Spionierte Zarah Leander für den KGB?

Wenn es stimmt, was der russische Publizist Arkadij Waxberg im Stockholmer„Svenska Dagbladet“ enthüllte, dann hätte ausgerechnet Zarah Leander (1902-1981), die große Diva des Dritten Reiches, die nach 1945 wegen Kollaboration publizistisch angegriffen wurde, für den russischen Geheimdienst spioniert; ihr Deckname war „Rose-Marie“. Waxberg stützt sich auf erst jetzt zugängliche Dokumente russischer Geheimdienst-Archive und Tonbandaufnahmen mit Erinnerungen des ehemaligen sowjetischen Geheimdienstchefs Pavel Sudoplatov. Die sollen beweisen, dass Zarah Leander schon vor dem Krieg als Agentin angeworben wurde. Dass ihr Name in keinem Agentenverzeichnis stehe, beweise nur, wie bedeutsam sie gewesen sei. Das glaubt der Historiker Göran Elgemyr nicht, der sich jahrelang mit der Diva beschäftigte und ihre Akten des schwedischen Geheimdienstes Säpo kennt. „Sie war politisch völlig naiv. Natürlich kann sie etwas aufgeschnappt haben, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass die Russen sie als Spionin benutzten.“ Zarah Leander selbst hatte immer betont, sich „nicht für Politik“ zu interessieren.

In Zarah Leanders schwedischer Heimat wird die Enthüllung nicht recht ernst genommen. Zwar sei tatsächlich in sowjetischen Code-Telegrammen, die in den USA entschlüsselt wurden, von einer Agentin namens „Roz-Mari“ die Rede, berichtet der Sicherheitsforscher Wilhelm Agrell. Doch sei fraglich, ob dies Zarah Leander war.  Seltsam auch, dass die 1981 verstorbene Leander in ihren freizügigen Erinnerungen kein Wort über ihre angeblichen Agentendienste berichtete. Hier hätte Zarah Leander ja, die in Schweden nach Kriegsende wegen ihrer Nazi-Kontakte auf der Schwarzen Liste stand, andeuten können, dass sie die Nazis sogar bekämpfte …

Quelle: Der Tagesspiegel, 10.7.2003; FR, 10.7.2003.

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