Wat is´ne Dampfmaschin´? – Ludwig II. und die Technik

Füssen. Er hatte es sich so schön vorgestellt: mit einem Pfauenwagen wollte er über den Alpsee fliegen, nachdem er in der Leipziger Illustrierten Zeitung eine Skizze des Dampf-Schwingen-Flugzeugs von Joseph Kaufmann gesehen hatte. Doch das ist nur ein Traum geblieben, nachdem Kaufmann seine „Taube“ nie zustande gebracht hat. Viel ernster war da schon der Plan einer Flugseilbahn, mit der König Ludwig II. vom Hof des Schlosses Neuschwanstein direkt in die Sperbersau schweben wollte.

Ludwigs Visionen, für die er so of gescholten wurde, und die technischen Neuerungen, die er eingeführt hat, sind derzeit in einer Ausstellung in Füssen zu sehen. Sie wurde gestern an seinem 117. Todestag – in den Räumen des städtischen Museums im Benediktinerkloster St. Mang eröffnet und dauert bis zu seinem Geburtstag am 25. August. Ludwig II. war mehr als der kunstbesessener Märchenkönig, der schillernde, versponnene Visionär, der von einer besseren, einer friedlicheren, einer menschlicheren Welt träumte. „Er hat auch viel für die Technikentwicklung getan“, sagt Jean Louis Schlim, „viel mehr als gemeinhin bekannt ist“. Der gebürtige Luxemburger Schlim arbeitet im Hauptberuf beim TÜV Südbayern als Archivar, ganz nebenbei aber hat er sich über die Jahre zum Experten in Sachen „Ludwig und Technik“ entwickelt. Angefangen hatte alles mit ein paar alten Dokumenten, die Schlim vor 25 Jahren in die Hände gefallen waren; darunter eine Mitteilung an den bayerischen König, dass er eine Dampflok in Betrieb nehmen darf.

Die Dampfmaschine war ohnehin die beste technische Errungenschaft zu Ludwigs Zeiten. Mit ihr konnte er viele seiner Träumereien und Phantasien verwirklichen. Die Idee eines Kraftwerks für das Schloss Linderhof zum Beispiel. 1875 hatte er sich und seinen Schwänen eine Tropfsteinhöhle beim Schloss errichten lassen. Erst drei Jahre später aber wurde die Illusion durch die neue Elektrizitätstechnik vollkommen: 24 Trafos speisten – angetrieben von einer Dampfmaschine – 24 Bogenlampen. Nur die Farbe der Beleuchtung, ein strahlendes königsblau, konnten die Bauleute dem König nie recht machen.

Bald schon gab es auf jeder Baustelle des Königs eine Dampfmaschine. Praktische, gleichzeitig aber auch hochgefährliche Helfer, die immer wieder in die Luft flogen. 1870 dann gründete sich der Bayerische Dampfkessel-Revisions-Verein, der heutige TÜV. Und Ludwig war sein erster Kunde.

Alte Skizzen sind in der Füssener Ausstellung zu sehen, vergilbte Schriftstücke, verblichene Fotos: von der hochmodernen Marienbrücke über Pöllathschlucht, den Wasserspielen und der Heizanlage in Linderhof; Modelle des Schlosses Neuschwanstein gibt’s zu sehen, provisorische Flugmodelle, Glühlampen, Stecker aus den Zeiten Ludwigs. Vieles aber, sagt Jean Louis Schlim, ist längst verloren. Zum Beispiel sämtliche Dampfmaschinen. Oder der alte Küchenaufzug im Schloss Neuschwanstein, der erst vor ein paar Jahren ausgebaut worden ist. Dabei war es der erste Speisenaufzug Deutschlands gewesen.

Ausstellung: Ludwig II. – „Traum und Technik“
Info Stadt Füssen

Ort: Museum der Stadt Füssen (ehem. Kloster St. Mang, Refektorium)
Dauer: 13.06. – 25.08.2003
tägl.: 10.00 – 17.00 Uhr, außer Montag

Weitere Infos unter:  www.koenigswoche.de

Quelle: Augsburger Allgemeine, 15.6.2003.

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