Beginnend mit dem Kreisheimattag in Kierspe am 6. September wird in der Hauptstelle der Sparkasse in der Thingslindestraße eine Ausstellung mit Dokumenten aus der 1000-jährigen Geschichte des Hauses Rhade zu sehen sein. „In fünf Abteilungen zeigt das Stadtarchiv Kierspe Urkunden, Karten und Bilder des alten adeligen Gutes“, berichtet Stadtarchivar Martin Witscher. So beschäftigt sich die Abteilung 1 mit den ältesten Nachrichten, die von Haus Rhade noch überliefert sind. Eine Reproduktion der Ersterwähnung von 1003 macht dabei den Anfang. Das Original liegt im Historischen Archiv der Stadt Köln und gehört dort zu den ältesten und wichtigsten Urkunden überhaupt.
Im Original können allerdings einige wichtige Dokumente aus dem Archiv des Märkischen Kreises in Altena gezeigt werden, dessen „Bestand Haus Rhade“ noch auf eine intensive Erforschung wartet.
In weiteren Abteilungen sind Dokumente zur Geschichte der St. Georgs-Kapelle, der zum Gut gehörenden Höfe, des Hofgerichts und der Rhader Mühle zu sehen.
Pachtverträge, Hebelisten, Gerichtsprotokolle und Berichte belegen hier die wechselvolle Geschichte des adeligen Hauses.
Die Ausstellung wird am Samstag, den 6.9. mit dem Besuch einer Exkursion des Kreisheimattages eröffnet und ist danach bis zum 19.September während der üblichen Öffnungszeiten der Sparkasse zu sehen.
Kontakt:
Stadtarchiv Kierspe
Friedrich-Ebert-Str.380
D-58566 Kierspe
Telefon: 02359-3322
Quelle: Westfälische Rundschau, 3.9.2003
Stadtarchiv Bad Arolsen droht zu zerbröseln
In engen Kellerräumen schlummert das Gedächtnis der Stadt Bad Arolsen: Alte Urkunden erzählen 300 Jahre Stadtgeschichte Doch extreme Temperaturschwankungen und hohe Luftfeuchtigkeit drohen das Erbe von Generationen zu zerstören.
Anfang der 70er Jahre wurde das Stadtarchiv unter Führung von Bürgermeister Günter Welteke neu geordnet und verstaut. „Seitdem ist nichts mehr passiert“, gesteht sein Nachfolger Gerhard Schaller heute ein. Die seinerzeit wohl geschützten Akten seien mehrfach von einem Teil des Rathauses in einen anderen verlegt worden. Die Kellerräume seien alles andere als ideal, wie Experten vom Staatsarchiv in Marburg feststellten. Außerdem stapeln sich die seit 1970 angelegten Akten mehr oder weniger ungeordnet in den einzelnen Abteilungen der Stadtverwaltung: „Es wird Zeit, dass sich damit mal ein Archivar beschäftigt.“
Viele Vorgänge könnten zwar nach Ablauf der gesetzlichen Aufbewahrungsfristen vernichtet werden, weiß Günter Pohlmann, der die Aufsicht über das Stadtarchiv bei der Verschmelzung von Sozialamt und Kulturamt „geerbt“ hat. Allgemeine Akten aber, etwa über die großen Zuströme von Flüchtlingen aus aller Welt Anfang der 80er Jahre, seien es wert, für die Nachwelt aufbereitet zu werden.
Ähnliches lasse sich über alle Abteilungen des Rathauses sagen: Nicht jeder Gebührenbescheid müsse auf ewig verwahrt werden, wohl aber die Aufzeichnungen über die Bauplanung, die Siedlungsentwicklung und vieles mehr.
Nun komme es darauf an, das alte Papierarchiv vor dem Verfall zu retten, haben die Experten aus Marburg dem Magistrat ins Stammbuch geschrieben: In ein bis zwei Jahren müsse dringend etwas geschehen, sonst werde die Säure im Papier ihren zerstörerischen Zersetzungsprozess vollenden.
Als nächstes müssten die neueren Akten gesichtet, geordnet und gesichert werden. Schließlich muss entschieden werden, wie mit den elektronischen Akten der Stadt verfahren wird. Lohnt es sich, den Inhalt aller Computer- Festplatten auf CDs zu kopieren?
Diese und weitere Fragen soll ein Archivierungsunternehmen beantworten, das der Magistrat demnächst beauftragen will. Eine erste Analyse der Situation im Archiv wird rund 18.000 Euro kosten. Geprüft wird auch ein Umzug. In Frage kommen die Dachgeschosse in der ehemaligen Schule neben dem Rathaus oder im Postgebäude. Auch in der Kaserne gibt es noch viele ungenutzte Räume. Bei den folgenden Arbeitsschritten sollen so weit wie möglich ehrenamtliche Helfer eingesetzt werden.
Schaller: „Das geht uns alle an. Hier geht es um unser kulturelles Erbe.“
Kontakt:
Stadtarchiv Bad Arolsen
Große Allee 26
34454 Bad Arolsen
Tel.: (05691) 801-191
Fax: (05691) 801189
Quelle: Waldeckische Landeszeitung, 4.9.2003
Birthler-Behörde: Wallraff als Stasi-IM geführt
Der Schriftsteller und Journalist Günter Wallraff war doch von der DDR-Staatssicherheit als inoffizieller Mitarbeiter erfasst. Wallraff wurde in der so genannten Rosenholz-Datei als „IM Wagner“ geführt, teilte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Marianne Birthler in Berlin.
Das geht unter anderem aus neuen Daten der Rosenholz-Datei hervor, die die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin veröffentlichte. Zwei Fehler in Kennnummern, die bei der Aufnahme in eine Recherchedatenbank bei der CIA und schon bei der Eingabe durch die Stasi passiert waren, hatten die eindeutige Zuordnung Wallraffs bislang verhindert, erläuterte ein Behördensprecher. Wallraff hat bisher bestritten, für den DDR-Geheimdienst gearbeitet zu haben. Die Rosenholz-Datei war kürzlich von den USA an Deutschland zurückgegeben worden.
Aus den „Rosenholz„-Dateien und dem Auskunftsbericht ergebe sich, dass Wallraff ab 1967 für die Abteilung X der HV A erfasst war. Er sei dort ab 1968 als IM „Wagner“ ausgewiesen worden. Hinweise auf eine aktive Tätigkeit als IM „Wagner“ lägen für den Zeitraum 1968 bis 1971 vor. Birthler sagte nun der Zeitung „Welt“ (4.9.2003): „Es ergibt sich eine neue Lage im Fall Wallraff“. Eine weitgehende Entlastung Wallraffs vom Vorwurf der IM-Tätigkeit sei nicht aufrecht zu erhalten.
Wallraff hatte noch am Dienstag die Vorwürfe erneut zurückgewiesen. Im Magazin „Kulturzeit“ des Senders 3sat sprach er von einem „dritten Fehlversuch, mich als Stasi-Ungeheuer darzustellen“. Dahinter stehe der Versuch, die gesamte Linke zu diffamieren und als ferngesteuert hinzustellen. Wallraff hob laut „Kulturzeit“ hervor, bis 1971 die Archive der DDR genutzt zu haben. Dies sei für ihn die einzige Möglichkeit gewesen, an Informationen über ehemalige NS-Größen heranzukommen. Danach sei er jedoch selbst ausspioniert worden. Allerdings habe er auch Informationen entgegengenommen. Dies sei leichtgläubig gewesen.
Doch auch die erneuten Stasi-Vorwürfe hat der Schriftsteller Günter Wallraff zurückgewiesen. „Die neuen Vorwürfe sind die alten Vorwürfe – nur, dass es ein paar Karteikarten mehr gibt“, sagte Wallraff am 4.9.: „Es hat sich nichts an der Sachlage geändert.“
Mit Hilfe der Rosenholz-Daten konnten jetzt auch Daten des Stasi- Informationsauswertungssystems SIRA Wallraff zugeordnet werden. Eine falsche Jahreszahl, die sich bei der Erstellung der von der CIA in Auftrag gegebenen Recherchedatenbank eingeschlichen hatte (485/63 statt 485/68) und ein „R“, das ein Stasi-Mitarbeiter anstelle eines Schrägstriches in einer Codierung verwendete, verhinderten bislang die Zuordnung Wallraffs zu bestimmten Berichten.
Nach der neuen Aktenlage berichtete Wallraff unter anderem über die Bayer AG Leverkusen und über Forschungsarbeiten westdeutscher Wissenschaftler. Seine Informationen wurden auch an die Sowjetunion weitergeleitet. Sie wurden mit „Vertraulichkeit 2“ behandelt, was als sehr hohe Einstufung gilt.
Quelle: Tagesschau.de, 4.9.2003; Heute online, 4.9.2003.
„Wuseum“ des SV Werder Bremen
Tradition verpflichtet: Werder Bremen wird im August 2004 als einer der ersten Bundesligisten ein Museum eröffnen. Das „Wuseum“ – so der Name des ehrgeizigen Projekts – findet seine Heimat in der 1. Etage des derzeit neu entstehenden Nordmantelbaus des Weser-Stadions.
„Mit der Realisierung des 'Wuseums' erfüllt sich ein Traum vieler Werderaner. Es ist uns wichtig, dass ein mehr als 100 Jahre alter Verein mit großer Geschichte nun auch in Form eines Museums für die Öffentlichkeit zu entdecken ist“, erklärte Initiator Klaus-Dieter Fischer, der im Vorstand des SV Werder für das rund 250.000 Euro teure Projekt verantwortlich zeichnet.
Auf ca. 350 qm werden die fußballerischen Highlights der „Grün-Weissen“ interaktiv zu erleben sein, gibt es die „Wunder von der Weser“ auf Knopfdruck. Zur Geschichte des Klubs und der anderen Abteilungen präsentiert der SV Werder die schönsten „Schätzchen“ aus einem der umfangreichsten Vereins-Archive Deutschlands. Großen Raum nimmt zudem die Historie des Weser-Stadions ein, natürlich finden sich auch die Fans selbst im „Wuseum“ wieder.
„Wir wollen für alle Besucherschichten ein attraktives Angebot schaffen. Für Werder-Fans, Sport-Interessierte allgemein, aber auch für Bremen-Touristen und Menschen, die sich einfach informieren wollen.“, erklärte Hans-Joachim Wallenhorst, der das „Wuseum“-Konzept entwickelt hat. Wallenhorst war schon 1999 für die erfolgreiche Werder-Ausstellung zum 100-jährigen Jubiläum im Bremer Focke-Museum verantwortlich. Damals wurden in drei Monaten 15.000 Besucher gezählt.
Quelle: Portal Freestyle Bremen, 4.9.2003
Kino in Erkrath wird zum Archiv
Das Kassenhäuschen verwaist, Kisten und Gerümpel bestimmen das trostlose Bild im Foyer: Im Erkrather Kaiserhof-Kino wird kein Film mehr gezeigt. Das Kino wird zum Stadtarchiv. Künftig soll Erika Stubenhöfer mit ihrem Stadtarchiv die leer stehenden Vorführsäle beziehen. Die Vitrinen sind bereits abgebaut. Einen Betreiber, der auf wirtschaftlicher Basis dort weiter Filme zeigen will oder kann, ließ sich nicht anlocken – ein Blick auf die Zahlen vertrieb auch die gutwilligsten Programmkinobetreiber letztlich.
Der Seniorenrat ist verschnupft über das Aus und kritisiert Bürgermeister Arno Werner. Gern hätte die Vertretung der älteren Erkrather im alten Kino ein- bis zweimal im Monat Rühmann-Filme oder ähnliche Klassiker gezeigt. Auch der Jugendrat hatte Interesse signalisiert. Ziel sei es gewesen, so Vize-Vorsitzender des Seniorenrats Jürgen Hampel, eventuell in Zukunft wieder einen normalen Kinobetrieb zu ermöglichen. Er wollte verhindern, dass die Säle umgebaut werden und die Vorführgeräte abgebaut.
Allerdings: Eigene Mittel hat der Seniorenrat kaum – 500 Euro stehen ihm in diesem Jahr zur Verfügung. Nur einen der beiden Säle zu nutzen, mache Umbauarbeiten notwendig, die rund 25.000 Euro kosten, hatte die Verwaltung mitgeteilt. Die Säle für die städtischen Akten und das Archivmaterial zu nutzen, kommt billiger: Der Boden kann geneigt bleiben, nichts muss umgebaut werden und Erika Stubenhöfer hat ihren Schreibtisch dort, wo es früher Popcorn zu kaufen gab. Dort gibt es auch Tageslicht.
Die Säle werden nun die Relikte aus der Stadtgeschichte aufnehmen, vermutlich auch Dokumente über Erkraths nunmehr vergangene Kinogeschichte. Der schräge Fußboden stört dabei nicht, fehlendes Tageslicht ist eher von Vorteil. Bislang lagert das Material im Keller des Rathauses, wo es schwer zugänglich und zudem der Feuchtigkeit ausgesetzt ist.
Kontakt:
Stadtarchiv Erkrath
Bahnstr. 16
D-40699 Erkrath
Telefon: 0211-2407-1014
Telefax: 0211-2407-1009
Quelle: NRZ-online, 2.9.2003
Führung durch das Göppinger Stadtarchiv
Ein Pergament von 1318, Zeitungsstapel aus dem Jahr 1870, Rechtssprüche von 1604: das Göppinger Stadtarchiv im „Alten Kasten“ enthält mehr als einen Kilometer Akten, Urkunden und Zeitzeugnisse. Der Stadtarchivar gewährte jetzt einen Einblick in seine Schätze.
Knapp ein Dutzend Göppinger ließen sich von Archivar Martin Mundorff allerlei Geschriebenes aus 700 Jahren Geschichte zeigen. Das älteste Dokument im Stadtarchiv holte Mundorff aus einem unauffälligen Umschlag: In der Pergamenturkunde von 1318 geht es um ein Rechtsgeschäft der Herzöge von Teck mit dem Ritter Heinrich von Hörningen. Obwohl das Dokument „erstaunlich gut erhalten“ war, wie ein Besucher bemerkte, konnten es nur wenige Anwesende entziffern. „Das ist doch wie Zeitunglesen“, lachte Mundorff dagegen. Als Archivar hat er mit der Sütterlin-Schrift keine Probleme.
Viel schwieriger sei dagegen der Umgang mit den alten Papieren aus dem Zeitungsarchiv. Im Alten Kasten sind Schlagzeilen aus Göppingen bis zurück ins Jahr 1827 gesammelt. Leider sei das Papier seit der Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr so reißfest, bedauerte Mundorff. „Manchmal muss man nur leicht mit dem Finger darüber fahren und es reißt.“ Deshalb will man in Göppingen wichtige Dokumente nach und nach auf Mikrofilm bannen. So möchte der Archivar auch für die Zukunft sicher stellen, dass Schulklassen und andere Besucher in die Geschichte ihrer Stadt eintauchen können. Die alten Zeitungen seien dafür eine hervorragende Möglichkeit, erklärte Mundorff.
Doch nicht nur in den Presseerzeugnissen spiegelt sich die Göppinger Stadtgeschichte. Zu seinen besonderen Schätzen zählt Mundorff auch die alten Gerichtsprotokolle, die nachträglich ordentlich gebunden wurden. Das erste Gerichtsprotokoll aus der damaligen Amtsstadt Göppingen stammt aus dem Jahr 1604. Es behandelt einen Rechtsstreit zwischen dem Sattler Jakob Kimmbein und dem Bäcker Friedrich Zwicker. Die beiden Ebersbacher beschwerten sich, allerdings vergeblich, über ein Urteil des Ebersbacher Dorfrichters.
Kontakt:
Stadtarchiv Göppingen
Hausanschrift: Schlossstraße 14, Alter Kasten, 73033 Göppingen
Postanschrift: Stadt Göppingen Archiv und Museen, Postfach 11 49, 73011 Göppingen
Quelle: Stuttgarter Zeitung, 3.9.2003.
Studentin entziffert Grabsteine in Meißen
Christiane Donath übersetzt: „Unter diesem Stein ist begraben der Herr Mosche, Sohn des Herrn Mosche, der verschied zum Hause seiner Ewigkeit im Jahr 4992.“ Die Zahl 4992 ist das Sterbedatum nach dem jüdischen Kalender. „Auf unseren übertragen, bedeutet es, dass jener Mosche 1232 begraben worden ist.“ Die junge Frau stockt: „Und hier müssten jetzt noch der Sterbemonat und der Segenswunsch stehen.“ Dieser Teil des Steines fehlt jedoch. Egal, die Augen der jungen Frau glänzen angesichts der Grabstele. „Ein tolles Stück, dass Sie hier haben“, sagt sie zum Hausbesitzer auf dem Plossen, bei dem der Stein den Garten ziert. „Ein wirklicher Schatz, denn diese Schriftzeichen hier sind selten.“ Sie deutet auf schwer erkennbare Bögen mit Punkten, Schnörkeln und Linien darunter. „Die Verzierung lässt darauf schließen, dass es sich um eine bedeutende Persönlichkeit der mittelalterlichen jüdischen Gemeinde von Meißen gehandelt haben muss.“
Christiane Donath ist 25 Jahre alt, Studentin der Theologie, Judaistik und Archivwissenschaft – eine Geschichtskrämerin aus Leidenschaft. Sie schreibt ihre Abschlussarbeit über hebräische Grabinschriften und ihre Bedeutung für die Geschichte der Mark Meißen.
Elf Steine beziehungsweise Reste von Grabsteinen hat sie bereits gefunden, übersetzt und dokumentiert. „Das können aber nicht alle gewesen sein, denn der Friedhof auf dem Jüdenberg war größer.“ Nach dem Progrom um 1349 wurde er zerstört. Die Grabsteine dienten danach als Baumaterial, stecken jetzt in Kellern, in der Stadtmauer oder in Wegen.
Christiane Donath hofft, dass Meißner Bürger auf ihrem Grundstück noch solche Steine finden und sie ihren Bestand damit ergänzen kann. Auf die Idee für ihre Arbeit ist sie gekommen, als einige alte Steine in Meißen ans Tageslicht kamen und Peter Vogel, der Direktor der Evangelischen Akademie, sie bat, die Schriftzeichen zu übersetzen. So machte sich Christiane Donath, die Hebräische, Arabisch, Lateinisch und Griechisch beherrscht, ans Werk, durchforstet Archive, wälzt alte Quellensammlungen. „Allerdings stoße ich an Grenzen. Ich habe zum Beispiel einen Steinzeile gefunden, die kann ich drehen wie ich will, es ergibt immer einen Sinn. Welcher aber richtig ist, muss ich offen lassen.“
Quelle: sz-online, 3.9.2003
Martinskirche und Burg Bucherbach und die Geschichte Köllerbachs
Gäbe es sie nicht, dann wäre es um die eigene Geschichte ziemlich schlecht bestellt: Martinskirche und Burg Bucherbach liefern bis ins Spätmittelalter fast die einzigen Informationen über die Verhältnisse in Köllerbach. „Die Geschichte des Ortes ist maßgeblich mit Burg und Kirche verbunden“, so Michael Müller, Archivar der Stadt Püttlingen.
Im elften Jahrhundert setzt die getrennte territoriale Entwicklung von Püttlingen und Köllerbach ein, die bis zur Neuzeit anhält. Während Püttlingen als Lehen des Erzbischofs von Metz an das Haus Kriechingen fällt, kommen die Dörfer der Herrschaft Köllerbach in den Besitz der Grafen von Saarbrücken. Erstmals erwähnt wird die Martinskirche in einer Stiftungsurkunde aus dem Jahr 1223. Damals übertrug Graf Simon III von Saarbrücken das Patronatsrecht an der Martinskirche dem Prämonstratenserkloster Wadgassen. Die Mönche hatten von nun an die Pfarrer von Kölln zu stellen. Es gibt aber deutliche Hinweise dafür, dass an dem Ort schon vorher ein Gotteshaus existiert haben muss. So werden etwa die zwischen 1929 und 1962 ausgegrabenen Vorgängerbauten der Martinskirche in die Karolingerzeit (etwa achtes Jahrhundert) datiert. Einen weiteren Anhaltspunkt liefert der Name Martinskirche. „Er ist uraltes Sprachgut“, erzählt Müller. Jede Zeit kennt einen besonders beliebten Heiligen, dessen Kult sie pflegt und zu ihrem Kirchenpatron kürt. Die Franken haben ihre Kirchen bevorzugt nach dem heiligen Martin (um 316 bis 397), Bischof von Tour, benannt.
Hans-Walter Herrmann, ehemaliger Leiter des saarländischen Landesarchivs, hat seinerzeit im Saarland 17 Kirchen gezählt, die nach diesem Heiligen benannt waren. Auch deshalb vermuten Experten den Ursprung des Gotteshauses in der Karolingerzeit. Schriftliche Zeugnisse aus dieser Zeit gibt es keine – und damit liegt Köllerbach voll im Trend.
Abgaben, Kriege, Hungersnöte
Denn im Frankenreich des siebten und achten Jahrhunderts war das zuvor blühende, kulturelle Leben verfallen – die literarischen Quellen versiegten, die sprachliche Produktion war gering, die Sprache verwilderte. Unter Karl dem Großen (Regierungszeit: 768 bis 814) ging es zwar wieder aufwärts, ein Problem blieb aber. Denn fast alles, was der Historiker über Köllerbach weiß, weiß er aus Urkunden. „Sie dokumentieren aber immer nur ein Rechtsgeschäft“, erläutert Müller. Sie erzählen hingegen nichts über Vorgeschichte, Umstände und Ereignisse. Die Überlieferung in Akten setzt erst im Laufe des 15. Jahrhunderts ein. Auch die Burg Bucherbach ist vermutlich älter als schriftlich überliefert. Erstmals erwähnt wird die Burg in einem Erbvertrag von 1326. Hier heißt es, dass Graf Johann II von Saarbrücken-Commercy alle Besitzungen seines Vater erhalten solle, mitsamt dem „maison dou val de cologne“, dem „Haus im Köllertal“. Hiermit ist unzweifelhaft die Burg Bucherbach gemeint. Für die Grafen von Saarbrücken diente sie militärischen Zwecken, erfüllte aber gleichzeitig wichtige Verwaltungsaufgaben. Hier hatten die Bauern ihre Abgaben zu entrichten, hier wurden auch die großen Versammlungen, die so genannten Jahrgedinge, abgehalten.
Im 14. Jahrhundert amtierten hier Ritter wie Johann von Heinzenberg und Johann von Forbach als Burgmänner. Sie standen in einem Lehnsverhältnis zu ihrem Dienstherrn, dem Grafen von Saarbrücken, entstammten meist dem niederen Adel und bezogen als Gegenleistung für den Schutz der Burg einen Teil der Steuereinkünfte des Grafen. Nachdem im 15. Jahrhundert gar einige „Burggrafen“ genannt werden, sind es in der Folge Amtsmänner wie „Hans“ (1447 bis 1463), die auf der Burg stellvertretend für den Grafen die Abgaben eintrieben. Ihre von 1447 bis 1497/1572 erhaltenen Rechnungen sind eine unverzichtbare Quelle für die Geschichte des Köllertals. Nicht nur an Abgaben, sondern auch an Schicksalsschlägen hatten die Bauern schwer zu tragen. Missernten, Hungersnöte, Kriege und sonstige Katastrophen (zum Beispiel die Pest), waren bis zum Ausgang des Mittelalters nicht gerade selten.
Burg: Verhältnisse sind bescheiden
In einer der ersten überlieferten Kampfhandlungen verwüstete der Herzog von Zweibrücken, Ludwig der Schwarze, während einer Fehde mit Graf Johann III 1341 die Dörfer des Köllertals. In einem alten Kalender steht unter dem Datum des 13. Mai 1471: „Rannt Hertzog Ludwig in das Collerdail vnnd verbrannt das gar“. Auch die Burg soll dabei beschädigt worden sein. Hier waren die Verhältnisse ohnehin bescheiden, wie ein Dokument von 1542 verrät: die „Besatzung“ zählte neben dem Amtsmann noch einen Wagenknecht, den Pförtner und zwei Mägde. Anhand des Speicherverzeichnisses der Burg schätzt Karl Ludwig Rug, dereinst evangelischer Pfarrer zu Kölln und Heimatforscher, die Einwohnerzahl Köllerbachs für das 15. Jahrhundert auf bescheidene 280 bis 300 Personen.
Quelle: Saarbrücker Zeitung, 2.9.2003
Sieben Jahrhunderte jüdisches Leben in Lemgo
Eine Premiere besonderer Art fand kürzlich in Lemgo statt. Erstmals führte der Stadtrundgang „Jüdisches Leben in einer alten Stadt“ ins Stadtarchiv. Dort wurden den Gästen zum Abschluss der Führung zahlreiche ergänzende Unterlagen präsentiert.
Der Lemgoer Rundgang zum jüdischen Leben wird bereits seit 1994 angeboten und vor allem von Erwachsenengruppen wahrgenommen. Nach dem Rundgang, begleitet von Stadtführern Liesel Kochsiek-Jakobfeuerborn schloss sich erstmals ein Besuch im Stadtarchiv an. Archivleiterin Dr. Gisela Wilbertz erläuterte die von ihr zusammengestellten Unterlagen. Sie spiegeln Ereignisse und Schicksale wider, wie sie nicht nur in Lemgo für die Geschichte der jüdischen Minderheit „typisch“ waren, sondern weit darüber hinaus. Ältestes Stück der Lemgoer Überlieferung ist eine Urkunde von 1351. Auch in Lemgo war es zu einem Pogrom gekommen. In der Urkunde verlangte der Landesherr, Edelherr Otto zur Lippe, von den Lemgoern dafür Entschädigung.
Meist nur in begrenzter Zahl durften sich Juden irgendwo niederlassen. Die Stadt Lemgo duldete zunächst nur eine Familie, im 17. Jahrhundert zwei und seit 1735 drei Familien. Dafür benötigten diese eine besondere Erlaubnis („Geleit“) des Landesherrn, die nur gegen hohe Geldzahlungen zu haben war. Das Original eines solchen „Geleitbriefs“ mit Siegel und Unterschrift des Grafen Simon August zur Lippe ist in den Lemgoer Akten aus dem Jahr 1720 für Isaak Goldschmidt erhalten. Als Simon August 1728 erkrankte, wurden in Lippe alle Mitglieder der jüdischen Gemeinde aufgerufen, für ihn zu beten.
Besonders gefesselt waren die Besucher von mehreren Pergamentzetteln, die man 1734 nach seiner Verhaftung dem Rabbiner Ephraim Hirschel abnahm. Ephraim Hirschel gehörte zu den so genannten „unvergleiteten“ Juden, die sich nirgendwo rechtmäßig niederlassen durften und deshalb zum unsteten Umherziehen gezwungen waren. Wie seine ebenfalls einbehaltenen Pässe zeigen, hatte er sich bereits an vielen Orten, immer nur kurzfristig, aufgehalten. Da im 18. Jahrhundert die Bevölkerungszahl stark anstieg, ging es immer mehr jüdischen Menschen so wie Ephraim Hirschel.
Diese Situation zu verändern, hatten sich die Aufklärer auf die Fahnen geschrieben. Es war der Lemgoer Christian Wilhelm Dohm (1751-1820), Diplomat in preußischen Diensten, der 1782 das bedeutendste und einflussreichste Werk zur Unterstützung dieser Forderung veröffentlichte: „Über die bürgerliche Verbesserung der Juden“. Bereits acht Jahre vorher äußerte der junge Jurist Dohm diesen Grundgedanken erstmals in einem Beitrag, den er in den „Lippischen Intelligenzblättern“,der ersten Lemgoer Zeitung, publizierte. Dohms Gedanken wurden in Lippe sehr bald aufgegriffen. Doch erst 1858 erließ die Regierung des lippischen Fürstentums ein so genanntes Emanzipationsgesetz, das die Geleitbriefe und Sonderzahlungen abschaffte und den jüdischen Einwohnern bürgerliche Gleichberechtigung gewährte. Die Integration und Anerkennung der jüdischen Bürger in Lemgo endete nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933. In den 1980er Jahren begann in Lemgo die Aufarbeitung der jüdischen Geschichte der Stadt. 1986 wurden in der neu gegründeten Reihe „Forum Lemgo“ die Erinnerungen von Karla Raveh, einzige Überlebende der Familie Frenkel, veröffentlicht. In den folgenden Jahren wurden der Platz der 1938 zerstörten Synagoge an der Neuen Straße zum Mahnmal umgestaltet und im „Frenkel-Haus“ in der Echternstraße 70, Karla Ravehs Elternhaus, eine museale Dokumentationstätte zum jüdischen Leben in Lemgo eingerichtet.
Kontakt:
Stadtarchiv Lemgo
Süsterhaus, Rampendal 20a
32657 Lemgo
Leitung:
Dr. Gisela Wilbertz
Tel. 0 52 61 / 21 34 13
Fax 0 52 61 / 2 13 54 13
E-Mail G.Wilbertz@lemgo.de
stadtarchiv@lemgo.de
Sekretariat:
Tel. 0 52 61 / 21 32 75
Quelle: Lippische Landes-Zeitung, 2.9.2003
Neue historische Quellen im LHA Koblenz
Jubel im Landeshauptarchiv Koblenz: Den Geschichtsforschern ist es gelungen, ihren »Schatz« um zwei für die Region bedeutende Adelsarchive zu erweitern.
So konnten sie einen großen Teil des Archivs der Familie von Frentz aus Mechernich-Antweiler übernehmen. Allerdings waren die Unterlagen 1945 alliierten Soldaten in die Hände gefallen, die sie zerwühlten und teilweise sogar zerrissen. Für die Koblenzer Archivare bedeutet das: Ordnung schaffen.
Anders das Hausarchiv Bell, das in bester Ordnung ist und Forschern deshalb bereits zur Verfügung steht. Seine Besitzer hatten die für die Familie so wichtigen Dokumente 1795 aus Furcht vor der Zerstörungswut französischer Truppen in eine Wand ihres neuen Hauses eingemauert. So blieben die Urkunden und Aufzeichnungen, die bin ins 14. Jahrhundert zurückreichen, zwar unversehrt – aber auch für 140 Jahre verschollen.
Kontakt:
Landeshauptarchiv Koblenz / Landesarchivverwaltung Rheinland-Pfalz
Postfach 201047
56010 Koblenz
Telefon: 0261-91290
Fax: 0261-9129112
eMail: info@landeshauptarchiv-ko.de
oder: post@landeshauptarchiv-ko.de
Quelle: Rhein-Zeitung, 1.9.2003, 3.