Scripturae publicae creditur

Bisherige Studien zum italienischen Notariat haben der urkundlichen fides, obwohl sie sie als fides publica stets erwähnen, kaum Aufmerksamkeit zuteil werden lassen. Dies liegt darin begründet, daß der Begriff mit ›Beweiskraft‹ übersetzt wurde und die Bedeutung ›Vertrauen‹ oder ›Glaubwürdigkeit‹ in den Hintergrund trat. Man betrachtete die fides als das quasi statische Resultat eines sich bis in das 12. Jahrhundert hinein vollziehenden Prozesses, innerhalb dessen das Dokument nicht nur als Beweismittel an Bedeutung gewann, sondern sich auch in seiner Gestalt änderte.

Die Interpretation der fides als das Ende der Entwicklung und ihre enge Anbindung an die Investitur des Notars führten dazu, daß die Mittel, mit denen das Vertrauen begründet, gefestigt und erhalten wurde, von der Forschung unbeachtet blieben.

Folglich erschließt die nun erschienene Arbeit, eine an der Universität Münster angenommene Dissertation, die im Kontext des damaligen Sonderforschungsbereichs 231 \“Träger, Felder und Formen pragmatischer Schriftlichkeit im Mittelalter\“ entstanden ist, dem Verständnis des Notariats in den italienischen Kommunen eine neue Dimension. In einem Brückenschlag zwischen der Rechts- und der Sozialgeschichte zeichnet Petra Schulte anhand der Person des Notars, der Niederschrift der Urkunde, der Wahl des Ortes und der Zeugen sowie der Intervention der Stadtgemeinde nach, wie sich die Vertrauensbildung im Urkundenwesen vollzog und welchen Wandlungsprozessen sie unterlag.

Quellengrundlage der Studie bilden die kirchlichen Urkundenbestände der lombardischen Stadt Como, kommunale Statutenbücher aus Ober- und Mittelitalien, die maßgeblichen Werke der Jurisprudenz sowie Handbücher zum Zivilprozeß und zur Notariatskunst.

Petra Schulte: \“Scripturae publicae creditur\“. Das Vertrauen in Notariatsurkunden im kommunalen Italien des 12. und 13. Jahrhunderts, Tübingen 2003 (Bibliothek des DHI in Rom. Band 101). XII, 362 Seiten. 4 Abb. Ln Euro 54.-. ISBN 3-484-82101-9

Die Autorin:
Dr. Petra Schulte M.A. ist seit 2000 Assistentin am Historischen Seminar der Universität zu Köln.

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