Der Berufs- und Fachverband für das deutsche Archivwesen hat auf einer Vorstandssitzung am 12. November 2003 zur aktuellen Lage des Archivwesens in der Bundesrepublik Deutschland Stellung genommen.
Die Kenntnisnahme des Jahresberichtes des Sächsischen Rechnungshofes 2003 in seinen Passagen über das Landesarchivwesen in Sachsen (pdf-Datei), in denen archivarische Fachkompetenz beiseite geschoben wird, hat zu einer Erklärung geführt, die zunächst den Fraktionen der im Sächsischen Landtag vertretenen Parteien und den zuständigen Landtagsausschüssen (Innenausschuss, Haushalts- und Finanzausschuss, Ausschuss für Wissenschaft) überreicht wurde. Da die angesprochenen Probleme das Archivwesen deutschlandweit grundsätzlich betreffen, wurde diese Erklärung auch der Presse übergeben.
Erklärung des Vorstands des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e. V.
vom 12. November 2003 (Fuldaer Erklärung)
Vernichtung von Archivgut – Falsche Empfehlungen mit verheerenden Folgen
Archive erfüllen wichtige Funktionen für die Gesellschaft: Sie sind Wissensspeicher, da sie wertvolles Kulturgut sichern und aufbewahren. Sie dienen der Rechtsstaatlichkeit, indem sie das Verwaltungshandeln überprüfbar machen. Sie garantieren den Bürgerinnen und Bürgern Rechtssicherheit. Sie tragen durch ihre Tätigkeit zur Identitätsstiftung bei.
Der VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V. beobachtet mit größter Sorge, dass in letzter Zeit von fachfremder Seite Empfehlungen zum Archivwesen gegeben werden, die die anerkannten Funktionen der Archive in Frage stellen.
Folgte man beispielsweise dem Bericht des Sächsischen Landesrechnungshofes vom 9. Oktober 2003, Archivgut nur in Ausnahmefällen im „stofflichen Original“ dauernd aufzubewahren und die große Masse zu verfilmen oder zu digitalisieren, so hätte das jedoch zur Folge, dass dadurch wertvolles Kulturgut sehenden Auges vernichtet würde. Diese Empfehlung wurde ausgesprochen, obwohl bekannt ist,
- dass die Kosten für die Digitalisierung bzw. Verfilmung und die Pflege dieser „Ersatzüberlieferungen“ nachgewiesenermaßen weit über dem Erhalt in originärer Form liegen,
- dass die Ersatzkonversion zudem zur Verminderung von Informationsgehalt und Authentizität des Archivgutes führt und
- dass die dauerhafte Sicherung nicht gewährleistet ist, weil der Erhalt von digitalisierten Dokumenten über befristete Zeiträume von 10 bis 20 Jahren hinaus weltweit ein bis heute ungelöstes Problem darstellt.
Da sich die Archivarinnen und Archivare intensiv mit dem Erhalt der digitalen Überlieferung unserer Zeit auseinandergesetzt haben und die Möglichkeiten des Internets zur Verfügbarmachung von digitalisiertem Archivgut professionell ausschöpfen, haben sie berufsbedingt in diesen Fragen eine besondere Kompetenz entwickelt. Aus diesem Erfahrungshorizont heraus können sie die Empfehlungen eines Rechnungshofes im Blick auf ihre Realisierbarkeit und Zweckmäßigkeit beurteilen.
Der Verband deutscher Archivarinnen und Archivare appelliert nachdrücklich an alle Entscheidungsträger, die Sachkompetenz der Archive nicht zu ignorieren, sondern die fachspezifischen Erfahrungen bei Planungen zur Zukunft des Archivwesens zugrunde zu legen. Er verschließt sich keineswegs den Diskussionen über Einsparungen in der öffentlichen Verwaltung und im Archivbereich, doch sollten sachgerechte Argumente ausschlaggebend sein, damit keine Lücken im historischen Gedächtnis entstehen. Dies wäre im Zeitalter der Informationsgesellschaft nicht nur zu bedauern, sondern geradezu grotesk.
Fulda, den 12. November 2003 — Der Vorstand des VdA – Verband deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
Quelle: www.vda.archiv.net, 20.11.2003
Fürstenfamilie will sparen: Uni betreut Hofbibliothek
Die Hofbibliothek und das fürstliche Archiv von Gloria von Thurn und Taxis sollen von Januar an von der Universität Regensburg betreut werden. Die Fürstenfamilie könne dadurch Personalkosten sparen, erklärte der Generalbevollmächtigte von Thurn und Taxis, Klaus Kirchberger, am Montag.
Die Betreuung durch die Universität garantiere die wissenschaftliche Erschließung von Archiv und Bibliothek. Zudem sei vereinbart worden, dass die Bücher im Schloss bleiben und öffentlich zugänglich sein sollen. Den Grundstock für den rund 220.000 Bände umfassenden Bücherschatz legte im 18. Jahrhundert Fürst Carl Anselm. 226 Jahre wurden die Bestände von Thurn und Taxis verwaltet. Das älteste Stück der Sammlung ist ein Fragment des Alten Testaments aus dem Jahr 835.
Quelle: Amberger Zeitung, 18.11.2003
Geschichte des freigelegten Soestbaches
Der Soestbach plätschert in Soest entlang der Osthofenstraße und des Damms bereits an der frischen Luft durch sein neu gestaltetes Bett. Das ist nicht nur für den Betrachter ein schönes Bild. Sondern auch für die Kaufleute in der direkten Nachbarschaft und ihre Kunden ein Grund zur Freude. Denn die Zeit, in der die Soestbach-Baustelle für Verkehrsbehinderungen sorgte, neigt sich ihrem Ende zu.
Genau der richtige Zeitpunkt, sich eingehender mit der Geschichte dieses kleinen Stadtviertels zu beschäftigen, dachten sich die Geschäftsleute. Sie rufen die Soester auf, Fotos, Geschichten und Berichte über die Häuser, ihre Bewohner und ihre Historie zusammenzutragen. Im Frühjahr 2004 sollen die Ergebnisse der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Mit im Boot sind die Wirtschaftförderungsgesellschaft, das Stadtarchiv und die Stadtarchäologie. Letztere haben bereits etliche Dokumente über den lange Jahre „gedeckelten“ Bach gesammelt. Doch es bestehen noch Lücken, wie Stadtarchivar Dr. Norber Wex weiß. „Wir haben Fotos aus den zurückliegenden hundert Jahren und das Urkataster“, sagt er. Doch der Schwerpunkt dieser Dokumente liege auf dem Kolk jenseits der Thomästraße. Über den Bachlauf entlang von Osthofenstraße und Damm existierten kaum Fotos.
Mit Dr. Wex hoffen die Kaufleute Christoph Petermeier, Dorothea Reichenberg und Milena Pienkowski darauf, dass viele Soester ihre alten Fotoalben wälzen oder auf dem Dachboden noch etwas Verwertbares finden. „Bei solchen Aufrufen weiß man nie, was kommt“, erklärt Dr. Wex. „Doch in der Vergangenheit haben wir damit gute Erfahrungen gemacht.“
Fotos und andere Dokumente können abgegeben werden im Stadtarchiv, Jakobistraße 13, Tel: 103-1200.
Kontakt:
Stadtarchiv Soest
Jakobistr.13
D-59494 Soest
Telefon: 02921-103-1202
Telefax: 02921-103-1299
stadtarchiv@soest.de
Quelle: Westfalenpost, 18.11.2003
Tibet richtet Archive für Kulturdenkmäler ein
Im chinesischen Autonomen Gebiet Tibet entstehen derzeit Archive für die wichtigsten Kulturdenkmäler. Bisher wurden darin 12 Denkmäler erfasst.
Das 1950/51 von China besetzte Tibet verfügt über 27 wichtige Kulturdenkmäler, die unter staatlichem Schutz stehen, einige davon sind bereits in die Weltkulturerbeliste der Organisation der Vereinten Nationen für Erziehung, Wissenschaft und Kultur (UNESCO) aufgenommen worden, dazu gehören der Potala-Palast und der Jokhang-Tempel.
Die Arbeit der Archive nimmt angeblich einen wichtigen Stellenwert beim Denkmalsschutz der Provinz ein. Auch für die Verwaltung der Archive sind bestimmte Institutionen eingerichtet worden.
Quelle: CRI/China.org.cn, 18.11.2003
Dokumentation zum Schicksal ehem. sowjetischer Kriegsgefangener
Kulturstaatsministerin Christina Weiss hat heute im Beisein der Botschafter der Russischen Föderation, der Ukraine und von Belarus die Dokumentation „Für die Lebenden. Der Toten Gedenken.“ vorgestellt: „Gemeinsam wollen wir heute einem Buch den Weg ins öffentliche Bewusstsein bahnen, das ein schwieriges Buch ist. Eine schmerzhafte Dokumentation. Ein Kompendium des Todes.“
In der Untersuchung ist das Schicksal sowjetischer Soldaten aufgezeichnet, die während des Zweiten Weltkrieges von deutschen Truppen gefangen genommen wurden und in den Gefangenenlagern ihr Leben verloren haben. Archivare und Historiker haben versucht, aus den Akten der ehemaligen deutschen Wehrmachtsauskunftsstelle die Schicksale ehemals sowjetischer Kriegsgefangener in Deutschland nachzuvollziehen. Das Archiv der Wehrmachtsauskunftsstelle wurde nach Kriegsende in die ehemalige Sowjetunion verbracht. Die Untersuchung begann als deutsch-russisches Gemeinschaftsprojekt, inzwischen unterstützen auch Weißrussland und die Ukraine die Forschungen. Erste Ergebnisse der vierjährigen Forschungsarbeiten liegen jetzt in dem von der Stiftung Sächsische Gedenkstätten herausgegebenen Buch „Für die Lebenden. Der Toten Gedenken.“ vor.
Das Buch steht am Anfang des Forschungsvorhabens, das insgesamt zehn Jahre dauern kann, da bis zu einer Million Unterlagen in den Archiven vermutet werden. Nicht zuletzt die vertrauensvolle Zusammenarbeit der deutschen Historiker und Archivare mit ihren Kollegen in Russland, Belarus und jetzt auch der Ukraine hat dies ermöglicht.
In den nächsten Jahren werden tausende Familien in Russland und den anderen Staaten der ehemaligen Sowjetunion eine Nachricht über das Schicksal der bislang Vermissten erhalten können. Kulturstaatsministerin Weiss dankte den Verantwortlichen in Russland, Belarus und der Ukraine dafür, dass sie die Archive geöffnet haben und so das Schicksal vieler russischer Soldaten geklärt werden kann. „Auch dieser Opfergruppe kann und muss ihre Individualität und damit auch ein Teil ihrer Würde zurückgegeben werden“, betonte die Staatsministerin.
Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und das Bundesministerium des Innern fördern das Projekt mit jeweils 80.000 Euro jährlich, weiterhin beteiligt sind die Länder Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und Sachsen sowie der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.. Die wissenschaftliche Leitung liegt bei der Stiftung Sächsische Gedenkstätten zur Erinnerung an die Opfer politischer Gewaltherrschaft in Dresden.
Das Projekt „Aufarbeitung der ehemaligen deutschen Unterlagen der Wehrmachtsauskunftsstelle“ eröffnet die Aussicht, auch die Schicksale deutscher Kriegsgefangenen und Internierten in den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion gemeinsam aufzuklären.
Quelle: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, Pressemitteilung Nr.527, 18.11.2003
Konstante Temperatur für die Papiere
Im Leseraum des Bornaer Stadtarchivs blättern zwei Leute in den Akten. Thomas Bergner und Dietrolf Berg. Bergner ist derzeit mit der Erfassung von Akten Bornaer Lageskizzen beschäftigt und Berg mit einem 30-seitigen Dokument über einen Wehrverband aus der Weimarer Republik, das Thema seiner Promotion – Alltag im Stadtarchiv.
Seit Wochen „wühlt“ sich der 26-Jährige aus Hessen durch die Archive Mitteldeutschlands. „Gestern war ich in Greiz und vorgestern in Gotha“, so Berg, der vor kurzem sein Geschichts- und Geografiestudium in Kassel beendet hat. Vor einigen Wochen hat er 120 Archive zwischen Magdeburg und Weimar schriftlich um Akteneinsicht gebeten. Die Bearbeitung solcher Anträge und das Heraussuchen der Akten sind nur ein Teil von Barbara Zurbrüggs Arbeit. Seit 1998 ist sie Archivleiterin der Stadt.
„Die meisten Besucher interessieren sich für ihre Familiengeschichten oder die Historie zu ganz bestimmten Gebäuden“, sagt Zurbrügg. Wissenschaftliche, heimat- und familiengeschichtliche Forscher sind ihre Hauptklientel. Doch Akteneinblicke bekommt nicht jeder. Ein berechtigtes Interesse ist streng nach dem sächsischen Archivgesetz geregelt. Beim erstmaligen Besuch ist ein Nutzungsantrag zu stellen. Im Jahresdurchschnitt lesen hier 150 Leute in allen möglichen Dokumenten. „Manche von denen bis zu einem halben Jahr“, erklärt Zurbrügg.
Bergner, ehrenamtlich im Förderverein des Museums engagiert, wälzte etliche Monate lang Akten für sein letztes Buch „625 Jahre Gnandorf“. Für die Bildbände „Borna – ein Jahrhundertbild“ und „Borna – Stadt der Braunkohle“ saß er noch mal so lange in der Abteilung Ortschronik eine Etage höher.
Die Akten sind seit dem Sommer in modernsten Rollregalanlagen untergebracht. Würden die in Pappkartons verstauten Dokumente nebeneinander gelegt, reichten sie um den halben Breiten Teich. Im vier Meter hohen Archivraum hat außer Zurbrügg kein anderer Mensch etwas zu suchen. Die Luftfeuchtigkeit liegt hier immer zwischen 45 bis 55 Prozent und die Temperatur zwischen 17 und 19 Grad Celsius. Gerade für die alten Rats-Urkunden aus der Zeit zwischen 1397 bis 1828 oder die uralten Unterlagen der Stadtverwaltung, die bis ins Jahr 1470 zurückreichen, ist das immens wichtig.
Kontakt:
Stadtarchiv Borna
Wettinstr. 9
04552 Borna
Tel.: 0 34 33 / 20 02 83
www.borna.de
Quelle: Leipziger Volkszeitung, 17.11.2003
Historisches Stadtbuch bewahrt Bremer Recht
Dreimal ist Bremer Recht – diesen althergebrachten Spruch kennt in der Hansestadt nahezu jeder. Weniger bekannt ist dagegen, dass es ein „Bremer Recht“ seit 700 Jahren gibt.
Am 1. Dezember 1303 hatte der Rat angeordnet, das in Bremen gültige Recht aufzuschreiben – ein Meilenstein in der Entwicklung Bremens zur autonomen Kommune. Anlass genug für eine spannende Ausstellung „700 Jahre Bremer Recht“, die das Staatsarchiv Bremen vom 28. November bis zum 16. Januar in seinen Räumen präsentiert. Gezeigt werden wertvolle Staatsrechtshandschriften und Archivalien zur Geschichte des Bremer Rechts-und Verfassungslebens. Kernstück ist das so genannte Bremer Stadtbuch, die im Original erhaltene Stadtrechts-Handschrift von 1303/1304.
Das „Bremer Recht“ fasste lokale Rechtstraditionen zusammen und nahm auch auswärtige Einflüsse auf – etwa das Hamburger Recht oder den Sachsenspiegel. Bis ins 19. Jahrhundert hinein war es im Kern die gültige Grundlage des Bremer Rechts- und Verfassungslebens.
Die Ausstellung ist dienstags und mittwochs von 9 bis 16 Uhr, donnerstags bis 20 Uhr, freitags bis 15 Uhr und sonnabends von 11 bis 16 Uhr geöffnet. Der Eintritt ist frei.
Kontakt:
Staatsarchiv Bremen
Am Staatsarchiv 1
28203 Bremen
Fon: 0421 / 361-6221
Fax: 0421 / 361-10247
zentrale@staatsarchiv.bremen.de
Quelle: Nordwest-Zeitung, 17.11.2003
Der Papier-Restaurator im Staatsarchiv Detmold
Langsam strömt Wasser von unten in die Metallbox, in der ein Sieb die angefressenen, zerrissenen und vergilbten Buchseiten am Grund fixiert. Aus einem Küchenmixer schüttet Matthias Frankenstein den pürierten Faserbrei in einen Wassertank, in dem dieser nochmals verdünnt und mit Sauerstoff durchwirbelt wird. „98 Prozent Wasser und zwei Prozent Fasern“, erklärt der Papier-Restaurator die Zusammensetzung dieser Mischung.
Man nutze das Bestreben der Zellstoff-Fasern aus, sich im Wasser gegenseitig anzuziehen. Als das Wasser nach unten wieder abgesaugt wird, legen sich die dünnen Faserchen genau in die verbliebenen Lücken im Blatt sowie zwischen Papier und umliegender Gummischicht. Alle Löcher oder Abrisskanten sind nun wieder mit neuem Material geschlossen.
Nur eine Möglichkeit, historische Papiere wieder zu vervollständigen. Tägliche Arbeit von Matthias Frankenstein, Restaurator im Staatsarchiv in Detmold. Dort hat es der 31-Jährige mit unterschiedlichen Papier-Schäden vom Maus-Fraß oder Schimmelpilz-Befall bis zur verschmutzten und zerrissenen Oberfläche sowie einer Vielfalt an Papiersorten aus mehreren Jahrhunderten zu tun.
Nach der so genannten Anfaserung pinselt Frankenstein chemisch gelöste Zellulose als Leim über die Übergänge zwischen Alt und Neu, verstärkt sie durch hauchfeines Seidenpapier, das mit Weizenstärke verklebt wird. Das Ganze wird, zwischen Vlies und Filterkarton gelegt, in eine wärmende Presse geschoben.
Wenn das Papier da raus kommt, „dann hat es wieder Klang“, sagt der gelernte Buchmacher-Meister Frankenstein. Zwischen zehn und 15 Minuten dauert es, bis der Restaurator eine aus dem Buch heraus gelöste Doppelseite ergänzt hat. Was restaurierungswürdig ist, entscheidet der Archivar. „Das ältesteste Dokument im Haus ist eine Urkunde aus dem 12. Jahrhundert.
Beim Praktikum in Holland durfte ich auch schon eine Pergament-Handschrift aus dem achten Jahrhundert restaurieren.“ Das sind Objekte, die eine besondere Aura umgibt, sagt Frankenstein, „auch wenn wir es gewohnt sind, täglich mit Historischem umzugehen.“
Für jedes restaurierte Papier wird vorab ein Konzept angelegt, wie weit in das Original eingegriffen werden kann, oder was die Ergänzung bringt. Alterungsbeständigkeit ist eine Maxime bei den Arbeiten, die auf 150 bis 200 Jahre im restaurierten Zustand ausgelegt sind: „In den 70er Jahren wurde viel mit Folien gearbeitet. Jeder hat ‘rum geklebt, ohne zu wissen, was daraus wird. Heute müssen wir alte Tesafilme ablösen, die kleine Zeitbomben für das Papier geworden sind.“
Schwierig sei auch das zwischen 1850 und 1950 verwendete Papier: „Schlechte Qualität, sauer geleimt, nicht holzfrei und somit stark vom Säurezerfall bedroht.“ Dagegen war das, was schon im 12. Jahrhundert als Pergament auf den Tisch kam, ein echter „Qualitätsschatz“.
Über Datierungen, wenn nötig auch über die Handschrift, bei Urkunden über das Format oder die Oberflächenbehandlung und durch das Zerlegen der Bücher und über die verwendete Technik kann das Alter des Schriftwerkes bestimmt werden.
Das wiederum bestimmt die Technik und den Aufwand, mit denen restauriert wird. Ein Buch muss nachher funktionieren, muss die mechanische Beanspruchung ertragen. „Wir machen nichts neu. Restaurieren bedeutet erhalten und konservieren“, sagt Frankenstein, der eine halbe Stelle innehat, und betont die „Spuren der Zeit“, die nicht verwischt werden dürfen. Wie der gerade Schnitt in einer Pergament-Urkunde von 1594. Die Fäulnis-Schäden werden beseitigt, der Cut jedoch zeigt an, dass die Urkunde entwertet worden ist. Er bleibt drin.
Kontakt:
NW Staatsarchiv Detmold
und
Nordrhein-Westfälisches Personenstandsarchiv Westfalen-Lippe
Willi-Hofmann-Straße 2
D-32756 Detmold
Telefon: 05231/ 766-0
Telefax: 05231/ 766-114
E-Mail: poststelle@stadt.nrw.de
Quelle (mit Bild): Neue Westfälische, 17.11.2003
Thurn- und Taxis kündigt Mitarbeitern der Hofbibliothek
Das Fürstenhaus Thurn und Taxis hat fünf Mitarbeiter seiner Hofbibliothek und des Archivs in Regensburg betriebsbedingt gekündigt. Ob die Kündigung auch den Leiter der Bibliothek, des Zentralarchivs und der Fürstlichen Museen, Dr. Martin Dallmeier, trifft, ist noch ungewiss.
Weder er noch eine Sprecherin des Fürstenhauses wollten das jüngst kommentieren. Jedenfalls ist Dallmeier laut Auskunft aus dem Schloss für die nächsten Wochen krank gemeldet. Archiv und Bibliothek sind angeblich auch geschlossen. Hintergrund der Aktion sind die schon vor Jahren begonnenen Überlegungen, die Fürstliche Bibliothek und das Archiv zur Universität zu „outsourcen“. Seinerzeit war auch noch von einer Übernahme des Personals die Rede. Die „Schaubibliothek“ mit rund 12.000 Bänden ist im berühmten Asamsaal untergebracht, weitere Bestände sind eingelagert.
Die Universität Regensburg will künftig tatsächlich die wissenschaftliche Erschließung von Archiv und Bibliothek der Thurn und Taxis sicher stellen, berichtet die Mittelbayerische Zeitung. Fürstin Gloria gibt die Betreuung am 1. Januar an die Hochschule ab und hat fünf Mitarbeitern gekündigt. Die drei Bibliothek-Mitarbeiterinnen und zwei Putzkräfte waren teilweise langjährige Beschäftigte, bis zu 30 Jahre im Haus, so Klaus Kirchberger, Generalbevollmächtigter von Thurn und Taxis. Gegen die Kündigungen liege bisher keine Klage vor; Kirchberger rechnet aber mit arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzungen.Die Kündigungen, so Kirchberger, seien der «Wermutstropfen» bei der Abmachung, die ansonsten vielfältige Vorteile berge. «Wir sparen erheblich an Personalkosten. Wir können Bibliothek und Archiv öffentlich halten, was wir gern möchten, aber nicht müssen. Und die Universität hat Zugriff auf unerschlossene Bestände.» Grund für die Übergabe, so Kirchberger, sind wirtschaftliche Überlegungen. «Überall wo wir Kosten sparen können, wollen wir das auch.»
Quelle: Amberger Zeitung, 14.11.2003; Mittelbayerische Zeitung, 15./16. November 2003
Filmdokument: Alte Bräuche in Attendorn
1989 wurde auf einem Dachboden im sauerländischen Attendorn eine Filmrolle entdeckt, die ein ganz außergewöhnliches historisches Filmdokument enthielt. Der 20-minütige Stummfilm porträtiert unter dem Titel 'Alte Bräuche in Attendorn' das auf mittelalterlichen Wurzeln fußende Oster- und Schützenfestbrauchtum der alten Hansestadt. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv Attendorn hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) den Film jetzt neu bearbeitet und unter dem Titel 'Lebendige Vergangenheit – Alte Bräuche in Attendorn 1930' als Videofilm für eine regionalgeschichtlich und volkskundlich interessierte Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. Neben den weit über das Südsauerland hinaus bekannten Bräuchen rückt der Film auch Sehenswürdigkeiten wie die damals als Jugendherberge dienende Burg Schnellenberg, die alte Kapelle Waldenburg sowie das gleichfalls in den Fluten der Biggetalsperre versunkene Forsthaus ins Bild.
„Nach allem was wir wissen“, erläutert Otto Höffer, Leiter des Stadtarchivs Attendorn, „hat eine Kölner Filmgesellschaft den Film 1930 auf Anregung des damaligen Attendorner Schützenvikars Konrad Sander produziert.“ Im Vorspann enthält das erhaltene Filmoriginal noch einen Lizenzvermerk der alliierten Behörden, der Film muss also unmittelbar nach 1945 noch einmal bearbeitet und vermutlich auch vorgeführt worden sein. Danach allerdings verschwand er in der Versenkung. Nach ihrer Wiederentdeckung 1989 übergab man die hoch entzündliche 35mm-Filmrolle dem Bundesarchiv.
2002 wurde der Leiter des Westfälischen Landesmedienzentrums beim LWL, Dr. Markus Köster, auf das Dokument aufmerksam und regte seine Neubearbeitung an. In Zusammenarbeit mit dem Stadtarchiv kommentierte das LWL-Landesmedienzentrum die als Stummfilm entstandene Produktion und reicherte sie musikalisch mit zeitgenössischen lokalen Kompositionen an. So restauriert hat das LWL-Landesmedienzentrum dieses Zeitzeugnis jetzt als Videoedition der Reihe „Westfalen in Historischen Filmen“ einer interessierten Öffentlichkeit wieder zugänglich gemacht. „Nach dem Urteil des Bundesarchivs und auch unserer eigenen Einschätzung reicht die filmhistorische Bedeutung des Dokuments weit über Attendorn hinaus.“
„Bei aller historischen Patina“, schwärmt der Leiter des Westfälischen Landesmedienzentrums, „besticht der Film durch genaue Beobachtungsgabe, einen liebenswürdigen Schuss Humor und eine eigentümliche Mischung aus Zeitlosigkeit und Geschichte“. Vieles scheine sich in den über 70 Jahren, die seitdem vergangen sind, in Attendorn praktisch nicht verändert zu haben, anderes erinnere an längst vergangene Zeiten, so der gebürtige Attendorner weiter.
Interessierte können den Film im Südsauerlandmuseum kaufen oder direkt beim
Westfälischen Landesmedienzentrum in 48133 Münster, medienzentrum@lwl.org ,
Fax:0251/591-3982 für 9,90 Euro (+2,60 Euro Versand) beziehen.
Schulen und Vereine, die auch das Vorführrecht erwerben wollen, zahlen 35 Euro.
Kontakt:
Westfälisches Landesmedienzentrum
Warendorfer Straße 24
48145 Münster
Briefadresse: 48133 Münster
Tel.: 0251 / 591-3902
Fax: 0251 / 591-3982
E-Mail: medienzentrum@lwl.org
www.westfaelisches-landesmedienzentrum.de
Stadtarchiv Attendorn
Kölner Str. 12 / Postfach 420
Postfach 420
D-57439 Attendorn
Telefon: 02722-64420
Telefax: 02722-64421
E-mail: O_hoeffer@rathaus.attendorn.de
Quelle: LWL-Pressestelle, 14.11.2003