Nach den öffentlich gewordenen Forderungen des Landesrechnungshofes zur Reduzierung des Bestandes der sächsischen Staatsarchive reißt die Empörung in Freiberg nicht ab (siehe vorigen Bericht). Es wäre ein Kulturfrevel, wenn historisch wertvolle und einmalige Unterlagen aus dem Bergarchiv auf Mikrofilm gebannt und danach im Reißwolf enden würden, hält der Rektor der TU Bergakademie Freiberg, Georg Unland, allein die Formulierung für völlig aus der Luft gegriffen. „Schließlich sind das einmalige Kulturschätze, die ähnlich den Museumsbeständen von Gemäldegalerie oder Grünem Gewölbe zu schützen sind“, meint der Chef der Universität, die zu den Hauptnutzern des Bergarchivs mit seinen Dokumenten aus über 500 Jahren zählt.
Auch der Vorstandsvorsitzende des Geokompetenzzentrums, Horst Richter, hat „große Sorge, dass das, was im Bericht des Landesrechnungshofes niedergeschrieben ist, bei den Finanzleuten auf fruchtbaren Boden fällt. Viele der über 60 Firmen des Zentrums würden den regionalen Vorteil des Bergarchivs nutzen und in Größenordnungen hier arbeiten. Ob bei Auswirkungen der Flut oder beim Altbergbau, im Bergarchiv hätten die Firmen schnell Zugriff, was für schnelles Handeln und Untersuchungen von entscheidendem Vorteil ist. Das Freiberger Archiv biete auch Unterlagen, die für die Sicherung des Altbergbaus der Wismut bedeutsam sind. Das von Staatsregierung und Bundeswirtschaftsministerium geförderte Projekt wäre schwieriger zu realisieren, wenn Originalunterlagen fehlen. „Die Forderungen sind nicht seriös. Hier wird versucht, an der falschen Stelle zu sparen“, so Richter. Man sollte vielmehr die Dokumente in geeigneter Form einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen. Werde Schloss Freudenstein die neue Heimstatt des Archivs, könnten Ausstellungen zum Bestandteil der Angebote gehören.
„Vergessen wir nicht, es gab schon einmal eine Zeit, und die liegt gar nicht weit zurück, da nahm manches Kulturgut den Weg zu finanzstarken Sammlern. Was nützt uns heute in Archiven und Museen das auf ein Foto gebannte wertlose Exponat“, fragt Knut Neumann, 1. Vorsitzender der Historischen Freiberger Berg- und Hüttenknappschaft. Als langjähriger Nutzer des Bergarchivs hat er die Empfehlung des Rechnungshofes mit Verwunderung aufgenommen. Oft könne man von einem Original mehr erfahren als von der besten Kopie. Bei dem Archivgut handele es sich nicht nur um festgehaltene Erkenntnisse der Vergangenheit, sondern um Zeitzeugen von unersetzbarem Wert.
„Das Bergarchiv Freiberg ist ein unverzichtbarer Bestandteil nicht nur der sächsischen, sondern insbesondere der Freiberger Identität. Er ist verwurzelt mit den Bergbautraditionen unserer Vorfahren, zu denen sich die Freiberger Bevölkerung bewusst bekennt. Diese Wurzeln schrittweise zu kappen, führt zu Konsequenzen, die in Geld nicht mehr zu messen sind“, wendet sich der Vorstand des Fremdenverkehrsvereins der Stadt an die Verantwortlichen des sächsischen Landtages und der Staatsregierung. So berechtigt die Bemühungen des Rechnungshofes zur Reduzierung der Kosten im öffentlichen Bereich seien, so sollte der Respekt vor den wissenschaftlich-technischen und kulturellen Leistungen der sächsischen Geschichte eine Grenze setzen, heißt es. Bisher habe es keine Generation gewagt, Hand an Originaldokumentationen der durch Wissenschaft und Technik geprägten Vergangenheit zu legen.
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Quelle: Freie Presse online, 3.12.2003