Die europäische Konferenz zur Archivpädagogik und historischen Bildung an Archiven im Europa-Institut Bocholt (19. bis 21. Juni 2003) ist erfolgreich beendet worden, wie Günther Rohdenburg auf der Homepage der Archivpädagogen (www.archivpaedagogen.de) mitteilt.
Eine Pressemitteilung informiert über das während der Konferenz neu begründete Netzwerk „ELAN“.
„Konferenz startet europäisches Netzwerk
Sechzig Vertreter aus 15 europäischen Staaten haben auf der ersten europäischen Konferenz für historische Bildungsarbeit und Archivpädagogik an Archiven in der Europäischen Staatsbürgerakademie Bocholt vom 19. bis zum 21. Juni über Projekte und Ideen zur internationalen Vernetzung der Archivpädagogik beraten und beschlossen, unter der Adresse www.elan-net.info ein Netzwerk zu schaffen, das den Erfahrungsaustausch zwischen verschiedenen europäischen Ländern verbessern soll. Auf der dreitägigen Konferenz wurde zunächst in Erfahrungsberichten von den Aktivitäten in den Ländern berichtet. Dabei beeindruckten besonders die Berichte des Memorial-Archivs aus Moskau die Teilnehmer, da in ihnen die einzigartigen Dokumente dieses Archivs vorgestellt wurden, die Licht in das Dunkel der stalinistischen Vergangenheit bringen. Hier und bei den Berichten aus anderen osteuropäischen Ländern und künftigen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, insbesondere den Darstellungen aus Lettland und Polen, wurde deutlich, dass die Archive als Werkzeuge der Demokratie in Erscheinung treten – sie sind die Bewahrer der authentischen Vergangenheit. In diesen Staaten wächst das Bedürfnis nach „Glasnost“, immer mehr Menschen gehen auch auf die Suche nach der Geschichte der eigenen Familie – hier sehen die Archive große Chancen der historischen Bildungsarbeit und die Notwendigkeit, durch archivpädagogische Maßnahmen die Forschungen zu unterstützen.
Berichte aus den Ländern mit längerer Tradition historischer Bildungsarbeit an Archiven, besonders Großbritannien, Frankreich und Niederlande, beeindruckten die Zuhörer mit dem breit angelegten Angebot der Archive für verschiedenste Alters- und Zielgruppen, für elektronisches und lebenslanges Lernen („lernen online“, „longlife learning“). Aus den skandinavischen Ländern Norwegen und Schweden kamen Beispiele konkreter Programme historischen Lernens und Forschens für Schulen und Universitäten. Hier wurden die vielen Gemeinsamkeiten bei Methoden und Arbeitsweisen sichtbar, die trotz der Unterschiede in der kulturellen Verfasstheit der fünfzehn Länder bestehen, die einerseits föderalistisch, andererseits zentralistisch organisiert sind mit den vielfältigen Auswirkungen u.a. auf das Archivwesen, den Zugang zu den Archiven usw..
Schließlich verdeutlichten Berichte über Geschichtswettbewerbe und deren Netzwerke in Deutschland und zahlreichen Staaten Europas („Eustory“) die Bedeutung forschenden und entdeckenden Lernens für den Demokratisierungsprozeß in den jeweiligen Gesellschaften.
Archivare, Lehrer, Kulturwissenschaftler, Gedenkstättenfachleute, Vertreter nationaler und internationaler Organisationen haben an diesen drei Tagen die Bedeutung der Archive als strukturiertes Gedächtnis der Gesellschaft verdeutlicht und den entscheidenden Beitrag der Archivpädagogen hervorgehoben. Erkannt wurden aber auch Defizite, insbesondere wurden Forderungen formuliert, die Einbindung der Archivnutzung in die Lehreraus- und Fortbildung zu verbessern. Die in englischer und deutscher Sprache, teilweise sogar auf französisch und russisch übersetzten Vorträge und Diskussionsbeiträge blieben nicht in unverbindlichen Absichtserklärungen stecken, sondern die Konferenz endete mit konkreten Arbeitsaufträgen für die kommenden Tage, um den begonnenen Informationsaustausch mit Leben zu füllen.
Von dieser Konferenz sind Impulse ausgegangen, die nach ganz Europa ausstrahlen. Die von der Europäischen Union, der Körber-Stiftung und dem Verband deutscher Archivare geförderte Tagung hat eine erste Plattform geschaffen für den von allen als notwendig angesehenen Austausch. Der Initiator und Veranstalter, der Arbeitskreis Archivpädagogik und historische Bildungsarbeit im Verband deutscher Archivarinnen und Archivare, wird diesen Austausch über das Internet und mögliche weitere Konferenzen organisieren und intensivieren. Das Zusammenwachsen Europas, die zunehmende ethnologische Vielfalt und Migration in allen europäischen Staaten wird dabei das Thema sein, das alle Archivpädagogen verbindet und an dem sich die Zusammenarbeit über Grenzen hinweg kristallisieren wird.“