Stücke sind in Schloss Philippsruhe zu sehen. Ein Raum ist der Vernichtung der jüdischen Gemeinde in Hanau gewidmet. Weitgehend unkommentiert lässt das Museum die auf und vor dem Hanauer Bahnhof aufgenommenen Fotos von der Deportation Menschen jüdischen Glaubens wirken.

Ein alte Urkunde steht auch im Mittelpunkt der Ausstellung „700 Jahre Altstadt„: Das ebenfalls als Leihgabe aus Marburg zu sehende Original des Stadtrechtsprivilegs von 1303. Mit Plänen, Bildern, Modellen und Fundstücken zeichnet die Ausstellung die Geschichte der Hanauer Altstadt nach von der Burg bis zur Zerstörung am 19. März 1945. Erstmals präsentiert werden Fundstücke, die bei Bauarbeiten rund um den Congress Park, den Standort der ehemaligen Burg Hagenowe, zu Tage kamen, Scherben sowie Gräber aus dem Dreißigjährigen Krieg.

In der Reihe „Sonntags um 3“ gibt es morgen um 15 Uhr eine Führung durch die Sonderausstellung, die sich im Schwerpunkt mit der Altstadt und ihrer Umgebung in Plänen und Ansichten befasst.

Beide Ausstellungen werden vom Museum gemeinsam mit dem Hanauer Geschichtsverein getragen. 80 Prozent der Stücke der Altstadt-Ausstellung sind Eigentum des Vereins. Die Altstadtausstellung ist bis 14. März zu sehen, „400 Jahre Judenstättigkeit“ bis 4. Januar.

Schloss Philippsruhe – Anfahrt:
Mit dem PKW: BAB (A3) Ausfahrt Hanau, B 43.
BAB (45, 66), Ausfahrt Hanau, Hanauer Kreuz (A 66) Ausfahrt Hanau Nord. Mit der Bahn:
Hauptbahnhof: (S8), dann Buslinie 10 bis Schloß Philippsruhe. Westbahnhof: (Regionalbahn 55) Buslinie 1/10 bis Schloß Philippsruhe

Quelle: Offenbach-Post, 22.11.2003

Kennedy-Akten bis 2038 unter Verschluss

40 Jahre nach dem Attentat auf John F. Kennedy in Dallas ist das Geheimnis um seine Mörder und Hintermänner verstrickt wie ein Gordischer Knoten, und die Wahrheit wird – wenn überhaupt – wohl erst im Jahr 2038 ans Licht kommen, wenn die in den amerikanischen National Archives unter Verschluss bewahrten Dokumente ans Licht kommen. Auch die jährlich in Dallas stattfindende Attentats-Konferenz „November in Dallas“ mit mehr als 700 Teilnehmern – Detektive und Geschichtsforscher aller Art – dürfte wenig neue Erkenntnisse bringen.

Schon die Auswahl der Vortragenden der Dallas Konferenz und deren Themen zeigen, dass es selbst seriöse Geschichtsforscher nicht verstehen, die Spreu an Informationen vom Weizen zu trennen. Dick Russell, Journalist und Autor des Buches „Der Mann, der zu viel wusste“, spricht über Richard Case Nagell und dessen Kontakte mit Lee Harvey Oswald, der kurze Zeit nach dem Attentat verhaftet, zwei Tage später im Polizeigewahrsam von Dallas vom Nachtlokalbesitzer Jack Ruby erschossen und später von der Warren-Kommission als einziger Täter bezeichnet wurde. Nagell, ein mit Sternen dekorierter Held des Koreakriegs, hatte während des Kriegs schwere Kopfverletzungen erlitten. Ein Armeepsychiater stellte fest, dass „Nagells Urteil und Realitätsvermögen schwer gestört“ war.
Ein anderer Gast der Konferenz ist der britische Autor Matthew Smith, dessen Thema mehr Gewicht hat: Infolge der Wende der US-Außenpolitik nach Kennedys Tod, dem verstärkten Einsatz im Vietnam-Krieg, konnte die amerikanische Waffenindustrie und Wirtschaft einen Mehrumsatz von 200 Milliarden US-Dollars erzielen. Womit wir auch schon mitten in den Verschwörungstheorien sind: Die Lobby der Waffenindustrie hätte den Mord in Auftrag gegeben und auf Kennedys Nachfolger, Lyndon B. Johnson, starken Druck ausgeübt, die Kennedy-Entscheidung, tausend Soldaten aus Vietnam abzuziehen, zu revidieren, bzw. den Krieg auszuweiten.

Dass Johnson selbst Teil der Verschwörung war, die 1979 von einer weiteren staatlichen Untersuchungskommission, des House Select Commitees on Assassinations, außer Zweifel gestellt wurde, ist ziemlich unwahrscheinlich. Johnsons Verhalten, das C. David Heymann, Autor der Biographie des 1968 ermordeten Präsidenten-Bruders Robert F. Kennedy, minutiös nachgezeichnet hat, trug eher skurille Züge als die eines Staatsmanns, der zum Präsidenten der Vereinigten Staaten eingeschworen wird. „Sie werden uns alle umbringen“, soll Lyndon B. Johnson beim Abflug der Airforce One von Dallas laut Zeugenaussagen gejammert haben, „sie werden das Flugzeug abschießen, sie werden uns umbringen.“ Dann soll er sich ins Klo des Jets eingeschlossen haben.

Robert Kennedy, Erster Staatsanwalt der Regierung Kennedy, verdächtigte von Anfang an die Mafia, hinter dem Attentat zu stehen, und nannte sogar Namen. Obwohl die Mafia durch große Wahlspenden zum Sieg John F. Kennedys über Richard Nixon 1960 beigetragen hatte, wurde sie von Robert Kennedy unbarmherzig verfolgt. Der Oberste Staatsanwalt ordnete sogar eine Geheimoperation an, Mafiaboss Marcello entführen und nach Guatemala bringen zu lassen. „Sie haben den Falschen umgebracht“, sagte er. Auf die Mafia deuten auch die Aussagen von Rose Cheramie hin, einer ehemaligen Tänzerin in Jack Rubys Nachtlokal, die auf der Fahrt nach Dallas von zwei Südländern aus dem Auto geworfen worden war und den Mord an Kennedy exakt vorausgesagt hatte. Leider wurde sie nicht ernst genommen.
Die Untersuchungen von Jim Garrison, des aufrechten Staatsanwalts von New Orleans, wo die Fäden von Oswald, Ruby und Rechtsradikalen zusammenliefen, wiesen auf eine starke Verstrickung des US-Geheimdienstes CIA in den Anschlag hin. Als Garrison Robert Kennedy in einem Telefonat auf diese Verbindungen hinwies, meinte Kennedy nur, dass das seinen toten Bruder auch nicht mehr aufwecken könnte. Er war, so hielt Heymann in der RFK-Biographie fest, offenbar selbst nicht an einer alles aufdeckenden Untersuchung interessiert, möglicherweise, um die Krankheit und die Rückenleiden seines Bruders nicht an die Öffentlichkeit dringen zu lassen, möglicherweise, um wegen der Verbindungen der Kennedys zur Mafia seine eigenen Chancen auf das Präsidentenamt nicht zu gefährden.

So wird der Kennedy-Mord ein Rätsel bleiben – bis 2038, solange die Kennedy-Akten laut Weisung von Lyndon B. Johnson unter Verschluss bleiben. Eine Weisung zum Schutz der Kennedy-Familie oder zum Schutz anderer?

Quelle: Wiener Zeitung, 21.11.2003

Spatzenjäger sind bewahrt

In Wurmbergs Gemeindearchiv sind fünf Bände voller Geschichte und Geschichten vor dem Verfall bewahrt worden. Maulwurfsfänger und Spatzenjäger im frühen 19. Jahrhundert oder der schwierige Start für die Waldenser im Heckengäu: Davon berichten schwere Archivbände, die jetzt restauriert wurden.

In den Jahren 1812 und 1813 hatten die Gemeindeoberen Neubärentals kein Herz für Maulwürfe und Spatzen. Um den Erdwühlern an den Kragen zu gehen, leistete sich die arme und unter den Lasten der napoleonischen Kriege leidende Gemeinde einen fest angestellten Maulwurfsfänger und zahlte ihm Kopfprämien. Jeder Neubärentaler hatte außerdem die Pflicht, jährlich zwölf Spatzenköpfe abzuliefern. Wer das tat, sollte eigentlich sechs Kreuzer von der Gemeinde bekommen. Doch in der alten Bürgermeisterrechnung dieser Jahre steht: „Heuer lieferten zwar alle den Ansatz, es wurde aber, wie bisher, dafür bezahlt: 0.“ Dass trotzdem eifrig Spatzen geliefert wurden, lag daran: Wer keine zwölf Köpfe brachte, zahlte zwölf Kreuzer Strafe.

Solche Geschichten aus den alten Orten finden sich in den Bänden des Wurmberger Gemeindearchivs, die seit 1715 akribisch zusammengetragen worden waren. Vermögensaufstellungen in Steuerbüchern, Aufzeichnungen über die Gemeindefinanzen oder über Grundstückshandel geben Einblick in den Alltag von früher. Eine Fundgrube für Historiker, die dieser Tage an einer Chronik Wurmbergs arbeiten.

Doch vieles aus den 40 Regalmetern voll alter Bücher und Akten war am Zerbröseln, Verschimmeln oder Zusammenbacken, Buchrücken platzten, die Buchbindung löste sich auf. Wurmberg hat mit dem Kreisarchiv des Enzkreises, das die rund 1.600 Titel voller Wurmberger Vergangenheit geordnet hat, diesen Verfall gestoppt. „Es ist wichtig, dass diese Quellen für die Nachwelt erhalten bleiben“, freute sich Bürgermeister Helmut Sickmüller über die erneuerten und konservierten Bände mit den ursprünglich schwersten Schäden, die Kreisarchivar Konstantin Huber gemeinsam mit den Restauratoren Helmut und Matthias Raum übergeben hat.

Die Experten von der Schwäbischen Alb sind mit Gas dem Schimmel zu Leibe gerückt, sie haben aus zerbröckelten Blättern wieder ganze gemacht und Bindung und Einband den alten Akten nachempfunden. Aber wie wird aus dem Fragment einer Seite wieder eine ganze? Helmut Raum spricht da von „anfasern“. Die alte Tinte wird fixiert. Dann werden die alten Blätter wie bei ihrer Produktion ins Wasser gelegt. Dabei wird ihnen die Säure entzogen, die das Papier angreift. Im Wasser wird dann das alte mit neuem Papier umgeben.

Spannende Geschichten

Wenn Konstantin Huber Fakten und Kuriositäten aus den restaurierten Bänden berichtet, sagt Matthias Raum: „Das ist unheimlich spannend zu erfahren. Wir müssen so viel an den Büchern arbeiten, dass wir sie nicht lesen können.“ Dabei steckt viel drin. Etwa im Steuer- und Messprotokoll von 1718 für Wurmberg, Neubärental und Lucerne, die Siedlung der Waldenser. Für die deutschen Bauern sind darin teils stattliche Fachwerkgebäude aufgelistet, bei den Glaubensflüchtlingen aus Frankreich sprachen die Behördendagegen oft von einer „schlechten Baraque“ oder von „Erdhäußlin“.

Die Restauration ist laut Huber gelungen. Jetzt kommt es auf die Lagerung an, wie lange diese Geschichte dem Zahn der Zeit entgeht. Vorerst bleiben die Bände beim Enzkreis. Überlegungen für einen geeigneten Raum in Wurmberg seien aber schon angestellt worden. „Was man für die Vergangenheit der Gemeinde ausgibt, ist sinnvoll verwendetes Geld“, so Bürgermeister Sickmüller. Und was heißt schon knappe kommunale Kassen. Die Bürgermeisterrechnung Neubärentals weist 1813 jährliche Einnahmen von rund 394 Gulden aus. Dem standen Ausgaben von rund 660 Gulden gegenüber. 

Kontakt:
Bürgermeisteramt Wurmberg
Uhlandstraße 15
75449 Wurmberg
Fon: 07044/9449-0
Fax: 07044/9449-40
info@wurmberg.de

Kreisarchiv Enzkreis, Landratsamt
Zähringerallee 3
75177 Pforzheim
Tel.: (07231) 308423
Fax: (07231) 308837
kreisarchiv@enzkreis.de

Quelle: Pforzheimer Zeitung, 21.11.2003

Archiv der Propsteigemeinde St. Peter zurück

Das wertvolle Archiv der Propsteigemeinde St. Peter ist jetzt wieder dort, wo es hingehört: an der Kirche. Über 70 Jahre lang ruhte es als Dauerleihgabe im Stadtarchiv Recklinghausen.

In 170 Bänden und Kartons liegt ein wahrer Schatz. „Dieses Pfarrarchiv ist besonders hochkarätig wegen seiner Kontinuität bis zurück ins Mittelalter. Es ergänzt sich wunderbar mit den Beständen im Stadtarchiv„, urteilt Stadtarchivar Dr. Matthias Kordes. In St. Peter, von wo das Archiv 1930 wegen fehlender Räume ausgelagert werden musste, sorgt jetzt ein neu eingerichtetes Zimmer mit Schränken und Tresor für angemessene Unterbringung.

„Zum Bestand gehören etwa 100 Urkunden, die Älteste aus dem Jahr 1360. Seit etwa 1500 finden sich weitgehende vollständige Dokumente wie Kirchenbücher sowie Unterlagen zur Vermögens- und Stiftungsverwaltung“, erläutert Propst Heinrich Westhoff. Für die fachliche Betreuung des Archivs ist in seiner Gemeinde der Historiker Dr. Christoph Thüer zuständig.

Besonders stolz ist Propst Westhoff auf die Originalurkunde über die Übertragung des Vestes Recklinghausen vom Erzbistum Köln, zu dem es bis 1823/24 gehörte, an das Bistum Münster. Im Archiv finden sich auch die Originalvorlagen aus dem Jahr 1887 für die prächtigen Chorfenster in St. Peter, die bisher in einer Glasmalerei in Kevelaer aufbewahrt wurden.

Im Stadtarchiv ist Platz frei geworden, der allerdings schon bald wieder gebraucht wird, denn das historische Archiv der Stadtsparkasse Recklinghausen soll in Kürze dort untergebracht werden.

Kontakt:
Stadt- und Vestisches Archiv Recklinghausen
Hohenzollernstr. 12
D-45659 Recklinghausen
Telefon: 02361-501902
Telefax: 02361-501234
stadtarchiv-recklinghausen@t-online.de

Quelle: WAZ, 20.11.2003

Fuldaer Erklärung des VdA zur Lage des Archivwesens

Der Berufs- und Fachverband für das deutsche Archivwesen hat auf einer Vorstandssitzung am 12. November 2003 zur aktuellen Lage des Archivwesens in der Bundesrepublik Deutschland Stellung genommen.

Die Kenntnisnahme des Jahresberichtes des Sächsischen Rechnungshofes 2003 in seinen Passagen über das Landesarchivwesen in Sachsen (pdf-Datei), in denen archivarische Fachkompetenz beiseite geschoben wird, hat zu einer Erklärung geführt, die zunächst den Fraktionen der im Sächsischen Landtag vertretenen Parteien und den zuständigen Landtagsausschüssen (Innenausschuss, Haushalts- und Finanzausschuss, Ausschuss für Wissenschaft) überreicht wurde. Da die angesprochenen Probleme das Archivwesen deutschlandweit grundsätzlich betreffen, wurde diese Erklärung auch der Presse übergeben.

Erklärung des Vorstands des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.
vom 12. November 2003 (Fuldaer Erklärung)

Vernichtung von Archivgut – Falsche Empfehlungen mit verheerenden Folgen

Archive erfüllen wichtige Funktionen für die Gesellschaft: Sie sind Wissensspeicher, da sie wertvolles Kulturgut sichern und aufbewahren. Sie dienen der Rechtsstaatlichkeit, indem sie das Verwaltungshandeln überprüfbar machen. Sie garantieren den Bürgerinnen und Bürgern Rechtssicherheit. Sie tragen durch ihre Tätigkeit zur Identitätsstiftung bei.

Der VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. beobachtet mit größter Sorge, dass in letzter Zeit von fachfremder Seite Empfehlungen zum Archivwesen gegeben werden, die die anerkannten Funktionen der Archive in Frage stellen.

Folgte man beispielsweise dem Bericht des Sächsischen Landesrechnungshofes vom 9. Oktober 2003, Archivgut nur in Ausnahmefällen im „stofflichen Original“ dauernd aufzubewahren und die große Masse zu verfilmen oder zu digitalisieren, so hätte das jedoch zur Folge, dass dadurch wertvolles Kulturgut sehenden Auges vernichtet würde. Diese Empfehlung wurde ausgesprochen, obwohl bekannt ist,

  • dass die Kosten für die Digitalisierung bzw. Verfilmung und die Pflege dieser „Ersatzüberlieferungen“ nachgewiesenermaßen weit über dem Erhalt in originärer Form liegen,
  • dass die Ersatzkonversion zudem zur Verminderung von Informationsgehalt und Authentizität des Archivgutes führt und
  • dass die dauerhafte Sicherung nicht gewährleistet ist, weil der Erhalt von digitalisierten Dokumenten über befristete Zeiträume von 10 bis 20 Jahren hinaus weltweit ein bis heute ungelöstes Problem darstellt.

Da sich die Archivarinnen und Archivare intensiv mit dem Erhalt der digitalen Überlieferung unserer Zeit auseinandergesetzt haben und die Möglichkeiten des Internets zur Verfügbarmachung von digitalisiertem Archivgut professionell ausschöpfen, haben sie berufsbedingt in diesen Fragen eine besondere Kompetenz entwickelt. Aus diesem Erfahrungshorizont heraus können sie die Empfehlungen eines Rechnungshofes im Blick auf ihre Realisierbarkeit und Zweckmäßigkeit beurteilen.

Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare appelliert nachdrücklich an alle Entscheidungsträger, die Sachkompetenz der Archive nicht zu ignorieren, sondern die fachspezifischen Erfahrungen bei Planungen zur Zukunft des Archivwesens zugrunde zu legen. Er verschließt sich keineswegs den Diskussionen über Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung und im Archivbereich, doch sollten sachgerechte Argumente ausschlaggebend sein, damit keine Lücken im historischen Gedächtnis entstehen. Dies wäre im Zeitalter der Informationsgesellschaft nicht nur zu bedauern, sondern geradezu grotesk.

Fulda, den 12. November 2003 — Der Vorstand des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.

Quelle: www.vda.archiv.net, 20.11.2003

Geschichte des freigelegten Soestbaches

Der Soestbach plätschert in Soest entlang der Osthofenstraße und des Damms bereits an der frischen Luft durch sein neu gestaltetes Bett. Das ist nicht nur für den Betrachter ein schönes Bild. Sondern auch für die Kaufleute in der direkten Nachbarschaft und ihre Kunden ein Grund zur Freude. Denn die Zeit, in der die Soestbach-Baustelle für Verkehrsbehinderungen sorgte, neigt sich ihrem Ende zu.

Genau der richtige Zeitpunkt, sich eingehender mit der Geschichte dieses kleinen Stadtviertels zu beschäftigen, dachten sich die Geschäftsleute. Sie rufen die Soester auf, Fotos, Geschichten und Berichte über die Häuser, ihre Bewohner und ihre Historie zusammenzutragen. Im Frühjahr 2004 sollen die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden.

Mit im Boot sind die Wirtschaftförderungsgesellschaft, das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie. Letztere haben bereits etliche Dokumente über den lange Jahre „gedeckelten“ Bach gesammelt. Doch es bestehen noch Lücken, wie Stadtarchivar Dr. Norber Wex weiß. „Wir haben Fotos aus den zurückliegenden hundert Jahren und das Urkataster“, sagt er. Doch der Schwerpunkt dieser Dokumente liege auf dem Kolk jenseits der Thomästraße. Über den Bachlauf entlang von Osthofenstraße und Damm existierten kaum Fotos.

Mit Dr. Wex hoffen die Kaufleute Christoph Petermeier, Dorothea Reichenberg und Milena Pienkowski darauf, dass viele Soester ihre alten Fotoalben wälzen oder auf dem Dachboden noch etwas Verwertbares finden. „Bei solchen Aufrufen weiß man nie, was kommt“, erklärt Dr. Wex. „Doch in der Vergangenheit haben wir damit gute Erfahrungen gemacht.“

Fotos und andere Dokumente können abgegeben werden im Stadtarchiv, Jakobistraße 13, Tel: 103-1200.

Kontakt:
Stadtarchiv Soest
Jakobistr.13
D-59494 Soest
Telefon: 02921-103-1202
Telefax: 02921-103-1299
stadtarchiv@soest.de

Quelle: Westfalenpost, 18.11.2003

Fürstenfamilie will sparen: Uni betreut Hofbibliothek

Die Hofbibliothek und das fürstliche Archiv von Gloria von Thurn und Taxis sollen von Januar an von der Universität Regensburg betreut werden. Die Fürstenfamilie könne dadurch Personalkosten sparen, erklärte der Generalbevollmächtigte von Thurn und Taxis, Klaus Kirchberger, am Montag.

Die Betreuung durch die Universität garantiere die wissenschaftliche Erschließung von Archiv und Bibliothek. Zudem sei vereinbart worden, dass die Bücher im Schloss bleiben und öffentlich zugänglich sein sollen. Den Grundstock für den rund 220.000 Bände umfassenden Bücherschatz legte im 18. Jahrhundert Fürst Carl Anselm. 226 Jahre wurden die Bestände von Thurn und Taxis verwaltet. Das älteste Stück der Sammlung ist ein Fragment des Alten Testaments aus dem Jahr 835.
 
Quelle: Amberger Zeitung, 18.11.2003

Dokumentation zum Schicksal ehem. sowjetischer Kriegsgefangener

Kulturstaatsministerin Christina Weiss hat heute im Beisein der Botschafter der Russischen Föderation, der Ukraine und von Belarus die Dokumentation „Für die Lebenden. Der Toten Gedenken.“ vorgestellt: „Gemeinsam wollen wir heute einem Buch den Weg ins öffentliche Bewusstsein bahnen, das ein schwieriges Buch ist. Eine schmerzhafte Dokumentation. Ein Kompendium des Todes.“

In der Untersuchung ist das Schicksal sowjetischer Soldaten aufgezeichnet, die während des Zweiten Weltkrieges von deutschen Truppen gefangen genommen wurden und in den Gefangenenlagern ihr Leben verloren haben. Archivare und Historiker haben versucht, aus den Akten der ehemaligen deutschen Wehrmachtsauskunftsstelle die Schicksale ehemals sowjetischer Kriegsgefangener in Deutschland nachzuvollziehen. Das Archiv der Wehrmachtsauskunftsstelle wurde nach Kriegsende in die ehemalige Sowjetunion verbracht. Die Untersuchung begann als deutsch-russisches Gemeinschaftsprojekt, inzwischen unterstützen auch Weißrussland und die Ukraine die Forschungen. Erste Ergebnisse der vierjährigen Forschungsarbeiten liegen jetzt in dem von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten herausgegebenen Buch „Für die Lebenden. Der Toten Gedenken.“ vor.

Das Buch steht am Anfang des Forschungsvorhabens, das insgesamt zehn Jahre dauern kann, da bis zu einer Million Unterlagen in den Archiven vermutet werden. Nicht zuletzt die vertrauensvolle Zusammenarbeit der deutschen Historiker und Archivare mit ihren Kollegen in Russland, Belarus und jetzt auch der Ukraine hat dies ermöglicht.

In den nächsten Jahren werden tausende Familien in Russland und den anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion eine Nachricht über das Schicksal der bislang Vermissten erhalten können. Kulturstaatsministerin Weiss dankte den Verantwortlichen in Russland, Belarus und der Ukraine dafür, dass sie die Archive geöffnet haben und so das Schicksal vieler russischer Soldaten geklärt werden kann. „Auch dieser Opfergruppe kann und muss ihre Individualität und damit auch ein Teil ihrer Würde zurückgegeben werden“, betonte die Staatsministerin.

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Bundesministerium des Innern fördern das Projekt mit jeweils 80.000 Euro jährlich, weiterhin beteiligt sind die Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen sowie der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft in Dresden.

Das Projekt „Aufarbeitung der ehemaligen deutschen Unterlagen der Wehrmachtsauskunftsstelle“ eröffnet die Aussicht, auch die Schicksale deutscher Kriegsgefangenen und Internierten in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion gemeinsam aufzuklären.

Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Pressemitteilung Nr.527, 18.11.2003

Tibet richtet Archive für Kulturdenkmäler ein

Im chinesischen Autonomen Gebiet Tibet entstehen derzeit Archive für die wichtigsten Kulturdenkmäler. Bisher wurden darin 12 Denkmäler erfasst.

Das 1950/51 von China besetzte Tibet verfügt über 27 wichtige Kulturdenkmäler, die unter staatlichem Schutz stehen, einige davon sind bereits in die Weltkulturerbeliste der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) aufgenommen worden, dazu gehören der Potala-Palast und der Jokhang-Tempel.

Die Arbeit der Archive nimmt angeblich einen wichtigen Stellenwert beim Denkmalsschutz der Provinz ein. Auch für die Verwaltung der Archive sind bestimmte Institutionen eingerichtet worden.

Quelle: CRI/China.org.cn, 18.11.2003

Historisches Stadtbuch bewahrt Bremer Recht

Dreimal ist Bremer Recht – diesen althergebrachten Spruch kennt in der Hansestadt nahezu jeder. Weniger bekannt ist dagegen, dass es ein „Bremer Recht“ seit 700 Jahren gibt.

Am 1. Dezember 1303 hatte der Rat angeordnet, das in Bremen gültige Recht aufzuschreiben – ein Meilenstein in der Entwicklung Bremens zur autonomen Kommune. Anlass genug für eine spannende Ausstellung „700 Jahre Bremer Recht“, die das Staatsarchiv Bremen vom 28. November bis zum 16. Januar in seinen Räumen präsentiert. Gezeigt werden wertvolle Staatsrechtshandschriften und Archivalien zur Geschichte des Bremer Rechts-und Verfassungslebens. Kernstück ist das so genannte Bremer Stadtbuch, die im Original erhaltene Stadtrechts-Handschrift von 1303/1304.

Das „Bremer Recht“ fasste lokale Rechtstraditionen zusammen und nahm auch auswärtige Einflüsse auf – etwa das Hamburger Recht oder den Sachsenspiegel. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war es im Kern die gültige Grundlage des Bremer Rechts- und Verfassungslebens.

Die Ausstellung ist dienstags und mittwochs von 9 bis 16 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, freitags bis 15 Uhr und sonnabends von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.

Kontakt:
Staatsarchiv Bremen
Am Staatsarchiv 1
28203 Bremen
Fon: 0421 / 361-6221
Fax: 0421 / 361-10247
zentrale@staatsarchiv.bremen.de

Quelle: Nordwest-Zeitung, 17.11.2003