Das St. Galler Stadtarchiv, dessen Bücher und Akten nebeneinandergestellt eine zwei Kilometer lange Reihe ergeben würden, erhielt im letzten Jahr ganz besonders viele neue Akten. »Ihr besonderer Wert liegt darin, dass sie nicht die amtliche Sichtweise wiedergeben«, sagt Stadtarchivar Stephan Sonderegger gegenüber dem Tagblatt. Erhielt das Archiv im Jahr 2000 einen Zuwachs von 23 und 2001 von 41 lfd. Metern Akten, so waren es im letzten Jahr 140 Laufmeter. Der markante Anstieg ist auf wenige überdurchschnittliche Ablieferungen zurückzuführen. Zu den jüngsten Zuwächsen gehört der Nachlass des über die Stadtgrenzen hinaus bekannten Historikers Ernst Ehrenzeller, von dem z.B. die Geschichte der Stadt St. Gallen (1988) stammt.
Private Nachlassbestände wiesen im Besonderen die angesprochene »nicht-amtliche Sichtweise« auf: Tagebücher wie etwa jene von Hans Richard von Fels, Fotosammlungen wie die Gross'sche oder persönliche Notizen von Menschen, die vor unserer Zeit gelebt haben, seien wichtige Quellen für die Kultur-, Ideen- und Mentalitätsgeschichte und Elemente einer umfassenden Geschichtsschreibung.
Dem Stadtarchiv wurden in jüngster Zeit mindestens ein halbes Dutzend Privatnachlässe überantwortet. Zu den Bedingungen einer Übernahme gehöre aber etwa die Freiheit des Archivars, nicht das gesamte Material übernehmen zu müssen – ein Archiv ist eben keine Gratisentsorgung. Es gibt auch Regeln, nach denen diese Privatarchive zu Forschungszwecken benutzt werden können. Sensible Daten oder Namen dürfen nicht verwendet werden.
Natürlich beherbergt das Stadtarchiv St. Gallen aber auch jene altehrwürdigen Dokumente, die man typischerweise mit einem Archiv assoziiert: Die ältesten Schriftstücke wurden im 13. Jahrhundert geschrieben. »Das sind wertvolle historische Quellen«, sagt Sonderegger und öffnet ein Zinsbuch aus dem 15. Jahrhundert. Es ist die Buchhaltung des Heiliggeistspitals, das in der Region verschiedene Güter besass und mit den dort angepflanzten Produkten handelte. Belege zeigen auf, dass pro Jahr bis zu 200 Prozent Umsatzsteigerung erzielt wurde.
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