Ausstellung zur rheinischen Form des NS-Widerstands

Der 60. Jahrestag des Attentats auf Adolf Hitler steht erst am 20. Juli 2004 an. Doch bereits jetzt bereitet der Meerbuscher Stadtarchivar Michael Regenbrecht mit Hilfe von Material der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin im Stadtarchiv in Büderich eine Ausstellung zum Thema „Widerstand gegen den Nationalsozialismus“ vor.

Die Ausstellung soll am Freitag, 18. Juli, um 12 Uhr eröffnet werden. Eindrucksvoll dokumentieren die Reichstagswahl-Resultate von 1928 bis 1933 den rasanten Machtgewinn der Nationalsozialisten. „Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass die Nazis im Rheinland zwar die Mehrheit, nie aber eine alles überwältigende Übermacht wie in anderen Regionen erringen konnten. Die Zentrumspartei hat hier ihre starke Stellung behaupten können“, heißt es.

Darin zeige sich auch die starke Stellung der katholischen Kirche im rheinischen Raum, deren Klerus sich zudem in Veröffentlichungen vehement gegen die große Gefahr der nationalsozialistischen Bewegung gewandt habe. So spielen Widerstandsströmungen aus den christlichen Lagern in Regenbrechts Ausstellung logischerweise eine Rolle. Beleuchtet werden aber auch die Bestrebungen von Sozialdemokraten, Kommunisten, Liberalen, Konservativen, des politischen Katholizismus, Gewerkschaften und Jugendlichen, das Hitler-Regime zu bekämpfen.

Die Ausstellung hat auch Meerbusch-Bezug. Denn man habe es hier mit einer ganz besonderen, „rheinischen Form des Widerstandes im Kleinen“ zu tun, einer Art bewusster Nonkormität und zivilen Ungehorsams. Beispiel: Den Pfarrgemeinden sei durch die NSDAP-Schikaneure nicht nur die Benutzung der historischen Prozessionswege an Fronleichnam untersagt, sondern auch jeglicher Straßenschmuck verboten worden. Die Gläubigen mussten andere Wege ziehen. Sehr zum Ärger der Nationalsozialisten seien aber selbst die „Umleitungs“-Straßen beflaggt und geschmückt worden.

Kontakt:
Stadtarchiv Meerbusch (Büderich)
Karl-Borromäus-Straße 2a
40667 Meerbusch (Büderich)
Postfach 1664
Tel.: 02132/7696-80
archiv@meerbusch.de
www.meerbusch.de

Vgl. Archiv.Net-Meldung vom 6.5.2003

Quelle: ngz-online, Neuss-Grevenbroicher Zeitung, 2.7.2003

Spionierte Zarah Leander für den KGB?

Wenn es stimmt, was der russische Publizist Arkadij Waxberg im Stockholmer„Svenska Dagbladet“ enthüllte, dann hätte ausgerechnet Zarah Leander (1902-1981), die große Diva des Dritten Reiches, die nach 1945 wegen Kollaboration publizistisch angegriffen wurde, für den russischen Geheimdienst spioniert; ihr Deckname war „Rose-Marie“. Waxberg stützt sich auf erst jetzt zugängliche Dokumente russischer Geheimdienst-Archive und Tonbandaufnahmen mit Erinnerungen des ehemaligen sowjetischen Geheimdienstchefs Pavel Sudoplatov. Die sollen beweisen, dass Zarah Leander schon vor dem Krieg als Agentin angeworben wurde. Dass ihr Name in keinem Agentenverzeichnis stehe, beweise nur, wie bedeutsam sie gewesen sei. Das glaubt der Historiker Göran Elgemyr nicht, der sich jahrelang mit der Diva beschäftigte und ihre Akten des schwedischen Geheimdienstes Säpo kennt. „Sie war politisch völlig naiv. Natürlich kann sie etwas aufgeschnappt haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Russen sie als Spionin benutzten.“ Zarah Leander selbst hatte immer betont, sich „nicht für Politik“ zu interessieren.

In Zarah Leanders schwedischer Heimat wird die Enthüllung nicht recht ernst genommen. Zwar sei tatsächlich in sowjetischen Code-Telegrammen, die in den USA entschlüsselt wurden, von einer Agentin namens „Roz-Mari“ die Rede, berichtet der Sicherheitsforscher Wilhelm Agrell. Doch sei fraglich, ob dies Zarah Leander war.  Seltsam auch, dass die 1981 verstorbene Leander in ihren freizügigen Erinnerungen kein Wort über ihre angeblichen Agentendienste berichtete. Hier hätte Zarah Leander ja, die in Schweden nach Kriegsende wegen ihrer Nazi-Kontakte auf der Schwarzen Liste stand, andeuten können, dass sie die Nazis sogar bekämpfte …

Quelle: Der Tagesspiegel, 10.7.2003; FR, 10.7.2003.

Pfungstadts Goldenes Buch im Archiv

Königsblauer Ledereinband, handgeschöpftes Büttenpapier. Edel sieht das neue Goldene Buch der Stadt Pfungstadt aus. Wie schon sein braunlederner Vorgänger ist es ein Geschenk des Heimatvereins. Das bisherige Goldene Buch hatte der Verein der Stadt am 13. April 1959 geschenkt.

Bereits am 22. April 1959 erfolgte der erste Eintrag, als eine Arbeitsgemeinschaft des Hessischen Städtebundes in Pfungstadt tagte. Als letzter trug sich der damalige Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig 2001 nach einem Ortstermin am Baugelände der Umgehungsstraße ein. Dazwischen liegen Eintragungen, die die Stadtgeschichte widerspiegeln mit sportlichen Höhepunkten, etwa als die schon legendären sechs „Atus“ der Freien Turngemeinde (FTG) die deutsche Meisterschaft errangen, mit Zeugnissen für die Pfungstädter Weltoffenheit, wenn etwa Gäste aus den Partnerstädten oder gar aus dem fernen Japan nach Pfungstadt kamen. Neben den Unterschriften der Beteiligten ergänzen Fotos und Zeitungsausschnitte die Eintragungen.

Das alles illustriert zwar die einzelnen Begebenheiten, ist aber nicht ohne Auswirkungen auf die Ansehnlichkeit des Buches geblieben. Hässliche Kleberspuren auf den betroffenen Seiten und Rückseiten sind die Überbleibsel dieser Behandlung. Günter Krämer wünscht sich, dass das Büttenpapierseiten künftig unbefleckt bleibt. „Man kann ja Fotos und Zeitungsausschnitte zu einzelnen Anlässen in einem separaten Buch führen“, so sein Vorschlag.

Das alte Buch kommt nach vierundvierzigjährigem Gebrauch nun ins Stadtarchiv.

Kontakt:
Stadtarchiv Pfungstadt
Stadtverwaltung
Hillgasse 8
64319 Pfungstadt
Tel.: 06157/911952

Quelle: Echo Online, 1.7.2003.

Erinnerungskultur im deutschen Sport

Auf der Tagung „Wider das Vergessen – Erinnerungskultur im deutschen Sport“, die am 27. und 28. Juni 2003 vom Deutschen Olympischen Institut in Berlin durchgeführt wurde (Tagungsbericht), präsentierte der Potsdamer Sporthistoriker Hans-Joachim Teichler ein Dokument, dass Zweifel daran aufkommen lässt, dass die Erziehungsziele des Sportfunktionärs Professor Dr. Hermann Altrock (1887-1980) wirklich „stets an seinem Bild von einer harmonischen Menschenbildung geprägt“ waren, wie es in seiner Biographie heißt.

Teichler zitierte aus einer Akte von 1943, in der Altrock als Sturmbannführer der SA bezeichnet und folgendermaßen zitiert wird: „Eine neue Weltanschauung muß von innen her aufgebaut werden, zunächst immer den Menschen aufgezwungen werden. Der SA ist damit auch die Aufgabe gestellt, den deutschen Mann vom Leib aus zu erziehen und neu zu formen. Diese Erziehung gipfelt in dem Bild der hohen kämpferischen Rasse nordischer Prägung.“

Das Zitat stammt aus einem Protokoll von „Wehrkampftagen“ der SA in Leipzig, wo Altrock Professor war. Teichler hält die Diktion für authentisch. Er schlug vor, dass der Deutsche Sportbund (DSB) sein Altrock-Stipendium für Dissertationen demnächst für das Thema Hermann Altrock ausschreibe. Auch Andreas Klages vom DSB sagte, es bestehe Handlungsbedarf. 1976 hatte der Verband Altrock als „besonders verdiente Persönlichkeit“ mit der Carl-Diem-Plakette ausgezeichnet.

Quelle: FAZ, 1.7.2003.

Archivmitteilungen der westfälischen Kirche 2002/03

Als Doppelausgabe 12/13 2002/2003 sind jetzt die „Archivmitteilungen der westfälischen Kirche“ erschienen. In den Beiträgen widmet sich Wolfgang Günther u.a. den Änderungen des neuen Archivrechts, das seit dem 1. Januar 2003 für die Ev. Kirche von Westfalen gilt. Prinzipiell wurde in Westfalen das EKU-Archivgesetz vom Mai 2000 übernommen. Westfälische Spezifika wurden darüber hinaus in verschiedenen Ordnungen geregelt, insb. in der Archivbenutzungsordnung.

Die neuen archivrechtlichen Bestimmungen greifen die jüngsten Entwicklungen in der Rechtsprechung auf. In Bezug auf das Datenschutzrecht bedeutet das beispielsweise, dass das Gegendarstellungsrecht in das Gesetz aufgenommen wurde. Hinsichtlich der Übernahme von Archivgut aus den Beratungsstellen wurde nunmehr die Regelung getroffen, dass diese Unterlagen nur in anonymisierter Form übernommen werden dürfen – wie auch immer sich das in der Praxis und für die Forschung wird umsetzen lassen.

Das neue Archivrecht berücksichtigt jedoch durchaus auch die Wünsche der Historiker, denen vielfach der Zugriff auf v.a. personenbezogenes Archivgut mit dem Hinweis auf Sperrfristen versagt wurde. Diese verkürzte die westfälische Landeskirche um 20 Jahre, was der Regelung des nordrhein-westfälischen Archivrechts für die Staats- und Kommunalarchive entspricht (10 Jahre nach dem Tode bzw. 90 Jahre nach der Geburt).

Inhalt:

Vorwort (3)

Beiträge
Silke Busch
11. Arbeits- und Fortbildungstagung für Westfälische Kirchenarchivare – Ein Tagungsbericht (4)

Jens Murken
40 Jahre Landeskirchliches Archiv Bielefeld (9)

Jens Murken
Kurz vorgestellt: Neue Literatur zum Thema „Zwangsarbeit und die Kirche“ (15)

Archivpflege in der Praxis
Wolfgang Günther
Das neue Archivrecht in Westfalen (21)

Wolfgang Günther
Neues Kirchenbuchrecht in Westfalen (30)

Harri Petras
„Es ist ein Jammer…“ – Erfahrungsbericht eines Kreissynodalarchivpflegers (33)

Ulrich Althöfer
„Wir haben doch nichts…“? Zum Stand der Inventarisation des kirchlichen Kunstgutes in der EKvW (38)

Jens Murken
„Die katholische Kirche ist uns in diesem Punkt ja schon seit langem weit voraus.“ Die Entstehungsgeschichte des Pfarrerbuchs (44)

Matthias Rickling
Ehmann – Gerstein – Wilm. Ein Arbeitsbericht über die Ausstellungen des Landeskirchlichen Archivs Bielefeld (53)

Geschichte
Hartmut Hegeler u. Hans-Jürgen Kistner
Anton Praetorius (1560-1613) – Ein früher Kämpfer gegen Hexenwahn und Folter war Rektor in Kamen (73)

Vicco von Bülow
Spuren des Patronats – auch in westfälischen Archiven (83)

Jens Murken
Impulse für die europäischen Kirchen. Präses Wilm – ein Pionier der Verständigung (94)

Geschichte in Quellen
Silke Busch
„Das Gleichnis von der königlichen Hochzeit“ – Ein Konfirmand erzählt (106)

Aus den Archiven
Übersicht über die verfilmten Kirchenbücher im Landeskirchlichen Archiv, Teil 1 (107)

Neue Findbücher in der Evangelischen Kirche von Westfalen (128)

Neue Bücher (141)

Nachrichten – Recherchen – Personalia (144)

Kontakt:
Landeskirchliches Archiv der Ev. Kirche von Westfalen
Altstädter Kirchplatz 5
33602 Bielefeld
0521/594-158 (-164)
archiv@lka.ekvw.de

Kriegswirtschaft in Worms

Wie waren die Arbeitsbedingungen während des Zweiten Weltkriegs in Worms? – Unter anderem dieser Frage geht Volker Brecher in seiner Buchvorstellung am Mittwoch, 19. Juli, um 19 Uhr in der alten Turbinenhalle von EWR (Klosterstraße 23) Worms nach.

Brecher ist Autor des neuen Buchs „Kriegswirtschaft in Worms“, das vom Stadtarchiv herausgegeben wurde. In seinem Werk beleuchtet er die Arbeitsbedingungen in der Nibelungenstadt von 1939 bis 1945. Dabei geht er auch auf den Einsatz von Zwangsarbeitern ein.

Volker Brecher hat sich bereits in seiner im Juni 2002 eingereichten Qualifikationsarbeit an der Universität Mainz (Volker Brecher, Arbeitsbedingungen in den Wormser Lederwerken Heyl-Liebenau 1939-1945 unter besonderer Berücksichtigung der Zwangsarbeiterproblematik [Staatsexamensarbeit Universität Mainz, 2002, masch. 248 S., 27 Abb., 17 Tabellen]) mit dem Thema befasst und grundlegende neue Erkenntnisse zu Fragen der Wormser Lederindustrie im Kriege und zur Frage der Beschäftigung und Arbeitsbedingungen der Fremdarbeiter gewinnen können. Brecher weitete die Bearbeitung des Themas auf weitere Wirtschaftszweige sowie die Frage des Schicksals der Kriegsgefangenen für das Stadtgebiet aus und recherchierte in den Akten der nach Worms eingemeindeten Vororte. Im Zuge dieser Arbeit, von der die Beantwortung der Anfragen einzelner Betroffener nach wie vor erheblich profitiert, wurden weitere melderechtliche Fragen betreffende
Unterlagen vor allem der Vororte verzeichnet und eine vorläufige Erschließung der in Abt. 180/2 (Lederwerke Cornelius Heyl AG) vorhandenen Archivalien aus dem Zeitraum ca. 1935 bis 1957 vorgenommen, die eine Nutzung der Akten ermöglicht.

Info:
Volker Brecher: Kriegswirtschaft in Worms,
Verlag Stadtarchiv,
Einführungspreis 20 Euro, Verkaufspreis 25 Euro.
Weitere Informationen unter der Telefonnummer (0 62 41) 853 4701.

Kontakt:
Stadtarchiv Worms
Leitung: Dr. Gerold Bönnen
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 00
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: gerold.boennen@worms.de

Sekretariat: Marianne Sauer
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 01
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: marianne.sauer@worms.de

Archiv
Margit Rinker-Olbrisch
Magdalena Kiefel
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 02
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: stadtarchiv@worms.de
Martin Geyer
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 03
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: martin.geyer@worms.de

Fotoabteilung
Anneliese Dauphin
Ingeborg Abigt
Christina Kleber
Elvira Harbauer
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 05 bzw. – 47 06
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: fotoarchiv@worms.de oder fotolabor@worms.de

Jüdisches Museum/Synagoge
Telefon: (0 62 41) 8 53 – 47 07
Telefax: (0 62 41) 8 53 – 47 10
E-Mail: stadtarchiv@worms.de

Quelle: Wormser Zeitung / Main-Rheiner, 30.6.2003

Neue Quellensammlung des Historischen Museums Bielefeld

Geschichte selbständig erarbeiten – das ist die Grundidee von Lehrer Axel Jürgens aus Enger. Jetzt stellte er mit Schülern eine Quellensammlung zum Thema Industrialisierung in Bielefeld zusammen. Die fünf Arbeitsmaterialien gibt es im Historischen Museum. Sie stehen allen Lehrenden für Schulprojekte zur Verfügung.

„Der Geschichtsunterricht soll selbständiges Lernen fördern. Ein Besuch im Historischen Museum lohnt isch für jede Altersklasse“, sagt Jürgens aus eigener Erfahrung. Vor 13 Jahren haben er und seine Kollegen des Widukind-Gymnasiums in Enger den Blockunterricht eingeführt, in dem die Unterrichtsstunden einzelner Fächer für ein Quartal zusammen gelegt werden. Über diese Möglichkeit freut sich auch die Museumsleiterin Cornelia Foerster, da ansonsten viele Projekte aus organisatorischen Gründen zum Scheitern verurteilt wären. Die neue Quellensammlung sei bestens geeignet, um den Museumsbesuch zu einem pädagogisch wertvollen Erlebnis zu machen.

Die Arbeitsmaterialien gliedern sich in folgende fünf Aspekte:

  1. Leinengewerbe in Bielefeld vor der Industrialisierung
  2. Streit der Familie Delius
  3. Gründung von Fabrikanlagen
  4. Arbeits- und Lebensbedingungen
  5. Nachfolgeindustrien

Mit der neuen Quellensammlung haben die Mitarbeiter des Historischen Museums ihr museumspädagogisches Material verbessert. Zwei neue Führungsbläter – „Erlebte Geschichte“ und „Geschichte zum Mitmachen“ – weisen auf Kinderspiele, Führungen und Arbeitsbögen hin.


Kontakt:
Historisches Museum der Stadt Bielefeld
Ravensberger Park 2
33607 Bielefeld
www.historisches-museum-bielefeld.de

Weitere Info:
Cornelia Foerster: Das Historische Museum Bielefeld. Geschichtsdarstellung zwischen Rekonstruktion und Inszenierung, in: Fachgruppe Stadt- und Heimatgeschichtliche Museen im Deutschen Museumsbund: Zur Struktur der Dauerausstellung Stadt- und Heimatgeschichtlicher Museen, Frankfurt/M. 1998.

Quelle: Neue Westfälische, 2.7.2003.

Gedächtnis und Gewissen einer Stadt

Der neue Leiter des Bonner Stadtarchivs, Dr. Norbert Schloßmacher, recherchierte kürzlich in Minsk/Weißrußland nach Spuren ehemaliger Fremdarbeiter aus dem Zweiten Weltkrieg und fand auch noch einige Zeitzeugen, die Bonn, das seit zehn Jahren durch eine Städtefreundschaft mit Minsk verbunden ist, einladen wird.

Hinweise führten Schloßmacher aber auch zu einem Feld, auf dem Tote verscharrt worden waren. Zu diesen Toten gehören nach seinen Erkenntnissen auch 150 Bonner Juden – der erste große Transport von jüdischen Mitbürgern, der am 20. Juni 1942 die Stadt verließ, in das Lager Brostenez gebracht und dort liquidiert wurde.

Ein Fund, der Schloßmacher von neuem bestätigte, dass das Amt des Archivars so etwas wie das Gedächtnis und das Gewissen einer Stadt ist. – Als Schloßmacher 1987 an das Bonner Archiv kam, waren neben dem Leitenden Archivar noch zwei weitere wissenschaftliche Archivare tätig. Heute trägt Schloßmacher die Verantwortung allein, gestützt auf ein Team engagierter Mitarbeiter, das allerdings schon reduziert ist. So ist die Stelle des Verwalters des großen und wichtigen Bildarchivs nicht mehr besetzt worden. Schloßmacher ist als Stadtarchivar auch Geschäftsführer des Heimat- und Geschichtsvereins, der Arbeitsgemeinschaft aller hiesigen Geschichtsvereine und der Ernst-Moritz-Arndt-Gesellschaft.

Kontakt:
Stadtarchiv und Stadthistorische Bibliothek
Stadthaus
Berliner Platz 2
53103 Bonn
Tel.: 0228/773684
Fax: 0228/774301
stadtarchiv@bonn.de

Quelle: Bonner General-Anzeiger, 4.7.2003

Zwangsarbeit in Münster und Umgebung 1939-1945

Der Beginn des Zweiten Weltkriegs hinterließ auch in Muenster und Umgebung große Lücken auf dem Arbeitsmarkt, die ab Herbst 1940 zunächst durch Kriegsgefangene gefüllt wurden. Ab Sommer 1942 kamen erste zivile Arbeiterinnen und Arbeiter zum zwangsweisen Arbeitseinsatz nach Münster. Das Schicksal dieser mindestens 10.000 Männer, Frauen und Kinder, ihre Arbeits- und Lebensbedingungen sind Themen der vom Stadtarchiv Münster konzipierten Internetpräsentation. Jeder thematische Abschnitt wird eingeleitet durch Zeitzeugen-Aussagen. Dabei wird der Kriegschronist und Stadtarchivar Franz Wiemers zitiert, der die Wahrnehmung der „Fremden“ durch die Stadtgesellschaft wiedergibt. Dem gegenüber stehen die Aussagen zahlreicher ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, so dass die Seite der Betroffenen stets im den Vordergrund steht.

Das Angebot umfasst fünf Hauptgruppen:

  1. Nach Deutschland… mit vier Einzelportraets von Betroffenen, Erläuterungen zu der Frage, welche Gruppen zur Zwangsarbeit herangezogen wurden und einer Chronologie der Jahre 1939-2000, die allgemeine Ereignisse den speziellen Auswirkungen in Münster gegenüberstellt.
  2. Arbeit thematisiert die Zuteilung von Zwangsarbeitern und ihre Einsatzorte in der Landwirtschaft, im Handwerk sowie in der Bauindustrie, in Industrie und bei der Reichsbahn, bei der Stadtverwaltung und in Privathaushalten.
  3. Unterbringung Dieser Punkt stellt eine Besonderheit dar, da eine Datenbank zu 181 Lagern und Kartenmaterial zu den Lagerstandorten in Stadt- und Landkreis Münster eine besonders umfassende Recherche ermöglicht. Bei der Erarbeitung des Angebots sowie der Recherchen zu Erstellung von Zwangsarbeitsnachweisen fuer die Betroffenen fanden sich in zahlreichen Akten oder Publikationen Informationen oder Listen von Unterkünften und Lagern, in denen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter in Münster und Umgebung untergebracht waren. Diese ergaben durch ihre Zusammenführung in einer Datenbank ein umfangreiches Bild von den zwischen 1939 und 1945 vorhandenen Lagern und Unterkünften. Die Datenbank umfasst inzwischen 181 Datensätze.
    Der Datenbestand bildete die Grundlage fuer die Erarbeitung des Kartenmaterials zur Unterbringung ehemaliger Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter im Stadt- und Landkreis Münster.
    Gerade beim Thema Unterbringung ist der Diskurs mit den Nutzern per E-Mail erwünscht.
  4. Disziplinierung: Die Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter, vor allem die aus Osteuropa, unterlagen einem dichten Netz aus Kontrolle und Bestrafung. Dieser Teil der Präsentation beschäftigt sich mit den verschiedenen Vorschriften, Formen der Ueberwachung und Bestrafungen, die auch in willkürlichen Hinrichtung von Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern gipfelten.
  5. Im Abschnitt Nach 1945 geht es um die Rueckfuehrung der Betroffenen in ihre Herkunftslaender. Sie mussten Jahrzehnte auf ihre politische Rehabilitierung und Entschädigungen von deutscher Seite warten. Informationen zu den Themen Entschädigung sowie zu muensterischen Projekten der der Begegnung mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeitern runden die Darstellung ab.

Neben dieser Internetpräsentation des Stadtarchivs Münster wurde zum Thema Zwangsarbeit in Münster und Umgebung 1939-45 vom Stadtarchiv Münster und dem Geschichtsort Villa ten Hompel eine Wanderausstellung, die vom 20. Januar bis 1. März 2003 zu sehen war, und eine Dokumentation, die noch im Juli 2003 erscheinen wird, erarbeitet.

Kontakt:
Stadtarchiv Münster
Anja Gussek-Revermann
Hörsterstr.28
48143 Münster
Tel.: 02 51-4 92-47 12 oder 47 04
E-Mail: gussek@stadt-muenster.de
http://www.muenster.de/stadt/archiv

Quelle: Mailingliste Westfälische Geschichte, 19.6.2003.

Ad fontes – Hannoveraner Studis im Stadtarchiv Emden

„Einführung in die stadtgeschichtliche Forschung am Beispiel Emdens“ heißt das Hauptseminar-Thema des Historischen Fachbereiches der Universität Hannover. Zwölf Studierende sind in die Seehafenstadt gekommen, um sich mit den Originalakten des Emder Stadtarchivs auseinander zu setzen. Ausgewählt wurden Themen der frühen preußischen Zeit direkt nach der Übernahme Ostfrieslands durch Friedrich den Großen 1744. Dabei ist das Spektrum weit gefasst: Militärwesen, Emden als Garnisonsstadt, das Zunftwesen, das Vorbeifahrt-Recht, Juden in Emden, das Oldersumer Moor.

Der Leiter des Emder Stadtarchivs Dr. Rolf Uphoff hat die umfangreichen Vorarbeiten geleistet – und das mit viel Enthusiasmus, denn: „Es ist das erste Mal, dass wir in Zusammenarbeit mit einer Hochschule eine solche Veranstaltung durchführen.“ Aus Platzmangel ist man ins Pelzerhaus gegangen. Doch die Studenten sind überaus zufrieden. Man habe den Raum für sich, werde vom Stadtarchiv ständig mit nachgefragtem Material beliefert und fühle sich in Emden durchaus wohl.

Für Professor Dr. Carl-Hans Hauptmeyer, Historiker und Spezialist für die Bereiche Regional- und Lokalgeschichte, ist das Seminar „der pure Luxus“, eine „Kür, die man sich nicht so oft erlauben kann“. Denn abseits von überfüllten Hörsälen und überlaufenen Seminarräumen sich jedem Studenten einzeln widmen zu können, macht ihm besondere Freude. Und so hilft er denn auch geduldig, wenn die Schriften in den Akten gar zu schwer zu entziffern sind. Die alte Schrift flüssig lesen zu können, ist eines der Ziele des Seminars. Ein anderes die Beantwortung der Frage: Wie interpretiert man die Aussage originaler Aktenstücke?

Natürlich sind es nur kleine Segmente, die bearbeitet werden können, da die Studenten lediglich knapp vier Tage in Emden sind. Doch die Aufgabenstellung ist klar: Es sollen 15- bis 20-seitige schriftliche Hausarbeit entstehen, die dann womöglich auch publiziert werden, um einen zusätzlichen Anreiz zu schaffen. Das Seminar umfasst neben dem Aktenstudium vor Ort einen Anteil Emder Stadtgeschichte, „Trockenübungen“ zur Handschriftenkunde und eine Informationseinheit zu „Merkmalen der europäischen Stadt im 15. bis 18. Jahrhundert“.

Kontakt:
Stadtarchiv Emden
Kirchstraße 18
26721 Emden

Univ.-Prof. Dr. Carl-Hans Hauptmeyer
Historisches Seminar
Im Moore 21
Raum: B 213/214 (Hinterhaus)
D-30167 Hannover
Telefon: +49 (0)511/762-4434 und -4201 (Sekretariat)
Fax: +49 (0)511/762-4479
E-mail: hauptmeyer@hist-sem.uni-hannover.de

Quelle: Emder Zeitung, 4.7.2003 (Foto).