Digitale Beweise für Melde-Eifer der Volkspolizei

Die Stadt Dresden und Stadtarchiv wollen ein Stück böse Vergangenheit digitalisieren, von dem viele gar nicht wissen, dass es noch existiert und sogar genutzt wird: Die alten Kreis-Meldekarteien der Volkspolizei (VP). Diese Karteien gingen weit über die kargen Daten hinaus, welche die Kommunen heutzutage in den Melderegistern verwalten: In ihrer Sammelwut vermerkte der DDR-Staat zu jedem Bürger nicht nur Name und Wohnsitz, sondern auch die Zugehörigkeit zu Organisationen und Parteien, Westverwandte und -besuche, Haftstrafen, Probleme auf der Arbeitsstelle, die Beflaggung am 1. Mai und vieles mehr.

„Aus heutiger Sicht sind diese Daten unrechtmäßig“, erklärte Ute Klöden, Abteilungsleiterin Meldewesen in der Stadtverwaltung. „Aber nach der Wende fiel die Entscheidung, sie nicht zu vernichten.“ Hintergrund war damals der Wunsch, auf solche Daten bei Rehabilitierungsverfahren zuzugreifen. Dafür werden sie auch heute unter gesetzlich streng geregelten Bedingungen genutzt. Zudem können sie in Prozessen oder für Rentenanträge hilfreich sein. Jährlich gebe es mehrere Tausend Anfragen zu diesen Karteien, so Klöden.

Per Gesetz ist vorgesehen, dass sie nicht in den Melderegistern, sondern von Archiven verwahrt werden, der Zugriff ist nur Wenigen erlaubt. Die restriktive Regelung hat gute Gründe: „Für bestimmte Leute wäre solch eine Datei eine wertvolle Fundgrube“. meint Sachsens Datenschutzbeauftragter Thomas Giesen. „Polizei und Verfassungsschutz dürfen aber normalerweise nicht darauf zugreifen und ich gehe auch davon aus, dass sie sich daran halten“.

Dass der Zugriff auf diese brisanten Meldekarteien nun zumindest technisch gesehen erleichtern wird, ist indirekt eine Flutfolge: In Dresden ist das Stadtarchiv für dieses Melderegister zuständig, physisch lagerten die Karteien aber im Stadthaus an der Theaterstraße. Durch das Augusthochwasser wurde dieser Bestand schwer beschädigt und inzwischen – mit großem persönlichen Aufwand der Mitarbeiter des Melderegisters – saniert. „Wir konnten etwa 99 Prozent des Bestandes retten“, sagt Klöden. Im Zuge dieser Sanierung sollen die Karteien nun auch gleich elektronisch erfasst werden, da eine weitere manuelle Nutzung den Bestand gefährden würde, erklärte die Abteilungsleiterin.

Kontakt:
Stadtarchiv Dresden
Elisabeth-Boer-Straße 1
01099 Dresden

Quelle: Dresdner Neueste Nachrichten, 27.10.2003

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