Ausstellung über einen Berliner

Eine ungünstigere Zeit hätten sich die Ausstellungsmacher nicht aussuchen können: Der US-Kongress sperrt die nationalen Archive wegen des Irakkriegs und amerikanische Bibliotheken rufen bereits zugesagte Exponate zurück.

Aber der am 25. Juni eröffneten John F. Kennedy-Schau im Deutschen Historischen Museum Berlin sind die Schwierigkeiten der letzten Monate nicht anzumerken. Die kritische Würdigung des Politikers und Menschen Kennedy anlässlich des 40. Jahrestages seiner berühmten Berlin-Rede ist nach Ansicht der Märkischen Allgemeinen gelungen, im Ton wie in der Darbietung.

Außerdem sei sie spannend, weil die Macher dieses rasante Leben einfach chronologisch nachgezeichnet haben. Der Aufstieg des irischstämmigen Katholiken ins protestantische Establishment beginnt für den Besucher mit dem Taufkleid des kleinen Jack – die Vitrine steht gerade so im Weg, wie einst Kennedy in Harvard seine Konfession.

Ein paar Meter weiter begreift man, dass der junge John Fitzgerald sich nicht einmal von seinem despotischen Vater und Clan-Oberhaupt Joseph einschüchtern ließ. Im Alter von zehn Jahren beantragt er handschriftlich eine Taschengelderhöhung, „damit ich meine Pfadfindersachen kaufen und überhaupt etwas mehr bezahlen kann“.

Dann der lebenshungrige Twen: Das ergreifendste Exponat dieser Jahre ist ein Ringbuch mit Notizen, die Jack in seiner Zeit als Beobachter der Potsdamer Konferenz machte: „Die Menschen haben alle völlig farblose Gesichter“, schreibt er über das verwüstete Berlin. „Sie alle tragen Bündel. Niemand scheint zu wissen, wohin sie gehen.“

Ein ovaler Raum folgt – eine Anspielung auf das Regierungszimmer im Weißen Haus. Man wirft einen Blick auf das Manuskript der berühmten Antrittsrede – die Buchstaben sind riesig, weil der eitle Präsident nicht mit Brille auftreten wollte.

Nun stürmt es auf einen ein, die Bürgerrechtsbewegung, der Mauerbau, die Kubakrise – letztere durch ein kurioses Exponat illustriert: einen Fernschreiber aus DDR-Produktion, den Kennedys Gegenspieler Chruschtschow nach den dramatischen Ereignissen als Teil des „heißen Drahtes“ nach Wahington schickte.

Endlich der große Moment: Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg. – Aber es ist etwas anderes als der berühmte Satz auf der Leinwand zu sehen, nämlich dass die Menge den Mann vor lauter „Kennedy! Kennedy!“-Rufen gar nicht beginnen lässt. Im nächsten Raum wartet das Unheil. Das Amateurvideo aus Dallas, 22. November 1963, in Zeitlupe. Man eilt weiter und liest sich durch die pointiert aufbereiteten Verschwörungstheorien.

Schließlich ist man froh, dass es den Raum mit den Kennedy-Memorabilia gibt, mit der Jackie-Anziehpuppe und dem Supermann-Heft, in dem der Präsident dem Helden aus der Patsche hilft – alles nachzublättern im gut gemachten Katalog, der die 60er-Jahre-Ästhetik der Life-Hefte aufnimmt.

Wie einen kritischen Kommentar, einen Fußnotenteil bekommt der Besucher im Hinausgehen noch ein paar Bilder und Texte von der dunklen Seite des Aufstiegs serviert. Den Mafiaboss, der Wählerstimmen besorgt haben soll, und das nackte Napalm-Mädchen, in dessen Heimat Kennedy Bomber schickte. Aber es wird weder verurteilt, noch verklärt. Der Besucher soll selbst entscheiden.

Zum 40. Jahrestag des Kennedy-Besuches in Berlin würdigte Bundespräsident Johannes Rau Kennedys Berliner Rede als „Meilenstein deutscher Geschichte“ und „festen Anker für die deutsch-amerikanische Freundschaft“. Am 26. Juni 1963 hatte Kennedy etwa 400.000 Berlinern vor dem Rathaus Schöneberg auf Deutsch zugerufen: „Ich bin ein Berliner!“ Dies sei „eins der ganz großen Symbole für die Freiheit Berlins“, so Rau.

Kontakt:
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2,
10117 Berlin
Telefon: +49 – (0)30 – 20304 – 0
Telefax: .+49 – (0)30 – 20304 – 543
http://www.dhm.de/

Quelle: Märkische Allgemeine, 26.6.2003

Vatikanische Museen online

Die Vatikanischen Museen gehören zu den bedeutendsten Kunstsammlungen der Welt. Sie verzeichnen pro Jahr mehr als drei Millionen Besucher. Jetzt sind die Vatikanischen Museen und ihre Kunstwerke auch virtuell zu besuchen: www.vatican.va.

Sechs der insgesamt 27 Abteilungen der Sammlungen sind online zu besichtigen: die Sixtinische Kapelle, die Stanzen des Raffael, die Pinakothek, die Ägyptische und die Etruskische Sammlung, und auch das Missions- und Völkerkundemuseum.

Interessierte können auf italienisch, englisch, französisch, spanisch und deutsch virtuelle Rundgänge durch die Kunstsammlungen unternehmen. 120 Bilder mit hoher und 95 Bilder mittlerer Auflösung sind auf der Internetseite abrufbar, dazu auch Bibelstellen, die mit den Motiven der Kunstwerke in Zusammenhang stehen.

Internetnutzer können zwischen einer dreidimensionalen Kameraperspektive und der zweidimensionalen Ansicht wählen. Auch lassen sich Ausschnitte von Kunstwerken mittels Mausklick mehrmals vergrößern.

Die Arbeiten an der Internetseite, auf der sich insgesamt 50.000 Links befinden, dauerten nach Angaben der ausführenden Firma Hewlett-Packard fünf Jahre und 15.000 Arbeitsstunden. (dpa/KNA/FAZ)

Reininghaus wird Präsident des Landesarchivs NRW

Der Leiter des Staatsarchivs Münster, Professor Dr. Wilfried Reininghaus, wird Präsident des zum 1. Januar 2004 zu errichtenden Landesarchivs Nordrhein-Westfalen. Der 1950 geborene Reininghaus hat Volkswirtschaftslehre und Geschichte in Münster studiert. Seit 1982 arbeitete er im Westfälischen Wirtschaftsarchiv in Dortmund, als dessen Leiter er 1996 als Ltd. Staatsarchivdirektor an das NRW Staatsarchiv Münster wechselte. An der Universität Münster ist er apl. Professor für Westfälische Landesgeschichte.

Das nach einer Entscheidung der nordrhein-westfälischen Landesregierung auf der Grundlage einer Organisationsuntersuchung zu Jahresbeginn zu schaffende Landesarchiv Nordrhein-Westfalen soll als zentrale Einrichtung des staatlichen Archivwesens dienen. Es wird aus drei Zentral- und vier Fachabteilungen bestehen – den bisherigen Staatlichen Archiven in Brühl, Detmold, Düsseldorf und Münster. Das künftige Landesarchiv ist zuständig für alle Fragen des staatlichen Archivwesens in NRW. Der Präsident wird das Landesarchiv mit Hauptsitz in Düsseldorf leiten sowie zugleich die für die archivfachlichen Grundsatzfragen und die Öffentlichkeitsarbeit zuständige Abteilung des Landesarchivs. Er führt rund 200 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Vor der Übernahme des Präsidentenamtes zum 1. Januar 2004 wird Professor Reininghaus vom 1. Juli an als Leiter des Aufbaustabes für das neue Landesarchiv fungieren.

Führung durch Thüringen 1933 bis 1945

Territorial gegliedert, informiert der achte, Thüringen betreffende Band der »Heimatgeschichtlichen Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945« über die Stätten der Verfolgung durch die Naziherrschaft, über Orte des Widerstands sowie über Grabstätten und andere Gedächtnisorte. So werden Kreis für Kreis, Ort für Ort für das Land Thüringen erfaßt und beschrieben. Die Beschreibungen für jeden Ort gliedern sich durchgängig in die Abschnitte »Widerstand und Naziterror« und »Konzentrationslager und Zwangsarbeit«, hin und wieder ergänzt durch »Rassistische Verfolgung und ›Euthanasie‹«.

Vorgestellt werden die Stätten des Naziterrors, die frühen Konzentrationslager Nohra und Bad Sulza, die späteren Buchenwald und Dora und ihre Außenlager, die SA-Folterstätten, die Gefängnisse und Zuchthäuser u.a. in Ichtershausen und Gräfentonna. Beschrieben werden die Stationen der Verfolgung der Juden, der Sinti und Roma bis zu ihrer Deportation in Vernichtungslager. Dokumentiert werden die Orte der Zwangsarbeit von Kriegsgefangenen, zivilen Zwangsarbeitern und KZ-Gefangenen, so das Kriegsgefangenenstammlager IX C Bad Sulza und seine Arbeitskommandos, die Zwangsarbeiterlager zahlreicher Groß- und Mittelbetriebe der Industrie, der Land- und Forstwirtschaft, das Arbeitserziehungslager Römhild, die unterirdischen Verlagerungsprojekte der Rüstungsindustrie im Kohnstein und in Ohrdruf. Nachgewiesen werden die Stationen der Ausgrenzung und Ermordung behinderter Menschen, so die Landesheilanstalten Mühlhausen-Pfaffenrode, Blankenhain und Stadtroda samt den ihnen übergeordneten Gesundheitsämtern. Die aufgelisteten Orte der Verfolgung beschränken sich nicht auf jene, an denen sich eine Verfolgungsinstitution befand. Aufgenommen wurde jeder Ort, an dem Menschen verfolgt, verhaftet, verurteilt oder umgebracht wurden – soweit sie bekannt sind. Der Wegweiser kann über viele Orte nur wenige Anhaltspunkte liefern, über manche fehlen auch jegliche Kenntnisse, obwohl Vollständigkeit angestrebt wird. Die Autoren verstehen daher ihre Dokumentation als Zwischenbilanz ihrer jahrelangen Recherchen.

Die Dokumentation der Stätten des Widerstandes ist zwar territorial gegliedert, geht aber von den Menschen aus, die an den angegebenen Orten lebten und in dieser oder jener Form Widerstand leisteten. Das Spektrum ist hinsichtlich der einbezogenen Aktivitäten wie hinsichtlich der sozialen und politischen Spannbreite der bekanntgewordenen Personen umfassend.

Der Band stellt jedem Kreis eine Karte mit der Gemeindeeinteilung voran, dabei geht er von der heutigen administrativen Einteilung aus. Für jeden größeren Ort wird eingangs eine soziale Charakteristik gegeben. Zahlreiche Karten, Lagepläne und Abbildungen verleihen dem Band eine vorzügliche Übersichtlichkeit. Vor allem hinsichtlich der kleineren Gedenkorte, also Grabsteine, Gedenksteine, Denkmäler, ist er reichhaltig mit Abbildungen ausgestattet. Für jeden Kreis werden am Schluß der Dokumentation Quellen und Literaturhinweise angegeben.

Bei Gedenkstätten wird über Adressen. Telefon, Öffnungszeiten und Führungen informiert. Ein Ortsregister erleichtert die Übersicht, ein Personenregister fehlt.

Der Band über Thüringen folgt in Aufbau und Präsentation den sieben Bänden der Reihe »Wegweiser«, die vom Studienkreis Deutscher Widerstand initiiert und in langjähriger Forschungs- und Editionsarbeit realisiert wurden. Bisher erschienen Wegweiser zu Baden-Würtemberg 1, Bremen, Hessen (2 Teilbände), Niedersachsen (2 Bände), Saarland, Schleswig-Holstein 1. Der Band zu Thüringen ist der erste in dieser Reihe über ein Land aus der ehemaligen DDR.

Der Hauptzweck des Bandes und der Reihe besteht darin, Spuren zu sichern und sie vor dem Verdrängt- und Vergessenwerden zu bewahren. Mit seiner detaillierten und umfassenden Rekonstruktion der Stätten von Verfolgung und Widerstand gegen den Faschismus in diesem Lande stellt er allen Antifaschisten solide, zuverlässige Information darüber zur Verfügung, wo und von wem gegen die Nazibarbarei Widerstand geleistet wurde. Regional- und lokalgeschichtlich angelegt, reicht die Bedeutung des Wegweisers über die beschriebenen Territorien hinaus.

Info:
»Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der Verfolgung 1933-1945«, Bd. 8: Thüringen.
Mit einem Vorwort von Frank Spieth, DGB-Landesvorsitzender Thüringen, hrsg. vom Thüringer Verband der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten und dem Studienkreis Deutscher Widerstand 1933-45,
Frankfurt 2003, ISBN 3-88864-343-0, 380 S.

Quelle: Junge Welt vom 21.6.2003

Ausstellung Nationalsozialismus in München

Es war eine seltsame Mischung aus Dementi und Dennoch, mit der Christian Ude die lang erwartete Ausstellung „Nationalsozialismus in München – Chiffren der Erinnerung“ eröffnete. „Keine einzige Aussage war falsch oder unzutreffend“, verteidigte Münchens Oberbürgermeister die letztes Jahr von ihm selbst abgesetzte Schau, wie die FR am 25.6. berichtet. Dann erst sagte Ude, weshalb er die Überarbeitung eines zentralen Teils städtischer Selbstdarstellung gefordert hatte. Es ging ihm um die „Stimmung“ der Ausstellung. Ein recht vager Begriff, aber ein Schlüssel für die gesamte Kontroverse. Im August 2002 nämlich hatte der SPD-Politiker die unfertige Präsentation noch als „SA-Lederhosenschau“ verurteilt und der freien Kuratorin Brigitte Schütz eine „kritiklose Ansammlung von Devotionalien“ vorgeworfen. Die Dauerausstellung wurde erst gar nicht eröffnet, niemand konnte die Angelegenheit vor Ort überprüfen. Ist nun alles anders geworden?

Dass die Landeshauptstadt den Nährboden für Hitlers Aufstieg bildete, dass hier die NSDAP gegründet wurde, die SS und SA, und München bis zuletzt Sitz der Partei blieb, sind die zentralen Aussagen der Ausstellung, ihr kleines „Einmaleins“, wie Schütz sagt. Vor Ort und mit Blick auf Bayern soll die verhängnisvolle Mischung aus Reichskampfbünden, völkischer Kampfpresse und rassistisch-dumpfer Stammtischmentalität chronologisch, also vom Ende des Ersten Weltkriegs an, gezeigt werden.

Mit zahlreichen Originaldokumenten versucht die Ausstellung greifbar zu machen, was einen sprachlos macht. Deshalb kommt dem einzelnen Objekt eine solche Bedeutung zu. Es wird dazu auf den Sockel gehoben, buchstäblich; Uniformen stehen in gläsernen Schneewittchensärgen, und Schriftstücke liegen auf metallenen Kathedern. Von Objekt zu Objekt will die Kuratorin die Besucher durch „Wechselbäder kritischer Rekonstruktion“ leiten. Beanstandete Stücke – Nazi-Kitsch, mit dem München seinen Ruf als Kunststadt auch im „Dritten Reich“ gewinnbringend vermarktete – sind von Infotafeln umstellt. Sie sollen nicht mehr für sich selbst sprechen. Der Porzellan-Schäferhund aus der SS-Manufaktur Allach etwa blieb nur, weil das Foto eines Zwangsarbeiters hinzukam, der dort schuften musste.

Die nun frei gegebene Dauerausstellung verzettelt sich nach Auffassung der FR, so als läge der Schlüssel zum Verständnis gesellschaftlicher Prozesse in der unsystematischen Präsentation von Details, von NS-Gegenständen: Parteiabzeichen, Generalplänen für das neue München oder gar NS-Kitsch. Die Schau breitet Material aus, wo ein Statement gereicht hätte. Was kann Hitlers Globus vermitteln von den Allmachtsträumen der Nationalsozialisten? Und was ein Papierfähnchen mit Hakenkreuz?

Dabei gibt es durchaus Dokumente, die nachdenklich machen. Narben überziehen den Rücken von Sebastian Nefzger, den SS-Schergen am 26. Mai 1933 im KZ Dachau ermordeten. Die Gerichtsbilder zeigen schwerste Misshandlungen. Solche Dokumente des Grauens haben freilich einen schweren Stand gegen die dominante Ausstellungsarchitektur. Stellenweise scheint die Inszenierung völlig überfordert und aus dem Ruder geraten. Mit ihren genieteten Metalloberflächen gleicht die Schau einem großen Ausstellungs-U-Boot.

Es ist mitnichten alles anders geworden. Die Präsentation wurde abgeändert, und ein beanstandetes Stück verschwand. Aber bis auf den Röhm-Dolch ist alles an Ort und Stelle geblieben. Nur die Ausgangslage für die Kritik hat sich geändert.

Kontakt:
Münchner Stadtmuseum,
St.-Jakobs-Platz 1:
80331 München
Tel: 089-233 22370
Fax: 089-233 25033
stadtmuseum@muenchen.de
http://www.stadtmuseum-online.de/

Entscheidung über Stadtarchiv Alzey verschoben

Erst in einer Stadtratssitzung im September soll die Entscheidung fallen, ob das Alzeyer Stadtarchiv in der Stadt bleibt oder an das Landesarchiv Speyer abgegeben wird, wie Bürgermeister Knut Benkert (SPD) gegenüber der AZ mitteilte. Ursprünglich war ein Votum für Juni vorgesehen, nachdem sich der Stadtrat im Februar 2003 noch Bedenkzeit gegeben hatte. Am kommenden Freitag, den 27. Juni, wird Benkert der interfraktionellen Arbeitsgruppe ein Papier präsentieren, in dem sich Speyer verpflichtet, die Alzeyer Archivalien innerhalb eines Jahres zu erschließen. Bürgermeister Benkert sieht sich durch dieses Schreiben aus Speyer in seiner Position bestätigt

In der Sitzung Anfang Februar 2003 hatte sich der Stadtrat nach Widersprüchen aus der Bevölkerung dem Antrag des Bürgermeisters verweigert, das Stadtarchiv an Speyer abzugeben. Stattdessen war eine Arbeitsgruppe eingesetzt worden, die bis Juni Vorschläge zum weiteren Verfahren erarbeiten sollte. Diese Entscheidung ist nun aber bis September aufgeschoben worden.

Die Abstimmungsniederlage Anfang des Jahres sieht Benkert nicht als persönliche Schlappe: „Es geht um Inhalte, nicht um Personen.“ Im Stadtrat hätten ohnehin nur „ein oder zwei Leute Ahnung vom Archivwesen“. Sein Vorschlag sei eine „wirtschaftlich vertretbare, professionelle und bezahlbare Lösung“, warb Benkert. In einer Sitzung der Arbeitsgruppe am kommenden Freitag werde über eine Lösung diskutiert. Auch der Altertumsverein sei mit im Boot.

9.482 Euro müsste Alzey pro Jahr nach Speyer überweisen, das seien etwa 50 Cent pro Einwohner und Jahr, damit die Archivare dort die Kladden und Aktenbündel bearbeiten. Dass Oppenheim heute bereue, sein Archivgut abgegeben zu haben, sei ein unsinniges Argument, das „irgendwelche Idioten“ in die Welt setzten, ärgert sich Benkert. Oppenheim habe keinen Pfennig bezahlt, Alzey werde aber bezahlen und könne deswegen auch auf eine schnelle Bearbeitung vertrauen. „Die Summe ist schwer zu stemmen, aber sehr viel billiger, als einen Archivar und eine Hilfskraft einzustellen“, rechnet Benkert vor. Dies würde das Fünf- oder Sechsfache kosten. Vor allem fehlten in Alzey die geeigneten Räume für die Archivalien.

Zurzeit seien die Schriftstücke in Kellerräumen deponiert, verfielen allmählich wegen der unsachgemäßen Aufbewahrung. Für den neueren Teil des Archivs gebe es keine der so genannten Findbücher – das sind Verzeichnisse, ohne die der Forscher nicht zu seinen Unterlagen findet. Speyer werde diese Aufgabe gerne übernehmen, erklärt Benkert.

Auch wegen des Datenschutzes wehrt er sich dagegen, ehrenamtliche Kräfte an die Archivstücke zu lassen. „Das können nicht Hinz und Kunz machen, wenn es um Vermögensverhältnisse geht“, meint Benkert. Bis zum 100-jährigen Jubiläum des Altertumsvereins 2006 seien die Schriftstücke im Landesarchiv längst erschlossen. „Hätte der Stadtrat im Februar entschieden, wäre der größte Teil des Alzeyer Archivs bereits jetzt aufgearbeitet.“

Forscher und Geschichtsinteressierte sind gegen Abgabe der Akten ans Landesarchiv Speyer

In einem fünfseitigen Papier haben sich die historischen Vereine Alzeys gegen die Abgabe des Stadtarchivs an das Landesarchiv Speyer ausgesprochen. Altertumsverein, Altstadtverein und Verein für Postgeschichte setzen sich in dem Schreiben, das an alle Stadtratsmitglieder geschickt wurde und das unserer Zeitung vorliegt, für den Verbleib und Aufbau des Archivs vor Ort ein.

Wenige Tage vor der Sitzung der Arbeitsgruppe am Freitag haben die in den historischen Vereinen organisierten Fachleute und Forscher ihre Meinung zu der von Bürgermeister Knut Benkert (SPD) vorgeschlagenen Abgabe des Stadtarchivs nach Speyer dargelegt. Unter der Überschrift „Archiv der Stadt Alzey: Situation, Alternativen, Lösungen“ beschreiben die Autoren die Ausgangslage und diskutieren Für und Wider der Abgabe und des Verbleibs der historischen Dokumente. Ihr Fazit: Die Archivalien in der Stadt zu lassen sei „sachlich, personell und finanziell möglich und im Hinblick auf Geschichte und Kulturleben der Stadt wünschenswert.“

Ein Stadtarchiv in Alzey ist nach den Rechnungen der Vereine nicht teurer als die Summen, die jährlich an das Landesarchiv in Speyer entrichtet werden müssten. Für die Kassation – also das Sichten und Aussortieren – der neueren unbearbeiteten Archivalien soll ein Archivar mit einem zeitlich befristeten Werkvertrag angestellt oder aber ein Fachmann eines Archivs der Umgebung zeitweise entliehen werden. Für einen zweijährigen Werkvertrag müssten rund 12.000 Euro ausgegeben werden. Innerhalb von ein bis zwei Jahren könnten die bisher unerschlossenen Archivalien der 1950er bis 1980er Jahre bearbeitet werden. Damit werde der dringend benötigte Platz in der überfüllten Registratur der Stadtverwaltung geschaffen.

Anschließend sollten ehrenamtliche Archivare die historischen Unterlagen und Schriftstücke verwalten. Für ihre neuen Aufgaben könnten sie etwa in der Archivschule in Marburg schlau gemacht werden. Auch der Raumbedarf wird in dem ausführlichen Konzept berechnet: Für 20 Regale würden etwa 50 Quadratmeter benötigt, entsprechende Räume könnten in einer Schule oder einer Wohnung angemietet werden. Somit müssten 3000 Euro Mietkosten, 5544 Euro als Aufwandsentschädigung für die drei Archivpfleger und 906 Euro an Sachmitteln ausgegeben werden, haben die Vereine in einer Modellrechnung herausgefunden. Damit blieben die Kosten nach den ersten Anschaffungen sogar deutlich unter denen von Speyer jährlich geforderten 9.482 Euro.

„Alzey gibt mit dem Archiv seine Identität, seine Geschichte aus der Hand“, befürchtet Privatdozentin Dr. Sigrid Schmitt, die in Mainz an der Johannes Gutenberg-Universität Mittelalterliche Geschichte lehrt und Vorstandsmitglied des Altertumsvereins ist. Das Alzeyer Archiv sei bis zu den 1950er Jahren gut zugänglich, sorgfältig verzeichnet und werde professionell betreut. Im 70 Kilometer entfernten, anonymen Landesarchiv Speyer könne niemand den Forschern Auskunft über Alzeyer Geschichte geben. Dort sei mit mehr Bürokratie und deutlich höheren Kopierkosten zu rechnen. Außerdem sei der Vorschlag, das Archiv abzugeben, verwunderlich, weil die Mitglieder des Altertumsvereins in ehrenamtlicher Arbeit und auch mit hohem finanziellen Einsatz über Jahrzehnte hinweg das Alzeyer Stadtarchiv mit aufgebaut hätten.

Bei einer Abgabe des Stadtarchivs in die Pfalz seien nicht nur lange Anfahrtswege zu befürchten, sondern in letzter Konsequenz ein „Versiegen der historischen Lokal- und Heimatforschung“, heißt es in dem Papier. Dies zeige das Beispiel der Nachbarstadt Bingen, die ihr 1965 nach Speyer abgegebenes Archiv zurückhole. Dort habe die stadtgeschichtliche Aufarbeitung stark unter der Entfernung gelitten, mit dem Auszug des Archivs sei – laut Kulturdezernent – das wissenschaftliche Arbeiten zur Stadtgeschichte „abrupt abgebrochen“.

Kontakt:
Archiv der Stadt Alzey
Ernst-Ludwig-Str. 42
55232 Alzey
Tel.: 06731-4950
Fax: 06731-495555
information@alzey.de
www.alzey.de

Altertumsverein Alzey und Umgebung e.V.
Dr. Helmut Schmahl
Burgunderstraße 3
55232 Alzey
Tel. und Fax: 06731/45298
http://www.altertumsverein-alzey.de/

Altstadtverein Alzey e.V.
Wulf Kleinknecht
Ernst-Ludwig-Straße 45
55232 Alzey
Tel. 06731/2469

Verein für Postgeschichte in Rheinhessen e.V.
Manfred Hinkel
Am Roten Tor 63
55232 Alzey
Tel. 06731/43839
http://www.postgeschichte-rheinhessen.de/

Quelle: Allgemeine Zeitung, 24.6.2003

1828 erstes Pferderennen in Neubrandenburg

Zwar feiert der Reitsportverein „Vier Tore“ dieser Tage im Rahmen eines großen Reit-, Spring- und Fahrturniers seinen 50. Geburtstag, doch reicht die Historie des Pferdesports in Neubrandenburg wesentlich weiter zurück. Die Straßennamen Reitbahnweg und Pferdemarkt weisen darauf hin.

Peter Maubach, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Regionalmuseum, öffnete bereitwillig die Archive und heraus kam Erstaunliches: Schon Ende August 1828 gab es in Neubrandenburg erste Pferderennen. Dem allgemeinen Trend folgend, die Ergebnisse der Arbeit der Region bekannt zu machen, hatten die Stadt und der „Landwirtschaftliche Verein für Mecklenburg-Strelitz“ 1827 beschlossen, in Neubrandenburg eine Rennbahn anzulegen. Rennen, Pferdemärkte, Tierschauen und Ähnliches sollten veranstaltet werden. Die Region bekannt machen, den „Tourismus“ ankurbeln, lautete die Devise. Das Schweriner Freimüthige Abendblatt berichtet, dass nach einjähriger Bauzeit vom 27. bis 29. August 1828 „Pferderennen, Pferde- und Füllenschauen sowie Verkauf“ stattfanden.

Zum Ablauf der ersten Neubrandenburger Pferdetage vermeldet das Freitmüthige Abendblatt weiter: Die Fläche der Neubrandenburger Rennbahn „ist durchweg eben und mit großer Sorgfalt sind alle Vertiefungen – deren es hier gewiss viele gegeben hat, da der Boden mit Holz bewachsen war, welches erst ausgeradet werden musste – durch aufgefahrenen und eingestampften Sand ausgeglichen. Wenn alles erst gehörig beraset ist, welches bei der fruchthaltenden Lage des Erdreichs binnen kurzem der Fall seyn muß, so wird die Neubrandenburger Rennbahn, rücksichtlich ihrer mit Umsicht kunstvoll geebneten Grundfläche, nicht leicht ihres Gleichen finden, obgleich sie wegen der Lage und natürlichen Mischung des Erdbodens nie die Festigkeit erhält, also auch den Rennpferden weniger zusagt !
Wir hoffen, dass es den Neubrandenburger Rennen nie an Konkurrenz fehlen werde, und dass die patriotische Bereitwilligkeit der Stadt, die Sorgfalt und Kosten, welche sie auf die so zweckmäßig vollendete Rennbahn verwendet, durch einen ferner fortdauernden lebhaften Verkehr belohnt werde!“

Neubrandenburgs Pferderennen hatten zunächst lebhaften Zuspruch. Wer was auf sich hielt, kam zum Rennen. Der Bürgermeister war etablierter Hauptschiedsrichter. Gewettet wurde an der Rennbahn und es ist auch von ersten Versuchen die Rede, Rennen zu manipulieren. Kritiker gab es natürlich auch. Der englische Profireiter Ch. J. Apperlay schrieb unter anderem.: „Ich wohnte mit Graf Hahn zusammen mitten in der Stadt, die das schlechteste Pflaster hat, das mir in dünnen Schuhen jemals vorgekommen ist.“ Und an anderer Stelle: „Unter den Nennungen befand sich Baron Biels ,Bolero‘, der, obwohl ein herzlich schlechtes Pferd, mit Webb im Sattel, doch von den Neubrandenburger Sportsmen als zu überlegen angesehen wurde, so dass sich diese einstimmig weigerten, gegen einen solchen Gegner zu starten. Erst die Zurücknahme von ,Bolero‘ ermöglichte das Rennen.“
Um 1860 sank das Interesse der Zuschauer. Es kamen nur noch wenige. Die Stadt gab schließlich 1868 die Rennbahn zugunsten der Stralsunder Bahnlinie auf, die genau durch das einstige Renngelände führte.

Kontakt:
Regionalmuseum Neubrandenburg
Treptower Straße 38
17033 Neubrandenburg
Tel. 0395/5551921
Fax. 0395/5552936
Museum@Neubrandenburg.de
www.mvweb.de/museen/hm003.html

Kontakt:
Reitverein RSV Vier Tore Neubrandenburg e.V.
Rostocker Str.17
17033 Neubrandenburg

Quelle: Nordkurier vom 23.6.2003. – Die Zeitung wird die Geschichte des Pferdesport in Neubrandenburg in einer kleinen Artikelserie weiter beleuchten.

Tagung: 350 Jahre Wismarer Tribunal

Für den 27. und 28. Juni 2003 laden der Greifswalder Lehrstuhl für Strafrecht und Strafverfahrensrecht (Prof. Dr. Jürgen Regge) und das Universitätsarchiv (Leiter Dr. Dirk Alvermann) zu einer gemeinsamen rechtsgeschichtlichen Tagung mit deutschen, schwedischen, dänischen und polnischen Historikern, Archivaren und Juristen in den Großen Sitzungssaal des Oberverwaltungsgerichtes in Greifswald (Domstraße 7) ein.

Anlass hierfür bietet das 350-jährige Jubiläum der Einrichtung des Königlichen Tribunals in Wismar, des Oberappellationsgerichtes für die schwedischen Lehen im Alten Reich (zu denen ein Teil Pommerns bis 1806 gehörte). Zugleich jährt sich zum 200. Mal die Verlegung des Tribunals von Wismar über Stralsund nach Greifswald im Jahre 1803.

Grund genug, die Stellung des bedeutenden historischen Gerichtsstandortes Greifswald mit dem Pommerschen Hofgericht, dem Konsistorium sowie dem Spruchkollegium der Juristenfakultät und deren Beziehungen zum Königlichen Tribunal in Wismar zu untersuchen. Solchen Verbindungen läßt sich nicht nur im Instanzenzug nachspüren. Ihnen liegt auch ein sehr enges personelles Geflecht zugrunde, denn mehrere spätere Vizepräsidenten und Assessoren des Tribunals waren zuvor Professoren der Greifswalder Juristenfakultät (David Mevius, Hermann Heinrich Engelbrecht, Augustin v. Balthasar, Breitenstern, Emanuel Friedrich Hagemeister) oder verdankten ihr ihre Ausbildung, andere waren vor ihrem Dienst in Wismar Assessoren am Pommerschen Hofgericht. Durch die enge Verschwägerung unter den pommerschen Juristenfamilien gab es zudem starke familäre Beziehungen zwischen allen Gerichten. Die Universität selbst errang 1753 (noch ein Jahrestag) das Privileg, nur vor dem Königlichen Tribunal beklagt zu werden. Zu diesen und anderen Themen werden dreizehn Referenten sprechen, deren Vorträge später in einem Tagungsband veröffentlicht werden sollen. Das genaue Tagungsprogramm ist dem Veranstaltungskalender der Pressestelle zu entnehmen.

Info:
Prof. Dr. Jürgen Regge, Cornelia Hohn
Lehrstuhl für Strafrecht und Strafverfahrensrecht der Universität Greifswald,
Domstraße 20,
17487 Greifswald,
Tel. 03834-86-2106,
Fax 03834-862103,
hohn@uni-greifswald.de

Ort und Zeit:
27.06.2003 um 09:00 bis 28.06.2003 17:00 
Großer Sitzungssaal, Oberverwaltungsgericht MV
17487 Greifswald 

Tagungsprogramm:

27. Juni 2003

09:00-09:15 Begrüßung
09:15-10:00 Jürgen Regge „Greifswald als Gerichtsort in der Übergangszeit von schwedischer zu preußischer Herrschaft“
10:00-10:45 Kjell Åke Modéer „Aktenversendung und Greifswalder Juristenfakultät“
10:45-11:15 Kaffeepause
11:15-12:00 Martin Onnasch „Konsistorium und Tribunal“ 12:00-12:45 Martin Schoebel „Hofgericht und Tribunal“
12:45-14:45 Diskussion
13:00-14.45 Mittagspause
14:45-15:30 Dirk Alvermann „Akademische Gerichtsbarkeit, Hofgericht und Tribunal – der Streit um das forum competens“
15:30-16:15 Uwe Kiel „Das Oberappellationsgericht aus städtischer Perspektive – das Beispiel Greifswald“
16:15-17:15 Kaffeepause/Diskussion
17:15-18:00 Felix Schönrock „Greifswalder Gerichtstopographie“ (anschl. mögliche Besichtigung der ehemaligen Gerichtsstandorte)
20:00 Uhr Empfang/Abendessen

28. Juni 2003

9:15-10:00 Nils Jörn „Greifswalder und Rostocker Professoren am Wismarer Tribunal“
10:00-10.45 Martin Krieger „Greifswalder Gelehrtenkommunikation im Zeitalter der Aufklärung“
10:45-11.15 Kaffeepause
11:15-12:00 Jens E. Olesen „Auswirkungen der dänischen Herrschaft auf Verständnis und Praxis der Tribunalstätigkeit“
12:00-12.45 Diskussion
12:45-14:30 Mittagspause
14:30-15.15 Pawel Gut „Patrimonialgerichtsbarkeit in Pommern“
15:15-16:00 Anja Tews “ Die Strafrechtspflege im Bezirk des Oberappellationsgerichts zu Greifswald (1915-1851)“
16:00-16:45 Diskussion/Kaffeepause
16:45-17:00 Schlußworte
 
Teilnahme-Informationen über
Prof. Dr. Jürgen Regge, Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät, Domstraße 20, Tel. 03834-862107
Dr. Dirk Alvermann, Universitätsarchiv, Tel. 03834-861155, archiv@uni-greifswald.de 

Quelle: idw-online, 20.6.2003

Krakower Bibliothek erhält Königliche Chronik

Eine Familie aus den Niederlanden löste ein Versprechen ein – und die Bibliothek Krakow am See ist um eine Attraktion reicher: eine Kopie einer Chronik von Dobbin aus dem Königlichen Hausarchiv Den Haag. Zu verdanken hat die Bibliothek das der niederländischen Familie G. Maassen aus Ugchelen/Appeldoorn.

Wie es dazu kam, schilderte Annette Bernstein, die Leiterin der Bibliothek, der SVZ: „Das Ehepaar war im vergangenen Jahr in unserer Bibliothek und suchte etwas über Dobbin. Es war hier in Krakow im Urlaub und betrieb private Studien, wo ihre Königin einmal ihre Sommerresidenz hatte. Da konnte ich aber kaum helfen, weil wir sehr wenig haben. Die Familie versprach mir daher, etwas zu schicken, aus dem Den-Haager Archiv. Herr Maassen erzählte mir auch, dass er im Landesarchiv Schwerin auch schon Vorträge gehalten habe. Natürlich habe ich mich sehr gefreut als die Familie jetzt vor mir stand und das Versprechen eingelöst hat.“

Die Krakower Bibliothek ist damit im Besitz einer Kopie der „Geschichte des ritterlichen Gutes Dobbin“, Amt Goldberg, geschrieben vom Grafen von Oeynhausen, 1903. Die Chronik wird Annette Bernstein binden lassen, damit sie auch ausgeliehen werden kann. Außerdem hat sie jetzt die Adresse des Hausarchivs in Den Haag. Annette Bernstein: „Vielleicht nehme ich schon bald Verbindung auf.“

Quelle: Güstrower Anzeiger, 24.6.2003.

Begrenzte Haltbarkeit der digitalen Signatur

Die Ziele waren abgesteckt, Umsetzungspläne erstellt, Fortschrittsanzeiger eingerichtet und bis Ende 2005 wollte der Bund alle seine Dienstleistungen online (http://www.bund.de/BundOnline-2005-.6164.htm) stellen. Schließlich hatte man die elektronische Unterschrift gesetzlich der eigenhändigen gleichgestellt und mit Signaturgesetz (http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/sigg_2001/index.html), Signaturverordnung (http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/sigv_2001/index.html) sowie dem Gesetz zur Anpassung der Formvorschriften alles penibel festgelegt. Somit sollten sich Anträge, Auftragsvergaben oder Beschaffungsmaßnahmen sicher online abwickeln lassen. 

Doch nun dies: Da macht die Marktforschungsfirma Mummert Consulting (http://www.mummert-consulting.de/) darauf aufmerksam, dass die Zertifikate für digitale Signaturen gerade mal fünf Jahre lang gesetzlich gültig sind. Das heißt, längerfristige Verträge, etwa Grundbucheinträge, enthalten nach Ablauf von fünf Jahren keine rechtsgültige Unterschrift mehr. Dann müsste man Nutzern zumuten, die entsprechenden Unterlagen erneut zu zertifizieren.

Da es bislang aber noch keine befriedigenden Lösungen gibt, die zeitliche Befristung aufzuheben beziehungsweise Zertifikate zu archivieren, ist guter Rat gefragt. Bis zu drei Jahren, so schätzt Mummert Consulting, könne sich das E-Government nunmehr verzögern, dabei hatte Innenminister Schily gehofft, durch die Einführung elektronischer Abläufe in der Verwaltung jährlich 400 Millionen Euro an Verwaltungskosten einzusparen. (Heise/c't; 21.6.2003)