Virtuelle Reise durch die Schatzkammern der Stabi

Die Berliner Staatsbibliothek gewährt in einer neuen Ausstellung Einblicke in ihre Schatzkammern historischer Drucke. In der Schau „Ex Bibliotheca Regia Berolinensi – Galaxie des Wissens“ werden bibliophile Werke aus fünf Jahrhunderten in moderner Form präsentiert: virtuell und multimedial auf CD-ROM, an Terminal-Installationen und im Internet (www.galaxie-des-wissens.de).

Videosequenzen, Tondokumente, interaktive Funktionen und Detailansichten ermöglichen eine Entdeckungsreise durch den drei Millionen Bände umfassenden historischen Druckschriftenbestand. Vom Plakatdruck der 95 Thesen Martin Luthers bis zur Tarnschrift aus dem Zweiten Weltkrieg reicht die Palette der Exponate. Zu sehen ist die Multimedia-Präsentation im Haus 1 der Staatsbibliothek Berlin, Unter den Linden 8. 

Quelle: Die WELT, 22.8.2003

Archivierung von Websites und Webtransaktionen

Die elektronische Archivierung hat sich inzwischen als probates Mittel etabliert, große Mengen von Informationen langfristig und sicher aufzubewahren und zu verwalten. Die Archivierungstechnologie hat sich in mehreren Schüben vom Scannen von Papierdokumenten über die Speicherung von Office-Dokumenten, die Übernahme von Out-put-Dateien bis hin zur Speicherung komplexer Objekte entwickelt. Vom Ansatz her ist es für ein elektronisches Archivsystem unerheblich, welche Arten und Formen von Objekten es speichert. In dem Maße wie die elektronische Flut steigt und zunehmend zum Information Overflow führt, gewinnen elektronische Archivsysteme immer mehr an Bedeutung. Dokumente entstehen in immer größerem Maße nur noch elektronisch und sind nicht mehr für eine physische Repräsentation auf Papier ausgelegt.

Das Internet verändert den Dokument-Begriff

Besonders das Internet trägt derzeit zum exponentiellen Wachstum von Information bei. Neben den traditionellen DV-Systemen hat sich mit Websites, CMS Content-Management-Systemen und Portalen eine eigene Welt entwickelt. In dieser neuen Welt des WCM Web Content Management gelten viele Regeln der Vergangenheit offenbar nicht mehr. Neuartige Formen von Dokumenten, die dynamisch zur Laufzeit in unterschiedlichsten Präsentationsformen für verschiedenste Formen der Nutzung generiert werden, lassen den Begriff eines statischen Dokumentes immer mehr verschwimmen. War ein gescannter Beleg immer noch ein authentisches, bildhaftes, in sich geschlossenes Abbild eines physischen Originals, so wird durch neue Technologien wie XML der Zusammenhang zwischen Inhalt, beschreibenden Daten sowie Struktur, Layout und Format bewusst aufgelöst. Nur so können Inhalte für unterschiedliche Nutzungszwecke verwendet, personalisiert und für verschiedenste Systemlandschaften bereitgestellt werden. Bei einem solchen Dokument ist nur noch sehr schwer festzustellen, welche Repräsentationsform eigentlich das Original ist. Ein Dokument kann heute alles sein – ein elektronisches Fax, ein Worddokument, eine Transaktionsprotokolldatei, eine elektronisch signierte E-Mail, ein dreidimensionales digitales Modell, eine Web-TV-Aufzeichnung, eine Host-Druckdatei, ein JPEG- Photo. eine verlinkte HTML-Seite, usw. Durch die rasante Weiterentwicklung gerade im Webumfeld wurden die Probleme für die elektronische Archivierung, besonders durch dynamisch verknüpfte komplexe Objekte, immer größer.

Das Web – ein schnelllebiges Medium

Die Erwartungshaltung an Webangebote ist einfach zu beschreiben – Websites müssen interessant, immer aktuell und einfach zu bedienen sein. Dabei nimmt man auch in Kauf, das Inhalte einer Webseite überschrieben und verloren gehen. Schon heute sind eine Vielzahl der Links in Suchmaschinen tot. Sie produzieren den bekannten „404 Datei nicht gefunden Fehler“ oder führen auf einen ganz anderen Inhalt. Das Internet verändert sich ständig. Zahlreiche frühe Websites sind heute nicht mehr vorhanden und auch nicht rekonstruierbar. Private Initiativen versuchen schnappschussartig Teile des Webs zu konservieren, scheitern jedoch an der Menge der Websites und der Menge der Information. Hinzu kommt die anschwellende Menge von Plagiaten, Kopien, gestohlenen Inhalten und redundant, nur mit leichten Änderungen vorgehaltener Information im Rahmen der Content Syndication. Eine Suchanfrage über eine Suchmaschine produziert immer mehr Einträge ohne dass man eine Gewähr der Richtigkeit, Vollständigkeit, Originalität und Aktualität der Information hat. Die Betreiber von Websites nehmen hier ihre Verantwortung auch nicht sehr ernst und als Nutzer des Internetangebotes hat man sich an diese Zustände fast schon gewöhnt. Dabei gibt es nicht nur den Anspruch des Historikers an die Dokumentation von Webinhalten, sondern auch handfeste gesetzliche Regelungen, die die Betreiber von Webseiten verpflichten, die Inhalte ihrer Seiten zu nachvollziehbar zu dokumentieren.

Die kaufmännische Perspektive

Über Websites werden zunehmend elektronisch Geschäfte angebahnt oder abgewickelt:

  • Jeder der auf seine Webseite für kommerzielle Zwecke Angebote, Preislisten oder andere handels- und steuerrechtlich relevante Informationen stellt, ist verpflichtet diese auch zu dokumentieren. Diese Information ist häufig nur noch elektronisch vorhanden und kann daher auch nur noch elektronisch archiviert werden.
  • Besondere Anforderungen kommen hinzu, wenn über die Website oder das Portal direkt elektronisch Geschäfte abgewickelt werden. Der Geschäftsgang dokumentiert sich dann häufig nur noch in einem Datensatz, einer Bestätigungs-E-Mail einer elektronischen Abbuchung und einer elektronischen Auslieferung, sei es durch Übersendung einer Datei oder eines Passwortes. Auch bei der Bestellung eines physischen Objektes, eines Blumenstraußes, eines Buchs oder eines Autos, findet der gesamte Geschäftsprozess bis zur Auslieferung nur noch elektronisch statt.
  • Die Behandlung von Vermittlungsgeschäften über elektronische Plattformen führt zu weitverzweigten, nur aufwendig nachvollziehbaren geschäftlichen Verflechtungen mit unterschiedlichen Rechtscharakter. In den USA gibt es bereits über 100.000 Händler, die EBAY als Plattform für ihre Geschäfte nutzen und deren Abwicklung bis zur Lieferung zu 100% elektronisch durchgeführt wird. Bei B2B-Plattformen wird der gesamte Angebots-, Auswahl-, Bestell- und Abrechnungsvorgang zwischen mehreren Beteiligten im Rahmen einer Supply-Chain nur noch digital abgewickelt. Nach dem ersten Einbruch des Dot.Com-Booms zeichnet sich hier die zweite Welle des E-Business ab.
  • Digital Rights Management für die Übertragung und Berechung von Nutzungsrechten an elektronischen Inhalten stellt besondere Anforderungen an die Dokumente selbst als auch an den Nachweis, welche Information mit welchen Rechten an wen übertragen wurde.
  • Durch den Einsatz elektronischer Signaturen erhalten digitale Geschäfte eine neue rechtliche Qualität, die durch die Signaturgesetzgebung und die damit verbundene Anpassung anderer Gesetze zur Gleichstellung elektronischer und papiergebundener Dokumente führt. Damit werden vollständig elektronisch durchführbare Geschäfte zwischen Geschäftspartnern, die sich nicht kennen, möglich.

Für die Dokumentation dieser Geschäfte reicht die Versionierung, Historisierung und Archivierung der Webseiten nicht aus. Sie muss um Transaktionsarchivierung, elektronische Posteingangs- und Postausgangsbücher, um das Abgreifen der Aktionen des Nutzers einer Webseite und besonders um die vollständige Integration mit den Daten aus den nachgelagerten internen Verarbeitungs- und Verwaltungshandlungen verknüpft werden. Hier beginnt meistens bereits das Problem: Websites haben häufig ein Eigenleben und sind nicht mit der betriebswirtschaftlichen Software eines Unternehmens oder einer Organisation verknüpft.

Die E-Government-Perspektive

Durch den MEDIAKOM-Wettbewerb und die BUNDONLINE2005-Initiative ist in das Thema Webpräsenz in der öffentlichen Verwaltung viel Bewegung gekommen. Kaum eine Kommune oder Behörde, die nicht inzwischen ihre eigene Webseite unterhält. Hierbei sind entsprechend dem Inhalt und der Form der Interaktion unterschiedliche Qualitäten zu unterscheiden:

  • Bei amtlichen Veröffentlichungen, die eine gewisse Rechtsverbindlichkeit haben, ist in jedem Fall zu dokumentieren, welche Inhalte in welchem Zeitraum im Web veröffentlicht worden sind. Hierbei ist auch eine Kennzeichnung des rechtlichen Charakters der Veröffentlichung sicherzustellen. Dies ist besonders wichtig, bei Vorabveröffentlichung von Entwürfen, unterschiedlichen Versionen eines Dokumentes und anderen sich verändernden Inhalten. Bezieht sich ein Besucher der Webseite auf ein solches Dokument, muss der Behörde der Nachweis möglich sein, welche Version mit welcher Rechtsqualität im Web angeboten worden ist.
  • Bei Amtshandlungen, wie z.B. der Beantragung eines KFZ-Kennzeichens, einer Umzugsmeldung oder einem Passantrag muss die gesamte Transaktion einschließlich der Authentifizierung des Nutzers gewährleistet sein. Werden über das Web eingegebene Informationen in nachgelagerten Systemen weitergeleitet und verarbeitet, ist der Nachweis des kompletten Prozesses notwendig um die Ordnungsmäßigkeit und Nachvollziehbarkeit des Verwaltungshandelns sicherzustellen. Hierzu sind auch elektronische Posteingangsbücher zu realisieren und bei personalisierten Websites mit individualisierter Gestaltung auch die Situation, in der der Bürger diese Dienste genutzt hat, aufzuzeichnen.
  • Werden Rechtsgeschäfte mit kaufmännischem Charakter wie z.B. Abrechnung von Dienstleistungen, Ausschreibungen mit elektronischer Abgabe von Angeboten und Zuschlagserteilung oder vergleichbare Transaktionen durchgeführt, müssen diese analog zu den Anforderungen an die freie Wirtschaft elektronisch revisionssicher dokumentiert werden. Hierbei spielen elektronische Signaturen zunehmend eine wichtige Rolle. Da der Gültigkeitszeitraum von personengebundenen qualifizierten Signaturen deutlich unter den Aufbewahrungsfristen für kaufmännisch oder rechtlich bindende Dokumente liegt, stellen sich hier besondere Anforderungen an die elektronische Archivierung.
  • Wird ein Portal einer öffentlichen Verwaltung auch als Träger- und Vermittlungsplattform für Dienstleistungen Dritter benutzt, seien es nun städtische Betriebe oder Geschäftsleute auf einer kommunalen B2B-Plattform, sind hier natürlich besondere Dokumentationspflichten in beide Richtungen notwendig- zum nutzenden Bürger oder Unternehmen als auch zum anbietenden Dienstleister. Die öffentliche Verwaltung tritt hier als Kommunikationsdienstleister mit einer ganzen Reihe von Verpflichtungen auf.

In allen diesen Szenarien spielen besondere Verpflichtungen der öffentlichen Verwaltung nach dem BDSG, dem TDSG, dem Signaturgesetz und vielen anderen Verordnungen und Gesetzen eine Rolle. Bei vielen politisch motivierten Projekten wurde häufig nicht über die rechtlichen und technischen Konsequenzen eines Webauftrittes nachgedacht. Bei vielen Webseiten der öffentlichen Hand spielte dies auch häufig keine eine Rolle, da Transaktionen über das Web einfach ausgedruckt und in der Gittermappe auf dem Aktenwägelchen durch die Gänge geschoben, sprich herkömmlich weiterverarbeitet werden. Der Medienbruch zwischen den „aufgemotzten“ Webseiten und den internen Verwaltungsabläufen ist immer noch eines der größten Probleme.

Anforderungen an Archivsysteme für Webseiten

Zu aller erst muss festgehalten werden, dass man keine eigenständige Archivierung von Webinhalten und Webtransaktionen betreiben sollte – die elektronische Archivierung ist als Infrastruktur zu betrachten, die allen Anwendungen eines Unternehmens oder einer Behörde gleichermaßen zur Verfügung stehen muss. Ziel dieses Ansatzes ist, unabhängig von der erzeugenden Anwendung alle Informationen in ihrem Sach- und Nutzungszusammenhang zu verwalten. Elektronische Archive sind die universellen Wissensspeicher, die aktions- und prozessbezogen die benötigten Informationen aktuell, vollständig, authentisch und im Zusammenhang wieder bereitstellen müssen. Für die Archivierung im Webumfeld müssen folgende Funktionen vorhanden sein:

  • Datenbankgestützte, kontrollierte Verwaltung und Zugriffsmöglichkeit auf die gespeicherten Informationen. Hierbei sind Metadaten für die sichere und vollständige Identifizierung der gespeicherten Objekten, gegebenenfalls aber auch Suchmöglichkeiten über die Inhalte der Objekte selbst vorzusehen.
  • Standardschnittstellen zur Einbindung sowohl in Website-Editions-, Nutzungs- und Verwaltungsprozesse als auch in die internen Anwendungen, die ebenfalls diese Daten und Dokumente nutzen können sollen
  • Verwaltung einheitlicher Metadaten zur Beschreibung von Webinhalten, die auch den Zugriff über das Archivsystem ermöglichen, und andere Records Management Funktionen
  • Umfangreiche Protokollierungs-, Audit-Trail- und Journalfunktionen um Transaktionsarchivierung, Capturing von Webformularen und elektronische Posteingangsbücher realisieren zu können
  • Konverter und Rendition-Management, um aus Webinhalten unabhängige Formate generieren zu können, bei denen auch dynamische Verbindungen „eingefroren“ und dokumentierbar gemacht werden können. Diese Tools sind auch erforderlich, um die Information in unterschiedlichen Umgebungen verfügbar zu machen.
  • Versionierung, um Dokumente selbst als auch die Bezüge zwischen Dokumenten verwalten zu können
  • Berechtigungssysteme und Berechtigungssystematiken, um unabhängig vom Erzeuger von Inhalten auf die Dokumente unabhängig, vollständig und langfristig zugreifen zu können
  • Verwaltung von elektronischen Signaturen, Zertifikaten und den zugehörigen Objekten über den Lebenszyklus von qualifizierten, personengebundenen Signaturen hinaus
  • Revisionssicherheit zum Nachweis der Unverändertheit, Vollständigkeit und Authentizität der gespeicherten Informationen mit einem umfangreichen internen Kontrollsystem zum Nachweis von Veränderungen am System
  • Migrationswerkzeuge um die kontrollierte, verlustfreie und richtige Überführung von Inhalten auf neue Plattformen und in neue Systeme zu ermöglichen

Viele dieser Funktionen gehören zum Standardrepertoire eines professionellen Archivsystems, einige sind jedoch speziell für die Belange von Webseiten und Portalen sowie für Schnittstellen und Dokumentformate im Internet-Technologie-Umfeld anzupassen.

Die elektronische Archivierung ist das Gedächtnis der Informationsgesellschaft

Dieses Zitat von Erkki Likaanen, EU-Kommissar für die Informationsgesellschaft, zeigt noch eine andere Dimension des Aspektes Archivierung von Webinhalten und Webtransaktionen auf – neben rechtlichen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten sind für Webinhalte auch kulturelle und historische Faktoren zu berücksichtigen. Das Internet ist nicht nur eine weltweite Kommunikations- und E-Business-Plattform, es ist auch ein gigantischer Informations- und Wissensspeicher, dessen Inhalt es gilt für zukünftige Generationen aufzubewahren. In der Vergangenheit war es die Aufgabe von Archivaren, Registraren und Dokumentaren Information für die Nachwelt aufzubereiten, zu bewerten und zu konservieren. Der „staubige Archivjob“ ändert sich vom Berufsbild immer mehr zum Informationsmanager. Bei der Bewahrung elektronischer Information kommt der Archivierung von Webinhalten eine immer größere Bedeutung zu, da immer mehr Dokumente und Daten nur noch für den Zweck einer Webpräsentation entstehen. Bei der Planung von Webseiten und Portalen sollten denn auch Archivare Gehör finden, damit von Anfang an die Belange der elektronischen Archivierung berücksichtigt werden.

Quelle: contentmanager.de, 04/2003 und 08/2003

Methoden und Kriterien der Fimrestaurierung

Das Material, aus dem Kino gemacht wird, ist unwiderstehlich. Die Körnung der Bilder, die Kontrastierung des Lichts, die Intensität von Farben und Musik haben schon Generationen von Filmkritikern zu poetischen Höhenflügen veranlasst. „Nicholas Ray ist Kino“, hat Jean-Luc Godard gesagt, als er noch Filmkritiker war – und ihm später sein filmisches Werk gewidmet.

Wie viel Kino das Werk eines einzelnen Regisseurs sein kann, hat kürzlich die erste komplette Nicholas-Ray-Retrospektive im Pacific Film Archive in Berkeley gezeigt. Rays Filme haben alles, wovon das Kino lebt. Gerade deshalb waren sie immer schon besonders anfällig. Die Folgen waren während der Retrospektive unübersehbar. So stand eine rotstichige Kopie von Rays farbenprächtigem Bibelfilm „King of the Kings“ einer kristallinen, in ihrer perfekt rekonstruierten Hypernatürlichkeit fast surrealistisch anmutenden Kopie von „Johnny Guitar“ gegenüber. Magenschmerzen bereitete vielen Zuschauern die in Schweden aufgefundene und bemitleidenswert ramponierte Kopie von „The Lusty Man“. Standing Ovations hingegen gab es für eine krispe, liebevoll restaurierte Kopie von „They Live by Night“. Und doch konnte dieser Höhepunkt nicht darüber hinwegtäuschen, welch schweren Stand die Filmkunst – und nicht nur die Nicholas Rays – heutzutage hat. Sie löst sich buchstäblich auf.

Neuen Konzepten der Bestandspflege wird heute nicht nur in filmwissenschaftlichen Kreisen immer größere Bedeutung beigemessen. Denn es geht unter anderem darum zu zeigen, dass sich Filmpräservation und -restaurierung nicht ausschließlich mit der Vergangenheit befassen, sondern im Gegenteil ein noch sehr junges Arbeits- und Forschungsfeld bilden. Das befindet sich auf dem jüngsten Stand der digitalen Technik, und seine kulturelle Bedeutung ist im Informationszeitalter immens. Das Kino mag zwar per se kein aussterbendes Medium sein, seine Daten jedoch, die Filme nämlich, befanden sich immer schon auf vergänglichen Trägern.

Das größte Problem der Filmarchive besteht derzeit darin, dass die neu entwickelten digitalen Sicherungsmedien, die das Lagern großer Datenmengen ermöglichen, schneller obsolet sind, als die Archivare und Restauratoren weltweit mit der Sicherung der gigantischen Bestände an Originalkopien nachkommen können. Dietrich Schüller, der Direktor des Österreichischen Phonogrammarchivs und Mitarbeiter der Unesco-Studie „A Philosophy of Audiovisual Archiving“ (1998), sagt, dass heute bereits 80 Prozent aller Stummfilme und mehr als die Hälfte aller Tonfilme für die Nachwelt verloren seien. Ein Verfall, der sowohl die marginalen Werke der Filmgeschichte als auch Hollywood-Klassiker wie „The Sound of Music“ betrifft, der zurzeit von der American Academy wieder in präsentable Form gebracht wird. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit.

Der Impuls zum Restaurieren ging im Wesentlichen von den großen Hollywood-Konzernen aus, allen voran Sony. Sie erkannten Mitte der 80er-Jahre, dass die Filmbestände aus der Studio-Ära langsam zerfielen. Dies betraf nicht nur das äußerst empfindliche und leicht entflammbare Nitrozellulose-Material, auf dem bis in die 50er-Jahre gedreht wurde, sondern im selben Maße auch die vermeintlich sichereren Acetat-Filme der letzten fünfzig Jahre, auf die man nach der Verbannung der explosiven Nitro-Filme aus den Lichtspielhäusern umstieg.

Das auf Acetatzellulose basierende Filmmaterial erwies sich zwar als weit weniger feuergefährlich, war aber wie der Nitro-Film chemisch nicht sehr beständig. Schlechte Lagerzustände wie Hitze und Feuchtigkeit haben über die Jahre bei vielen Kopien das so genannte „Vinegar Syndrome“ hervorgerufen, bei dem eine der Essigsäure verwandte Substanz vom Material freigesetzt und von dort auf andere Kopien übertragen wird. Erst in den 80er-Jahren gingen die Filmlaboratorien dazu über, Polyester als Filmmaterial für Sicherungskopien zu verwenden.

Die wissenschaftliche Disziplin Filmrestaurierung befindet sich heute an einem entscheidenden Wendepunkt. Da die erste Expertengeneration sich ihr Handwerk noch selbst beibringen musste, fehlten ihr lange ein professionelles Selbstverständnis sowie ein kritisches Rahmenwerk im Hinblick auf theoretische, methodische und ethische Fragen, das die jahrezehntelangen beruflichen Erfahrungen schließlich in einem fundierten Programm, einer Art Philosophie, zusammengefasst hätte.

Hier ist in den letzten Jahren vor allem in den Filmarchiven selbst wichtige Basisarbeit geleistet worden. Der Internationale Zusammenschluss von Filmarchiven (FIAF) verfügt seit einigen Jahren über einen dezidierten Satzungsbeschluss, den „Code of Ethics“, der, basierend auf der Unesco-Studie von 1998, allen Mitgliedern klare Richtlinien im Umgang mit seltenem Filmmaterial vorgibt. Ganz oben auf der Liste steht der Schutz der Integrität des Materials sowie der Schutz gegen jede Form der Manipulation, Verstümmelung, Verfälschung oder Zensur. Der „Code of Ethics“ ist heute ein verbindlicher Standard, der auch in den führenden Filmpräservationsprogrammen an der Universität Los Angeles (UCLA) und der Jeffrey Selznick School am George Eastman House in Rochester, New York, gelehrt wird.

Wer aber zeichnet nun für die Pflege des Filmbestandes verantwortlich? Und wer kommt für die anfallenden Kosten auf? Die belaufen sich immerhin auf knapp 40.000 US-Dollar pro restaurierter Kopie; 100 Jahre materialgerechter Lagerung würden pro Kopie mit etwa 4.500 Dollar zu Buche schlagen. Kulturpolitisch wurde Film schon immer weniger als universales Gut denn als nationales Erbe betrachtet. Aber der Staat hat ganz andere Sorgen, als sich mit dem verblichenen Andenken seiner Filmgeschichte zu befassen – besonders dann, wenn es ihn Geld kostet. Der Filmrestaurator Martin Körber, der unter anderem für die digitale Restauration von Fritz Langs „Metropolis“ (2001) verantwortlich zeichnet, sieht die Grundlage für einen verantwortungsvollen Umgang vor allem darin, dass das Bewusstsein für Film als kulturhistorisch relevanter Kunstform hoch entwickelt ist. Dieses Bewusstsein muss notwendigerweise nationale Interessen überwinden.

Interessanterweise ist solch ein kulturelles Bewusstsein aber besonders in solchen Ländern stark ausgeprägt, in denen eine nationale Filmkultur von einer einflussreichen und potenten Filmindustrie Rückhalt erfährt. In Europa gilt das vor allem für Frankreich, in geringerem Maße auch für England und Italien. Dass die partikularen nationalen Interessen Hand in Hand mit einem universalen, in den Filminstitutionen weltweit kultivierten Bewahrergeist gehen, war maßgeblich für die rasanten Fortschritte, die in den letzten zehn Jahren auf dem Feld der Filmrestauration zu verzeichnen sind.

Die Friedrich-Wilhelm-Murnau-Retrospektive auf der diesjährigen Berlinale war ein gelungenes Beispiel für solch eine internationale Kooperation. Nicht zuletzt die enge Zusammenarbeit der Friedrich-Wilhelm Murnau-Stiftung, die seit ihrer Gründung 1966 den nach dem Zweiten Weltkrieg von den Westalliierten beschlagnahmten Filmstock der ehemals reichseigenen Produktionsgesellschaften UFA, Universum Film, Bavaria, Tobis und Terra verwaltet, mit dem National Film and Television Archive des British Film Institute, der 20th Century Fox, dem L'Immagine Ritrovata in Bologna und anderen Institutionen gewährleistete den Erfolg der Retrospektive und der begleitenden Panels.

Und wer bezahlt die Rechnungen, die durch solche aufwändigen Restaurierungsprojekte anfallen? Eine Frage, die die prekäre Situation der Filmrestaurierung in Deutschland verdeutlicht. In den USA befinden sich von jeher sowohl Filmrechte als auch Filmmaterial in solventer privater Hand, nämlich in der der Hollywood-Studios. Diese verfügen über Möglichkeiten, die Budgets für ihre Archive sowohl mit Einnahmen aus aktuellen Titeln als auch durch den immer noch boomenden amerikanischen DVD-Markt, der mit Filmklassikern noch längst nicht gesättigt ist, abzudecken. Allein Sony restauriert im Jahr fast 300 Filme aus dem Bestand. Deutschland dagegen verfügt nicht über eine vergleichbare Filmindustrie; so bleibt es finanziell schwach ausgestatteten Institutionen wie der Murnau-Stiftung oder dem Filmmuseum München überlassen, die historisch-wissenschaftliche Arbeit mit der Filmgeschichte zu pflegen.

Die Murnau-Stiftung hat in dieser Hinsicht erste Schritte unternommen, die Pflege des Filmstocks zu professionalisieren. In enger Zusammenarbeit mit der Transit Film GmbH arbeitet die Stiftung daran, die kommerzielle Auswertung ihres Rechtebestandes durch gewerblichen Kinoverleih, eine weitreichende Video- und DVD-Vermarktung sowie den Lizenzhandel mit TV-Sendern und Vertriebsfirmen im Ausland zu verbessern. Die im April veröffentlichte Edition von deutschen Stummfilm-Klassikern, zu der neben vier Murnau- und drei Lang-Filmen auch „Der Golem“ und Joe Mays „Asphalt“ gehören, war das erste Großprojekt, mit dem die Murnau-Stiftung die filmrestaurative Arbeit in Deutschland internationalen Maßstäben angleichen will. Manche Experten meinen, dass es höchste Zeit ist.

Denn nur, wenn Filmgeschichte sichtbar bleibt, schärft sich das Bewusstsein für die Bedeutung des Films als künstlerischer Gestaltungsform. Wenn die Bilder aus der – wie es im Jargon der Unesco heißt – „World Memory“ gelöscht sind, bleibt nichts als ein flackernder Schein auf leerer Leinwand.

Quelle: taz Nr. 7136 vom 21.8.2003, Seite 15.

Neues Verfahren Kohl gegen Birthler

Am 17. September wird das Berliner Verwaltungsgericht über die juristische Auseinandersetzung zwischen dem ehemaligen Bundeskanzler Helmut Kohl und der Bundesbeauftragten für die Stasi-Unterlagen, Marianne Birthler, verhandeln.

Im Oktober 2002 hatte Kohl der Birthler-Behörde für den Fall mit einem Ordnungsgeld gedroht, dass sie Unterlagen über ihn an Journalisten oder Historiker herausgäbe. Kohl ist der Meinung, das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts, das ihn als „Betroffenen oder Dritten“ im Sinne des Stasi-Unterlagengesetzes sieht, schütze ihn dauerhaft davor, dulden zu müssen, dass Stasi-Beobachtungen über ihn publiziert werden.

Frau Birthler reichte gegen die Androhung eines Ordnungsgeldes im Oktober 2002 eine sog. Abänderungsklage beim Verwaltungsgericht ein: Sie ist der Ansicht, das im Sommer 2002 novellierte Gesetz schaffe eine neue Rechtsgrundlage für die Herausgabe von Akten prominenter Stasi-Bespitzelter.

Das Gericht wird über die Klage von Frau Birthler zu entscheiden haben. Hilfsweise haben Kohls Anwälte „Wiederklage“ gegen die Herausgabe von Unterlagen über ihn erhoben. Nach Auskunft eines der Anwälte Kohls zeigt ein in Auftrag gegebenes Gutachten, dass die Neufassung des Stasi-Unterlagengesetzes gegen das Grundgesetz verstößt.

Quelle: FAZ, 21.8.2003, S. 4.

Staatsarchiv Luzern mit neuer Website

Keine Animationen – dafür eine klare Navigation und viel Inhalt, der laufend ausgebaut wird. Das Luzerner Staatsarchiv sieht in seiner Website (www.staluzern.ch) ein Arbeitsinstrument für alle, die sich für die Geschichte des Kantons Luzern interessieren und das Archiv als Forschungsort besuchen wollen. Mit dem neuen Layout wird das Webangebot des Staatsarchivs zugänglicher: klar, einfach, übersichtlich, und schnell.

Der gesamte Inhalt wurde ergänzt und neu strukturiert: Die verschiedenen Kunden und Partner werden direkt angesprochen. Sie finden auf speziellen Seiten massgeschneiderte Angebote und weiterführende Links.

Ein Volltextsuche erschliesst nicht nur die allgemeinen Informationen, sondern auch eine aktuelle und ausführliche Übersicht über die gesamten Bestände des Archivs. Nicht weniger wertvoll sind die Hilfeleistungen für die Arbeit mit Archivquellen, die verschiedenen Merkblätter zum Herunterladen oder die rund 2500 Familienwappen.

Kontakt: 
Staatsarchiv des Kantons Luzern
Schuetzenstrasse 9
Postfach 7853
CH-6000 Luzern 7
TEL : ++41 41 228 53 64
http://www.staluzern.ch

Staatsarchiv Freiburg/CH zieht um

Ab sofort und voraussichtlich bis Januar 2004 ist das Staatsarchiv Freiburg geschlossen. Grund ist der Umzug der gesamten Institution vom Archivweg in die Zeughausstrasse. Betroffen sind neben dem Depotbestand mit einer Länge von rund sechs laufenden Kilometern auch die Büros und der Lesesaal.

Die Mitarbeiter des Staatsarchivs stehen ihrer Kundschaft nach Möglichkeit trotzdem zur Verfügung. Es gelten die bisherigen Anschriften:
Staatsarchiv Freiburg,
Archivweg 4,
1700 Freiburg;
E-Mail: ArchivesEtat@fr.ch
Tel.: 026 305 12 70.

Das genaue Datum der Wiedereröffnung ist noch nicht bekannt.
Es kann ab Dezember 2003 beim Staatsarchiv erfragt werden und wird im Internet (www.fr.ch/aef/de) und in der Presse bekannt gegeben.  

Quelle: Freiburger Nachrichten, 19.8.2003.

Findbuch-Wegweiser für Scharnhausen

Wer in der Vergangenheit von Scharnhausen stöbern möchte, der hat nun eine Hilfe an der Hand. In einem Findbuch hat der Stadtarchivar Jochen Bender die Akten neu geordnet. Für den Stadtarchivar hat sich „die archivische Maulwurfsarbeit gelohnt“. Dabei hatte vor Jochen Bender eine Menge Mühe gestanden. Zusammen mit seiner Mitarbeiterin Karin Hermann hat er sich durch 40 Meter Akten gewühlt und Blatt für Blatt durchgesehen – insgesamt haben die beiden etwa 250.000 Schriftstücke begutachtet, neu geordnet und verzeichnet. Entstanden ist dabei das 175 Seiten dicke Findbuch, das nun als Inhaltsverzeichnis des Aktenbestandes dient.

Bei der Katalogisierung mussten die beiden an verschiedenen Stellen suchen – der Dokumentenbestand war im Laufe der Zeit höchst unterschiedlich verwaltet worden. Manche Schriftstücke waren nur grob geordnet oder lediglich durch einen allgemeinen Aktenplan erschlossen. Das älteste Dokument aus Scharnhausen stammt aus dem Jahre 1652. Richtig jung in der Reihe historischer Dokumente nehmen sich dagegen Akten aus dem Jahr 1974 aus – auch sie sind von nun an im Findbuch zu finden.

Vor allem für die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts konnten der Stadtarchivar und seine Mitarbeiterin eine Informationsdichte feststellen, die so bisher nicht vermutet worden war. Interessierte können nach Themen im Findbuch in der Katalogisierung entweder über eine systematische Grobgliederung oder über ein Stichwortregister suchen.

Auch wenn das Findbuch für Scharnhausen nun fertig gestellt worden ist, dem Archivar und seiner Mitarbeiterin geht die Arbeit nicht aus. Kaum aufgetaucht aus den Dokumentenmetern, gehen die beiden wieder in den Aktenuntergrund. Das Aktenstudium in Ruit steht an. Und dort wollen 53 Meter Papier gesichtet und geordnet werden.

Das Findbuch ist im Stadtarchiv auf CD-Rom erhältlich. Außerdem ist der Katalog auch ins Internet gestellt worden.

Kontakt:
Stadtarchivar Jochen Bender
Klosterhof 10, Nellingen
73760 Ostfildern
Tel. 0711 3404-287
Fax 0711 3404-9287
E-mail: J.Bender@Ostfildern.de
http://www.stadtarchiv.ostfildern.de

Quelle: Stuttgarter Zeitung, 19.8.2003

Hamburgs Geschichtswerkstätten starten ihr Protestprogramm gegen die Kürzungen

Die Situation ist paradox. Nie zuvor haben Hamburgs Geschichtswerkstätten eine solche Aufmerksamkeit der Medien gehabt und so viele Sympathiebekundungen des Publikums bekommen wie zurzeit. Gleichzeitig war ihre Existenz nie gefährdeter.

Zur Erinnerung: Ende Juli stellte die Kulturbehörde ihren Haushalt 2004 vor. Der Etat steigt, doch es gibt einen großen Verlierer. Die Zuwendung von 539.000 Euro für die 14 Hamburger Geschichtswerkstätten und Stadtteilarchive sollte komplett gestrichen werden. Erschrocken über lautstarke Proteste, kündigte die Behörde am 30. Juli an, ihren Erlass abzumildern: 133.000 Euro sollen alle 14 Einrichtungen im kommenden Jahr für Miet- und Betriebskosten erhalten. Wegfallen würden dagegen vor allem die Mittel für die sieben festen Stellen, die sich zwölf Mitarbeiter der Geschichtswerkstätten teilen.

Funktionieren könnte der Betrieb dennoch, glaubt die Kulturbehörde. Sie schlägt mehr Kooperation mit anderen Stadtteileinrichtungen vor und will die Archive stärker in den Bezirken verankern. Ähnliches stellt sich auch Gerd Hardenberg vor. Der kulturpolitische Sprecher der Schill-Fraktion will das starke ehrenamtliche Engagement in den Geschichtswerkstätten und das gesammelte Material in ihren Archiven erhalten. Doch mehr als die Basisfinanzierung hält auch er für nicht möglich.

Für Michael Joho, den ehrenamtlichen Leiter der Geschichtswerkstatt St. Georg und Sprecher der Stadtteilarchive, sind diese Vorschläge zu wenig. „Ohne die hauptamtlichen Kräfte wird es stark frequentierte Angebote wie den zentralen Bilderspeicher, die Stadtteilrundgänge, das Kinderprogramm oder die intensive Zusammenarbeit mit Schulen nicht mehr geben.“

Überdies seien die vorgeschlagenen Möglichkeiten der Kostenersparnis längst ausgeschöpft: „Räume, Sponsoren und Partner suchen wir seit Jahr und Tag. Anders als mit viel kostenloser Unterstützung wäre unser Betrieb nicht durchführbar.“ Und wer ernsthaft Kirchen als Kooperationspartner vorschlage, sei nicht mit der Situation vor Ort vertraut: „Die sind schon froh, wenn sie ihre Personal- und Raumsituation halten können und nichts abgeben müssen.“

Vor den Sommerferien haben die Geschichtswerkstätten großflächigen Protest angekündigt. Auftakt ist die Kundgebung am 19.8. auf dem Hansaplatz (Beginn 18 Uhr) – Motto: „Geschichte muss lebendig bleiben“. Es folgen zahlreiche Aktionen in den Stadtteilen noch vor der Sitzung des Kulturausschusses der Bürgerschaft Anfang September. Joho: „Bis dahin wollen wir so viel rotieren, dass es dem Senat schwer fällt zu sagen, es bleibt dabei.“

Inzwischen ist Michael Joho wieder etwas optimistischer als noch vor sechs Wochen: „Ich halte einiges für möglich. Die Korrektur der Behörde ist noch nicht das Ende der Fahnenstange. Die erste Bewegung von Kultursenatorin Dana Horáková soll nicht ihre letzte gewesen sein.“

Informationen zum Protestprogramm gibt Michael Joho, Tel. 0170/948 04 60; am 25. August findet um 19 Uhr in der Patriotischen Gesellschaft, Trostbrücke 4, eine Diskussion über Nutzen und Fördermöglichkeiten von Geschichtswerkstätten statt. Auf dem Podium sitzen u. a. Franklin Kopitzsch, Hans-Dieter Loose, Jürgen Mantell.

Die Geschichtswerkstätten:

  • Geschichtswerkstatt Barmbek e.V. (seit 1986): 2 feste, etwa 10 ehrenamtliche Mitarbeiter, 76 Mitglieder. Zuschuss (der Kulturbehörde): 85 000 Euro. Archiv: ca. 5000 Fotos, Interviews, heimatkundliche Bibliothek (von 1850 bis heute).
  • Kultur & Geschichtskontor Bergedorf e.V. (seit 1982): 3 feste, mehrere 100 ehrenamtliche Mitarbeiter, 60 Mitglieder. Zuschuss: 69 000 Euro. Archiv: historische Fotos, Postkarten, Stadtpläne. Eigene Bibliothek.
  • Stadtteilarchiv Bramfeld e.V. (seit 1983): 1 Festangestellte in Teilzeit, 7 ehrenamtliche Mitarbeiter, 11 Mitglieder. Zuschuss: 51 000 Euro.
    Archiv: Fotos, Kassetten mit Zeitzeugeninterviews, Karten. Klöntreffs und Rundgänge.
  • Geschichtsgruppe Dulsberg e.V. (seit 1986): keine festen Mitarbeiter, dafür 15 ehrenamtliche Mitglieder. Zuschuss: 2500 Euro. Archiv: Fotos, Zeitungsartikel (ab 1920), wissenschaftliche Arbeiten, eigene Bibliothek.
  • Geschichtswerkstatt Eimsbüttel e.V. (seit 1983): 1 fester Mitarbeiter, 15 ehrenamtliche, 69 Mitglieder. Zuschuss: 66 000 Euro. Archiv: über 5000 Fotos, Tonkassetten, Dokumente zur Stadtteilgeschichte, eigene Bibliothek.
  • Stadtteilarchiv Eppendorf e.V. (seit 1987): 2 feste und 5 ehrenamtliche Mitarbeiter, 30 Mitglieder. Zuschuss: 39 000 Euro. Kleines Foto- und Textarchiv. Außerdem eigenes Veranstaltungszentrum „Subbühne“ im Röhrenbunker.
  • Willi-Bredel-Gesellschaft Geschichtswerkstatt Fuhlsbüttel e.V. (seit 1988): 10 ehrenamtliche Mitarbeiter, 103 Vereinsmitglieder. Zuschuss: 25 000 Euro. Archiv: Fotos, Bücher und private Gegenstände, mehr als 1000 Bücher.
  • Stadtteilarchiv Hamm e.V. (seit 1987): 2 feste Mitarbeiter, etwa 12 ehrenamtliche, 100 Mitglieder. Zuschuss: 20 000 Euro. Archiv: ca. 20 000 Fotos, Zeitungsartikel. Bewirtschaftung des Bunkermuseums; Geschichtscafé (einmal im Monat).
  • Geschichtswerkstatt Horn (seit 1996): 13 ehrenamtliche Mitarbeiter, kein fester Zuschuss der Kulturbehörde. Einnahmen aus Spenden und Kalenderverkäufen. Archiv: ca. 2000 Fotos, Zeitungsartikel, alte Tagebücher.
  • Jarrestadt-Archiv (seit 1990): zwischen 4 und 6 ehrenamtliche Mitarbeiter. Zuschuss: 5000 Euro. Archiv: Fotos, Zeitschriften, Interviews. Eigene Bibliothek zur Stadtteilgeschichte.
  • Stadtteilarchiv Ottensen e.V. (seit 1980), untergebracht in der ehemaligen Ottenser Drahtstifte-Fabrik. 3 feste Mitarbeiter, 20 ehrenamtliche, 90 Mitglieder. Zuschuss: 118 000 Euro. Audio- und Videoarchiv mit Zeitzeugeninterviews, Firmennachlässe, Fotos.
  • Geschichtswerkstatt St. Georg e.V. (seit 1990): Zwischen 40 und 60 ehrenamtliche Mitarbeiter, 73 Mitglieder. Zuschuss: 6000 Euro. Archiv: ca. 1800 Fotos, Zeitungsberichte, historische Dokumente. Bibliothek mit ca. 5000 Büchern.
  • St.-Pauli-Archiv e.V. (seit 1987): 1 fester Mitarbeiter, 10 ehrenamtliche, 40 Vereinsmitglieder. Zuschuss: 26 000 Euro. Archiv: Fotos und Ansichtskarten, Tonkassetten mit Interviews. Bibliothek.
  • Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg (seit 1990), untergebracht im Kommunikationszentrum Honigfabrik. Zuschuss: 9000 Euro. Eine feste Mitarbeiterin, 30 ehrenamtliche, 150 Mitglieder. Fotoarchiv, literarische Barkassenfahrten, Straßentheater-Projekte.

Link: http://www.hamburger-geschichtswerkstaetten.de/

Quelle: Hamburger Abendblatt, 19.8.2003

Tagung evgl. Kirchenarchive in Berlin im Juni

Das neuerbaute Kirchliche Archivzentrum am 23. und 24. Juni war Anlass, die ansonsten getrennt tagenden süddeutschen und norddeutschen evangelischen Kirchenarchivarinnen und -archivare zu einem gemeinsamen Treffen nach Berlin einzuladen. Fast 80 Kolleginnen und Kollegen waren der Einladung gefolgt.

Innerhalb einer Sektionssitzung zum Thema \“Elektronische Aktenverwaltung\“ ging es speziell um die Einführung des EDV-Programms REGIsafe in landeskirchlichen Verwaltungen. Ulrike Gogalla vom Konsistorium der Evangelischen Landeskirche in Berlin-Brandenburg berichtete aus der Sicht einer Informatikerin über die schrittweise Einführung des Programms. Anschließend stellte Birgit Dreuth vom Landeskirchlichen Archiv in Darmstadt ihre Erfahrungen im Landeskirchenamt und die Auswirkungen auf das Archiv dar. Probleme haben sich einerseits in den Verwaltungen ergeben, da die Einführung solcher Programme erheblicher organisatorischer Vorbereitungen und Standardisierungen z.B. beim Aktenplan bedarf. Auf der anderen Seite sei für das Archiv die Frage des Datenimports in das verwendete Archivverzeichnungsprogramm von grundlegender Bedeutung.

In einer anderen, vielfach gewünschten und auch sehr zahlreich besuchten Sektionssitzung zum Thema \“Archive im Internet\“ referierten am zweiten Tag Dr. Jutta Weber von der Hand-schriftenabteilung der Staatsbibliothek zu Berlin und Dr. Michael Häusler, der Leiter des Verbandes kirchlicher Archive, über Themen aus ihren Arbeitsbereichen. Zunächst stellte Dr. Häusler unter dem Titel \“Von der Adressenliste zur gemeinsamen Bestandsdatenbank: Evan-gelische Archive im World Wide Web\“ die verschiedenen Möglichkeiten der Präsentation von Archiven vor. Von 82 befragten kirchlichen Archive seien z. Zt. nur 55 in irgendeiner Form mit eigenen Präsentationen im Internet vertreten. Frau Dr. Weber sprach über \“Zentrale Nachweise von Nachlässen im Internet: ‚Kalliope\‘ und Datenbank des Bundesarchivs\“. In der Präsentation des Bundesarchivs seien neben den Daten aus den verschiedenen gedruckten Nachlassverzeichnissen der letzten Jahrzehnte auch alle neuen Meldungen und Nachmeldun-gen aus Archiven und Bibliotheken erfasst. Die Online-Datenbank ist auf der Webseite des Bundesarchivs (www.bundesarchiv.de) unter dem Menüpunkt \“Bestände und Findmittel\“ zugänglich. Im Unterschied dazu beschränkt sich Kalliope v.a. auf Autographen und will Hil-fe zur intensiven Erschließung der Nachlässe bieten. Unter der Adresse http://kalliope.staatsbibliothek-berlin.de findet man ausführliche Erklärungen dazu.

Tagungsbericht von Ruth Pabst, Henner Grundhoff, Dr. Friedrich Künzel
(Download des vollständigen Tagungsberichts als pdf-Datei)

Planungen für Hamburger Auswanderer-Center stocken

Wer sich heute auf dem Gelände der früheren Auswandererstadt in Hamburg umsieht, die Albert Ballin von 1903 auf der Veddel errichten ließ, braucht viel Fantasie, um sich hier eine historisch fundierte Attraktion vorzustellen, die Jahr für Jahr mindestens 200.000 Besucher anziehen soll. Erhalten ist einzig eine Baracke, die nach oft wechselnder Nutzung in einem kläglichen Zustand ist.

Wer sich jedoch die Planungen für dieses Areal von Projektleiter Reinhard Wolf erklären lässt, der weiß, dass das Hamburg Emigration Center (HEC) keine Utopie ist. Der Senat hat der Stiftung Hamburg Maritim, deren Vorstandschef Wolf ist, das Gelände für ein Jahr anhand gegeben. Detaillierte Baupläne der Architekten Martin Förster und Karsten Trabitzsch liegen vor: Die alte Baracke soll saniert und als Schlafsaal von 1906 rekonstruiert werden. Hinzu kommen zwei Häuser, die den U-förmigen Grundriss aufnehmen und das alte Ensemble nachahmen. Eines dieser Gebäude soll eine Erlebniswelt bieten, für die es bereits ein Konzept von Holger von Neuhoff (Titanic-Ausstellung) gibt.

Das andere Gebäude würde als Archiv mit Service für die Ahnenforschung genutzt. Hier soll das Projekt „Link to Your Roots“ weiter betrieben werden, das die fünf Millionen Auswanderer der Hapag-Listen im Staatsarchiv online verfügbar macht. Die Zielsetzung ist klar: Hamburg will eine Attraktion nach Art von Ellis Island, um auch US-Touristen zu gewinnen. Fünf Millionen Euro sind als Investitionsvolumen veranschlagt. 2,2 Millionen stellen die Norddeutsche Affinerie, Hapag-Lloyd und die Hamburgische Feuerkasse in Aussicht. 600.000 Euro kämen von Stadt und Bund, 2,2 Millionen würden fremdfinanziert. Bedient werden sollen die Kredite aus den Mieterlösen. „Wir selbst können das HEC nicht betreiben“, sagt Wolf. Deshalb wurde mit drei Firmen verhandelt, die Erfahrung mit Themenparks haben. Doch keines wollte bislang einen kostendeckenden Betrieb garantieren. Die Stiftung gerät dadurch unter Zeitdruck. Bis Ende September läuft die Anhandgabe, dann soll Wolf dem Senat ein realisierbares Modell präsentieren. Andernfalls müsste über Alternativen nachgedacht werden. Gewiss ist, dass das HEC hohe Priorität für Bürgermeister Ole von Beust hat. „Dieses Projekt muss realisiert werden“, sagt der CDU-Fraktionsvorsitzende Michael Freytag. „Ein Auswandererzentrum würde der Stadt den internationalen Auftritt verschaffen, den es bei Konkurrenzen wie der Olympia-Bewerbung braucht.“ Freytag will die Bürgerschaft zum Nachdenken über weitere Hilfen fürs HEC auffordern.

Quelle: Hamburger Abendblatt, 15.8.2003