Das Timing war perfekt. Rechtzeitig zum Lokaltermin des Kulturausschusses der Bürgerschaft im Stadtteilarchiv Ottensen hatte die Koalition sich darauf geeinigt, den Etat der 14 Hamburger Geschichtswerkstätten im Haushalt 2004 noch einmal deutlich nachzubessern: 400.000 Euro soll die Subvention im kommenden Jahr betragen. Zur Erinnerung: Im Juni war im Haushaltsansatz 2004 die Streichung der kompletten jährlichen Zuwendung für die Geschichtswerkstätten in Höhe von 539.000 Euro angekündigt worden. Nach heftigen öffentlichen Protesten hatte die Kulturbehörde Ende Juli eingelenkt und 133.000 Euro versprochen, damit Räume und Sammlungen der Stadtteilhistoriker erhalten werden könnten.
Selbst innerhalb der Koalition war die radikale Sparmaßnahme, unter der in einem steigenden Kulturhaushalt ausgerechnet eine kleine, verdienstvolle Einrichtung mit zahlreichen ehrenamtlichen Mitarbeitern leiden sollte, umstritten. Die FDP, angetrieben von ihrem damaligen kulturpolitischen Sprecher Martin Woestmeyer, hatte mit Nachdruck auf eine Korrektur hingearbeitet. Überdies haben die Stadtteilarchive starke Fürsprecher in den Bezirken – was umso mehr ins Gewicht fällt, als die Geschichtswerkstätten entsprechend den neuen Globalrichtlinien Stadtteilkultur künftig nicht mehr bei der Kulturbehörde, sondern direkt in den Bezirken angesiedelt sein sollen. Und mit Gerhard Fuchs aus Wandsbek machte auch ein Bezirksamtsleiter mit CDU-Parteibuch deutlich, dass dies ohne mehr Mittel nicht funktioniere. Ausschlaggebend für die zweite Nachbesserung war am Ende wohl, dass Bürgermeister Ole von Beust sich persönlich dafür einsetzte, die Subvention durch Gelder aus Resttiteln des allgemeinen Haushalts der Finanzbehörde aufzubringen.
Der Ortstermin in Ottensen ließ jedoch keinen Zweifel daran, dass diese Aufstockung eher eine Atempause als eine Bestandsgarantie sein kann. Denn die Geschichtswerkstätten sollen diesen Aufschub nutzen, sich neu zu strukturieren, sich in den Stadtteilen stärker zu vernetzen, Sponsoren zu suchen und das Ehrenamt weiter auszubauen. Doch ihre Vertreter ließen bei der Anhörung keinen Zweifel daran, dass diese Potenziale längst ausgeschöpft werden. Der Anteil an ehrenamtlichen Mitarbeitern liegt bei mehr als 80 Prozent. In der kleinen, agilen Geschichtswerkstatt St. Georg beispielsweise arbeiten nur Ehrenamtliche.
Trotz des Teilerfolgs sind die Archive unzufrieden, denn auch die 400.000 Euro bedeuten eine Kürzung von rund 25 Prozent, die bei kleinen Etats nur schwer verkraftet wird. Ruhe dürfte nach dieser Aufstockung jedenfalls nicht einkehren: Im kommenden Jahr wird über die Etats für 2005 und 2006 verhandelt. Das ist schon Vorwahlkampf, und ein so öffentlichkeitswirksames Thema wie dieses könnte eine unvorhersehbare Eigendynamik entwickeln.
Quelle: Hamburger Abendblatt, 3.12.2003