Das Interesse an den Staufern ist groß. Deshalb bietet die Göppinger Gesellschaft für staufische Geschichte im Wechsel zu den Staufertagen Symposien über dieses Herrschergeschlecht an. Das nächste findet am 15. November statt.
Die Staufer sind gefragt. Nicht nur bei den Teilnehmern der Symposien. Die Gesellschaft für staufische Geschichte hat auch keine Mühe, namhafte Referenten nach Göppingen zu holen. „Wir haben bisher noch keine Absage bekommen“, erklärt der Vorsitzende der Gesellschaft, Claus Anshof. Er denkt, dass die schnelle Veröffentlichung der Vorträge in einem Buch ein Anreiz für die Historiker ist, in Göppingen vor einem interessierten Laienpublikum zu sprechen.
Im Mittelpunkt des diesjährigen Symposiums stehen, wie bereits vor zwei Jahren, die Frauen der Staufer. Der Bonner Historiker Theo Kölzer beschäftigt sich mit Kaiserin Konstanze, der Gemahlin Heinrichs VI., die von 1154 bis 1198 lebte. Über die byzantinische Kaisertochter Irene, die als Frau Philipps von Schwaben 830 in Aachen gekrönt wurde, spricht Maria Magdalena Rückert vom Staatsarchiv in Ludwigsburg. Nachmittags schließen sich Vorträge über die Frauen Kaiser Friedrichs II. sowie Margarete von Babenberg und Elisabeth von Bayern an. Einen Überblick über die Heiratspolitik der Staufer im zwölften Jahrhundert gibt der Bonner Historiker Tobias Weller. Die Abschlussdiskussion, die um 16.45 Uhr beginnt, moderiert der Stuttgarter Historiker Wolfgang Stürner.
200 Teilnehmer haben sich für dieses dritte Symposium angemeldet. „Davon ist etwa die Hälfte von außerhalb“, freut sich Anshof. Dass die Staufer eine so große Faszination ausstrahlen, führt er darauf zurück, dass unter ihrer Herrschaft der europäische Gedanke erstmals Gestalt annahm. Das Interesse an den Staufern zeige sich aber nicht nur an dem großen Interesse für die Staufertage und die Symposien, die im Wechsel alle zwei Jahre stattfinden. Auch die Mitgliederzahl der Gesellschaft für staufische Geschichte sei sprunghaft gestiegen. „Und auch da kommen viele von außerhalb dazu.“
Kontakt:
Gesellschaft für Staufische Geschichte Göppingen
Claus Anshof
Hohenstaufenstr. 12
73108 Gammelshausen
Dr. Karl-Heinz Rueß, Geschäftsführer
Schlossstr. 14 (Stadtarchiv)
73033 Göppingen
Tel: 07161 / 97 95 22
Fax: 07161 / 97 95 21
Quelle: Stuttgarter Zeitung, 8.11.2003
Geschichte der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg
Am 9. November jährt sich die Reichspogromnacht des Jahres 1938. Aus diesem Anlass stellt die Sozial- und Wirtschaftshistorikerin Dr. Martina Moede an diesem Sonntag die erste Chronik der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg vor (Vortrag im Rathaus um 15 Uhr, Eintritt frei).
„Auf das Thema bin ich 1997 bei einem Spaziergang gekommen. Ich kam zufällig am jüdischen Friedhof am Wulfsdorfer Weg vorbei. Daraufhin habe ich in der Stadtbücherei, im Stadtarchiv und im Landesarchiv Schleswig recherchiert“, erzählt die Schlossstädterin.
Obwohl die Reichspogromnacht vom 9./10. November, bei der die Nazis 267 Synagogen zerstörten, 91 Menschen töteten und rund 30 000 in Konzentrationslager verschleppten, noch nicht mal ein Menschenleben zurückliegt, gibt es auch in Ahrensburg Fragen über Fragen. Moede: „Wir können zum Beispiel nicht eindeutig sagen, ob die Synagoge hinter dem heutigen Pastorat der Schlosskirche brannte. Es leben ja kaum noch Augenzeugen.“
Moede hat trotzdem einiges über die „Reichskristallnacht“ (Nazi-Jargon) in Ahrensburg herausfinden können: „Sicher ist, dass die drei Brüder Harry, Ludwig und Magnus Lehmann aus der Kornhandelsfamilie Lehmann, die ihr Geschäft in der kleinen Rathausstraße betrieben, bei dem Pogrom verhaftet wurden. Ebenfalls am 9. November wurde der Student Otto Lehmann, Sohn von Harry Lehmann, in Kiel verhaftet. Vermutlich, weil er dort versucht hatte, die brennende Synagoge zu fotografieren.“
Die Brüder Lehmann wurden ins KZ Sachsenhausen verschleppt. – Otto Lehmann, dem die Emigration nach Südamerika gelang, schrieb in der Nachkriegszeit an das Ahrensburger Stadtarchiv: „Die Ereignisse der Kristallnacht waren eine große Ernüchterung, und mein Bruder (Hellmut Lehmann) beeilte sich, für die ganze Familie die Einreisegenehmigung nach Brasilien durchzusetzen, nachdem mein Vater, meine beiden Onkel (Ludwig und Magnus Lehmann) und ich im Konzentrationslager waren. Es dauerte fast ein Jahr, bis ich meine Einreisebewilligung nach Brasilien bekam.“
Die drei Brüder waren ins KZ Sachsenhausen verschleppt worden, kamen erst einige Wochen später wieder frei, weil sie versicherten, das Land verlassen zu wollen. Ludwig und Harry Lehmann gelang die Flucht nach Südamerika, Magnus Lehmann nicht. Moede: „Er wurde im Dezember 1941 nach Minsk deportiert und ermordet.“ Zwei weitere Ahrensburger hat die Forscherin ausgemacht, die von den Nazis ermordet wurden. Malie Levy, geboren am 28. September 1868 in Ahrensburg, wurde im November 1941 nach Lodz deportiert und ermordet. Edgar Levy, geboren am 2. Januar 1898, wurde einen Monat zuvor deportiert.
Es gab jedoch noch weitere Opfer der Nazi-Hetze gegen Juden. „Eheleute mit einem jüdischen Partner wurden unter Druck gesetzt, sich scheiden zu lassen.“ So sah sich der Ahrensburger Arzt Dr. Hugo Rath, der in der Waldstraße ein „Ambulatorium“ leitete, wegen seiner jüdischen Frau Veronika einer regelrechten Kampagne ausgesetzt. Abgesandte der NSDAP suchten sogar seine Patienten auf und empfahlen ihnen, seine Sprechstunden zu boykottieren.
Die Besitzerin der Adler-Apotheke wurde enteignet.
Moede: „Veronika Rath glaubte, dass sie ihrem Mann im Wege stünde. Sie nahm sich im Frühjahr 1938 das Leben.“ Veronika Rath, damals 55, war eine bekannte Wohltäterin: Als Mitglied im Frauenverein hatte sie Lebensmittel an Bedürftige verteilt.
Die Pogromnacht war auch der Auftakt zu einer organisierten Bereicherungswelle („Arisierung“). 1939 wurde die Ahrensburgerin Gertrud Eickhorst verhaftet. Begründung: Sie habe sich „auffällig benommen“. Der Apothekerin gehörte die Adler-Apotheke an der heutigen Hamburger Straße. Ihr nichtjüdischer Mann erwirkte ihre Freilassung, indem er den Wegzug nach Hamburg zusicherte. Die Apotheke wurde später zwangsverkauft, der Erlös beschlagnahmt.
Info:
Martina Moede: „Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Ahrensburg – Von der ersten Ansiedlung 1788 bis zur Deportation 1941“, Wachholtz-Verlag Neumünster (Reihe „Stormarner Hefte“), 410 Seiten, 26 Euro
Quelle: Hamburger Abendblatt, 8.11.2003
Stadtarchiv Münster zieht um
Nach 25 Jahren der Unterbringung im Lotharinger Kloster wechselt das Stadtarchiv Münster seinen Standort und zieht in die Speicherstadt Nord. Der Umzug nimmt drei Wochen in Anspruch. Daher ist das Archiv vom 3. bis 21. November 2003 geschlossen.
Am 22. November wird die Wiedereröffnung in den neuen Räumen des Stadtarchivs mit einem „Tag der offenen Tür“ gefeiert. Das Programm am Tag der offenen Tür:
- 10.00 Uhr Öffnung der Räume des Stadtarchivs im Gebäude „An den Speichern 8“ für das Publikum
- 11.00 Uhr Festakt mit Schlüsselübergabe in der Backhalle des Gebäudes „An den Speichern 10“
- 14.30 Uhr Eröffnungsveranstaltung zur Präsentation aller 76 Beiträge von insgesamt 170 münsterischer Schülerinnen und Schüler zum Geschichtswettbewerb 2002/2003 um den Preis des Bundespräsidenten
Am Tag der Wiedereröffnung werden außerdem drei Publikationen präsentiert:
- Festschrift aus Anlass des Umzugs in die Speicherstadt mit einem Rückblick auf 25 Jahre Stadtarchiv im Lotharinger Kloster und einer Vorschau auf Ausstattung und Abläufe in den neuen Räumen.
- Christoph Sturm, Das Elementar- und Volksschulwesen der Stadt Münster 1815-1908. Reihe: Quellen und Forschungen des Stadtarchivs Münster.
- Anja Gussek-Revermann, Heinz Kilian: Münster und die Eisenbahn. Reihe: Kleine Schriften aus dem Stadtarchiv Münster, Band 6.
Die neue Adresse lautet:
Stadtarchiv Münster
An den Speichern 8
48 157 Münster
Telefon: 0251 492-4701
Telefax: 0251 492-7727
archiv@stadt-muenster.de
Brasilien: Streit um Öffnung der Diktatur-Archive
Die Führung der regierenden sozialistischen „Partei der Arbeiter“ (PT) hat in Brasilien eine Öffnung geheimer Archive der Militärdiktatur (1964-85) gefordert. „Wir Brasilianer müssen offen und ohne Vorurteile sagen, was wir gemacht haben“, sagte Parteichef Jose Genoino nach Medienberichten vom Freitag auf dem brasilianischen Sozialforum in Belo Horizonte, der Hauptstadt von Minas Gerais. Die Wahrheit diene auch dem Schutz der Demokratie, meinte der Ex-Guerillero, dem von mehreren Ministern applaudiert wurde. Staatspräsident Luiz Inacio Lula da Silva hat sich hingegen bisher gegen die Öffnung der Archive ausgesprochen.
Der Druck der linken Parteien und der Menschenrechtsgruppen, die seit Jahren eine Öffnung der Militärarchive fordern, ist diese Woche nach der Herausgabe des Buches „Die geschlagene Diktatur“ gewachsen. In dem Buch enthüllt der Journalist Elio Gaspari Tonbandaufnahmen von Gesprächen des Diktators Ernesto Geisel aus den 70er Jahren, in denen sich der General für die Ermordung politischer Gegner ausspricht. Geisel galt in Brasilien bislang als „weicher Diktator“, der den Weg zur Rückkehr zur Demokratie zu ebnen begonnen habe. „Die Enthüllungen sind überraschend und sehr starker Tobak“, meinte Genoino.
Gegen die Öffnung stemmen sich nicht nur die Streitkräfte und rechte Parteien. Die Regierung Lulas legte jüngst Berufung gegen ein Justizurteil ein, das die Öffnung der Archive angeordnet hatte. Lula wurde deshalb von Menschenrechtsgruppen und von Angehörigen der Diktatur-Opfer scharf kritisiert. „Unsere Hoffnung schwindet immer mehr. Die einstigen Weggefährten sind heute unsere Feinde“, klagte Vitoria Grabois, die unter der Diktatur ihren Vater, ihren Ehemann und ihren Sohn verlor.
Bei der Polemik geht es vor allem um die blutige Niederschlagung der so genannten Guerilla von Araguaia, bei der 139 Rebellen nach Angaben von Menschenrechtsgruppen „regelrecht hingerichtet“ wurden, nachdem sie sich ergeben hatten und entwaffnet worden waren. Bislang wurden nur drei der Opfer identifiziert. Die „Guerilla von Araguaia“ war in den 70er Jahren die wichtigste bewaffnete Opposition gegen das Regime und operierte vor allem im Amazonasgebiet im Süden des Bundesstaates Para.
Quelle: Der Standard, 7.11.2003
Verschwörungen und Attentate gegen Hitler
Die Aufmärsche auf dem Nürnberger Reichsparteitag veranschaulichen die Diktatur des Führers und die Schwierigkeit, sich Krieg, Terror und Töten zu widersetzen. Die Sicherheitsmaßnahmen für den Führer wurden immer größer, je mehr sich das Regime und der Krieg entwickelten. Sich dem Führer zu nähern, war und bleibt eine Heldentat. Das konnten nur Offiziere aus seinem Umfeld, die heimlich für die Verschwörung arbeiteten.
Christine Levisse-Touzé ist Kommissarin der Ausstellung „Verschwörungen und Attentate gegen Hitler“, die derzeit im „Marschall Leclerc-Memorial und Jean-Moulin-Museum“ in Paris stattfindet. Christine Levisse-Touzé ist gleichzeitig die Direktorin des Museums, das der Befreiung von Paris und der Résistance gewidmet ist und das größte Archiv zum Thema besitzt. In drei Sälen werden ständig die Ereignisse in Paris bis zur Befreiung im August 1944 vor Augen geführt. In einem Saal geht es nun auch um den deutschen Widerstand.
Denn nicht alle Deutschen folgten dem Führer blindlings. Dieser kleinen Minderheit ist die Ausstellung gewidmet, die bis zum April 2004 geht, und danach auch in anderen französischen Museen gezeigt werden soll. Fotos, Dokumente, Zeitungsartikel und ein Film erzählen die Geschichte derer, die sich gegen Hitler engagierten. Museumsdirektorin Christine Levisse-Touzé:
Das ist eine dokumentarische und wissenschaftliche Ausstellung, die die letzten Forschungsergebnisse in Deutschland berücksichtigt. Es gibt keine Originale in der Ausstellung, aber Reproduktionen von Nazidokumenten aus erster Hand, wie die Massaker, die die Einsatzgruppen in der Ukraine im September, Oktober 1941 verübt haben. Selbst wenn man kein Deutsch versteht, begreift man, dass 138.000 Menschen massakriert wurden, Kinder, Frauen, Alte, und natürlich Juden und sowjetische Politkommissare. Das war für manche Offiziere unerträglich. Sie wollten diese Massaker stoppen, und Dokumente wie das hier Gezeigte schafften dafür das Bewusstsein.
In einem 35-minütigen Dokumentarfilm kommen Widerstandskämpfer und Kämpferinnen sowie ihre Kinder oder Ehepartner zu Wort, mit Übersetzung für das französische Publikum.
Das ist ein recht bewegender Film, der alle Tendenzen zeigt. Denn diese Oppositionellen waren Männer und Frauen aus dem rechten wie dem linken Lager, die die Tyrannei und den Tyrannen niederschlagen wollten.
Diese Dokumente werden in Frankreich zum allerersten Mal gezeigt. Die Ausstellung im Pariser Jean Moulin-Museum kam dank der Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Deutscher Widerstand in Berlin zustande. 99 Prozent der Exponate stammen aus Berlin, aus den Staatsarchiven in Berlin und Potsdam, und aus Privatarchiven der Gegner des Naziregimes, zum Beispiel von der Familie von Georg Elser.
In der Bundesrepublik sprach man lange nur vom Komplott der Offiziere im Juli '44. Erst in den 60er Jahren dann haben deutsche Historiker Archive entdeckt, die vom einsamen Versuch von Georg Elser Zeugnis ablegten. Dieser Schreiner war gegen den Nazismus, ein Linker mit kommunistischen Sympathien, der den Führer töten wollte, um die Massaker zu stoppen und vor allem dem Krieg ein Ende zu machen.
Anfang dieses Jahres kam in Deutschland eine Briefmarke mit dem Konterfei von Georg Elser heraus. Eine schöne Hommage an den Widerstandskämpfer, meint Christine Levisse-Touzé. Das Ziel der Ausstellung in Paris ist es, den Franzosen diesen Aspekt der deutschen Geschichte nahe zu bringen.
Die Franzosen wissen davon nichts, was die Geschichte Deutschlands angeht. So wissen die am besten Informierten, dass es eine Opposition zum Naziregime gab, aber sie wissen nicht viel mehr. Die meist Informierten denken an die „Weiße Rose“. Und es gibt doch noch mehr, selbst wenn es eine winzige Minderheit ist, wie übrigens auch die französische Résistance eine Minderheit war. Die Widerstandsbewegungen gegen die Nazis waren aber noch minoritärer.
Auch wenn die Franzosen über deutsche Geschichte nicht viel wissen, so ist das Interesse an solchen Themen doch groß. Eine Ausstellung 1995 über die Deutschen und den Nationalsozialismus brachte dem recht kleinen Museum 15.000 Besucher.
Die Leute haben einen Wissensdurst. In Deutschland gibt es einen weiteren Aspekt der Geschichte: auf der anderen Seite der Mauer, in der DDR, war nur der Kampf der Antifaschisten gezeigt worden. Nun hat in Deutschland mit der Wiedervereinigung die Stunde der Geschichte geschlagen. Und auch in Frankreich interessiert man sich dafür, in einer Zeit, in der Europa größer wird. Wenn ich unsere Besucher so anschaue, habe ich das Gefühl, die Leute möchten darüber besser Bescheid wissen.
Info:
Die Ausstellung „Verschwörungen und Attentate gegen Hitler“ ist im Marschall Leclerc Memorial und Jean-Moulin-Museum in Paris vom 7. November 2003 bis 30. März 2004 zu sehen.
Quelle: DeutschlandRadio Berlin, 6.11.2003
Alte Einwohnerdaten von Emden zu 40% verloren
40 Prozent der Daten aus dem Einwohner-Register der Stadt Emden von 1871 bis 1945 sind aufgrund des Zustandes der Unterlagen verloren gegangen. Das teilte Dr. Rolf Uphoff, Leiter des Emder Stadtarchivs, im Ratsausschuss für Kultur und Erwachsenenbildung mit. Deshalb müsse das verbliebene Material schnell gesichert werden. Das koste 6.800 Euro.
Das Stadtarchiv hat die Unterlagen im Februar von der Registratur der Stadtverwaltung übernommen. „Die Originalunterlagen wurden vernichtet“, sagt Uphoff. „Es gibt nur Daten auf Filmen, die aufgrund unsachgemäßer Lagerung in sehr schlechtem Zustand sind.“ Das Material sei nicht zu benutzen.
Problematisch sei das vor allem deshalb, weil zurzeit verstärkt Anfragen nach den Daten beim Archiv eingingen. Vor allem die Namen von jüdischen Mitbürgern, Zwangsarbeitern und Flüchtlingen seien wichtig. „Diese Menschen brauchen Bestätigungen, um ihre Ansprüche als Rentner oder deutsche Staatsbürger geltend zu machen“, erklärt Uphoff.
Wenn das Stadtarchiv die Reproduktion aus dem eigenen Haushalt bezahlen solle, werde noch viel Zeit vergehen, bis alle Daten gesichert seien, so Uphoff. Außerdem sei das Geld eigentlich für die Sicherung alter Zeitungen gedacht. Eine Umschichtung werde schwierig.
Der Leiter des Stadtarchivs regt an, dass die Stadt versuchen soll, Bund und Land in die Finanzierung einzubeziehen. „Schließlich stellen diese die meisten Anfragen“, sagte Uphoff.
Kontakt:
Stadtarchiv Emden
Kirchstraße 18
26721 Emden
Quelle: Ostfriesen-Zeitung, 7.11.2003
Bei „Kongo-Müller“ muss der Archivar passen
Herbert Bauch ist der Herr der Akten. In den beiden Magazinräumen im Kulturhaus Altes Amtsgericht von Langen stapeln sich hunderte Meter Verwaltungs- und Gerichtsakten, Konvolute und Protokolle, Fotos und Karten, Baupläne, Verträge und Zeichnungen. Und täglich kommt Neues hinzu.
„Unser Auftrag ist es, all das zu sammeln, was die Stadtgeschichte dokumentiert“, erklärt Stadtarchivar Herbert Bauch seine Aufgabe. So finden sich alte Handelsregister, Schenkungs- und Erburkunden sowie Zeitungen und Wochenblätter in den raumhohen Magazin-Regalen. Das älteste Stück ist ein so genanntes Bede-Buch aus dem 16. Jahrhundert. In dem dicken Leder-Folianten wurden die Abgaben der Langener Bürger an die adelige Herrschaft protokolliert. „Innerhalb der Verwaltung gibt es eine Abgabepflicht. Das heißt, alle archivierungswürdigen Unterlagen müssen uns übergeben werden“, beschreibt Bauch den Weg der Akten. Außerhalb der Verwaltung gilt es, ständig die Augen aufzuhalten: Wird eine neue Vereinschronik, ein Familienbuch oder eine Abhandlung über regionale Themen herausgegeben, gehört ein Exemplar ins Stadtarchiv. Herbert Bauch und seine Kollegin Roswitha Baier beobachten die lokale Kunst- und Kulturszene ebenso wie das Vereinsgeschehen und das Gewerbe in Langen. Doch mit der reinen Aufbewahrung der Schriftstücke, Fotos und Zeichnungen ist es nicht getan. Vielmehr liegt es an den Archivaren, Ordnung in den Papier-Wust zu bringen. „Der Bestand ist nach Zeit, Themen und Herkunft geordnet. Im Findbuch kann man nachschlagen und wird so relativ schnell fündig“, so Bauch.
Schließlich müssen sich nicht nur geschulte Archivare, sondern auch interessierte Bürger im Bestand des Stadtarchivs zurechtfinden können – die städtische Einrichtung steht jedermann offen. Wissenschaftler und Journalisten, Familienkundler, Schüler und Studenten begehren Einblick in die Akten oder bitten Bauch gleich um eine kleine Recherche.
Ein Doktorand aus Münster benötigt beispielsweise Informationen über „Kongo-Müller“, einen Langener, der in den 60er Jahren als Major einer Söldner-Truppe im kongolesischen Bürgerkrieg kämpfte und 1983 in Südafrika starb. „Über den haben wir leider nichts im Archiv“, winkt Bauch ab.
Eine Studentin, die regelmäßig ins Stadtarchiv kommt, um Material für ihre Examensarbeit zu sammeln, interessiert sich besonders für die französische Besatzungszeit nach dem Ersten Weltkrieg. Sie kann bei ihren Recherchen auf Bürger- und Registrierungslisten ebenso zurückgreifen wie auf den Schriftverkehr zwischen Zivilverwaltung und dem französischen Militär.
„Viele Anfragen an uns stammen aber auch aus der eigenen Verwaltung – besonders was Verträge und andere Rechtstitel angeht“, sagt Stadtarchivar Herbert Bauch. Oder er bekommt von der Verwaltung oder vom Stadtparlament gleich konkrete Aufträge. Als die Stadtverordneten beispielsweise beschlossen, ehemalige Zwangsarbeiter, die im Dritten Reich nach Langen verschleppt worden waren, direkt zu entschädigen, musste Bauch dafür sorgen, dass das Geld auch bei den rechtmäßigen Empfängern ankam. „Die Stiftung ‚Erinnerung, Verantwortung, Zukunft’ der Bundesregierung teilt uns mit, wenn sich ein ehemaliger Langener Zwangsarbeiter bei ihr gemeldet hat. Wir überprüfen die Identität der Leute und lassen ihnen dann das Geld mit Hilfe des Vereins ‚Kontakte zu Ländern der ehemaligen Sowjetunion’ und verschiedener Übersetzungsbüros zukommen“, erklärt Bauch das Prozedere. Fünf ehemalige Zwangsarbeiter aus Polen und der Ukraine wurden auf diesem Weg bereits entschädigt. Um dafür zu sorgen, dass das Geld nicht unterschlagen oder an den Falschen ausgezahlt wird, hat Bauch seine Fantasie spielen lassen: Die Empfänger erhielten im Vorfeld ein Langener Stadtwappen, das sie dem Kurier zeigen mussten. Der wiederum musste nach erfüllter Mission ein Foto mit Empfänger, Wappen und Geld im Stadtarchiv abliefern.
Neben dem Stadtarchiv ist Herbert Bauch, der nach seinem Germanistik- und Politik-Studium im Hauptstaatsarchiv in Wiesbaden arbeitete, auch für das Museum zuständig und wirkt bei der Denkmalpflege mit. In letzterer Funktion überwachte Bauch beispielsweise die Sanierung der Mikwe, des jüdischen Ritualbades, auf dem Gelände der Gedenkstätte für die Opfer des Nationalsozialismus in der Dieburger Straße. „Zu diesem Thema bieten wir regelmäßig Führungen an. Schulklassen oder interessierte Gruppen können mit uns aber auch Einzel-Termine vereinbaren“, schildert Bauch den Service des Archivs. Das Museum sieht Bauch als verlängerten Arm des Archivs, wo Geschichtliches ansprechend aufbereitet der Öffentlichkeit vorgestellt wird: „Das Museum ist so etwas wie ein dreidimensionales Stadtarchiv.“
Vorträge organisiert Bauch ebenfalls: Dieser Tage sorgte die Veranstaltung über den „Zarenbesuch in Wolfsgarten“ für großen Andrang im Kulturhaus. Der nächste Diavortrag des Stadtarchivs am Dienstag, 25. November, widmet sich dem Thema „Ahnenkult und Menschenopfer – Aspekte keltischer Religiosität“. Wer Fragen zur Lokalgeschichte hat, Auskünfte über seine eigene Familiengeschichte benötigt oder selbst einmal einen Blick in die Bücher werfen will, kann sich bei Herbert Bauch im Stadtarchiv zur Akteneinsicht anmelden.
Kontakt:
Stadtarchiv Langen, Kulturhaus Altes Amtsgericht
Darmstädter Str. 27, Zimmer 4
63225 Langen
Tel.: (06103) 910475
Fax: (06103) 910466
stadtarchiv@langen.de
Quelle: Offenbach-Post Online, 5.11.2003
Staatsarchiv St. Petersburg bekommt neue Adresse
Der Wegzug des Historischen Archivs vom St. Petersburger Dekabristenplatz ist nur noch eine Frage der Zeit. Am 28. Oktober erließ die Petersburger Stadtregierung eine Anordnung, laut der das Archiv ein 2,5 Hektar großes Gelände im Krasnogwardejski-Stadtbezeirk rechts der Newa als Bauplatz übereignet bekommt. Unweit davon soll die Verwaltung des Archivs ein bereits fertiges Gebäude beziehen.
Der Konflikt um das mitten im Petersburger Zentrum gelegene Staatsarchiv dauert schon länger an. Im Dezember letzten Jahres war das ehemalige Senats- und Synode-Gebäude in den Besitz der Präsidentenverwaltung übergegangen, und die Mitarbeiter des Archivs hatten lauthals gegen ihre Vertreibung protestiert. Relative Ruhe war eingetreten, als Valentina Matwijenko, damals noch Putins Generalgouverneurin in der Nordwest-Region, versprach, eine Umsiedlung käme erst in Frage, wenn für entsprechende Ausweichmöglichkeiten gesorgt wäre.
In Ermangelung eines Gebäudes mit allen modernen Voraussetzungen für die Verwahrung von Archiv-Materialien bleibt nichts anderes übrig, als ein ganz neues Magazin zu errichten. Laut der Tageszeitung „Delowoi Peterburg“ war zuerst ein Bauplatz in der Nähe des neuen Gebäudes der Russischen Nationalbibliothek am Moskowski Prospekt im Gespräch. Doch nun kommt es anders – die neue Adresse für das Historische Staatsarchiv lautet Utkin Prospekt Nr. 6. Der Neubau wird zunächst auf 15 Millionen Dollar veranschlagt. Ganz in der Nähe, am Sanewski Prospekt Nr. 36, soll die Archiv-Verwaltung unterkommen.
Das Wawilow-Institut für Pflanzenkunde, das ebenfalls seinen angestammten Platz am Isaak-Platz verlassen und in den Besitz der Präsidenten-Verwaltung übergehen sollte, hat indessen einen Prozess in Eigentumsfragen gewonnen und ist (zumindest vorläufig) nicht mehr von der Umsiedlung bedroht. Doch bis das Staatsarchiv umzieht, werden sicher auch noch einige Jahre vergehen. Erst wenn die neuen Räumlichkeiten fertig sind, wird man sich ans Packen machen.
Quelle: RU Russland aktuell, 5.11.2003
Gefahr digitaler Löcher
Wenn sich eines Tages künftige Historiker mit der Gegenwart beschäftigen, könnten sie auf ein riesiges Informationsloch stoßen. Denn heutiges Kulturgut wird vor allem elektronisch gespeichert. Digitale Dokumente aber können schon nach wenigen Jahrzehnten nicht mehr gelesen werden.
In den Stadt- und Landesarchiven werden mittelalterliche Urkunden für Jahrhunderte aufbewahrt. Weit weniger langlebig sind elektronische Dokumente: Sie können zum Teil schon nach wenigen Jahrzehnten nicht mehr gelesen werden, weil die für sie bestimmte Software völlig veraltet ist. Auch die Hardware ist problematisch – so gibt es kaum noch eine Möglichkeiten, Disketten im ehedem weit verbreiten Format von 5,25 Zoll zu lesen. Ein jetzt erschienenes Buch macht sich Gedanken über die richtige Strategie der Lanzeitarchivierung elektronischer Dokumente.
„Da in zunehmendem Maße Kulturgüter in digitaler Form produziert werden, laufen wir Gefahr, schon bald Teile des zeitgenössischen Kulturguts endgültig zu verlieren“, warnen die vier Buchautoren Uwe Borghoff, Peter Rödig, Jan Scheffczyk und Lothar Schmitz. Da die künftige Entwicklung der Technik niemand absehen kann, betrachten sie die Langzeitarchivierung als Aufgabe, die von Generation zu Generation weitergegeben werden muss. Dabei gibt es zwei unterschiedliche Wege: Bei der Migration werden die älteren Dokumente neu gespeichert, damit sie auch im jeweils aktuellen Format zur Verfügung stehen.
Die Emulation hingegen bedient sich „virtueller Maschinen“, die die alten Betriebssysteme und Dateiformate weiter darstellen können. Die Autoren – alle vier Informatiker an der Universität der Bundeswehr in München – empfehlen, beide Ansätze miteinander zu kombinieren.
Was sollte man schon beim Erstellen von Dokumenten beachten, damit sie möglichst lange erhalten bleiben? Die Autoren plädieren hier für XML, weil die Kontrolle und alle Änderungsrechte bei diesem Format in den Händen eines internationalen Normungsgremiums liegen. Relativ gute Noten bekommt noch PDF, weil dieses von der Firma Adobe entwickelte Format zur allgemeinen Nutzung offen gelegt wurde. „Unbedingt zu vermeiden sind proprietäre Formate wie Microsoft Word, die von ihren Besitzern jederzeit geändert werden können“. Wegen der Vorteile offener Standards unterstützt auch die Microsoft-Software XML und kann Dokumente in diesem Format speichern.
Die Autoren regen eine enge Zusammenarbeit von Informatikern und Archivaren, Politikern und Juristen an, um gemeinsame Lösungsansätze zu entwickeln. Mit ihrem Buch stellen sie die Grundlagen für diesen Austausch zur Verfügung. Ein ausführlicher methodischer Teil beginnt mit Überlegungen zur „Konservierung von Zeichenströmen“ und leitet hin zur Darstellung von Dokumentbeschreibungssprachen.
Ein zweiter Praxis-Teil stellt dann bestehende XML-und Datenbankprojekte vor wie die bereits intensiv von Bibliotheken genutzte Dublin-Core-Initiative. Für die Emulation schließlich könnte es einmal einen „Universal Virtual Computer“ (UVC) geben. Für diesen sollen Programme erstellt werden, mit denen der Bitstrom von Daten direkt ausgelesen werden kann, ohne dass dafür die gesamte Erstellungssoftware mit archiviert werden muss. Allerdings steckt das UVC-Projekt noch in einer frühen Experimentierphase.
Info:
Uwe M. Berghoff, Peter Rödig, Jan Scheffczyk, Lothar Schmitz:
Langzeitarchivierung. Methoden zur Erhaltung digitaler Dokumente.
Heidelberg: dpunkt.verlag 2003. 283 Seiten. 45 Euro
Quelle: RP-Online, 4.11.2003
Ausstellung „Zerstreute Bibliotheken“ in Dülmen
Das Stadtarchiv Dülmen lädt zu einer Vortragsveranstaltung am Freitag, 7. November 2003, um 19.30 Uhr ein (Stadtbücherei Dülmen, Overberg-Passage, 48249 Dülmen). Es referiert Dr. Timothy Sodmann (Landeskundliches Institut Westmünsterland, Vreden) über das Thema: „'Da wir Gottes Wort nicht mit dem Munde predigen können'. Der Buchbesitz des Kartäuserklosters Weddern.“
Anlässlich der Ausstellung JVDOCVS VREDIS. Kunst aus der Stille – Eine Klosterwerkstatt der Dürerzeit (2001) rekonstruierte Dr. Timothy Sodmann Teile der Klosterbibliothek der einzigen Kartäuserniederlassung in Westfalen, der Kartause Marienburg in Weddern bei Dülmen. Der Katalog der 38 Handschriften, Inkunabeln und Drucke zählt, listet nicht wenige wertvolle Bände auf, die gegen Ende des 19. Jahrhunderts über den internationalen Buchhandel nach England und in die Vereinigten Staaten von Amerika gelangten.
Begleitend zur Ausstellung des Stadtarchivs Dülmen „Zerstreute Bibliotheken. Kartause Marienburg – Kloster Agnetenberg – Kollegiatstift St. Viktor“ erläutert der Referent die Entstehung, Bedeutung und Auflösung der Bibliothek des Klosters Marienburg in Weddern, wobei die ausgestellten Exponate vom 15. bis 17. Jahrhundert einbezogen werden.
Ausstellungshintergrund:
Mit der Säkularisation wurde das Fürstbistum Münster unter eine Vielzahl von Staaten zerteilt. Während der östliche Teil an Preußen gelangte, entstanden aus den westlichen Ämtern neue Duodezfürstentümer. Das Amt Dülmen ging an den Herzog von Croy über, der für drei Jahre als Landesherr die souveräne Grafschaft Dülmen regierte. Während dieser Zeit kam es nur zur Aufhebung des 1476 gegründeten, einzigen Kartäuserklosters in Westfalen, der Kartause Marienburg im heutigen Dülmener Ortsteil Weddern.
Die beiden geistlichen Institute in der Stadt, das 1323 gegründete Kollegiatstift an der Pfarrkirche St. Viktor und das 1456 als Süsterhaus fundierte, ab 1471 die Augustinerregel übernehmende Kloster Agnetenberg, blieben bestehen. Beide Einrichtungen wurden nach 1803 entweder weiter mit pädagogischen und karitativen Aufgaben betraut oder als Mittel zur Pfründenversorgung genutzt. Die Aufhebung geschah 1812 durch ein Dekret Napoleons als neuem kaiserlichen Landesherrn.
Über das Schicksal der Bibliotheken aller drei geistlichen Einrichtungen war bisher wenig bekannt. Das Stadtarchiv Dülmen verfügt über einige der 27 Exponate, weitere konnten in den Staatsbibliotheken Berlin und Hamburg, in der Universitätsbibliothek Münster, im Bistumsarchiv und im Stadtarchiv Münster, der Freiherrlich Droste-Hülshoff'schen Bibliothek, dem Hamaland-Museum, Vreden, der Anna-Katharina-Gedächtnisstätte, Dülmen und dem Archiv des Herzogs von Croy aufgespürt werden.
Die Ausstellung vereint wertvolle Teile dieser seit der Säkularisation in alle Winde zerstreuten Bibliotheken, erläutert die einzelnen Stücke und zeigt beispielhaft an einem Buchbinder der Kartause Weddern aus dem 16. Jahrhundert, welchen hohen kulturellen Rang diese späte Klostergründung binnen weniger Jahre erreicht hatte.
Kontakt:
Stadtarchiv Dülmen
Charleville-Mézières-Platz 2
(im Keller der Hermann-Leeser-Schule)
48249 Dülmen
Tel. 0 25 94 / 89 08 15
Fax 0 25 94 / 89 08 17
http://www.stadtarchiv-duelmen.de/
Ausstellung:
Zerstreute Bibliotheken.
Kartause Marienburg – Kloster Agnetenberg – Kollegiatstift St. Viktor
3.-29. November 2003
Stadtbücherei Dülmen
www.stadtarchiv-duelmen.de
Öffnungszeiten:
Montag, Dienstag, Donnerstag, Freitag
von 10.00 – 12.30 und 14.30 – 18.30
Samstag von 10.00-13.00
Veranstalter: Stadtarchiv Dülmen http://www.stadtarchiv-duelmen.de/
Quelle: Mailingliste http://www.westfaelische-geschichte.de, 5.11.2003