In den Ruhestand verabschiedet wurde am 27. Juni der Heilbronner Kreisarchivar Dr. Wolfram Angerbauer. Er habe „fundamentale Arbeit geleistet und Kreisgeschichte geschrieben“, würdigte der Heilbronner Landrat die Tätigkeit des Archivars. In 31 Jahren habe Angerbauer nicht nur viele Gemeindearchive auf Vordermann gebracht, sondern wirkungsvoll verschiedenste Projekte entwickelt: 500-Jahr-Ausstellung des Götz von Berlichingen, die wichtige Dokumentation und Aufbauarbeit für die Gedenkstätte in der ehemaligen Synagoge Affaltrach, fünf Bücher zu historischen Themen im Landkreis oder Mithilfe an zahllosen Heimatbüchern. Angerbauers Wirken habe viele Spuren hinterlassen, was Fachkollegen und historisch engagierte Ehrenamtliche gleichermaßen würdigten.
Der Heilbronner Stadtarchiv-Leiter Dr. Christhard Schrenk wies darauf hin, dass Angerbauer gerade in der historischen Bildungsarbeit „Maßstäbe gesetzt“ habe. Er hinterlasse seinem noch nicht bestimmten Nachfolger, der laut Landrat zu Jahresbeginn 2004 eingesetzt werden soll, eine „blühende Landschaft“. Ein großes Anliegen war Angerbauer stets auch die Verbindung zu den historischen Vereinen.
Literaturauswahl:
- Museum zur Geschichte der Juden in Kreis und Stadt Heilbronn: Katalog / [Hrsg. Landkreis Heilbronn. Konzeption u. Bearb. Wolfram Angerbauer]
Heilbronn: Landkreis Heilbronn 1989, 143 S., ISBN: 3-9801562-2-2 - Die Amtsvorsteher der Oberämter, Bezirksämter und Landratsämter in Baden-Württemberg: 1810 bis 1972 / hrsg. von der Arbeitsgemeinschaft der Kreisarchive beim Landkreistag Baden-Württemberg. Red.: Wolfram Angerbauer
Stuttgart (Theiss), 1996, 608 S., ISBN: 3-8062-1213-9 - Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn: Geschichte, Schicksale, Dokumente / Wolfram Angerbauer; Hans Georg Frank
Landkreis Heilbronn 1986, 402 S. (Schriftenreihe: Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn ; 1) - Vom Oberamt zum Landkreis Heilbronn: der lange Weg zur Kreisreform 1938 am Beispiel des württembergischen Unterlandes / Wolfram Angerbauer
Heilbronn: Landkreis Heilbronn 1988, 144 S. (Schriftenreihe: Schriftenreihe des Landkreises Heilbronn ; 2) - Götz von Berlichingen, 1480-1562: Ausstellung der Freiherren von Berlichingen, des Landkreises Heilbronn und der Gemeinde Jagsthausen / bearb. von Wolfram Angerbauer
Neckarsulm, 1980, 91 S. - Das Kanzleramt an der Universität Tübingen und seine Inhaber, 1590-1817
Tübingen: Mohr, 1972, XX, 166 S., 18 Stammtaf. 8″. (Contubernium ; 4), Zugl.: Tübingen, Diss. 1969
Kontakt:
Landkreis Heilbronn
Kreisarchiv
Lerchenstraße 40
74072 Heilbronn (Neckar)
Tel.: 07131/994-364
Fax: 07131/994-150
siehe auch: www.heilbronn-neckar.de
Stadtarchiv Heilbronn (Neckar)
Deutschhof
Eichgasse 1
74072 Heilbronn (Neckar)
Tel.: 07131/56-2290
Fax: 07131/56-3195
www.stadtarchiv-heilbronn.de
Quelle: stimme.de / Heilbronner Stimme (dort: Foto), 28.6.2003.
Deutsch-russische Projekte erforschen SMAD-Akten
Das Zentrum für Zeithistorische Forschung, das Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF) und die University of North Carolina at Chapel Hill arbeiten seit 2001 an dem von der Volkswagen-Stiftung finanzierten Projekt „Beschlüsse, Befehle, Anordnungen, Verfügungen und Direktiven der Sowjetischen Militäradministration in Deutschland (SMAD), Berlin-Karlshorst, und der regionalen Verwaltungen der Sowjetischen Militäradministration (VSMA's) in Brandenburg, Mecklenburg, Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt (1945-1949).“ Dieses Projekt ist Teil einer Kooperation des GARF mit verschiedenen Partnern bei der Erschließung der Archivmaterialien der SMAD im Bestand des GARF.
Mit dem Befehl Nr. 1 vom 9. Juni 1945 wurde die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) als oberste Regierungsgewalt in dem von sowjetischen Truppen besetzten Gebiet eingesetzt. Der Zentrale in Berlin-Karlshorst waren fünf regionale Militärverwaltungen in den ostdeutschen Ländern unterstellt. Die SMAD regelte alles: die Einbringung der Ernte, den Aufbau von Justiz und Verwaltung sowie die Internierung der Kriegsgefangenen. Erst mit der Gründung der DDR im Oktober 1949 wurde die SMAD aufgelöst. Sie ging in die Sowjetische Kontrollkommission über, die Moskau vorsorglich der SED-Führung an die Seite stellte.
Die SMAD hinterließ 11.000 Akten, die jahrzehntelang in sowjetischen Archiven lagerten, wo sie für westliche Forscher nahezu unzugänglich waren. Erst mit dem Zerfall des Sowjetreichs öffneten sich die Archive. Teile der SMAD-Akten, die heute vor allem im Staatsarchiv der Russischen Föderation (GARF) aufbewahrt werden, aber auch über andere Moskauer Archive verstreut sind, wurden 1991 freigegeben, jedoch im August 1992 durch einen Erlass Jelzins gleich wieder gesperrt. Bis zum vollständigen Abzug der russischen Truppen aus Deutschland sollten sie unter Verschluss bleiben – mit Geld oder guten Kontakten war freilich vieles zu haben.
Inzwischen widmen sich zwei Gemeinschaftsprojekte der systematischen Erschließung der SMAD-Akten. Im Potsdamer Zentrum für Zeithistorische Forschung (ZZF) trafen sich am 19. Juni Archivare und Historiker, um eine erste Bilanz zu ziehen (vgl. den Tagungsbericht auf H-Soz-u-Kult).
Der Amerikaner David Pike präsentierte eine elektronische Datenbank der SMAD-Befehle, an der er seit zwei Jahren in Kooperation mit dem Moskauer Staatsarchiv und dem ZZF arbeitet. Finanziell wird das Projekt durch die Volkswagen Stiftung unterstützt. Pikes Datenbank, in die bisher 60 000 Einzeldokumente eingeflossen sind, ist ein wahres Wunderwerk mit komplexen Suchoptionen und umfangreichen Registern. Zumeist sind die Beschreibungen der Befehle mit vorzüglichen Reproduktionen der Originale verknüpft. Nach Abschluss des Projekts im nächsten Frühjahr soll die Datenbank so rasch wie möglich in Moskau, in Potsdam sowie im Bundesarchiv zugänglich sein. Sie wird zahlreiche Recherchen vor Ort ersetzen können.
Die Symbolik der Befehle
Das deutsch-russisch-amerikanische Gemeinschaftswerk war – wie keiner der Beteiligten verhehlt – von zahlreichen Schwierigkeiten begleitet. Sie liegen wohl auch in der symbolischen Dimension begründet, die die Aufarbeitung der SMAD-Akten unweigerlich besitzt. In ihnen konkretisieren sich vier Jahre einer oft schmerzlichen Vergangenheit.
In Russland, so erklärte Vladimir Tarasov vom Föderalen Russischen Archivdienst, wurde die Freilegung der SMAD-Akten von nationalistischen Kreisen als Preisgabe der heroischen Vergangenheit kritisiert. Die deutschen Archivare wiederum klagten in Potsdam über das Regeldickicht der russischen Archive und den schwerfälligen Prozess der „Deklassifizierung“, also der Freigabe gesperrter Akten. Bereits deklassifizierte Akten bleiben gelegentlich unzugänglich oder werden aus undurchschaubaren Gründen wieder gesperrt. Immerhin sind heute 95 Prozent der SMAD-Akten zugänglich – westliche Militärarchive verfahren durchaus restriktiver.
Auf Wunsch der russischen Seite wird die Mikroverfilmung und Digitalisierung der SMAD-Befehle von Quelleneditionen begleitet. So soll offenbar der Eindruck vermieden werden, die archivierte Vergangenheit werde einfach nur kopiert und gleichsam ins Ausland entwendet. Zugleich dienen die Editionen den russischen Archiven als eine Art Leistungsnachweis gegenüber den vorgesetzten Behörden. Bisherige Bände widmen sich der Demontage und der Zerstörung des NS- Militärapparates, sie geben etwa Aufschluss über die Vernichtung der deutschen Chemie-Waffen. Auch diese Editionen sind ein Kompromiss, denn ihre Themen werden von den russischen Partnern vorgegeben.
Parallel zur Inventarisierung der SMAD-Befehle durch David Pike arbeitet das Bundesarchiv an der vollständigen Verfilmung und Digitalisierung des SMAD- Erbes. Auch hier war der Weg zur Kooperation steinig. Zunächst wurden in einem Pilotprojekt die Akten zur Kulturpolitik erschlossen. Gegenwärtig läuft ein neues Vorhaben zur Wirtschaftspolitik. Es gab und gibt, das verschweigen die Mitarbeiter des Bundesarchivs nicht, technische Hindernisse und Konflikte in methodischen Fragen. Doch in fünf Jahren sollen sämtliche freigegebenen SMAD-Akten erfasst sein. Die bereits existierenden Mikrofilme mit immerhin 350.000 Aufnahmen sowie die digitalisierten Daten sind im Bundesarchiv einsehbar.
Damit steht den Zeithistorikern schon jetzt und erst recht in den nächsten Jahren ein riesiger Datenschatz zur Verfügung. Noch ist nicht absehbar, wie die SMAD-Akten die Forschung beeinflussen werden – die ist schließlich nicht Sache der Archivare. Aber die Erschließung der Bestände dürfte in Zukunft viele beschwerliche Odysseen durch Moskauer Archive überflüssig machen. Vladimir Kozlov, der stellvertretende Leiter des Russischen Staatsarchivs, formulierte es so: Die Jagd nach den Dokumenten soll endlich ein Ende haben, damit die Historiker sich an die Arbeit begeben können.
Quelle: SZ vom 28.6.2003.
Stasiakten über West-Spione freigegeben
Das jahrelange Gezerre um die brisanten „Rosenholz“-Stasiakten ist beendet. Die von den USA zurückgegebenen Daten zu Stasi-Spionen im Westen sind jetzt nicht mehr geheim und können von der Stasi-Unterlagenbehörde (BStU) genutzt werden. Das Kanzleramt hat am 26. Juni die Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik, Marianne Birthler, laut einer Pressemitteilung der BStU darüber informiert, dass in Abstimmung mit der US-Seite die inzwischen fast vollständig zurückgegebenen Unterlagen nun wie die übrigen Stasi-Unterlagen entsprechend dem Stasi-Unterlagen-Gesetz verwendet werden dürfen. Die VS-Einstufung ('geheim') der bislang übermittelten CD-Roms sei damit aufgehoben.
Die jetzt freigegebenen Akten waren nach der Wende im Zuge der Geheimdienst-Operation „Rosewood“ (Rosenholz) auf unbekanntem Wege in den Besitz des amerikanischen Geheimdienstes CIA gebracht worden. Sie waren bislang als 'secret' eingestuft worden und – abgesehen von Strafverfolgungen – gemäß internationalen Vereinbarungen nicht nutzbar. Bei den CD-ROM-Datensätzen handelt es sich um noch vom MfS mikroverfilmte Karteien der Hauptabteilung Aufklärung (HVA) mit rund 317.000 Personenkarteikarten und 77.000 Karten zu operativen Vorgängen. Mit der Zuordnung von Namen und Vorgängen könnten weitere Spionagefälle aufgedeckt werden. „Die Rosenholz-Akten sind aber nicht geeignet, die Geschichte der Bundesrepublik neu zu schreiben“, schränkte Birthler ein. Dennoch sei das Thema Stasi eine gesamtdeutsche Herausforderung.
Zum Ende der DDR 1989 hätten rund 3.000 bis 3.500 Bundesbürger für das Ministerium für Staatssicherheit gespitzelt. Ende 2001 waren in der Berliner Stasi-Unterlagen-Behörde von insgesamt rund 59 Aktenkilometern 486 Meter zur Westarbeit der Stasi erschlossen. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe hat in den neunziger Jahren rund 7.000 Ermittlungsverfahren wegen DDR-Spionage eingeleitet, darunter rund 3.000 Verfahren gegen frühere West-IM (Inoffizieller Mitarbeiter).
Quellen: Der Tagesspiegel, 28.6.2003; Stuttgarter Zeitung, 28.6.2003; Das Parlament, 19.11.2001.
Alzey: Stadtarchiv-Frage weiter offen
Ohne Ergebnis hat am Freitag, den 27. Juni, die Arbeitsgruppe des Alzeyer Stadtrats getagt, der es um die Frage ging, ob das Stadtarchiv vor Ort bleiben oder an das Landesarchiv in Speyer abgegeben werden soll (siehe Bericht). Im Zentrum des Treffens stand die Präsentation des Konzepts der drei historischen Vereine, nach dem das Stadtarchiv auch künftig in Alzey bleiben soll. Die Vereine appellierten erneut an den Rat, eine funktionierende Einrichtung nicht einfach aufzugeben: Sprecher der Vereine, des Altertumsvereins, des Altstadtvereins und Vereins für Postgeschichte, wiesen darauf hin, dass es nicht sinnvoll sei, bestehende Strukturen zu zerschlagen. Mit ehrenamtlichen Helfern sei es durchaus möglich, das Archiv in Alzey zu bewahren. Dies werde nicht mehr kosten als die jährlichen Summen, die nach Speyer überwiesen werden müssten. Sorgen über den Datenschutz, der angeblich nicht mehr gewährleistet sei, wenn ehrenamtliche Archivare die Schriftstücke verwalteten, konnten aus dem Weg geräumt werden. Auch bei der Landesnervenklinik, hieß es, arbeiteten Historiker auf der Basis von Werkverträgen mit brisanten Dokumenten.
Aus den Reihen der Fraktionsmitglieder kamen vor allem Fragen zu technischen Details. So wurde erwogen, Räume im Keller des Aufbaugymnasiums zu mieten. Außerdem interessierten sich die Politiker auch für die Ausbildung der ehrenamtlichen Archivare, die nach den Vorstellungen der historischen Vereine die Akten künftig verwalten sollen. Auch über die derzeitigen Benutzerzahlen des Archivs wurde gesprochen. Nach Einschätzung von Beobachtern spricht die intensive Beschäftigung mit dem Konzept der Vereine dafür, dass sich im Rat möglicherweise eine Zustimmung für deren Vorschlag anbahnt.
Quelle: Main-Rheiner, 28.6.2003.
UNESCO schickt zweite Kulturmission nach Bagdad
Paris. Am Samstag, den 28. Juni brach eine zweite Kulturmission der Unesco in den Irak auf, um dort die Situation des kulturellen Erbes zu untersuchen. Wie die UN-Organisation für Kultur, Erziehung und Wissenschaft in Paris berichtete, wird eine Gruppe die irakischen Museen, die historischen Gebäude, Bibliotheken und Archive nach dem Krieg prüfen. Eine zweite Gruppe soll archäologische Stätten nördlich und südlich der Hauptstadt Bagdad begutachten, soweit die Sicherheit es zulässt. Die Kulturmission umfasst acht anerkannte Experten aus Deutschland, Dänemark, Frankreich, Italien, den Niederlanden und Japan. Vom 15. bis 20. Mai hatte die Unesco schon einmal Fachleute in den Irak geschickt.
Die zweite Mission soll eine Woche dauern und wurde in enger Absprache mit der alliierten Übergangsverwaltung im Irak organisiert. Sie wird angeführt von Mounir Bouchenaki, dem stellvertretenden Generaldirektor der UNESCO-Kulturabteilung. Die Ergebnisse dieser Reise sollen – gemeinsam mit den Erkenntnissen der internationalen „scientific community“ – eine effektive Fortsetzung des Kulturgutschutzes im Irak ermöglichen.
Quelle: Südwest-Presse, 28.6.2003; UNESCO (dort weitere Links)
12 Mio. historische Wertpapiere unterm Hammer
„Die Leute werden Abertausende von alten Wertpapieren kaufen und sie in der Hoffnung behalten, dass sie in ihren Händen zu Gold werden“, orakelte Wallstreet-Broker Ronald M. Smythe bereits im Jahre 1929. Auch wenn Smythe Recht behielt, werden historische Wertpapiere erst ab den 1970er Jahren systematisch gesammelt. Die Motive, die hinter der Sammelleidenschaft stehen, sind oft ganz verschieden. Für die einen verkörpern Nonvaleurs, wie die antiken Stücke in Fachkreisen genannt werden, schlicht eine Wertanlage. Andere schätzen sie als attraktive Wanddekoration oder kaufen sie, um sie später zu verschenken.
Ganz unterschiedliche Interessen trafen somit aufeinander, als am 28. Juni in Berlin die wohl größte Wertpapierauktion aller Zeiten über die Bühne geht. Zwölf Millionen Papiere aus der Zeit vor 1945 kamen unter den Hammer. Die Stücke stammen sämtlich aus den Tresoren der ehemaligen Reichsbank. Durch eine Verordnung wurde es den Banken 1939 ermöglicht, ihre Wertpapiere zentral in der Reichsbank in Berlin zu verwahren. Das Institut hatte eine Funktion als Wertpapiersammelbank. Damit befanden sich viele Aktien und Anleihen, die vor dem 8. Mai 1945 begeben wurden, in der Reichsbank. Ende April 1945 gerieten die Banken im Berliner Stadtzentrum unter sowjetische Besatzung. Die Finanzgeschäfte mussten sofort eingestellt werden, alle Safes wurden versiegelt.
In dieser ersten Auktion wurden Aktien und Schuldverschreibungen versteigert, von denen mehr als 1.000 Stück pro Sorte vorhanden sind. Der Andrang war riesig. Mehr als 300 Interessenten haben sich zur Auktion angekündigt. Daher musste der Veranstalter, das Frankfurter Münzhaus Dr. Busso Peus Nachf., kurzfristig einen größeren Raum organisieren. Ursprünglich war nur für 200 Besucher geplant worden.
Die Meinungen darüber, wie der Sammlermarkt diese Mengen Papier aufnimmt, sind geteilt. Ein Szenario ist, dass der Markt zusammenbricht, das heißt von den Massen an Papier erdrückt wird. Echte Raritäten und Massenware würden dann in einen Topf geschmissen. „Diese Gefahr ist nur gegeben, wenn die Käufer der Großposten zu kurzsichtig agieren und den Markt damit überfluten“, schätzt der Düsseldorfer Gutachter Klaus Schiefer. Dem Risiko steht eine ungleich größere Chance gegenüber: „Der Markt wird breiter werden“, so der Berliner Händler Stefan Adam. „Die günstigen Preise werden neue Sammler anlocken.“
Bisher waren zahlreiche Wertpapiere sehr knapp und entsprechend teuer. Das Hobby war daher meist nur etwas für betuchte Sammler. Ähnlich wie Stefan Adam denkt auch Reinhild Tschöpe. Die Düsseldorfer Auktionatorin zieht zum Vergleich die Versteigerung der Penn-Central-Archive in den USA heran. Damals wurden Millionen von amerikanischen Eisenbahn-Wertpapieren auf den Markt gebracht. „Bei betroffenen Eisenbahn-Papieren kam es zwar vorübergehend zu einer Preisdelle, aber mittelfristig hat diese Versteigerung den amerikanischen Markt deutlich belebt.“
Voraussetzung für eine vergleichbare Hausse von historischen Wertpapieren aus Deutschland ist, dass die Stücke im Anschluss an die Auktion breit gestreut werden. Die Chancen dafür stehen gut. Denn neben den Wertpapier-Spezialisten werden zahlreiche Käufer aus den Bereichen Münzen, Briefmarken und Geldscheine erwartet. „Das eröffnet unserem relativ kleinen Sammlermarkt völlig neue Tore“, sagt Stefan Adam. Neue Sammler bedeuten aber auch eine erhöhte Nachfrage nach Papieren.
Das könnte bei Titeln, die nicht im Tresor liegen, zu stabilen bis steigenden Preisen führen. Denn von der Mehrheit der im Sammlermarkt angebotenen Stücke sind weniger als 20 bekannt. Da die meisten Sammler sich auf Zertifikate aus einer speziellen Branche oder Region spezialisieren, gibt es heute in Deutschland für viele Papiere weniger als 20 Interessenten. Die Folge: Das Angebot ist größer als die Nachfrage. Der Preis stagniert. Durch die Versteigerung des Reichsbankschatzes werden nun sukzessive neue Interessenten hinzukommen. Sobald für ein Papier mehr als 20 Interessenten vorhanden sind, fängt der Preis an zu steigen, denn wer möchte schon Lücken in seiner Sammlung haben.
Doch erst einmal steht die Reichsbank-Auktion im Vordergrund. „Das Interesse der Käufer wird sich bei dieser ersten Versteigerung vor allem auf hochdekorative Stücke sowie auf Papiere von Firmen mit großen Namen konzentrieren“, vermutet Michael Weingarten, Vorstand der AG für Historische Wertpapiere. „Leider ist viel Masse und wenig Klasse dabei. Die Masse kann zwar genutzt werden, um neue Sammler zu gewinnen.“ Weingarten warnt jedoch, bei den jetzt zur Versteigerung angebotenen Stücken auf Wertsteigerungen zu spekulieren.
„Bei derart großer Verfügbarkeit geht das meist nicht gut.“ Ähnlich sieht Händlerkollege Stefan Adam die Situation: „Käufer brauchen nicht nur Kapital, sondern viel wichtiger sind Zeit und Know-how. Wer sich aus der Reichsbankware den schnellen Euro verspricht, wird schnell bitter enttäuscht sein.“
Wer allerdings die nötige Fantasie für die angebotenen Großposten mitbringt, kann auch Spaß an den riesigen Mengen haben. Denn die Spanne zwischen den Preisen im Großposten und den bisher im Einzelhandel erzielten ist enorm. Zudem wird unter Sammlern und Händlern spekuliert, ob einige Firmen wie BMW oder DaimlerChrysler eventuell ihre eigenen Papiere kaufen.
Heiß hergehen wird es bei Papieren, die alt und schön sind. So werden die 9350 Stücke der Actien-Brauerei Neustadt-Magdeburg wohl kaum zum Ausrufpreis von 3200 Euro zu haben sein. Bisher waren nur wenige Hundert dieser Prachtstücke bekannt. Der Preis lag entsprechend bei 250 bis 400 Euro.
Quelle: Financial Times Deutschland, 27.6.2003.
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv 1/2003
Das neueste Heft der „Mitteilungen aus dem Bundesarchiv“ (1/2003) hat neben den gewohnten Mitteilungen aus den Abteilungen zwei Themenschwerpunkte:
– die Frage der Digitalisierung von Editionen;
– Beiträge zur archivischen Sicherung militärgeschichtlicher Unterlagen.
Inhalt:
Zu diesem Heft (3)
Perspektiven
Wir können nur tun, indem wir das meiste lassen
Hartmut Weber (4)
Beiträge
Dekonstruktion und Rekonstruktion der Quellenedition
Stuart Jenks (5)
Konversion historischer Texte in digitale Medien
Markus Brantl (13)
Das Sozialprofil von Kampfverbänden des Heeres 1939 bis 1945
Christoph Rass (18)
Zwangsarbeit im Ghetto Lodz. Die Wehrmacht als Auftraggeber
Peter Klein (23)
Benutzeranalyse im Bundesarchiv, Teil 1: Auswertung der Benutzungsdatei
Sebastian Barteleit, Anette Meiburg und Thomas Menzel (29)
Von der Kunst, den „Aktenurwald“ zu roden. Diskussionsansätze archivischer Bewertungsverfahren
Sabine Dumschat (34)
Beiträge aus den Abteilungen
Abteilung G
Abschluss der Duplizierung von Mikrofilmen zu Beständen des ehemaligen Berlin Document Center (BDC)
Johannes Ganser (41)
Abteilung B
Projektbericht über die Stage im Bundesarchiv: Bewertung und Erschließung des Bestandes B 297 – Bundessteuerberaterkammer und Funktionsvorgänger
Johannes Burkhardt, Helge Kleifeld (42)
Abteilung R
Der Bestand R 179 Kanzlei des Führers, Hauptamt IIb („Euthanasie“-Patientenakten)
Carmen Lorenz (44)
Abteilung MA
Das Militärarchiv der DDR 1989/90 und sein Übergang in das Bundesarchiv
Albrecht Kästner (48)
Das Kriegstagebuch des Chefs des Generalstabes des Heeres, Generaloberst Franz Halder
Stephanie Jozwiak (51)
Projektgruppe „Aufarbeitung der Bestände des ehemaligen NS-Archivs des MfS“
Entnazifizierung in Berlin – Kennzeichnung von Personalausweisen mit einem „Trockenstempel“
Axel Gründler (53)
Nachrichten
Publikationsfindbücher zu Beständen des Bundesarchivs
Martina Scheid (58)
Ausstellungen und Veranstaltungen der Erinnerungsstätte für die Freiheitsbewegungen in der deutschen Geschichte, Rastatt
Wolfgang Michalka (58)
„Unbekannte Archive“: Deutsches Golf Archiv Köln
Achim R. Baumgarten (61)
Info:
Mitteilungen aus dem Bundesarchiv. Koblenz: Bundesarchiv. ISBN ISSN
0945-5531; ISSN 0945-5531
Das Heft kann kostenlos bezogen werden vom Bundesarchiv 56064 Koblenz,
Fax 0261/505-226 oder durch e.spahl@barch.bund.de.
Homepage www.bundesarchiv.de
Hamburger Stadtteil-Archive müssen schließen
Schlecht scheint die Arbeit der Geschichtswerkstätten nicht zu sein. Im November 1997 jedenfalls besuchte eine kleine CDU-Delegation das Stadtteilarchiv Hamm und dessen neues Bunkermuseum, erinnert das Hamburger Abendblatt. Der damalige Oppositionschef war angetan von der Arbeit der Stadtteilhistoriker. Vergessen hat Ole von Beust, seit 2001 Erster Bürgermeister, diesen guten Eindruck offenbar nicht: Das Stadtteilarchiv Hamm wurde beauftragt, mit rund 100 Fotos aus seinem reichen Bestand die große Ausstellung im Rathaus zu gestalten, die an den 60. Jahrestag des „Feuersturms“ der Bombennacht vom 27. auf den 28. Juli 1943 erinnern soll. – Solche Wertschätzung hat jetzt wenig genützt, als die Kulturbehörde sparen musste.
Die 14 Stadtteil-Archive der Hansestadt Hamburg müssen schließen. Der Senat hat beschlossen, im Zuge der Haushaltskonsolidierung ab 2004 keine Zuschüsse mehr zu zahlen. Die Abschaffung der Geschichtswerkstätten stößt bei der Opposition auf scharfe Kritik: Der SPD-Kulturexperte Holger Christier bezeichnete die Entscheidung, einem Artikel der WELT vom 26. Juni zufolge, als einen „Anschlag auf das Gedächtnis der Stadt“. Die Geschichtswerkstätten seien unverzichtbar, um die Erinnerung an die Vergangenheit lebendig zu halten. Auch GAL-Experte Willfried Maier sprach von einer Fehlentscheidung: „Ehrenamtliche und professionelle Strukturen werden zerstört – für eine Ersparnis von nur 500.000 Euro.“ Die Stadtteilarchive weckten mit wenig Mitteln das Interesse der Menschen an der Geschichte (vgl. weitere Pressestimmen).
Der Landesverband Soziokultur kritisiert die Senatsentscheidung scharf: Geschichtswerkstätten seien ein unverzichtbarer Bestandteil der Hamburger Kulturlandschaft. Mit geringer öffentlicher Förderung gelinge es ihnen seit über 20 Jahren, unter großer ehrenamtlicher Beteiligung von Zeitzeugen und Fachleuten, eine wichtige Geschichtsarbeit in Kooperation mit Schulen, Kulturzentren und Künstlern zu leisten. Gerade in Stadtteilen, die einem großen Wandel unterworfen sind, seien es die Stadtteilarchive und Geschichtswerkstätten, die »Spuren sichern«, Stadtteilgeschichte bewahren und so die »Oral History«, die erzählte Geschichte, lebendig halten. Vor allem auch für Schulen böten Geschichtswerkstätten anschauliches, vielfältiges Unterrichts-Material, das in Projektzusammenhängen die Stadtteilidentität des gesamten Quartiers befördert.
Zudem stößt der Hamburger Senat den unzähligen engagierten Ehrenamtlichen, die seit Jahren in den Geschichtswerkstätten unbezahlt tätig sind, vor den Kopf, Zitat einer Ehrenamtlichen: »Der Hinweis, wir könnten die Streichung hier durch eine »noch stärkere ehrenamtliche Aufgabenwahrnehmung« ausgleichen ist ein Frechheit! Ich lasse mir doch nicht vorschreiben, wie viel ich wo unbezahlt arbeite und das auch noch von Politiker/innen, die über Einkünfte verfügen, von denen die meisten Hamburger/innen nur träumen!
Vielfältige Kooperationen und u. a. internationale Vernetzungsprojekte verdeutlichen, dass Geschichtswerkstätten und Stadtteilarchive ihre Bedeutung und Verantwortung auch über ihre Bereichsgrenzen hinaus wahrnehmen. Die Einstellung der institutionellen Förderung dieses Bereichs gleicht einer Bankrott-Erklärung der Hansestadt Hamburg: Wenn sie es sich nicht mehr leisten kann, ihre Geschichte lebendig zu erhalten, dann hat sie auch keine Zukunft mehr!
Pressemitteilung der Hamburger Geschichtswerkstätten
Der schlimmste Fall für die 14 Hamburger Stadtteilarchive und Geschichtswerkstätten ist eingetreten: Die komplette Streichung des seit 1994 auf 500.000,- Euro festgelegten Etats. Dieser Beschluss wurde nicht aus finanzieller Not gefasst, denn der Gesamtkulturetat wurde nicht gekürzt, er wurde sogar erhöht. Ein einzigartiger scheinbar willkürlicher Akt, denn keine andere Kultureinrichtung ist so massiv ins Fadenkreuz der Kultursenatorin geraten, dass sie restlos liquidiert werden soll.
12 bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden ihren Broterwerb verlieren, über 200 ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird die Grundlage ihres Engagements entzogen. Denkmalgeschützte Gebäude, Ausstellungsräume, Läden und Stadtteilmuseen werden schließen müssen. Unschätzbare Sammlungen, das soziale Gedächtnis der Stadt steht vor der Vernichtung. Über die Folgekosten aller dieser Maßnahmen besteht noch keine Klarheit, besonders nicht bei der zuständigen Senatorin.
Gegen diesen Beschluss werden wir angehen!
Helfen Sie uns! Schreiben Sie der Kultursenatorin und fordern Sie Frau Horáková auf, diesen Beschluss rückgängig zu machen!
Mail an: Dana.Horakova@kb.hamburg.de
Hier: Stimmen zu den bevorstehenden Schließungen
Vgl. für weitere Infos auch den Beitrag von PD Dr. Rainer Hering zu den Archiven in Hamburg.
Links: unter http://www.hamburg.de kann man nach den einzelnen Geschichtswerkstätten suchen.
Geschichtswerkstätten etc. in Hamburg:
Geschichtswerkstatt St. Georg e.V.
Koppel 32
20099 Hamburg
Tel. 040 / 280 37 31
Kontakt: Michael Joho
http://www.stadtteil.net/geschichtswerkstatt/
Geschichtswerkstatt Eimsbüttel
Sillemstraße 79
20257 Hamburg
Telefon/Fax: 040-4 90 46 22
eMail: gweims@t-online.de
http://www.stadtteil.net/morgenland/index.html
Geschichtswerkstatt Wilhelmsburg
HONIGFABRIK
Industriestr. 125-131
21107 Hamburg
Tel. 75 88 74
Fax. 307 83 05
Geschichtswerkstatt Horn
Bei der Martinskirche 2
22111 Hamburg
Tel: (040) 659 01 444
www.geschichtswerkstatt-horn.de
geschichtswerkstatt.horn@hamburg.de
Stadtteilarchiv Ottensen
Zeißstraße 28
22765 Hamburg
Tel. 040/ 390 36 66
Fax. 040/ 39 61 74
e-mail: Stadtteilarchiv.Ottensen@t-online.de
http://www.stadtteilarchiv-ottensen.de/
Stadtteilarchiv Hamm
Carl-Petersen-Str. 76
20535 Hamburg
Tel: (040) 25 13 92 7
Fax: (040) 25 18 94 1
www.hh-hamm.de
E-Mail: stadtteilarchiv@hh-hamm.de
siehe auch: BUNKERMUSEUM, Wichernsweg 16
(auf dem Grundstück der Wichernkirche)
http://www.hh-hamm.de/BUNKER.HTM
Stadtteilarchiv Bramfeld
Bramfelder Chaussee 25
22177 Hamburg
Tel: 040 / 691 51 21
Vorsitz: Greta Rambatz
www.stadtteilarchiv-bramfeld.de
stadtteilarchiv-bramfeld@t-online.de
Geschichtsgruppe Dulsberg e.V.
c/o Bücherhalle Dulsberg, Eulenkamp 41
22049 Hamburg
Tel: 040/68 08 82
Fax: 040/68 69 01
Vorsitz: Hans-Jürgen Ruthenberg
http://homepage.hamburg.de/geschichtsgruppedulsberg
geschichtsgruppe-dulsberg@hamburg.de
Kulturhaus Eppendorf (incl. Stadtteilarchiv)
Martinistr. 40
20251 Hamburg
Tel: (040) 48 15 48
Fax: (040) 46 31 06
www.kulturhaus-eppendorf.de
kulturhaus.eppd@t-online.de
stadtteilDokumentation Winterhude im goldbekHaus
Moorfuhrtweg 9
22301 Hamburg
Tel: 040/27870216
Fax: 040/27870220
http://homepage.hamburg.de/stadtteildoku
stadtteildoku.goldbekhaus@hamburg.de
Zwangsarbeit in Jülich
»Zwangsarbeit Gezwungenermaßen« heißt eine Ausstellung der »Arbeitsgemeinschaft der Archivarinnen und Archivare im Erftkreis«, die vom 28. Juni bis 4. August im Pulvermagazin des Napoleonischen Brückenkopf-Parks zu sehen ist. Sie wurde ergänzt um den Themenbereich »Zwangsarbeit in Jülich während des Zweiten Weltkriegs«.
Die Ausstellung dokumentiert unter anderem den Einsatz der Zwangsarbeiter in Landwirtschaft und Industrie, die Lebensumstände in den Lagern, die Überwachung und Bestrafung der Zwangsarbeiter sowie die Situation in der Nachkriegszeit. Eine Publikation begleitet die Ausstellung. Sie enthält mehrere das Thema aus verschiedenen Perspektiven beleuchtende Aufsätze, ein Inventar der überlieferten Quellen sowie einen Katalog zur Ausstellung.
Die Schau wurde am Freitag, 27. Juni eröffnet. Großes Interesse fand die Ausstellungseröffnung, zu der der Förderverein Festung-Zitadelle, die Joseph-Kuhl-Gesellschaft und das Jülicher Stadtarchiv eingeladen hatten. Brückenkopf-Park-Chef Dr. Peter Nieveler erinnerte an die französischen Kriegsgefangenen, die 1941 bis 1943 in Jülich als Zwangsarbeiter verwendet wurden. Russen, Ukrainer und Frauen arbeiteten ohne Lohn für die deutschen Machthaber. Jülichs Bürgermeister Heinrich Stommel erinnerte daran, dass in Jülich Menschen in mit Stacheldraht umzäunten Zwangsarbeitslager ausgegrenzt und geschunden wurden, Hunger litten, nicht ganz selten bis zum Tod. Vom Förderverein Zitadelle erinnerte Conrad Doose daran, was ihm als Jugendlicher in seiner Heimat auf dem Bauernhof wichtig war. Ein Puppenwagen ist die letzte Erinnerung eines russischen Zwangsarbeiters an seine Arbeit in Deutschland.Helmut Scheuer von der Joseph-Kuhl-Stiftung dankte für die gute Zusammenarbeit mit Stadtarchivar Dr. Horst Dinstühler, der auf die Ursprünge dieser Ausstellung hinwies.
Die Ausstellung mit 38 Tafeln und zwei Vitrinen aus dem Jülicher Bereich, sowie den Tafeln „Zwangsarbeit in Jülich“ und „Isolierung-Diskriminierung“ wird als Wanderausstellung weiter nach Aldenhoven gehen.
Die Öffnungszeiten: täglich von 9.30 bis 18 Uhr.
Weitere Informationen im Stadtarchiv Jülich unter 02461/936320.
Zwangsarbeit in der Region Rhein – Erft – Rur während des Zweiten Weltkrieges
Eine Ausstellung im Pulvermagazin vom 27. Juni bis 4. August 2003,
präsentiert von Förderverein Festung Zitadelle Jülich,
Joseph-Kuhl-Gesellschaft http://www.juelich.de/jkg/ und
Stadtarchiv Jülich http://www.juelich.de/archiv/.
Quelle: Aachener Zeitung, 22.6.2003, Jülicher Nachrichten, 30.6.2003.
Ausstellung über einen Berliner
Eine ungünstigere Zeit hätten sich die Ausstellungsmacher nicht aussuchen können: Der US-Kongress sperrt die nationalen Archive wegen des Irakkriegs und amerikanische Bibliotheken rufen bereits zugesagte Exponate zurück.
Aber der am 25. Juni eröffneten John F. Kennedy-Schau im Deutschen Historischen Museum Berlin sind die Schwierigkeiten der letzten Monate nicht anzumerken. Die kritische Würdigung des Politikers und Menschen Kennedy anlässlich des 40. Jahrestages seiner berühmten Berlin-Rede ist nach Ansicht der Märkischen Allgemeinen gelungen, im Ton wie in der Darbietung.
Außerdem sei sie spannend, weil die Macher dieses rasante Leben einfach chronologisch nachgezeichnet haben. Der Aufstieg des irischstämmigen Katholiken ins protestantische Establishment beginnt für den Besucher mit dem Taufkleid des kleinen Jack – die Vitrine steht gerade so im Weg, wie einst Kennedy in Harvard seine Konfession.
Ein paar Meter weiter begreift man, dass der junge John Fitzgerald sich nicht einmal von seinem despotischen Vater und Clan-Oberhaupt Joseph einschüchtern ließ. Im Alter von zehn Jahren beantragt er handschriftlich eine Taschengelderhöhung, „damit ich meine Pfadfindersachen kaufen und überhaupt etwas mehr bezahlen kann“.
Dann der lebenshungrige Twen: Das ergreifendste Exponat dieser Jahre ist ein Ringbuch mit Notizen, die Jack in seiner Zeit als Beobachter der Potsdamer Konferenz machte: „Die Menschen haben alle völlig farblose Gesichter“, schreibt er über das verwüstete Berlin. „Sie alle tragen Bündel. Niemand scheint zu wissen, wohin sie gehen.“
Ein ovaler Raum folgt – eine Anspielung auf das Regierungszimmer im Weißen Haus. Man wirft einen Blick auf das Manuskript der berühmten Antrittsrede – die Buchstaben sind riesig, weil der eitle Präsident nicht mit Brille auftreten wollte.
Nun stürmt es auf einen ein, die Bürgerrechtsbewegung, der Mauerbau, die Kubakrise – letztere durch ein kurioses Exponat illustriert: einen Fernschreiber aus DDR-Produktion, den Kennedys Gegenspieler Chruschtschow nach den dramatischen Ereignissen als Teil des „heißen Drahtes“ nach Wahington schickte.
Endlich der große Moment: Kennedy vor dem Rathaus Schöneberg. – Aber es ist etwas anderes als der berühmte Satz auf der Leinwand zu sehen, nämlich dass die Menge den Mann vor lauter „Kennedy! Kennedy!“-Rufen gar nicht beginnen lässt. Im nächsten Raum wartet das Unheil. Das Amateurvideo aus Dallas, 22. November 1963, in Zeitlupe. Man eilt weiter und liest sich durch die pointiert aufbereiteten Verschwörungstheorien.
Schließlich ist man froh, dass es den Raum mit den Kennedy-Memorabilia gibt, mit der Jackie-Anziehpuppe und dem Supermann-Heft, in dem der Präsident dem Helden aus der Patsche hilft – alles nachzublättern im gut gemachten Katalog, der die 60er-Jahre-Ästhetik der Life-Hefte aufnimmt.
Wie einen kritischen Kommentar, einen Fußnotenteil bekommt der Besucher im Hinausgehen noch ein paar Bilder und Texte von der dunklen Seite des Aufstiegs serviert. Den Mafiaboss, der Wählerstimmen besorgt haben soll, und das nackte Napalm-Mädchen, in dessen Heimat Kennedy Bomber schickte. Aber es wird weder verurteilt, noch verklärt. Der Besucher soll selbst entscheiden.
Zum 40. Jahrestag des Kennedy-Besuches in Berlin würdigte Bundespräsident Johannes Rau Kennedys Berliner Rede als „Meilenstein deutscher Geschichte“ und „festen Anker für die deutsch-amerikanische Freundschaft“. Am 26. Juni 1963 hatte Kennedy etwa 400.000 Berlinern vor dem Rathaus Schöneberg auf Deutsch zugerufen: „Ich bin ein Berliner!“ Dies sei „eins der ganz großen Symbole für die Freiheit Berlins“, so Rau.
Kontakt:
Deutsches Historisches Museum
Unter den Linden 2,
10117 Berlin
Telefon: +49 – (0)30 – 20304 – 0
Telefax: .+49 – (0)30 – 20304 – 543
http://www.dhm.de/
Quelle: Märkische Allgemeine, 26.6.2003