Der Schriftsteller und Journalist Günter Wallraff war doch von der DDR-Staatssicherheit als inoffizieller Mitarbeiter erfasst. Wallraff wurde in der so genannten Rosenholz-Datei als „IM Wagner“ geführt, teilte die Bundesbeauftragte für die Stasi-Unterlagen Marianne Birthler in Berlin.
Das geht unter anderem aus neuen Daten der Rosenholz-Datei hervor, die die Stasi-Unterlagenbehörde in Berlin veröffentlichte. Zwei Fehler in Kennnummern, die bei der Aufnahme in eine Recherchedatenbank bei der CIA und schon bei der Eingabe durch die Stasi passiert waren, hatten die eindeutige Zuordnung Wallraffs bislang verhindert, erläuterte ein Behördensprecher. Wallraff hat bisher bestritten, für den DDR-Geheimdienst gearbeitet zu haben. Die Rosenholz-Datei war kürzlich von den USA an Deutschland zurückgegeben worden.
Aus den „Rosenholz„-Dateien und dem Auskunftsbericht ergebe sich, dass Wallraff ab 1967 für die Abteilung X der HV A erfasst war. Er sei dort ab 1968 als IM „Wagner“ ausgewiesen worden. Hinweise auf eine aktive Tätigkeit als IM „Wagner“ lägen für den Zeitraum 1968 bis 1971 vor. Birthler sagte nun der Zeitung „Welt“ (4.9.2003): „Es ergibt sich eine neue Lage im Fall Wallraff“. Eine weitgehende Entlastung Wallraffs vom Vorwurf der IM-Tätigkeit sei nicht aufrecht zu erhalten.
Wallraff hatte noch am Dienstag die Vorwürfe erneut zurückgewiesen. Im Magazin „Kulturzeit“ des Senders 3sat sprach er von einem „dritten Fehlversuch, mich als Stasi-Ungeheuer darzustellen“. Dahinter stehe der Versuch, die gesamte Linke zu diffamieren und als ferngesteuert hinzustellen. Wallraff hob laut „Kulturzeit“ hervor, bis 1971 die Archive der DDR genutzt zu haben. Dies sei für ihn die einzige Möglichkeit gewesen, an Informationen über ehemalige NS-Größen heranzukommen. Danach sei er jedoch selbst ausspioniert worden. Allerdings habe er auch Informationen entgegengenommen. Dies sei leichtgläubig gewesen.
Doch auch die erneuten Stasi-Vorwürfe hat der Schriftsteller Günter Wallraff zurückgewiesen. „Die neuen Vorwürfe sind die alten Vorwürfe – nur, dass es ein paar Karteikarten mehr gibt“, sagte Wallraff am 4.9.: „Es hat sich nichts an der Sachlage geändert.“
Mit Hilfe der Rosenholz-Daten konnten jetzt auch Daten des Stasi- Informationsauswertungssystems SIRA Wallraff zugeordnet werden. Eine falsche Jahreszahl, die sich bei der Erstellung der von der CIA in Auftrag gegebenen Recherchedatenbank eingeschlichen hatte (485/63 statt 485/68) und ein „R“, das ein Stasi-Mitarbeiter anstelle eines Schrägstriches in einer Codierung verwendete, verhinderten bislang die Zuordnung Wallraffs zu bestimmten Berichten.
Nach der neuen Aktenlage berichtete Wallraff unter anderem über die Bayer AG Leverkusen und über Forschungsarbeiten westdeutscher Wissenschaftler. Seine Informationen wurden auch an die Sowjetunion weitergeleitet. Sie wurden mit „Vertraulichkeit 2“ behandelt, was als sehr hohe Einstufung gilt.
Quelle: Tagesschau.de, 4.9.2003; Heute online, 4.9.2003.